Truppenstärken im Verlauf des Krieges

Emperor_Antonius

Aktives Mitglied
Hallo zusammen,
mich interessieren die Truppenstärken der beteiligten Staaten im Verlauf des Krieges.
Man findet relativ leicht Daten zu den insgesamt von 1914 bis 1918 mobilisierten Soldaten,
sowie zur Größe der Friedensheere, als auch zu den im August 1914 mobilisierten Soldaten.
Z.T. ist auch in diesem Strang schon darauf eingegangen worden:
Truppenstärke der K.u.K. Armee 1914?
Doch wie sieht es Ende 1914 aus? Wie Mitte/Ende 1915 usw.?
Interessant ist auch, wie viele Soldaten jeweils in den einzelnen Jahren an welcher Front stehen.
Wie viele davon gehörten zum Feldheer?
Die Anzahl Divisionen ist weniger interessant. Hier findet man zwar eher Daten als zu den Truppenstärken, aber von der Divisionszahl kann man nur bedingt auf die gesamte Truppenstärke schließen.
Interessant wären auch die Verluste in den jeweiligen Kriegsjahren.
Ich fasse die Daten, die mir zur Verfügung stehen im Folgenden zusammen und würde mich freuen,
wenn die Daten weiter ergänzt/korrigiert werden und/oder entsprechende Literatur genannt wird.

Land​
Friedensstärke
Bei Kriegseintritt mobilisiert​
Truppenstärke 11/1918​
Mobilisiert 1914 - 1918​
Australien​
65.000​
298.000​
416.800​
Belgien​
47.500​
177.000​
145.000​
267.000​
Britisch-Indien​
223.700​
654.000​
1.680.000​
Bulgarien​
66.000​
850.000​
425.000​
1.200.000​
Deutsches Reich​
880.000​
4.500.000​
4.200.000​
13.400.000​
Frankreich​
739.000​
3.781.000​
2.794.000​
8.660.000​
Griechenland​
150.000​
250.000​
280.000​
Italien​
310.000​
875.000​
2.274.000​
5.903.000​
Japan​
240.000​
272.000​
800.000​
Kanada​
3.000​
32.000​
364.000​
620.000​
Neuseeland​
30.000​
30.000​
128.525​
Osmanisches Reich​
235.000​
930.000​
2.600.000​
Österreich-Ungarn​
450.000​
3.350.000​
3.951.500​
7.800.000​
Portugal​
32.000​
150.000​
200.000​
Rumänien​
100.000​
564.000​
Russisches Reich​
1.400.000​
5.000.000​
12.000.000​
Serbien​
30.000​
460.000​
110.500​
707.000​
Südafrika​
57.000​
9.000​
231.000​
Vereinigtes Königreich​
247.500​
733.500​
3.196.000​
5.704.400​
Vereinigte Staaten​
208.000​
4.355.000​

Anmerkungen zur Tabelle:
- Belgien: 62.000 der 177.000 1914 mobilisierten Soldaten waren Festungsgarnisonen.
- Deutschland: 11/1918 standen 3.400.000 der 4.200.000 Soldaten an der Westfront.
- Frankreich: 11/1918 standen 2.562.000 der 2.794.000 Soldaten an der Westfront.
- Japan: 11/1918 standen 23.000 der 272.000 Soldaten in Tsingtau und 70.000 in Wladiwostok.
- Österreich-Ungarn: 1914 marschierten 2.000.000 der 3.350.000 Soldaten an die Front. 11/1918: Von den 3.951.000 Mann 2.229.000 Mann Feldarmee.
- Portugal: 11/1918 35.000 Soldaten an der Westfront.
- Russland: 1914 waren 2.000.000 der 5.000.000 Soldaten für den Einsatz an der Front vorgesehen. Die höchste Mannstärke an der Front erreichte Russland im Herbst 1916 mit 1.250.000 Soldaten. (Erscheint mir aber tatsächlich etwas zu wenig).
- Großbritannien: 11/1918 1.561.000 der 3.196.000 Soldaten an der Westfront.
- USA: 11/1918 1.982.000 Soldaten an der Westfront.

