PostmodernAtheist
Aktives Mitglied
Unterschiedlich.
Bedenke auch, dass das vor dem Universalienstreit war.
Dinge wie das angebliche Verschleudern von Reichsgut und die Vergabe von Lehen an ausländische Herrscher wurden schlicht und einfach anders gesehen.
Rudolf I. handelt dann 'rationaler', Aber immer noch muss er sich als würdig erweisen und geht für den nicht zustande gekommenen Romzug auf Karl von Anjou zu, verzichtet quasi auf die Provence und eine stärkere Stellung in Burgund und provoziert damit schlussendlich nur den Königsmord an Albrecht I. durch Johann Parricida, weil der nicht angemessen ausgestattet werden kann. Aber das ist schon eine ganz andere Zeit.
'Gebietszugewinne' gab es nicht, weil das nicht so betrachtet wurde, auch wenn die Begriffe heute so übersetzt werden. Entscheidend war nicht die Herrschaft über das Gebiet, das sowieso verlehnt worden wäre. Entscheidend war die Oberhoheit. Sogar Machtpolitisch. Nutzbar waren Gastungsrecht, Heerfolge und die unregelmäßigen Geschenke von Vasallen, bzw. der regelmäßige Tribut slawischer Stämme. Im Gegensatz zur Ansicht des 19. Jahrhunderts brachte es auch mehr, z.B. von den Liutizen Tribut und Heeresfolge zu fordern als die entsprechenden Gegenden zu verlehnen.*
Auch die Betrachtung von Schlachten ist heute durch den Militarismus des 19. Jahrhunderts geprägt. Ausführlich bräuchte es dazu einen anderen Thread. Nehmen wir die große Niederlage beim Kap Colonna als Beispiel. Strafe Gottes für den Übermut, nachdem der Sieg schon errungen war. Doch Otto II. nahm es an, hielt sich an die Kirche, scharrte die Seinen um sich und bereitete den neuen Feldzug schon betont gründlich vor. Nur starb er dann zur Unzeit an falscher Medikation. Es kam auf den Umgang mit so etwas an. Die Herrscher waren im Allgemeinen stark genug, Kämpfe zu erneuern. Und auch die Sachsen konnten sich gegen den 'Slawenaufstand' erstmal selbst erfolgreich wehren. Doch der frühe Tod des Herrschers und die lange unklare Regentschaft waren dann die Katastrophe. Das militaristisch-nationalistisch-frauenfeindliche 19. Jahrhundert sah das natürlich anders. Und wer Mecklenburg und die angrenzenden Gebiete als von Deutschen verwaltetes, erobertes Gebiet betrachtete, verstand eben nicht, dass der Stammesbund der Abodriten, bzw. dessen Anführer versuchten, bessere Bedingungen und eine bessere Stellung auszuhandeln und die Position zwischen Dänemark, Pommern, Polen und dem Reich dafür ausnutzten. (Ja, ich blende da z.B. religiöse Fragen aus, einfach um zu illustrieren, wie weit das von den populäreren Erklärungsmustern entfernt ist.) Ein überlebender, in Italien erfolgreicher Otto II. hätte vielleicht gegen den Übertritt der Fürsten zum Christentum den Abodritenfürsten die Belehnung mit Fürstentümern gewährt. Weniger Einnahmen gegen eine sichere, langfristige Bindung. Und mehr Glanz für die Hoftage. Ja, hätte, wäre, könnte. Aber auch das ist nur als Illustration gemeint.
*Früher und von polnischen Nationalisten wird dargestellt, Boleslaw Chrobry habe über die Elbslawischen Stämme außer die Abodriten und die westlichen Sorben geherrscht. Es ging aber nur um Besitz im Südosten des Raums, der eine Reihe von Burgen, Güter und einige Personengruppen sowie den Schutz über die Kirche umfasste. Damit verbunden änderte sich der Fluss der Tribute. Durch die Auseinandersetzung intensivierte sich hier die Herrschaft und es entstanden 'richtige' auf das Gebiet und deren Bewohner bezogene Lehen, die dann das 19. Jahrhundert schon für das 10. Jahrhundert dort annahm.
P.S.: Eigentlich hätte ich noch mehr Anführungszeichen verwenden müssen.
Also mir fällt es schwer sich da reinzudenken. Gibt es irgendwelche Literatur die sich dem Thema gut annimt? Wer war denn immer noch der mächtigste Kaiser? Wahrscheinlich doch Otto und vor ihm der "Franke" Karl?