Schmuggel 30er

eyelikehistory

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Was wäre ein ertragreicher Schmuggel gewesen von Triest per KfZ ins Deutsche Reich - oder umgekehrt? Gold? Wie waren die Kurse? War Morphium damals noch legal in Ita aber verboten in D?
1937-1939 ca.
 
Schmuggel lohnt sich nur, wenn die Ware im Zielland teuer ist als im Herkunftland.
Zudem macht Schmuggel nur Sinn, wenn die Einfuhr komplett oder teilweise verboten ist, oder/und es Zölle gibt.


Ich habe Zweifel, dass es für Gold europaweit jemals nennenswerte, unterschiedliche Preise gab.
Denn:
Auf Grund der innereuropäischen Nähe würden regionale Preisunterschiede nahezu sofort durch Handel ausgeräumt werden, Grenze hin oder her.


Um zu gucken, welcher Schmuggel sich 1937~1939 gelohnt hätte, müsste man recherchieren:
-Welche Waren waren in den Ländern unterschiedlichen Verboten ausgesetzt,
-Welche Waren waren hohen Zöllen ausgesetzt.

Konkrete Waren weiß ich nicht. Rauschmittel wären ergäben Sinn.
 
Ich gehe mal davon aus, dass du eine Idee für einen historischen Roman oder ähnliches suchst?


Warum hätte man vor Anfang des Krieges Gold nach Deutschland schmuggeln sollen? Das hätte man mehr oder weniger jederzeit legal einführen können, zummindest Alt oder Bruchgold, der Privatbesitz der meisten anderen Sorten von Gold, war in Deutschland seit 1936 verboten.
Aber warum ausgerechnet nach Deutschland 2 Jahre vor Kriegsbeginn? Nicht nur dass Deutschland zwischen den Weltkriegen immer eine relativ schwache Währung hatte (was notwendig war um die Exportleistung hoch halten und die Reparationsforderungen bedienen zu können).
Darüber hinaus war in Deutschland im Zuge der Aufrüstungspolitik in den späten 1930er Jahren ein guter Teil der Produktion industrieller Zivilgüter auf ein Minimum zurückgefahren, weil die Schlüsselrohstoffe systematisch der Rüstung zugeführt wurden.
Mit anderen Worten: Es gab überhaput kein besonders großes Angebot an Waren in Deutschland, für das man geschmuggelte Güter hätte eintauschen oder veräußern können.
Gleichzeitig war Deutschlands Währung im internationalen Vergleich relativ wertlos, was hätte man damit anfangen wollen?

Rausschaffen wäre sinnvoller gewesen, was Gold angeht.


War Morphium damals noch legal in Ita aber verboten in D?
Morphium war in den 1920er Jahren in Deutschland verschreibungspflichtig geworden, aber nicht grundsätzlich illegal. Es kam häufig als Betäubungs- oder Schmerzmittel, bzw. als Bestandteil davon vor.
Und man wird alleine auf Grund der großen Zahlen an ehemaligen Soldaten des 1. Weltkriegs, die das ganze mit erheblichen Verwundungen überstanden und zum Teil chronische Leiden davon getragen hatten davon ausgehen können, dass solche präparate auch in relativ hoher regelmäßigkeit verschrieben wurden, respektive in der Bevölkerung zirkulierten.

Ich weiß nicht, wie ernst man das mit der Verschreibungspflicht damals nahm, dass werden andere User besser beurteilen als ich, aber faktisch dürfte die auch für Personen, die nicht berechtigt waren relativ leicht zu umgehen gewesen sein.
Dafür wäre es wahrscheinlich lediglich notwendig gewesen nen versehrten Veteranen des 1. Weltkriegs aufzutreiben (davon gab es in Deutschland mehrere 100.000) und diesen dazu zu bringen sich was verschreiben zu lassen und nachher weiter zu geben, bzw. zu verkaufen.
Geh also mal davon aus, dass wer in den 1920er und 1930er Jahren dort unbedingt herankommen wollte, das auch ohne große Schwierigkeiten hinbekam.

Das wäre damals kein plausibles Gut für Schmuggel gewesen.


Wenn es einzig um Schmuggel geht, in den späten 1920er und frühen 1930er Jahren verdienten sich Alkoholschmuggler, die während der Prohibitionszeit Spirituosen in die USA schmuggelten (z.B. von Kanada aus) eine goldene Nase.
Vor 1935, bevor Deutschland die Bestimmungen des Versailler Vertrags zur Abrüstung und zur Kontrolle von Kriegswaffen kündigte, wäre es wahrscheinlich plausibel gewesen Waffen oder Waffenteile nach Deutschland zu schmuggeln, die der Versailler Friedensvertrag eigentlich untersagte.

Ein Automobil wäre allerdings für Schmuggel in den 1930er Jahren eine eher schlechte Wahl gewesen, weil Automobile vor dem 2. Weltkrieg noch einigermaßen selten waren (man traf sie an, aber es war nichts, was sich der Normalbürger hätte leisten können, zumal vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise und der vorangegangenen Massenarbeitslosigkeit).
Und darüber hinaus bietet ein Auto natürlich auch nur relativ geringen Stauraum (die damaligen noch deutlich weniger als die Heutigen).
Ein Binnenschiff z.B. auf der Donau oder dem Rhein, ein altmodisches Fuhrwerk oder ein Güterzug wären wahrscheinlich wesentlich plausiblere Vehikel gewesen um einigermaßen unbemerkt bestimmte Dinge über eine Grenze zu bekommen.
 
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Vor 1935, bevor Deutschland die Bestimmungen des Versailler Vertrags zur Abrüstung und zur Kontrolle von Kriegswaffen kündigte, wäre es wahrscheinlich plausibel gewesen Waffen oder Waffenteile nach Deutschland zu schmuggeln, die der Versailler Friedensvertrag eigentlich untersagte.
Waren Jagdwaffen denn ebenfalls vom Versailler Vertrag betroffen?

Auffällig ist für mich: Schmuggel scheint in der Menschheitsgeschichte primär Rauschmittel betroffen zu haben.


Private Ankedote: Mein Bruder hat mal fast aus Versehen Schiffsmotoren für ne Millionen Euro in den Iran verkauft. Es kam einfach ein Typ in seine Firma und wollte die haben. Sollten nach Dubai geliefert werden. Diese Motoren standen damals auf Wirtschaftssanktionslisten wegen Irans Atomprogrammen. Vor Abschluss des Handels ist ihm aber klar geworden, dass der Käufer ein iranischer Strohmann war.
Vermutlich wären die bei der iranischen Marine gelandet.
 