(Quelle: Cox, Michael/Ellis, John: The World War I Databook, London, 2001, S. 245)

Abweichende Daten, vor allem zu den Truppenstärken bei Kriegsende finden sich hier:
Stärke der Heere im Weltkrieg.JPG

(Quelle mir leider nicht mehr bekannt).

Für Russland gibt es neben den beiden aufgeführten Mobilisierungszahlen (12.000.000 und 19.000.000) noch eine weitere:
Gerd Krumeich spricht von 15.000.000 mobilisierten Soldaten.
(Quelle: Krumeich, Gerd: Der Erste Weltkrieg - Die 101 wichtigsten Fragen, München, 2014, S. 33)

Abweichende Zahlen gibt es auch für die deutsche Truppenstärke bei Kriegsende. Laut Cox standen noch 3.400.000 deutsche Soldaten an der Westfront,
auf der Abbildung ist von 5.300.000 Mann an den Fronten und in den besetzten Gebieten. Der bei weitem größte Teil stand jedoch an der Westfront (noch ca. 500.000 im Osten und weit weniger auf dem Balkan und im Osmanischen Reich). Krumeich und Becker schreiben von "sieben Millionen" Soldaten, die nach Deutschland zurückkehrten.
(Quelle: Becker, Jean-Jacques/Krumeich, Gerd: Der Grosse Krieg - Deutschland und Frankreich im Ersten Weltkrieg 1914 - 1918, Essen, 2010, S. 308)
An anderer Stelle las ich, in Bezug nehmend auf Eisenbahntransporte, dass im November 1918 noch sechs Millionen deutsche Soldaten westlich des Rheins standen.
Die Quelle muss ich jedoch noch heraussuchen.

Zur russischen Truppenstärke im August 1914 gibt es noch folgende Daten:
Friedensheer: 1.423.000 Mann
Reservisten: 3.115.000 Mann
Landwehr: 2.000.000
Also insgesamt 6.538.000 Mann.
(Quelle: Tuchmann, Barbara: August 1914, S. 75)

Ich möchte auch kurz die Zahlen aus dem oben verlinken Forumsstrang nennen, da vor allem die Zahlen zu den deutschen und französischen Friedensstärken abweichen.

Deutschland: 761.000 Mann
Frankreich: 927.000

Hier ist das Verhältnis umgekehrt.

(Quellen:
Mommsen, Bürgerstolz und Weltmachtstreben, Berlin, 1995, S.582
Nipperdey, Deutsche Geschiche 1866 - 1918, München, 1992, S.758)
 
Deutschland verfügte 1914 über einer Friedensstärke von 761.000 Mann, zuzüglich 79.000 Marinesoldaten und 9000 Kolonialtruppen, also insgesamt 847.000 Mann. Innerhalb einer Woche wuchs die Zahl dann auf 3,8 Millionen Mann.

Die k.u.k. Armee Friedensstärke bezifferte sich auf 325.000 Mann. Es gab noch für beide Reichsteile eine Landwehr. Österreich 40.000 Mann und die ungarische Honved 30.000 Mann. Ergibt also eine Friedensstärke von 395.000 Mann.
Nach durchgeführter Mobilmachung verfügte die Monarchie über 2,5 Millionen Mann.

Russlands Friedensstärke betrug 1,4 Millionen Mann. Im Sommer 1914 waren es dann gewaltige 4,5 Millionen Mann.

Großbritannien trat mit einer Armee von 250.000 Mann in den Krieg ein.

Die französische Friedensstärke betrug 777.000 Mann und 46.000 Kolonialtruppen. Insgesamt also 823.000 Mann.Nach der Mobilmachung waren es 3,8 Millionen Mann.

Quelle. Enzyklopädie Erster Weltkrieg, S.928
 
Verluste bis Ende 1914 / Anfang 1915:

Russland:
3.500.000 Mann eingesetzt - 1.500.000 - 1.800.000 Verluste (400.000 Gefallene, 486.000 Gefangene)
Österreich-Ungarn:
1.800.000 Mann eingesetzt - 970.000 - 1.250.000 Verluste (190.000 Gefallene, 500.000 Verwundete, 280.000 Gefangene)
Großbritannien:
110.000 Mann eingesetzt - 86.000 Verluste
Deutschland:
? eingesetzt - 800.000 Verluste (116.000 - 240.000 Gefallene, davon 18.000 Offiziere)
Frankreich:
2.000.000 Mann eingesetzt - 528.000 Verluste (265.000 - 300.000 Gefallene)
Belgien:
200.000 Mann eingesetzt - ? Verluste (30.000 Gefallene)

Russland konnte den Verlust an Soldaten am leichtesten ersetzen, jedoch nicht das verlorene Material. Im Frühjahr und Sommer wurden viele Soldaten ohne Gewehre an die Front geschickt.

