Falklandkrieg - Guerra de Malvinas

Es gibt nach wie vor eine ganze Reihe von Gebieten ohne Selbstregierung, die die UNO listet. Die Falklands sind eines davon. Grundlage ist u.a. UN-Resolution 1514 (XV): "Alle Völker haben das Recht auf Selbstbestimmung; kraft dieses Rechts bestimmen sie frei ihren politischen Status und verfolgen frei ihre wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung". Auf diese Resolution hat sich auch die von @hatl verlinkte Resolution 2065 bezogen. 2013 hat es aber auf den Falklands ein Referendum gegeben, dass den status quo mit annähernd 100% der Stimmen bestätigte.

Der Status eines "British Oversea Territory" scheint daher nicht zu genügen, damit ein Gebiet von dieser Liste verschwindet. Bei französischen Übersee-Départements (Départements et régions d’outre-mer) scheint das problemlos möglich gewesen zu sein. Vielleicht sollte man eine eventuelle Dekolonialisierungsdebatte bezüglich der Falklands in diesem Zusammenhang sehen.
Danke.
Es war also die argentinische Besetzung Falklands kein Angriff auf das UK selbst?
Und damit auch kein Bündnisfall der NATO gegeben?

P.S.: angesichts einer leicht toxischen Diskussion des Themas, das war keine rhetorische Frage.
 
Mit dem "mussten hin" sind wohl die Britischen, nicht die Argentinischen Soldaten gemeint.

Französische Übersee-Departements sind anders als Britische Überseegebiete einfach ein Stück Frankreich mit allen Rechten und Pflichten für die Bürger.

Falkland hat innere Autonomie. Außenpolitik und Militär kommt von GB. Da gibt es keine wirkliche Wahl, weil bei einer Unabhängigkeit über kurz oder lang ein Anklopfen der Argentinier erwartet wird. Das ist schon ein Problem der Dekolonialisierung. In einem Zwei-Parteien-System können Erweiterungen eben schnell blockiert werden. Würde in Puerto Rico konservativ gewählt, wären die Republikaner für eine Aufnahme, aber die Demokraten dagegen. Jetzt ist es umgekehrt. Dazu wäre eine Übersee-Grafschaft mit 3000 Einwohnern überrepräsentiert und das UK hat sich eher für fallbezogene Lösungen entschieden.

Das ist ähnlich wie mit Grönland, das zwar nicht bedroht ist, aber keine eigenständige Wirtschaft und ungenügende Steuermittel hätte und das Geld aus Dänemark braucht. Eine Frage der Dekolonialisierung, zweifellos, aber in beiden Fällen überlassen die Kolonialmächte der Bevölkerung der Kolonie die Entscheidung. Und damit entspricht die Situation dem Geist der Dekolonialisierungsforderung. Und gibt es nicht durch diese Einstufung Hilfen der UN für Verhandlungen und so? Ich meine mich dunkel zu erinnern, dass da einiges leichter in Bewegung gebracht werden kann, wenn beide Seiten das wünschen. Das kann im Fall einer erneuten Krise von Bedeutung sein.
 
Danke.
Es war also der argentinische Besetzung Falklands kein Angriff auf das UK selbst?
Und damit auch kein Bündnisfall der NATO gegeben?

P.S.: angesichts einer leicht toxischen Diskussion des Themas, das war keine rhetorische Frage.

Die Argentinier haben auch die britische Flotte auf hoher See angegriffen und zumindest Deutschland gab die Militär-Hilfen nur im Rahmen der NATO, oder nicht? Der NATO-Fall tritt zudem erst ein, wenn er beantragt wird, was nicht geschah, wenn mich mein Gedächtnis nicht täuscht.

Zum Status der Inseln hinsichtlich der NATO allerdings wäre tatsächlich zu recherchieren. Wie gesagt: das ist und war bei den Briten höchst unterschiedlich.
 
Es war also die argentinische Besetzung Falklands kein Angriff auf das UK selbst?
Das UK besteht definitionsgemäß aus England, Schottland, Wales und Nordirland. Die Falklands sind ein britisches Überseegebiet. Das UK ist für Außenpolitik und Verteidigung (sic!) der Falklands zuständig.

