Schmuggel 30er

Naja, das kam sicherlich drauf an, wie jemand mit einer Morphium-Abhängigkeit das anging.
Wie gesagt, es gab ja in Deutschland einige hunderttausend Kriegsinvalieden, denen wahrscheinlich kaum ein Arzt ein Rezept für Schmerzmittel verweigert hätte, wenn die angaben, dass ihre amtlich dokumentierte Kriegsverletzung wieder Probleme machte.
Und gleichzeitig gab es natürlich keine mit heute vergleichbare einigermaßen zentrale Datenerfassung und Vernetzung der Ärzte untereinander, so dass es einem Junkie damals wahrscheinlich möglich gewesen wäre, irgendwo einen Kriegsversehrten Companion aufzutreiben, Rezepte auf diesen ausstellen und von diesem das Betäubungsmittel aus der Apotheke holen zu lassen, bzw. gleich mehrere Ärzte und Apotheken abzuklappern und auf Vorrat zu beschaffen.
Insofern ja auch die Invalidenrenten nicht üppig waren, die Hyperinflation in 1923 massiv Ersparnisse vernichtete und gerade für nicht mehr voll leistungsfähige Kriegsversehrte die Massenarbeitslosigkeit seit Beginn der Weltwirtschaftskrise ein Problem war, weil die am wenigsten leistungsfähigen Arbeitskräfte nach betriebswirtschaftlichen Logiken als erste wegrationalisiert werden, wird es wahrscheinlich, in den 1920er und 1930er Jahren auch genügend Kriegsversehrte gegeben haben, die bereit gewesen sein dürften sich auf sowas einzulassen, wenn dafür ein paar warme Mahlzeiten heraussprangen.
Ich würde das Reichsopiumgesetz von 1929 nicht als besonders lax bezeichnen. D hatte an den Internationalen Opiumkonferenzen von Shanghai (1909) und Den Haag 1911/12 teilgenommen und dabei die Position der USA unterstützt. D hatte aber die Haager Opiumkonvention nicht ratifiziert und wurde erst nach dem Vertrag von Versailles dazu gedrängt. Erfasst wurden im Opiumgesetz Rohopium, Morphin und seine Derivate, Heroin, Kokain, Kokapaste, Kokablätter und Ekgonin ( ein Spaltprodukt von Kokain) und Cannabis. Alle diese Substanzen durften nur noch für medizinische Zwecke eingeführt und verarbeitet werden. Das Reichsopiumgesetz von 1929 unterschied sich kaum von ähnlichen Bestimmungen in den USA, GB, F oder anderen europäischen Staaten. Die Substanzen die geregelt wurden, auch die Bestimmungen, dass sie nur für medizinischen Gebrauch eingeführt und verarbeitet werden durften, waren in den meisten europäischen Ländern ziemlich identisch. Ich würde das Reichsopium-Gesetz nicht als besonders lax einstufen, eher schon würde ich sagen, dass das BtMG, die Neufassung von 1971/72 besonders restriktiv war. Die Gesetze nach dem Weltkrieg hatten das Ziel, den Drogenhandel zu beschränken, zu kontrollieren, die Verarbeitung und den Verkauf möglichst auf medizinische Zwecke zu beschränken. Es war aber nicht ihr Ziel, die Welt vollkommen trockenzulegen und einen solchen Drahtverhau von Paragraphen zu ziehen, den man dann nur noch überwinden konnte, wenn man todkrank war.

Die Freiheit der Ärzte war recht groß, und die beinhaltete auch das Recht, dass ein Arzt nach Gutdünken Morphin auch an Morphinisten verschreiben durfte. Die Bereitschaft, Morphin zu verschreiben, war wohl auch groß, Louis Levin warnte in den 1920ern Berliner Ärzte davor, Morphin zu sorglos zu verschreiben. In biographischen Berichten von Morphinisten aus der Zeit zwischen den Weltkriegen habe ich bisher nie gelesen, dass Süchtige sich einen Schmerzpatienten suchen musste, der von seinem Vorrat abgab. Das war doch gar nicht nötig! Es gab ja gar nicht die Regulation, dass einem Arzt vorgeschrieben wurde, an wen er Morphin verschreiben durfte, es gab keine Regularien, die eine bestimmte Klientel von der Verschreibung ausschlossen.
 