Österreich-Ungarn konnte Anfang 1915 nur noch 300.000 Mann an der Front gegen Russland aufbieten.

(Quellen:
(ein seit gestern durch ein umgekipptes Wasserglas eingenässter:rolleyes:) Münkler, Herfried: Der Grosse Krieg, Berlin 2022, S. 289
Afflerbach, Holger: Auf Messers Schneide - Wie das Deutsche Reich den Ersten Weltkrieg verlor, München, 2018, S. 92)
 
Zuletzt bearbeitet:
Truppenstärken Mai 1915:

Westfront:
Deutschland: 1.900.000 Mann - Entente: 2.450.000 Mann

Ostfront:
Zentralmächte: 1.300.000 Mann - Russland: 1.800.000 Mann
Russische Verluste Mai - September 1915: 1.400.000 Mann
(Quelle: Afflerbach, S. 126 ff.)

Truppenstärken Ende 1916:

Ostfront:
Russland: 9.450.000 Mann*

*in ganz Russland, die o.g. Zahlen beziehen sich vermutlich nur auf die Frontstärke

(Afflerbach S. 244)

Truppenstärken 1918:
~ Feb. 1918: 90.000 deutsche Soldaten an der Salonikifront
Sommer 1918: 33.000 deutsche Soldaten an der Salonikifront (der Rest an Westfront verlegt)
(Afflerbach S. 464)
 
@Emperor_Antonius weißt du, ob in den Zahlen bei Afflerbach die Besatzungen der zahlreichen deutschen Festungen enthalten sind? Wenn ich allein an den Umfang von Kiel, Istein/Oberrhein, Metz, Nordeseeinseln, Linearbefestigungen (Kleve, Sicherungsstellung Nord) denke - wenn das (und es ist bei weitem nicht alles!) halbwegs besetzt war, muss eine sehr große Anzahl Soldaten in den Festungen gewesen sein (?)
 
Zu Österreich-Ungarn:

Rauchensteiner, Der Erste Weltkrieg, nennt 181.500 Tote nach 10 Monaten Krieg.

Militärische Todesfälle bis Kriegsende
Deutschland 2.037.000
Österreich-Ungarn 1.460.000
Osmanisches Reich 325.000

Belgien 38.000
Frankreich 1.327.000
Großbritannien 750.000
Russland 1.800.000 mit einem Fragezeichen versehen
USA 117.000

Quelle: Enzyklopädie Erster Weltkrieg S.664 und 665
 
@Emperor_Antonius weißt du, ob in den Zahlen bei Afflerbach die Besatzungen der zahlreichen deutschen Festungen enthalten sind? Wenn ich allein an den Umfang von Kiel, Istein/Oberrhein, Metz, Nordeseeinseln, Linearbefestigungen (Kleve, Sicherungsstellung Nord) denke - wenn das (und es ist bei weitem nicht alles!) halbwegs besetzt war, muss eine sehr große Anzahl Soldaten in den Festungen gewesen sein (?)
Nach Afflerbach setzte sich das Heer aus dem (mobilen) Feldheer und dem (immobilen) Besatzungsheer zusammen. Das Besatzungsheer setzte sich aus immobilen Einheiten, Festungsbesatzungen, Behörden und Ausbildungseinheiten zusammen und verfügte über 1.538.000 Mann.
Das Feldheer verfügte über 2.397.000 Mann. Zusammengenommen kommt man auf etwas mehr Soldaten als oben bei "Ges. Kriegsstärke" aufgeführt ist. Da das Besatzungsheer aber ein Teil davon ist, gehe ich davon aus, dass die Besatzungen in den Festungen in den Zahlen enthalten sind. Es wäre natürlich noch interessant zu wissen, wie viele Truppen davon tatsächlich in den Festungen saßen und wie viele den anderen Untergliederungen zugeordnet waren.