Ich habe Zweifel, dass es für Gold europaweit jemals nennenswerte, unterschiedliche Preise gab.
Es gab allerdings immer wieder mal Gesetze, die den privaten Besitz von Gold verboten, so in den 1930er Jahren auch in NS-Deutschland oder auch in den USA:


In diesem Kontext konnte es schon Sinn ergeben Gold zu schmuggeln, nur eben nicht ins Inland, sondern ins Ausland, wenn die Besitzer sich davon nicht trennen und es vor dem Zugriff des Staates irgendwo in Sicherheit bringen wollten.
Es wäre z.B. um es plakativ zu benennen durchaus sinnvoll (wenn man die Strafen für's Erwischtwerden nicht fürchtete) gewesen, auf diesem Weg Gold und Goldschmuck aus NS-Deutschland heraus z.B. in die Schweiz zu verbringen oder ähnliches.

Natürlich konnte der Schmuggel von Gold auch in Kriegszeiten Sinn ergeben, wenn er dazu diente Auslandsvermögen einer Kriegspartei in Sicherheit zu bringen, verdeckt Waffen und Material anzukaufen etc.

Aber eben eher nicht im Zusammenhang mit einer Einfuhr nach NS-Deutschland hinein.
Der Besitz illegaler Gegenstände, auch wenn es was harmloses wie Gold, ist insbesondere in einem Land mit einem totalitären Regime, in dem jederzeit rein auf Verdacht oder aus dem Sentiment irgendeines Parteibonzen heraus Räumlichkeiten durchsucht werden können, nicht ratsam.
(Ansonsten ist es auch ohne totalitäres Regime natürlich auch nicht ratsam sich mit dem Gesetz in Konflikt zu bringen).

Und was soll man mit Gold, wenn man es weder irgendwo lagern, noch offiziell damit bezahlen oder es als Schmuck tragen kann?
 
Zuletzt bearbeitet:
Waren Jagdwaffen denn ebenfalls vom Versailler Vertrag betroffen?
Das nicht.

Der Versailler Vertrag regelte, was die Reichswehr an Waffenbeständen haben durfte, des Großvaters oder des Agrariers oder Industriebarons Jagdflinte fiel nicht darunter.

Aber z.B. war qua Versailler Vertrag auch der Besitz von U-Booten und Flugzeugen für militärische Zwecke untersagt, Bestimmungen, die von den Weimarer Politikern umgangen wurden.
Nun kann eine Privatperson schwelich ganze U-Boote schmuggeln, aber sagen wir mal technischer Bedarf, um Flugzeuge für militärische Zwecke umrüsten zu können, z.B. Aufhängungen für Waffen etc. sowas hätte man sicherlich durchaus, ggf. in Einzelteilen schmuggeln können (wobei das natürlich vorausgesetzt hätte das ganze etwas größer aufzuziehen).
Kleinwaffen oder Teile für Maschienengewehre, Handgranaten oder so etwas wären als Schmuggelwahre vielleicht für die Reichswehr nicht so interessant gewesen (vielleicht in kleinem Maße für die illegale Ausbildung von Zeitfreiwilligen, die in der Weimarer Republik zweitweise unter der Hand lief), aber für die ganzen paramilitärischen Verbände, die es in Deutschland bis 1933 gab und die versuchten ihre Leute zu bewaffnen und nicht so ohne weiteres legal an (Kriegs)waffen kamen.
Vieles von den Beständen, die Organisationen, wie die SA, Rotfront, der Stahlhelmbund etc. hatten, stammte noch aus alten Weltkriegsbeständen die unterschlagen wurden oder Beständen der Reichswehr, die Anfang der 1920er Jahre auf verschiedene paramilitärische Organisationen umverteilt wurden, aus denen die genannten Verbände z.T. später hervorgingen, um diese Waffen, der Rüstungskontrolle nach dem Versailler Vertrag zu entziehen.
Hitlers späterer SA-Chef Ernst Röhm, wurde in den frühen 1920er Jahren als "Maschienengewehrkönig von München" unter anderem dafür berühmt-berüchtigt, dass er als Verbindungsmann zwischen paramilitärischen und Freikorpsorganisationen, "Einwohnerwehren" und der Reichswehr fungierte und überzählige Waffenbstände, die Deutschland nach dem Versailler Friedensvertrag eigentlich hätte abliefern müssen, verschwinden ließ und sie an die genannten Organisationen verschob.

Allerdings war dieses Material natürlich Ende der 1920er/Anfang der 1930er Jahre, als die politische Gewalt in Deutschland wieder Hochkonjunktur hatte, in weiten Teilen entweder verbraucht oder veraltet, so dass es bei den entsprechenden Organisationen sicherlich Nachfrage nach Kleinwaffen gab und leichten Kriegswaffen gab.
Sie wären damit also wahrscheinlich ein plausibles Gut für Schmuggel gewesen.

Ich würde allerdings mir allerdings (falls das die Intention sein sollte) gerade bei letzterem sehr genau überlegen, ob es ratsam ist, sowas in einer fiktiven Erzählung aufzugreifen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Schmuggel von Italien nach Deutschland scheint mir etwas fraglich. Ich kenne mich da nicht aus, doch in Bezug auf die Schweiz kann ich dazu was sagen.
In den 1930-er Jahren (auch schon die Jahrzehnte davor und bis in die 1970-er Jahre) gab es in der Südschweiz ein richtiges Schmugglergewerbe. Tausende verdienten ihren Lebensunterhalt durch Schmuggel nach Italien. Vor allem Tabak, Kaffee, Kakao, Sacharin und Schweizerfranken waren in Italien sehr begehrt. Auf dem Rückweg «importierten» die Schmuggler Wurstwaren, Autoreifen, Reis – und Flüchtlinge. Die Schmuggler marschierten in Gruppen über die Berge oder ruderten nachts über die Seen.
Während des Krieges wurde dann auch Salz nach Italien geschmuggelt. Nach dem Krieg wurde sogar ein Schmuggel-U-Boot wurde eingesetzt!

Daher vermute ich, dass es damals eher Schmuggel von Deutschland nach Italien gab – und nicht umgekehrt.

Gruss Pelzer
 
Schmuggel von Italien nach Deutschland scheint mir etwas fraglich. Ich kenne mich da nicht aus, doch in Bezug auf die Schweiz kann ich dazu was sagen.
In den 1930-er Jahren (auch schon die Jahrzehnte davor und bis in die 1970-er Jahre) gab es in der Südschweiz ein richtiges Schmugglergewerbe.
Mag das, was die 1930er Jahre angeht mit den Völkerbund-Sanktionen gegen Italien wegen des Abessinienkrieges zu tun haben?