Es gab da eine Substanz, die in Deutschland frei erhältlich, in Italien in den 30ern aber noch verboten war: das von @pelzer bereits erwähnte Saccharin. Zahlreiche Zeitungsmeldungen weisen darauf hin, dass es sich dabei um lukrative Schmuggelware handeln musste.
....
Der Umweg über Wien macht Sinn, weil die Beamten an der schweizerisch/italienischen Grenze und am Brenner vermutlich sensibilisierter nach Saccharin Ausschau hielten.
Saccharin wurde in Deutschland durch das Süßstoffgesetz von 1926 durch eine Steuer von zwei Reichsmark pro Kilogramm etwas hochgehalten (ab 1939 RM 7,50). Möglicherweise konnte man sich in Baden-Württemberg das Saccharin noch billiger aus der Schweiz beschaffen.

Ich frage mich allerdings, warum dieses Saccharin in Italien so gefragt war.
Zum Sacharinschmuggel gibt es sogar einen Wikipedia-Artikel.

Gruss Pelzer
 
Naja, das kam sicherlich drauf an, wie jemand mit einer Morphium-Abhängigkeit das anging.
Wie gesagt, es gab ja in Deutschland einige hunderttausend Kriegsinvalieden, denen wahrscheinlich kaum ein Arzt ein Rezept für Schmerzmittel verweigert hätte, wenn die angaben, dass ihre amtlich dokumentierte Kriegsverletzung wieder Probleme machte.
Und gleichzeitig gab es natürlich keine mit heute vergleichbare einigermaßen zentrale Datenerfassung und Vernetzung der Ärzte untereinander, so dass es einem Junkie damals wahrscheinlich möglich gewesen wäre, irgendwo einen Kriegsversehrten Companion aufzutreiben, Rezepte auf diesen ausstellen und von diesem das Betäubungsmittel aus der Apotheke holen zu lassen, bzw. gleich mehrere Ärzte und Apotheken abzuklappern und auf Vorrat zu beschaffen.

Das Problem ist, dass man bei allen Dosisangaben für Morphinisten locker eine Null dranhängen kann. 10 mg ist eine schwache, 20 mg eine mittlere, 30 mg eine starke und 50 mg eine sehr starke Dosis. Damit aber kommt ein Morphinist nicht aus, und da kann man eigentlich bei allen Dosisangaben eine Null dranhängen, und da kommt man eben leicht in den Bereich von Tagesdosen, die für jemanden, der es nicht gewöhnt ist, tödlich sein kann.

Das Problem war nicht, Morphin beschaffen zu können, sondern genug davon beschaffen zu können, für nächsten Tag, nächste Woche besorgen zu können.

Das meiste, was vor dem 2. Weltkrieg in Europa an Drogen kursierte, stammte aus legaler medizinischer Produktion. Neu am Opiumgesetz war, dass nun auch Cannabis aufgeführt wurde. Vor dem Weltkrieg waren Heroin, Kokain, Morphium und Cannabis frei verkauft worden, allein für medizinische Zwecke waren Drogen nötig, Das Kokain, das in Russland kursierte, war größten Teils aus legaler Produktion.


Ich denke darauf kommt es doch in der Hauptsache an, was die Fragestellung angeht?

Natürlich können auch grundsätzlich legale Güter geschmuggelt werden, um damit Zolltabgaben oder mit diesen Güter verbundene indirekte Steuern beim Verkauf zu umgehen, aber die Gewinnmargen dafür dürften doch eher gering sein, es sei denn, dass das tatsächlich in Massen betrieben werden kann.

In Grenzgebieten war Schmuggel weit verbreitet, die Gewinnspannen bei Tabak, Kaffee, Tee, Textilien dürfte sicher geringer gewesen sein, als die Gewinnspannen im Drogenhandel, aber anscheinend war auch der Kleinhandel und Schmuggel von Kaffee, Tabak und Textilien attraktiv genug.