Im Thread über die Truppenstärke Österreich-Ungarns wurde auf das Thema der Ausschöpfung des Wehrpflichtenpotentials eingegangen. Frankreich hatte hier ja weit mehr ausgeschöpft. Da ich hier gerade drauf gestoßen bin, möchte ich die Zahlen noch kurz erwähen:
Afflerbach schreibt, dass im August 1914 1.398.000 ausgebildete Soldaten nicht einberufen werden konnten.
Darüber hinaus gab es 5.470.000 wehrpflichtige, aber nicht ausgebildete Männer.
(Afflerbach S. 51)

Russland 1.800.000 mit einem Fragezeichen versehen
Auf dieses Problematik bin ich auch schon gestoßen und würde hier von höheren Todeszahlen ausgehen. Hier ist aber der Übergang zu Revolution und Bürgerkrieg fließend. Ich hatte mal vor einigen Jahren die Todeszahlen in Russland zwischen 1914 und 1945 (Erster Weltkrieg, Bürgerkrieg, Großer Terror, Zweiter Weltkrieg) untersucht und bin auf ca. 60 Millionen gekommen. Die Zahl ist vermutlich zu hochgegriffen, aber vermutlich bewegen wir uns durchaus in einer solchen Größenordnung.
 
Truppenstärke Italien:
1915: 1.000.000 Mann
Anfang 1916: 1.500.000 Mann

Russisches Feldheer im Frühjahr 1916: 2.000.000 Mann

Französiches Heer 1916 um 25% stärker als 1914

(Quelle: Keegan, John: Der Erste Weltkrieg - Eine europäische Tragödie, Hamburg, 2004, S. 386 f.)

Höhere französische Verluste bei Keegan:
Bis Ende 1914 300.000 Gefallene und 600.000 Verwundete (900.000 Verluste - ohne Gefangene)

Gefallene deutsche Soldaten nach Jahren:
1914: 241.000
1915: 434.000
1916: 340.000
(Keegan, S. 442 f.)

Gefallene französische Soldaten nach Jahren:
1914: 306.000
1915: 334.000
1916: 217.000*
1917: 121.000 (vor den Meutereien)
(Keegan, S. 462)
*Gesamtzahl für 1916 unrealistisch?, da allein bei Verdun 143.000 Gefallene und 50.000 an der Somme, insgesamt also 193.000 Gefallene allein in diesen beiden (größten) Schlachten im Jahr 1916 an der Westfront

Bis Ende 1917:
4.000.000 russische Soldaten in deutscher oder österreichisch-ungarischer Kriegsgefangenschaft
1.300.000 russische Gefallene
(Keegan, S. 476)

US-Truppenstärke an der Westfront:
März 1918: 318.000 Mann
August: 1.300.000 Mann
(Keegan, S. 520)

"Verlorene Generationen":
Zwischen 1870 und 1899 wurden in Deutschland 16.000.000 Jungen geboren. Davon fielen etwa 13 Prozent während des Ersten Weltkrieges.
In Frankreich und Großbritannien wurden die Jahrgänge 1892 - 1895 sofort eingezogen. Davon fielen zwischen 35 und 37 Prozent.
(Keegan S. 587)
 
Es wäre natürlich noch interessant zu wissen, wie viele Truppen davon tatsächlich in den Festungen saßen und wie viele den anderen Untergliederungen zugeordnet waren.
Ich nehme an, dass die nicht bedrohten Festungen nur eine sehr geringe Not Besatzung hatten. Möglicherweise waren nur Helgoland, die Kriegshafen Festungen, kurzfristig Istein/Oberrhein und die Linien bei Boyen/Lötzen in Bereitschaft (teils nur temporär)

Allerdings kam es während des Kriegs auch zu umfangreichen Baumaßnahmen (Germersheim, Breslau, Kleve, dänische Grenze) - schwer zu sagen, was wann wie besetzt war
 
Die personelle Überlegenheit der Entente war also gewaltig. Dann ist beispielsweise noch anzumerken, das fast 50% der deutschen Rohstoffe vor dem Weltkrieg aus Übersee gekommen waren. Die fielen durch die britische Seeblockade weg.
 
Zurück
Oben