Bei den von dir aufgezählten Waren, Tabak, Kaffee, Kakao dürfte es sich ja kaum um in der Schweiz selbst produzierte Produkte gehandelt haben, sondern eher um Reexporte, die man dann wahrscheinlich vor allem über Frankreich und dessen Kolonien bezogen haben wird.
Der Umweg über die Schweiz hätte dann natürlich Sinn ergeben, wenn sie in Frankreich einem Ausfuhrverbot nach Italien unterfallen wären, was sich jedenfalls mit dem Abessinienkrieg und gegen Italien verhängten Sanktionen erklären ließe.


Daher vermute ich, dass es damals eher Schmuggel von Deutschland nach Italien gab – und nicht umgekehrt.
Da wegen der forcierten Aufrüstung, Teile der Zivilwirtschaft in Deutschland unter Rohstoffmangel litten und es auch im Bereich der Konsumgüter zum Teil an Importwaren fehlte, dürfte Deutschland selbst als Absatzmarkt grundsätzlich ja durchaus Potential gehabt haben, so dass Schmuggel wahrscheinlich nur im Fall von Preisfestsetzungen wirklich lukrativ hätte sein können.

Ich denke Schmuggel zwischen Deutschland und Italien wird eher wenig Sinn ergeben haben, weil beide Länder ähnliche Probleme hatten, in Form eher schwächelnder ziviler Industrie.
In Deutschland bedingt durch die Aufrüstung und die Kanalisierung der Rohstoffe in den Bereich der Rüstungsindustrie, in Italen wegen der Völkerbundsanktionen wegen des Abessinienkrieges und wegen allgemein eher schwacher Wirtschaft und Mangel an Energieträgern.



Was natürlich öfter mal nach Deutschland hinein und hinaus geschmuggelt wurde, waren Produkte illegaler politischer Aktivitäten.
Sprich Stimmungs- und Lageberichte aus Deutschland, an die Exilorganisationen der in Deutschland zerschlagenen politischen Parteien, wie die SoPaDe, zunächst in Prag, später in Paris, oder eben die Spize der zerschlagenen KPD in Moskau und umgekehrt eben Direktiven und Anfragen der entsprechenden Organisationen an die entsprechenden im Untergrund aggierenden ehemaligen Parteifreunde in Deutschland, so wie das Einschleusen von dem Regime nicht genehmen Presserzeugnissen etc.
 
Danke für die Vorschläge.
Es ist real, die Tour ging von Baden- Württemberg nach Triest mit privatem PKW, das jedes Mal " für die Fahrt fertig gemacht wurde", wobei "damit die Route nicht auffällt" ( beim Grenzübertritt nehme ich an) extra nicht die kürzeste Route sondern der Umweg über Wien gewählt wurde. Also fernab der üblichen Schmuggelrouten schätze ich. Es fuhren zwei Personen immer abwechselnd dieselbe Tour, ca alle 2 Wochen.
 
... Bei den von dir aufgezählten Waren, Tabak, Kaffee, Kakao dürfte es sich ja kaum um in der Schweiz selbst produzierte Produkte gehandelt haben, sondern eher um Reexporte, die man dann wahrscheinlich vor allem über Frankreich und dessen Kolonien bezogen haben wird.
...
In der Schweiz wurde damals sehr viel Tabak angebaut und verarbeitet. Auch im Tessin gab es damals einige sehr namhafte Zigaretten- und Zigarrenhersteller. Auch heute noch haben die weltgrössten Tabakkonzerne wichtige Produktionsstätten oder gar ihren globalen Hauptsitz in der Schweiz.

Ganz ähnlich sieht das auch beim Kakao aus. Der wird zwar nicht in der Schweiz angebaut. Doch es gibt sehr alte und stabile Beziehungen zu Kakao-Produzenten, vor allem in Westafrika (es gab damals eine stattliche schweizer Handelsflotte). Schon seit Ende des 19. Jahr. werden in der Schweiz grosse Mengen Kakao verarbeitet und gehandelt - und z.B. als Schokolade in alle Welt exportiert. Oder eben nach Italien geschmuggelt.

Gruss Pelzer
 
Danke für die Vorschläge.
Es ist real, die Tour ging von Baden- Württemberg nach Triest mit privatem PKW, das jedes Mal " für die Fahrt fertig gemacht wurde", wobei "damit die Route nicht auffällt" ( beim Grenzübertritt nehme ich an) extra nicht die kürzeste Route sondern der Umweg über Wien gewählt wurde. Also fernab der üblichen Schmuggelrouten schätze ich. Es fuhren zwei Personen immer abwechselnd dieselbe Tour, ca alle 2 Wochen.
Also vermutlich etwas, das sich von der Größe her in einem PKW verstecken ließ und wertvoll genug war, dass sich die weite Fahrt lohnte? Wenn das Auto in BW "fertig gemacht" wurde, müsste zumindest auch (oder nur) etwas aus Deutschland herausgeschmuggelt worden sein. Von der Zeit her könnte ich mir das Vermögen ausreisewilliger Juden vorstellen; in den Jahren vor Kriegsbeginn förderte das Regime diese ja noch, plünderte die Verfolgten dabei aber auf bürokratische Weise so stark wie möglich aus. Wenn es etwas in dieser Richtung gewesen wäre, hätte man Triest vielleicht nur als Zwischenstation für den Weg nach Palästina oder nach Übersee genutzt?
 
Was wäre ein ertragreicher Schmuggel gewesen von Triest per KfZ ins Deutsche Reich - oder umgekehrt? Gold? Wie waren die Kurse? War Morphium damals noch legal in Ita aber verboten in D?
1937-1939 ca.

1910 versuchte man bei einer internationalen Konferenz den Opiumhandel zu kontrollieren und zu beschränken. 1914 wurde mit der Harrison Act in den USA eines der ersten Betäubungsmittel verabschiedet. Heroin, Morphin und andere Morphinderivate, auch Kokain wurden verschreibungspflichtig. In Produkten wie Vin Mariani oder Coca Cola (bis 1903 kokainhaltig) mussten die enthaltenen Substanzen aufgeführt werden.

Nach dem Ersten Weltkrieg wurden in den meisten europäischen Ländern Betäubungsmittelgesetze nach dem Vorbild der Harrison Act erlassen. Deutschland erließ relativ spät und auf Druck der Alliierten 1929 das Reichsopiumgesetz.