Im sächsisch-böhmischen Grenzgebiet lebten etliche Leute von der Heimarbeit, und vom Zubrot durch den Schmuggel von Kaffee und Tabak.

Vielleicht erinnern sich die Älteren im Forum noch an einen Kanon, der aus dem 19. Jahrhundert stammt. Nun, worum geht es? Im Lied "C-a-f-fe-e- warnt der Verfasser Kinder vor übermäßigem Kaffee-Genuss. "C-a-f-f-e-e trink nicht soviel Kaffee! Niccht für Kinder ist der heiße Türkentrank, schwächt die Nerven, macht dich schwach und krank., Sei doch kein Muselman, der das nicht lassen kann"

Hintergrund war, dass vielfach auch Kinder im Kaffeeschmuggel eingesetzt wurden, und die Heimarbeiter und Kinder sich ungesund ernährten, sie lebten praktisch nur von altbackenem Brot, Fett und Kaffee. Das Brot wurde in Fett geröstet und in den Kaffee getunkt, der Kaffee war dagegen keine Zichorie, die Kaffeebohnen auch nicht auf deutschen Eichen gewachsen, sondern "echter Bohnenkaffee" aus Brasilien. Die Heimarbeiter produzierten Kattun-Arbeitskleidung für Sklaven, und Verleger bezahlten die Textilien teils in Kaffee.

Im deutsch-niederländischen Grenzgebiet war Kaffee noch in den 1950ern ein beliebtes Schmuggelgut, und Kaffeeschmuggel war so verbreitet, dass der Bundesgrenzschutz Hunde auf Kaffee trainierte und ausgebildete Spaniels einsetzte.
 
Das Problem ist, dass man bei allen Dosisangaben für Morphinisten locker eine Null dranhängen kann. 10 mg ist eine schwache, 20 mg eine mittlere, 30 mg eine starke und 50 mg eine sehr starke Dosis. Damit aber kommt ein Morphinist nicht aus, und da kann man eigentlich bei allen Dosisangaben eine Null dranhängen, und da kommt man eben leicht in den Bereich von Tagesdosen, die für jemanden, der es nicht gewöhnt ist, tödlich sein kann.
Gut, damit wiederrum kenne ich mich nicht aus. Von den typischen Mengen/Dosen bei einem Suchtverlauf habe ich zugegebenermaßen keine konkreten Vorstellungen.

In Grenzgebieten war Schmuggel weit verbreitet, die Gewinnspannen bei Tabak, Kaffee, Tee, Textilien dürfte sicher geringer gewesen sein, als die Gewinnspannen im Drogenhandel, aber anscheinend war auch der Kleinhandel und Schmuggel von Kaffee, Tabak und Textilien attraktiv genug.
Aber nur dann, wenn das regelmäßig genug stattfand, so dass sich wiederrum die Mengen summierten. Allerdings hatte der Threatöffner ja angegeben, dass bei dem ihm bekannten Beispiel die Schmuggeltour alle 2 Wochen unternommen wurde.
Das würde mir bei Schmuggelgütern mit verhältnismäßig geringer Gewinnspanne etwas wenig vorkommen, zumal wenn erheblicher Aufwand betrieben und der Gewinn noch geteilt werden muss. Und wenn man zusätzlich noch die Angabe der Tour von Baden-Würtemberg über Wien nach Triest einbezieht, dann wird es sich in diesem Fall jedenfalls nicht um lokalen Grenzschmuggel mit grundsätzlich legalen Gütern und geringer Gewinnspanne durch das Umgehen von Einfuhrzöllen und Konsumsteuern handeln.

Dafür hätte man sicherlich nicht eine so lange Tour veranstalten müssen/können, weil bei geringen Mengen alleine die Transportkosten per Automobil und die Zeit, die das benötigte und nicht für andere Dinge zur Verfügung stand, kleine Gewinnmargen aufgefressen hätte.