Und damit auch kein Bündnisfall der NATO gegeben?
Die Falklands fallen nicht in das Vertragsgebiet des NORDatlantikvertrages.
Nordatlantikvertrag – Wikipedia
 
...ist am Ende GB schuld am Falklandkrieg, weil es keine Weltmacht ist??
Es geht hier nicht um Schuld, sondern um eine Feststellung: Wenn GB eine Weltmacht wäre, hätte es den Falklandkrieg nicht gegeben, weil Argentinien es nicht gewagt hätte, Falklands zu besetzen. Oder siehst du das anders?

Argentinischen Generäle haben die Reaktion und die Fähigkeit Großbritanniens unterschätzt – so wie z.B. Putin die Reaktion der Ukraine und vor allem des Westens unterschätzt hat. Die Geschichte ist voll von Irrtümern der Staatsführer und der Militärs, vor allem wir Deutsche können nach zwei verlorenen Weltkriegen ein Lied davon singen.

Würde man Generäle über Krieg oder Frieden entscheiden lassen, würden sie immer Krieg wählen, denn Krieg ist ihr Handwerk, nicht Frieden. Deshalb müssen sie von Zivilisten an der Kandare geführt werden. Immer und unter allen Umständen.
 
Wenn GB eine Weltmacht wäre, hätte es den Falklandkrieg nicht gegeben, weil Argentinien es nicht gewagt hätte, Falklands zu besetzen. Oder siehst du das anders?
sorry, aber für diese Betrachtungsweise fehlt mir der geistige Zugang - das hat für mich denselben Argumentationswert wie "wenn Argentinien nur von Friedenstauben besiedelt wäre, hätte es nie losgeschlagen"... ;)

Davon abgesehen stimme ich deinem Beitrag zu (da fällt mir übrigens Kreislers Chanson "der General" ein) :)
 
Würde man Generäle über Krieg oder Frieden entscheiden lassen, würden sie immer Krieg wählen, denn Krieg ist ihr Handwerk, nicht Frieden.
Nein, weil Generäle oft (freilich nicht immer) die Erfolgsaussichten und Schwierigkeiten realistischer einschätzen können als zivile Politiker. Zivile Politiker ohne Ahnung vom Kriegswesen und damit verbundenen Aspekten (wie etwa Logistik) sind es, die aus politischen Erwägungen und Rücksichtnahmen heraus mitunter Militäreinsätze anordnen, die die Generäle zum Verzweifeln bringen.

Hätten etwa im Zweiten Weltkrieg auf deutscher Seite Generäle das Sagen gehabt und nicht der ideologisch verblendete Möchtegern-Alleswisser und -Besserkönner Hitler, wäre wohl einiges anders gemacht (oder er gar nicht erst begonnen) worden.
 
GB war Atommacht, Industrienation und ständiges Mitglied im Sicherheitsrat. Das galt bis in die 90er noch als Anzeichen für eine Großmacht neben den zwei "Weltmächten".

Zuverlässigkeit, vertragstreue und das Aufrechterhalten einiger Prinzipien sowie harte Verhandlungen mit Rücksicht auf die eigenen Interessen waren bis vor einigen Jahren die Grundsätze seiner Außenpolitik.

Und niemand kam ernsthaft auf die Idee, dass die so oft verteufelte Thatcher die Bombe werfen könne, auch wenn das natürlich zumindest in der hiesigen Debatte polemisch geäußert wurde, wenn ich mich recht erinnere. Auch nicht die Argentinier. Aber wenn Argentinien dann die erwartbaren Verhandlungsangebote ausschlägt, ist das gelinde gesagt, vollkommen verrückt bis selbstmörderisch.

Das sind nicht gerade Anzeichen von Britischer Schwäche, Verlust der Kolonien hin oder her. Argentinien gedachte das Problem als koloniale Frage zu sehen und ignorierte und ignoriert daher konsequent die Einwohner. Doch das war vielleicht für Britannien, das eben immer auch die Einwohner der Falklands befragte, die Grenze der Geduld.
 
Argentinien konnte es wagen, Großbritannien anzugreifen, weil die Nukleardoktrin der Briten bekannt und nicht umsonst so formuliert war, wie sie formuliert war: der Einsatz von Massenvernichtungswaffen als Ultima Ratio im Angesicht des drohenden Untergangs des eigenen Staates. Davon konnte 1982 keine Rede sein.