In den 20er und 30er Jahren war Morphium in ganz Europa verschreibungspflichtig geworden.
Wie @Shinigami bereits zutreffend festgestellt hat, gab es damals aber noch nicht einen solchen Drahtverhau von Paragraphen wie er für das neue Betäubungsmittelgesetz von 1971 charakteristisch war.

Ärzte konnten problemlos Morphium auch an Suchtkranke verschreiben. Verglichen mit seinem Nachfolger dem BtMG war das Reichsopiumgesetz recht liberal. Die Höchststrafe betrug 3 Jahre. Dennoch führte das neue Gesetz dazu, das Süchtige wie Hans Fallada wegen ihrer Abhängigkeit mit dem Gesetz in Konflikt kamen. Wegen Rezeptfälschung und einigen anderen Delikten musste Fallada eine Haftstrafe verbüßen, die er literarisch verarbeitete.

Immerhin erlaubte das Reichsopiumgesetz, dass Schmerzpatienten und Morphinisten relativ unauffällig leben konnten, während das BtMG es praktisch unmöglich machte, nicht mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten.

Heroin war bekannt, um die Jahrhundertwende war es bereits ins Gerede gekommen, es hatte sich gezeigt, dass es mindestens so leicht zur Abhängigkeit führen kann wie Morphin.

In Europa hatte man mit Heroin bis in die 1960er, 1970er Jahre keine nennenswerten Probleme. Es war recht niedrig dosiert, und oral genommen ist es nicht suchtfördernder als andere Morphin-Derivate.
Auf der Szene war Morphium oder Opium beliebter, und auch als Schmerzmittel war Morphin und nicht Heroin das Mittel der Wahl.
Vor dem 1. Weltkrieg war Morphin oder Kokain in zahlreichen Produkten enthalten. Nach dem Weltkrieg wird es auch unzählige Invaliden und Schmerzpatienten gegeben haben, die auch nach der Einführung von Betäubungsmittelgesetzen weiterhin ihr Medikament brauchten.
Grundsätzlich aber war Morphin weiterhin ein verkehrsfähiges Opiat, und es war auch möglich, so etwas wie eine Substitutions-Behandlung durchzuführen.

Kokain war schon vor dem Weltkrieg weit verbreitet, in Russland stieg es während des Krieges zu einer Volksdroge auf. Die zaristische Regierung hatte 1914 die Alkoholprohibition beschlossen, und in diese Lücke stieß hochprozentiges, konzentriertes Koks made in Germany. Russland hatte in den 1920ern die höchste Zahl an Kokainisten. Erst in den 1930ern kehrte die SU zum Wodka zurück, und Kokainismus wurde brutal bekämpft.

Drogen- und Drogenhandel hat auch schon Anfang des 20. Jhd. einen hohen Marktanteil gehabt. In den 1920ern, 1930ern deckten Morphin-Abhängige und Kokainisten ihren Bedarf aber noch mehrheitlich aus legal oder halb legal produzierten Quellen.

Der Siegeszug des Heroin setzte erst ein, als durch immer härtere Betäubungsmittelgesetze der Zugang zu morphinhaltigen Mitteln völlig zum Erliegen kam.

Von 1971-2015 war in der BRD Heroin das einzige Morphinderivat, zu dem Suchtkranke überhaupt noch Zugang hatten. Um Morphin verordnet zu bekommen, musste man praktisch todkrank sein, um die bürokratischen Hürden zu überwinden.

William Burroughs schreibt in "Junkie", dass in den USA während des 2. Weltkriegs Morphium auf Rezept das einzige Opiat war, das ausreichend zur Verfügung stand.

Dennoch gab es in den 1920ern bereits Heroinhandel. Heroin wurde auch nicht nur in D produziert. Bulgarien, Ägypten und andere Staaten produzierten ebenfalls H.

Es wurde damals nicht in den Anbaugebieten, sondern in Hongkong, Marseille oder auf Sardinien raffiniert. Es gab bereits Vorläufer der späteren French Connection, und auch in die USA wurde bereits Heroin exportiert.
Mario Puzos Roman stellt das Geschäft echt gut dar.

Der Mafioso Virgil Solozzo schlägt Vito Corleone ein Geschäft vor. Sollozzo hat Verbindungen in die Türkei. Die Türkei ist auch heute noch einer der größten Produzenten legaler medizinischer Opiate. In den 1950ern drängten die USA der Türkei einen Milliardenkredit auf, wenn die die Produktion drosselt. Sollozzo bekommt das Opium aus der Türkei und hat eine Raffinerie auf Sizilien, um zunächst Morphium herzustellen und eine in Südfrankreich, um Heroin herzustellen.

Über Italien und den Balkan ist zweifellos ein Großteil an Opium nach Europa gelangt, und völlig unwahrscheinlich ist es sicher nicht, dass es in Südfrankreich, auf Sizilien, Sardinien auch in Ägypten Raffinerien gab, wo Opium zu Heroin Nr.3 und Heroin Nr.1 raffiniert wurde.

Pkws gab es noch nicht so viele, aber Autos werden gerne präpariert zum Drogenschmuggel. Mit einem Auto schmuggeln auch Gangsterboss Alain Charnier und seine Mitarbeiter in John Frankenheimers "French Connection" das Heroin in die USA. Erst durch die Kontrolle des Gewichts kommen die Ermittler Russo und Doyle darauf, dass die Schore im Cadillac gewesen sein musste.

10, 20, 30 kg reines Heroin das ist schon eine ganz schöne Menge, und damit kann man auch eine Metropole wie London oder Berlin auf den Geschmack bringen.

Sicher, es gab aus Kriegsbeständen und legaler Produktion noch aus dem Weltkrieg große Bestände aus legaler Produktion, und Heroin wurde noch in den 1950ern in D hergestellt.

Trotzdem stieg der Marktanteil des Drogenhandels. 1933 hatten die USA das Experiment der Prohibition beendet und der organisierten Kriminalität war eine lukrative Einkommensquelle genommen worden.

Der Heroin-Handel war vor dem 2. Weltkrieg noch recht bescheiden. Dennoch waren (nunmehr illegale) Pharmadrogen wie Kokain und Heroin stark im Kommen. Präparierte Fahrzeuge waren und sind ein beliebtes Mittel zum Schmuggel. Die Möglichkeiten, ein Pulver zu verstauen sind praktisch unbegrenzt. Selbst bei Verdacht und selbst mit der Hilfe von ausgebildeten Spürhunden sind Geheimverstecke kaum auszumachen.