Im sächsisch-böhmischen Grenzgebiet lebten etliche Leute von der Heimarbeit, und vom Zubrot durch den Schmuggel von Kaffee und Tabak.
Es wir sicherlich Gebiete und zeitliche Episoden gegeben haben, wo sich das einigermaßen lohnte. Ich weiß zugegebenermaßen nicht, wie sich in den 1920ern und 1930ern die Zollpolitik zwischen Deutschland und der CSR entwickelte, und wie Profitabel dass im Einzelnen war.

In Fällen, wie dem deutsch-polnischen Grenzgebiet wird dass da sich die Regierungen beider Länder in der zweiten Hälfte der 1920er Jahre einen veritablen Zollkrieg leisteten sicherlich einigermaßen profitabel gewesen sein und sicherlich wird Schmuggel in den Grenzgebieten Ende der 1920er bis Anfang der 1930er Jahre Hochkonjunktur gehabt haben, weil wegen der Weltwirtschaftskrise sämtliche europäischen Staaten versuchten ihre Märkte abzuschotten und in diesem Zusammenhang Handelsabkommen aufkündigten und Zollbarrieren auf alles mögliche hochzogen.
Das sollte aber am Ende der 1930er Jahre, als die Wirtschaftskrise abgeflaut war, tendenziell wieder auf dem Rückzug gewesen sein.

Vielleicht erinnern sich die Älteren im Forum noch an einen Kanon, der aus dem 19. Jahrhundert stammt. Nun, worum geht es? Im Lied "C-a-f-fe-e- warnt der Verfasser Kinder vor übermäßigem Kaffee-Genuss. "C-a-f-f-e-e trink nicht soviel Kaffee! Niccht für Kinder ist der heiße Türkentrank, schwächt die Nerven, macht dich schwach und krank., Sei doch kein Muselman, der das nicht lassen kann"
Dafür muss man nicht mal älter sein, sondern nur etwas etwas altmodische Großeltern gehabt haben, dann konnte man das auch in den 1990ern noch eingetrichtert bekommen. ;)
Ich hab's sogar beherzigt, mich zu einem Kaffeevermeidenden Teetrinker entwickelt und bin dann auf diesem Weg, zumal es ja auch eine große türkische Teekultur gibt, bei einem anderen "Türkentrank" gelandet.:p

Hintergrund war, dass vielfach auch Kinder im Kaffeeschmuggel eingesetzt wurden, und die Heimarbeiter und Kinder sich ungesund ernährten, sie lebten praktisch nur von altbackenem Brot, Fett und Kaffee. Das Brot wurde in Fett geröstet und in den Kaffee getunkt, der Kaffee war dagegen keine Zichorie, die Kaffeebohnen auch nicht auf deutschen Eichen gewachsen, sondern "echter Bohnenkaffee" aus Brasilien. Die Heimarbeiter produzierten Kattun-Arbeitskleidung für Sklaven, und Verleger bezahlten die Textilien teils in Kaffee.
Wieder was gelernt.

Im deutsch-niederländischen Grenzgebiet war Kaffee noch in den 1950ern ein beliebtes Schmuggelgut, und Kaffeeschmuggel war so verbreitet, dass der Bundesgrenzschutz Hunde auf Kaffee trainierte und ausgebildete Spaniels einsetzte.
Im dem Fall dürfte es aber auch vor allem deswegen funktioniert haben, weil Kaffee als Schmuggelgut ohne weiteres in großen Mengen beschafft werden konnte. Die niederländischen Häfen vor allem Rotterdam hatten hatten ja die Kapazitäten um auf gesteigerte Inlandsnachfrage zügig mit der Aufnahme großer Kapazitäten reagieren zu können.
Wenn entsprechend große Mengen an potentiellen Schmuggelgütern produziert oder herangeschafft und kontinuierlich in die Grenzräume gebracht werden können, dann sind da natürlich auf Dauer durchaus beachtliche Gewinne drinn, wenn der Schmuggel vor Ort in kleinen Mengen, dafür aber regelmäßig alle paar Tage oder öfter erfolgt.