Wer sich nun fragt, warum man sich darauf verlassen kann, dass eine Nuklearmacht den Einsatz der Bombe sogar gegen einen nicht atomar bewaffneten Feind bis in die äußerste Not hinauszögern wird, übersieht, dass dies in ihrem ureigenen Interesse liegt. Denn: Sie muss die Reaktion der anderen Nuklearmächte fürchten.

Zum Vergleich; eine jedenfalls ähnliche Situation haben wir heute: Den seit der Niederlage vor Kiew von den Medien erwarteten Nuklearschlag der Russen gegen die Ukraine wird es nicht geben, weil die anderen Nuklearmächte – einschließlich Chinas – nichts weniger wollen, als dass ein Staat aus ihren Reihen die Hemmschwelle für den Einsatz von Nuklearwaffen unilateral dermaßen drastisch senkt.

Würde Russland jetzt, obwohl es nicht existenziell bedroht ist, eine Massenvernichtungswaffe gegen die Ukraine einsetzen, wäre dies ein Dammbruch, der die anderen Nuklearmächte zwingen würde, ihre Doktrin zu ändern, kräftig aufzurüsten und ihrerseits den Erstschlag aus nichtigen Gründen zu erwägen und zu erwarten. Dieses Eskalationspotential und diese exorbitanten Kosten will sich nicht einmal Xi Jinping aufbürden.

Und so verhielt es sich schon im Jahr 1982. Die USA hätten es nicht zugelassen, dass die Briten Argentinien nuklear bedrohten, selbst wenn sie es versucht hätten, was nicht der Fall war. Ohnehin hatten es die Amerikaner beim Verkauf der Polaris-Raketen an Großbritannien zur Bedingung gemacht, dass man die Absicht zu ihrem Einsatz Washington vorher ankündigen müsste.
 
Es muss doch ne andere Lösung geben als Krieg???
Gibt es manchmal leider nicht, doch meistens.


Margaret Thatcher (Downing Street Years – S. 175) beschreibt aus ihrer Sicht die Lage im Vorfeld des Konflikts.
Bereits 1979 sei die Falkland-Frage im Parlament aufgeworfen worden.
Und es sei zunächst klar gewesen, dass nur zwei Möglichkeiten bestanden die Prosperität der Falklands zu erreichen.

Zum einen eine bessere wirtschaftliche Anbindung an Argentinien.
Wie etwa 1971 durch die Regierung Heath mit Argentinien vereinbarte Errichtung von See- und Luftlinien zwischen den Falklands und Argentinien.
Doch sei die Weiterentwicklung dieser Bemühungen daran gescheitert, dass Argentinien diese nun mit der Frage der Souveränität über die Falklands verknüpfte.

Die andere Möglichkeit, so schreibt sie, habe darin bestanden ein „‘lease-back’ arrangement“ zu machen. (Wie es ungefähr mit Hong-Kong bestand).
Nach einer vereinbarten Zeit wird die Souveränität an Argentinien übertragen, die Rechte der (knapp 2000) Einwohner der Falklands nach britischen Standards vertraglich untermauert.

Die erste Option hält sie für blockiert, die zweite mag sie nicht, untersucht sie dennoch, und verwirft sie.

Doch gibt es noch eine dritte Möglichkeit, die diskutiert wird.
Man könnte der Empfehlung des Shackleton Berichts* folgen und in die Falklands investieren und den Flughafen, insbesondere die Länge der Landebahn, ausbauen.

Notwithstanding the cost, such a commitment would have been seen as evidence of the British Government’s determination to have no serious talks about sovereignty and it would have increased our capacity to defend the islands, since a longer runway would have allowed for rapid reinforcement by air. This in turn might have provoked a swift Argentine military response.“




*falls den jemand findet, es würde mich interessieren.
 
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*falls den jemand findet, es würde mich interessieren.
Hier isser: https://falklandstimeline.files.wordpress.com/2018/01/1977-shackleton-report.pdf

Das ganze liest sich fast wie ein Reisebericht mit einem etwas längeren Ausflug zur Analyse der sozialen und wirtschaftlichen Gegebenheiten auf den Falklands. Shackleton sieht im Mangel an Bildungs- und Unterhaltungsmöglichkeiten ein großes soziales Problem vor allem für jüngere Falklanders.