10, 20 oder auch 50 Kilo lassen sich schon auf die eine oder andere Art in einem KFZ transportieren, und mit 10 Kilo lässt sich schon etwas anfangen.
 
Von der Zeit her könnte ich mir das Vermögen ausreisewilliger Juden vorstellen; in den Jahren vor Kriegsbeginn förderte das Regime diese ja noch, plünderte die Verfolgten dabei aber auf bürokratische Weise so stark wie möglich aus. Wenn es etwas in dieser Richtung gewesen wäre, hätte man Triest vielleicht nur als Zwischenstation für den Weg nach Palästina oder nach Übersee genutzt?
Hätten aus Deutschland flüchtende von den Nazis als Juden verfolgte Personen, wenn sie vermögend waren und Möglichkeiten sahen einen Teil des Vermögens mit zu retten, ausgerechnet den Weg über Italien gewählt?

Das Land war immerhin auf Annäherungskurs mit Deutschland 1937 dem Antikomintern-Pakt beigetreten, und de facto hatte Mussolini 1938 den Weg für die Annexion Österreichs frei gemacht.
In Italien gab es vor der deutschen Besatzung zwar keine gegen Juden oder als jüdisch betrachtete Personen gerichtete Vernichtungspolitik allerdings hatte das Land 1938 begonnen eigene Gesetze gegen als jüdisch betrachtete Personen zu erlassen, die zum Teil sicherlich an die in Deutschland in Kraft befindlichen "Nürnberger Rassengesetze" angelehnt waren.

Darunter fiel unter anderem auch ein Gesetz zur "Ausweisung ausländischer Juden".


D.h. jüdische oder vom NS-Regime als jüdisch betrachtete Flüchtlinge aus Deutschland, hätten sich in Italien zu diesem Zeitpunkt überhaupt nicht mehr legal aufhalten können und wären immer in der Gefahr gewesen im Fall dass sie auffielen von den italienischen Behörden festgesetzt und nach Deutschland zurückgeschickt zu werden.

Außerdem hätte die britische Mandatsmacht einer Einwanderung nach Palästina erstmal zustimmen müssen. Das quasi undercover von Italien aus zu organisieren, stelle ich mir schwierig vor, da hätten sich sicherlich eher Frankreich, Belgien oder die Niederlande als Zwischenstation angeboten, wo es kein faschistisches, Deutschlandfreundliches Regime mit eigenen antijüdischen Gesetzen gab und wo man (zumindest Frankreich/Belgien) sicherlich darauf hätte hoffen können als vom NS-Regime Verfolgte Personen unter den Teilen der Bevölkerung, die Deutschland äußerst skeptisch sahen Sympathien zu wecken und für das Vorhaben einer Ausreise aus Europa heraus vielleicht Unterstützung zu erhalten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Danke für die Vorschläge.
Es ist real, die Tour ging von Baden- Württemberg nach Triest mit privatem PKW, das jedes Mal " für die Fahrt fertig gemacht wurde", wobei "damit die Route nicht auffällt" ( beim Grenzübertritt nehme ich an) extra nicht die kürzeste Route sondern der Umweg über Wien gewählt wurde. Also fernab der üblichen Schmuggelrouten schätze ich. Es fuhren zwei Personen immer abwechselnd dieselbe Tour, ca alle 2 Wochen.

Die Route über Wien nach Triest macht schon insofern Sinn, als dass seit der Habsburger Zeit, vor allem im 19. Jahrhundert sich Triest zum wichtigsten Handels und Umschlaghafen der österreichischen Reichshälfte entwickelt hatte und ein Großteil der für den Export bestimmten Produktion der Österreichischen und Böhmisch-Mährischen Industrie hier umgeschlagen wurde.
Außerdem gab es in Istrien einige Küstenorte, die sich für das wohlhabende Wiener Bürgertum seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert als Urlaubsziele etabliert hatten.

Die italienisch-österreichischen Beziehungen hatten zwar wegen der Südtirol-Frage und dem Weltkrieg natürlich sehr gelitten, sich aber in den 1930er Jahren wieder verbessert, weil für das Dollfuß-Regime und später Schuschnigg, das faschistische Italien zunächst als Schutzmacht gegen deutsche Annexionswünsche fungierte (bis Mussolini im Zuge des Abessinienkrieges die Seiten wechselte und sich mit Hitler verbündete).

Natürlich benötigte die österreichische Industrie aber weiterhin Exportmöglichkeiten und Zugang zum Mittelmeer, zumal die Beziehungen zu Jugoslawien wegen der Grenzziehung zwischen beiden Ländern (vor dem "Anschluss") wegen strittiger Gebiete nördlich der Drau inklusive Marburg/Maribor auch nicht besonders gut waren.

Die Route von Wien nach Triest dürfte von dem her als Tarnung einigermaßen getaugt haben, weil es absolut nichts ungewöhnliches war, dass Personen in der österreichischen Wirtschaft Geschäftskontakte in Triest hatten und Wohlhabende Personen aus Wien Urlaub in Istrien verbringen wollten.
 
Ich gehe mal davon aus, dass du eine Idee für einen historischen Roman oder ähnliches suchst?




Morphium war in den 1920er Jahren in Deutschland verschreibungspflichtig geworden, aber nicht grundsätzlich illegal. Es kam häufig als Betäubungs- oder Schmerzmittel, bzw. als Bestandteil davon vor.
Und man wird alleine auf Grund der großen Zahlen an ehemaligen Soldaten des 1. Weltkriegs, die das ganze mit erheblichen Verwundungen überstanden und zum Teil chronische Leiden davon getragen hatten davon ausgehen können, dass solche präparate auch in relativ hoher regelmäßigkeit verschrieben wurden, respektive in der Bevölkerung zirkulierten.

Ich weiß nicht, wie ernst man das mit der Verschreibungspflicht damals nahm, dass werden andere User besser beurteilen als ich, aber faktisch dürfte die auch für Personen, die nicht berechtigt waren relativ leicht zu umgehen gewesen sein.
Dafür wäre es wahrscheinlich lediglich notwendig gewesen nen versehrten Veteranen des 1. Weltkriegs aufzutreiben (davon gab es in Deutschland mehrere 100.000) und diesen dazu zu bringen sich was verschreiben zu lassen und nachher weiter zu geben, bzw. zu verkaufen.
Geh also mal davon aus, dass wer in den 1920er und 1930er Jahren dort unbedingt herankommen wollte, das auch ohne große Schwierigkeiten hinbekam.
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Die Rezeptpflicht machte Morphinisten schon das Leben schwer. Wenn man etwas ganz dringend braucht, geht meistens Irgendetwas schief. Arzt im Urlaub, in einer "sicheren" Apotheke ist der Mann des Vertrauens nicht da.

Hans Fallada beschreibt in einem Manuskript, das erst nach seinem Tod veröffentlicht wurde, wie er in Berlin gemeinsam mit einem Gefährten Wolf Apotheken abklapperte, wo man ein gefälschtes Rezept einlösen konnte. Wolf war der "Spezialist für Rezepte" und Fallada der "vertrauenerweckende Junkie", der über Manieren und Esprit verfügt und den man nicht gleich aus der Praxis schmeißt, wenn das Wort "Morphium" fällt.
Problematisch war, dass man in D, den USA, auch in GB den Ärzten ein überzogenes Standesethos anerzogen hat. Ärzte um ein Opiat-Rezept anzugehen, erforderte Taktgefühl. Burroughs schreibt, durchaus zutreffend, dass man nicht zum Arzt gehen und sagen kann: "Hören Sie, Doc, ich brauche ein Morphin-Rezept, was wollen Sie dafür haben?

Das verletzt das Standesethos, also muss eine Komödie gespielt werden. Der Patient spielt den rechtschaffenen Bürger, der plötzlich an Gallenkoliken, Gesichtsneuralgie, blabla erkrankt ist, und der Arzt spielt den Seriösen, der dem Eid des Hippokrates verpflichtet ist und niemals Drogen verschreiben würde, wäre es nicht medizinisch indiziert.

Fallada hat wegen Urkundenfälschung einmal eine Haftstrafe absitzen müssen. (Wer jemals aus dem Blechnapf fraß) Später entzog er sich Morphium mit Schnaps, bis er wieder umstieg. Auch seine zweite Frau war stark morphinabhängig. Ein Brief von ihr an Kollegen Gottfried Benn, der auch Arzt war und in dem sie ihn um Morphin anhaut, hat sich erhalten.

Grundsätzlich war Morphin ein verkehrsfähiges BtM, und es gab auch keinen Passus wie im BtMG "Opiatabhängigkeit ist keine Indikation für die Verordnung von Betäubungsmitteln. Jeder Arzt konnte es jedem Patienten verschreiben. Wie hätte man auch damals nachweisen sollen, dass jemand nicht unter Schmerzen, Gallenkoliken, Gesichtsneuralgie litt?

Es gab nur eine einfache Rezeptpflicht, aber nicht die Auflagen für ein BtM-Rezept: (dreifacher Durchschlag, bürokratische Nachweispflicht). Es gab noch nicht einen solchen Drahtverhau von Auflagen und Restriktionen. Höchstens machten die Krankenkassen einen Aufstand, wenn Ärzte auffällig viel Morphium verschrieben.

Die Ärzte und Morphinisten bevorzugten daher Privatrezepte, was allerdings auf Dauer ins Geld gehen konnte. Falladas Haftstrafe resultierte auch gar nicht mal so sehr aus Rezeptfälschung, sondern es hatte Fallada aus Geldnot eine Unterschlagung begangen.

Leute wie Hans Fallada, seine 2. Frau und Wolf der "Rezepte-Fachmann haben anscheinend jahrelang ihren Bedarf ausschließlich aus Apotheken bezogen. Es war technisch nicht schwierig ein Rezept zu fälschen. In einem Manuskript (Hans Fallada, Der tödliche Rausch 1949) beschreibt Fallada, dass er im Wartezimmer eines Arztes ein Buch las, und in dem Buch hatte ein vorsichtiger Arzt seinen Namen und seine Adresse abgedruckt. Fallada riss die Seite heraus, und konnte sie als Vorsatzblatt für das begehrte Rezept nutzen. Es war nach Reichsopiumgesetz auch gesetzlich möglich, dass ein Arzt einen Patienten jahrelang mit Morphin substituierte.

Sicher gab es da auch dubiose, kriminelle Ärzte wie "Frau Doktor Katz", die in Fassbinders Streifen "Die Sehnsucht der Veronika Voss" der ehemaligen UFA-Schauspielerin Morphium verschreibt, weil sie es auf ihr Geld abgesehen hat. Auf den Geschmack ist Veronika Voss aber auch ohne Dr. Katz gekommen. Vorbild der Veronika Voss war die UFA-Schauspielerin Sibylle Schmitz, die jahrelang abhängig war von dem Medikament Eukodal. Eukodal hat Theo Morell auch Hitler verschrieben. Das Mittel wurde 1919 in D entwickelt. In der BRD wurde es 1994 vom Markt genommen. Via die USA kam es, wie früher schon Methadon, um die Jahrtausendwende wieder in sein Ursprungsland zurück. Eukodal enthält den Wirkstoff Oxycodon und wird u. a. unter den Namen Oxygesic, Percodan verkauft.

Oxycodon spielte auch in der Opioid-Krise in den USA eine Rolle. Es gab und gibt zahlreiche Leute, die davon abhängig wurden. Darunter auch der Komiker Jerry Lewis, der viele Jahre davon abhängig war. In den USA nennt man es "Hillybilly-Heroin". Wie viele synthetische und halbsynthetische Opioide kann Oxycodon stark abhängig machen, weit abhängiger sogar als Heroin.

Viele Leute, die auf dem Gebiet Erfahrungen haben, sind sich einig, dass Heroin zwar eine weitaus stärkere psychische Abhängigkeit erzeugt als Oxycodon oder Methadon, dass aber die Entzugsschmerzen und die Dauer des Entzuges bei Oxycodon, Fentanyl und Methadon weitaus länger dauern und qualvoller sind. Verglichen mit einem Methadon-Entzug erscheint ein Heroin-Entzug fast wie eine Erholung.
 