Die Wirtschaft basiere hauptsächlich auf Schafzucht. Er untersucht die Möglichkeiten der Öl- und Gasförderung, sieht diese aber, selbst wenn zukünftige Forschung sie als lukrativ ausweisen, eher als kritisch für die Falklands.
Im Fischfang und Algenzucht sowie Tourismus sieht er ein großes Potential für die Falklands. Bezüglich der (wirtschaftlichen) Beziehungen mit Argentinien kommt er zu diesem Schluß:
"Of course, it is perfectly clear that the Falkland Islands could develop much more rapidly through cooperation with Argentina, but it is also our firm view from a genuinely uncommitted stand-point that, with sufficient will and determination both on the part of the British Government and the Falkland Islanders themselves, there is a real prospect of a good future for them."
 
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@silesia Hoppala, da ist der wahre Shackelton-Report dann doch einiges länger als die 15seitige Zusammenfassung von ihm, die ich oben verlinkt hatte. Vielen Dank für die Links.
 
Nein, weil Generäle oft (freilich nicht immer) die Erfolgsaussichten und Schwierigkeiten realistischer einschätzen können als zivile Politiker. Zivile Politiker ohne Ahnung vom Kriegswesen und damit verbundenen Aspekten (wie etwa Logistik) sind es, die aus politischen Erwägungen und Rücksichtnahmen heraus mitunter Militäreinsätze anordnen, die die Generäle zum Verzweifeln bringen.

Hätten etwa im Zweiten Weltkrieg auf deutscher Seite Generäle das Sagen gehabt und nicht der ideologisch verblendete Möchtegern-Alleswisser und -Besserkönner Hitler, wäre wohl einiges anders gemacht (oder er gar nicht erst begonnen) worden.
Davon abgesehen hatten nur wenige Militärs im Lauf der Geschichte überhaupt die Macht, um über Krieg und Frieden zu entscheiden und Kriegsziele sowie -vorgehensweisen eigenmächtig festzulegen. Die Impulse gehen von Regierungen aus. Wohlgemerkt: Impulse. Man sollte sich diese Tatsache schon deshalb vergegenwärtigen, um nicht einem Irrtum zu erliegen, der in der Friedensforschung leider nicht mehr totzukriegen ist: Die Idee vom Krieg als Anomalie, die einem Land durch Einzelpersonen, die den Feldherrn spielen wollen, aufgezwungen würde. In Wahrheit kann keine Regierung, und sei sie eine totalitäre Diktatur, einen Krieg ohne die zumindest stillschweigende Zustimmung der Regierten führen.
 
In Wahrheit kann keine Regierung, und sei sie eine totalitäre Diktatur, einen Krieg ohne die zumindest stillschweigende Zustimmung der Regierten führen.
Das ist wahr. Das bedeutet aber auch: Ein Volk ist selbst schuld, wenn es der eigenen Regierung den Weg in den Krieg ebnet bzw. stillschwigend mitmacht.

Dann ist ein Volk doch nichts anderes als dumpfe Masse von Schafen, die unfähig ist, die Konsequenzen ihres Tuns zu begreifen. Jedenfalls ist mir gerade kein Beispiel präsent, dass ein Volk einen Krieg verhinderte, in dem er seiner Regierung nicht in den Krieg folgte.
 
Das ist wahr. Das bedeutet aber auch: Ein Volk ist selbst schuld, wenn es der eigenen Regierung den Weg in den Krieg ebnet bzw. stillschwigend mitmacht.

Dann ist ein Volk doch nichts anderes als dumpfe Masse von Schafen, die unfähig ist, die Konsequenzen ihres Tuns zu begreifen. Jedenfalls ist mir gerade kein Beispiel präsent, dass ein Volk einen Krieg verhinderte, in dem er seiner Regierung nicht in den Krieg folgte.
Das ist jetzt aber der Schwenk vom einen Extrem ins andere.

Jede Diktatur lebt davon, dass ein Teil der Bevölkerung ihr zustimmt. Das muss nicht einmal aus innerer Überzeugung sein, das kann auch einfach daran liegen, dass dieser signifikante Bevölkerungsteil sich Vorteile davon verspricht. Die Frage ist also, was die Führung seiner Anhängerschaft anzubieten hat. Inszenierung spielt dabei auch eine Rolle, um das Bild von größtmöglicher Zustimmung für die politische Position zu generieren. (An dieser Stelle breche ich ab, da ich nun wiederholt ins themenfremde Geschwafel abgeglitten bin.)
 
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