Die Rezeptpflicht machte Morphinisten schon das Leben schwer.
Naja, das kam sicherlich drauf an, wie jemand mit einer Morphium-Abhängigkeit das anging.
Wie gesagt, es gab ja in Deutschland einige hunderttausend Kriegsinvalieden, denen wahrscheinlich kaum ein Arzt ein Rezept für Schmerzmittel verweigert hätte, wenn die angaben, dass ihre amtlich dokumentierte Kriegsverletzung wieder Probleme machte.
Und gleichzeitig gab es natürlich keine mit heute vergleichbare einigermaßen zentrale Datenerfassung und Vernetzung der Ärzte untereinander, so dass es einem Junkie damals wahrscheinlich möglich gewesen wäre, irgendwo einen Kriegsversehrten Companion aufzutreiben, Rezepte auf diesen ausstellen und von diesem das Betäubungsmittel aus der Apotheke holen zu lassen, bzw. gleich mehrere Ärzte und Apotheken abzuklappern und auf Vorrat zu beschaffen.
Insofern ja auch die Invalidenrenten nicht üppig waren, die Hyperinflation in 1923 massiv Ersparnisse vernichtete und gerade für nicht mehr voll leistungsfähige Kriegsversehrte die Massenarbeitslosigkeit seit Beginn der Weltwirtschaftskrise ein Problem war, weil die am wenigsten leistungsfähigen Arbeitskräfte nach betriebswirtschaftlichen Logiken als erste wegrationalisiert werden, wird es wahrscheinlich, in den 1920er und 1930er Jahren auch genügend Kriegsversehrte gegeben haben, die bereit gewesen sein dürften sich auf sowas einzulassen, wenn dafür ein paar warme Mahlzeiten heraussprangen.

Oder jedenfalls stelle ich mir das so vor.

Grundsätzlich war Morphin ein verkehrsfähiges BtM, und es gab auch keinen Passus wie im BtMG "Opiatabhängigkeit ist keine Indikation für die Verordnung von Betäubungsmitteln.
Ich denke darauf kommt es doch in der Hauptsache an, was die Fragestellung angeht?

Natürlich können auch grundsätzlich legale Güter geschmuggelt werden, um damit Zolltabgaben oder mit diesen Güter verbundene indirekte Steuern beim Verkauf zu umgehen, aber die Gewinnmargen dafür dürften doch eher gering sein, es sei denn, dass das tatsächlich in Massen betrieben werden kann.

Bei der von dir als eher lax (ich kenne mich auf dem Gebiet nicht so gut aus, daher nehme ich das jetzt mal als gegeben an) beschriebenen Gesetzeslage, dürfte die Umsatzsumme für nicht legal eingeführte Morphine ja maximal so hoch gewesen sein, wie die Kosten für einen Junkie jemanden, dem der Arzt Schmerzen und Bedarf auf jeden Fall abkaufen würde zu bestechen/bezahlen um das Zeug für ihn einfach aus der Apotheke zu holen.
Wenn man mal davon ausgeht, dürften die Gewinnmargen bei illegialem Handel mit Morphium wahrscheinlich bei weitem nicht so beträchtlich gewesen sein, wie die Gewinnmargen von denen man im Bezug auf den modernen Rauschgifthandel ja öffter mal liest.
Zumal der Gewinn daraus, ja in der Regel zum größten Teil auch beim Produzenten, nicht bei Schmugglern oder bei den Dealern der entsprechenden Rauschmittel hängen bleibt.


Interessehalber: Kannst du vielleicht, was dazu sagen, ob das "Reichsopiumgesetzt" im internationalen Vergleich damals als besonders lax galt?
Denn falls ja, und falls der Zugang zu Betäubungsmitteln damals in Italien deutlich strenger geregelt gewesen sein sollte, wäre Schmuggel solcher Substanzen natürlich wieder einigermaßen plausibel gewesen, nur eben in die andere Richtung.
Wenn ich das oben als wenig wahrscheinlich tituliert habe, bezog sich dass ja vor allem auf potentielle nicht legale Importe nach Deutschland hinen, aus Deutschland heraus, wäre ja möglicherweise nochmal eine andere Nummer.

Ende der 1930er Jahre kam in Deutschland ja Pervitin auf den Markt und ich habe irgendwo gelesen, dass das erst 1941 unter das "Reichsopiumgesetz" gefasst wurde. Das bedeutet also, wenn ich recht verstehe, dass das in 1937 oder 1938 bis 1941 nicht als Betäubungsmittel/Rauschmittel im Sinne dieses Gesetzes galt und somit wahrscheinlich auch ohne Rezept zu haben war.
Das hätte sich dann natürlich damals Ende der 1930er, wenn es in Deutschland problemlos legal zu erwerben gewesen wäre für Verbringung ins Ausland mit schärferen Betäubungsmittelgesetzten, die das gegebenenfalls bereits früher fassten im Sinne von Schmuggelware gut geeignet.
 
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Es gab da eine Substanz, die in Deutschland frei erhältlich, in Italien in den 30ern aber noch verboten war: das von @pelzer bereits erwähnte Saccharin. Zahlreiche Zeitungsmeldungen weisen darauf hin, dass es sich dabei um lukrative Schmuggelware handeln musste.

Hunde als Schmuggler. Die Sacharinschmuggler haben einen neuen Trick erfunden, um ihre Ware über die Schweizer und österreichische Grenze nach Italien zu bringen. Die versteckten nämlich das Sacharin in kleinen Päckchen unter das Halsband von Hunden. Zufällig wurde ein Polizeioffizier auf die Schmugglergesellschaft aufmerksam gemacht. Es fiel ihm auf, dass in einem Kaffee, in dem auffallend vielseitig der echte Zucker durch Sacharin ersetzt wurde, eine Anzahl von Menschen verkehrte, die ganz besonders oft nach der österreichischen Grenze am Brenner reisten. Als man sie festnahm, entdeckte man, dass man die Führer einer verzweigten Schmugglerbande erwischt hatte. Um den Schmuggel durch die Hunde zu verhindern, wurde ein Netz von elektrischen Drähten an der Grenze angelegt.
Voralberger Landstimmen, 20. Okt. 1932

"La Stampa" vom 21. Mai 1938 meldete, dass eine Frau wegen Schmuggels von 11 gr Saccharin in Vicenza zur Höchststrafe von 11 Jahren Gefängnis verurteilt wurde. In der Berufung wurde das Urteil auf 10 Monate reduziert, da ihr nur der Besitz, jedoch nicht der Schmuggel nachgewiesen werden konnte.

Der Umweg über Wien macht Sinn, weil die Beamten an der schweizerisch/italienischen Grenze und am Brenner vermutlich sensibilisierter nach Saccharin Ausschau hielten.
Saccharin wurde in Deutschland durch das Süßstoffgesetz von 1926 durch eine Steuer von zwei Reichsmark pro Kilogramm etwas hochgehalten (ab 1939 RM 7,50). Möglicherweise konnte man sich in Baden-Württemberg das Saccharin noch billiger aus der Schweiz beschaffen.

Ich frage mich allerdings, warum dieses Saccharin in Italien so gefragt war.
 
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Ich frage mich allerdings, warum dieses Saccharin in Italien so gefragt war.
Der Wiki-Artikel zu Saccharin schreibt u.a.:

"Infolge von Interventionen der Zuckerindustrie erfolgte 1902 in Deutschland ein Süßstoffverbot.[12] Nur für den Bedarf von Diabetikern durfte noch produziert werden. Ähnliche Verbote gab es in fast allen europäischen Ländern mit Ausnahme der Schweiz, wo Saccharin weiterhin produziert und in großem Maßstab illegal nach Deutschland, Italien, Österreich-Ungarn und Russland eingeführt wurde (Saccharinschmuggel).[13][14] "

Das scheint also kein italienischer Sonderweg gewesen zu sein, möglicherweise dann mit ähnlichen Intentionen wie in Deutschland.
In Deutschland scheint das Verbot wegen des Zuckermangels im 1. Weltkrieg gefallen zu sein, nun war ja Italien im Gegensatz zu Deutschland nicht vom überseeischen Handel abgeschnitten und demnach nicht in dem Maß auf Ersatzstoffe angewiesen.

Auf Sizilien gab es durchaus eine Tradition des Zuckerrohranbaus, seit dem Mittelalter. Ich weiß nicht, wie intensiv/ertragreich das am Beginn des 20. Jahrhunderts noch war, könnte mir aber durchaus vorstellen, dass es da eine Motivation gab, die Landwirtschaft im ohnehin strukturschwachen Süden zu stützen und deswegen Konkurrenz für Zuckerrohr von dort zu unterbinden und gegebenenfalls eher die Zuckerrohrproduktion wieder zu fördern um die Wirtschaft im Süden etwas zu beleben.
Ich weiß nicht, ob es mal Verusche gab innerhalb des italienischen Kolonialreichs Zuckerrohr zu kultivieren und daraus einen Wirtschaftszweig zu machen.
Allerdings gab es in Italien ja durchaus Phantasien Libyen, dass tatsächlich als Siedlungskolonie aufgebaut werden sollte, in einen blühende Landschaft zu verwandeln. Möglicherweise dachte man da auch an Zuckeranbau.
Ich weiß nicht, ob es historisch in Libyen mal Zuckerproduktion gegeben hat, in Tunesien und in Ägypten gab es Zuckerrohranbau und wenn das in Tunesien, Ägypten und Sizilien zumindest möglich war, werden zumindest die klimatischen Bedingungen das möglicherweise auch in Teilen Libyens hergegeben haben.
 
Enciclopedia Italiana 1936:
Bedeutende Mengen werden in der Schweiz und Deutschland hergestellt, kleinere Mengen in Frankreich, der Tschechoslowakei, England, Holland und den Vereinigten Staaten von Amerika; In Italien sind Produktion und Import, außer für pharmazeutische Zwecke und eingeschränktem Verkauf durch Apotheker, verboten, während des Weltkrieges und für kurze Zeit danach wurde es jedoch im Auftrag des Staates produziert.

1950 wurden die Strafen noch verschärft und das Verbot wurde erst 1980 aufgehoben. Ich verstehe allenfalls den Zweck des Verbots, aber nicht die Nachfrage. Die Substanz konnte lediglich süßen.
 
Ende der 1930er Jahre kam in Deutschland ja Pervitin auf den Markt und ich habe irgendwo gelesen, dass das erst 1941 unter das "Reichsopiumgesetz" gefasst wurde. Das bedeutet also, wenn ich recht verstehe, dass das in 1937 oder 1938 bis 1941 nicht als Betäubungsmittel/Rauschmittel im Sinne dieses Gesetzes galt und somit wahrscheinlich auch ohne Rezept zu haben war.
Das hätte sich dann natürlich damals Ende der 1930er, wenn es in Deutschland problemlos legal zu erwerben gewesen wäre für Verbringung ins Ausland mit schärferen Betäubungsmittelgesetzten, die das gegebenenfalls bereits früher fassten im Sinne von Schmuggelware gut geeignet.
Meth-Amphetamin wurde erstmals 1893 entwickelt, 1921 wurde es erstmals in kristalliner Form hergestellt. Die Berliner Temmler-Werke forschten seit 1934 an einem Verfahren, Meth-Amphetamin herzustellen. Diese Versuche waren Ende 1937 abgeschlossen, und Temmler brachte Pervitin 1938 auf den Markt.

So furchtbar viele Pillen können aber vor Ausbruch des 2. Weltkriegs noch nicht im Umlauf gewesen sein. Temmler war eigentlich eine bescheidene Pillen-Schmiede, das Medikament war gerade erst entwickelt worden.

Die "leistungssteigernde" Wirkung wurde aber früh entdeckt, und das Militär hatte großes Interesse an Meth-Amphetamin. Die Wehrmacht, die Marine und Luftwaffe haben große Mengen an Meth-Amphetamin aufgekauft, und allein Heinz Guderian hat für seine Armee 20.000 Pillen geordert.

Ohne das Militär und ohne die massive Verwendung im Feldzug 1940 hätte Pervitin kaum innerhalb so kurzer Zeit einen solchen Bekanntheitsgrad gewonnen. Das Mittel wurde in großem Stil eingesetzt, es gewann schnell den Ruf einer "Wunderdroge", und es dürfte durchaus zum spektakulären Erfolg der Wehrmacht 1940 beigetragen haben.

Größere Tests und Versuchsreihen, Erforschung auch der Risiken das hatte es kaum gegeben, und beim recht sorglosen Umgang damit E. zeigten sich bald auch unerwünschte Effekte und Nebenwirkungen. Pervitin konnte tagelang das Schlafbedürfnis ausschalten, es zeigte sich aber bald, dass man das nicht unbegrenzt tun konnte, dass Soldaten vielleicht auch mal 2-3 Tage ohne Schlaf auskamen, dass sie danach aber Regeneration brauchten.
Es zeigte sich, dass das Mittel schnell zur Abhängigkeit führen konnte und auch unerwünschte Wirkungen zeigte.

Beim ersten Einsatz ging man recht sorglos damit um, es wurde vielfach Soldaten ohne ihr Wissen eingeflößt, und Soldaten fragten nach Pervitin. Der junge Heinrich Böll ging seine Eltern an, ihm Pervitin zu schicken. Es wurde vielfach auch missbraucht, weshalb es dann in D unter RP gestellt wurde.

Temmler hatte bis 2015 die Patentrechte, es wurde Pervitin aber auch in den besetzten Ländern verkauft, und es war z. B. in F weiterhin ohne Rezept zu haben.
 
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