Nur sah es ja in den 1930er Jahren so aus, dass zumindest in Deutschland, dadurch, dass ein Großteil der Rohstoffe in die Rüstung ging, worunter die Zivilwirtschaft zu leiden hatte, die Reichsmark als Außenhandelswährung keinen besonders hohen Wert hatte und verhältnismäßig wenig Devisen herein kamen.
Das dürfte es verhältnismäßig schwierig gemacht haben kontinuierlichen Massenschmuggel, auf dem Weg von Reexporten zu organisieren, so wie das mit dem niederländischen Kaffee funktionierte.
 
.


Es wir sicherlich Gebiete und zeitliche Episoden gegeben haben, wo sich das einigermaßen lohnte. Ich weiß zugegebenermaßen nicht, wie sich in den 1920ern und 1930ern die Zollpolitik zwischen Deutschland und der CSR entwickelte, und wie Profitabel dass im Einzelnen war.

In Fällen, wie dem deutsch-polnischen Grenzgebiet wird dass da sich die Regierungen beider Länder in der zweiten Hälfte der 1920er Jahre einen veritablen Zollkrieg leisteten sicherlich einigermaßen profitabel gewesen sein und sicherlich wird Schmuggel in den Grenzgebieten Ende der 1920er bis Anfang der 1930er Jahre Hochkonjunktur gehabt haben, weil wegen der Weltwirtschaftskrise sämtliche europäischen Staaten versuchten ihre Märkte abzuschotten und in diesem Zusammenhang Handelsabkommen aufkündigten und Zollbarrieren auf alles mögliche hochzogen.
Das sollte aber am Ende der 1930er Jahre, als die Wirtschaftskrise abgeflaut war, tendenziell wieder auf dem Rückzug gewesen sein.


Dafür muss man nicht mal älter sein, sondern nur etwas etwas altmodische Großeltern gehabt haben, dann konnte man das auch in den 1990ern noch eingetrichtert bekommen. ;)
Ich hab's sogar beherzigt, mich zu einem Kaffeevermeidenden Teetrinker entwickelt und bin dann auf diesem Weg, zumal es ja auch eine große türkische Teekultur gibt, bei einem anderen "Türkentrank" gelandet.:p


Wieder was gelernt.


Im dem Fall dürfte es aber auch vor allem deswegen funktioniert haben, weil Kaffee als Schmuggelgut ohne weiteres in großen Mengen beschafft werden konnte. Die niederländischen Häfen vor allem Rotterdam hatten hatten ja die Kapazitäten um auf gesteigerte Inlandsnachfrage zügig mit der Aufnahme großer Kapazitäten reagieren zu können.
Wenn entsprechend große Mengen an potentiellen Schmuggelgütern produziert oder herangeschafft und kontinuierlich in die Grenzräume gebracht werden können, dann sind da natürlich auf Dauer durchaus beachtliche Gewinne drinn, wenn der Schmuggel vor Ort in kleinen Mengen, dafür aber regelmäßig alle paar Tage oder öfter erfolgt.

Nur sah es ja in den 1930er Jahren so aus, dass zumindest in Deutschland, dadurch, dass ein Großteil der Rohstoffe in die Rüstung ging, worunter die Zivilwirtschaft zu leiden hatte, die Reichsmark als Außenhandelswährung keinen besonders hohen Wert hatte und verhältnismäßig wenig Devisen herein kamen.
Das dürfte es verhältnismäßig schwierig gemacht haben kontinuierlichen Massenschmuggel, auf dem Weg von Reexporten zu organisieren, so wie das mit dem niederländischen Kaffee funktionierte.

Bei dem Schmuggel zwischen Deutschland und den NL in den 1950ern handelte es sich zweifellos um kleine Schmugglergeschäfte zur Aufbesserung der Haushaltskasse. Ich habe auf die Schnelle noch mal recherchiert nach den Hintergründen.

Bis 1953 oder 1955 waren geröstete Kaffeebohnen in den NL wesentlich billiger als in D. Da kam es dann vor, dass Kinder mit der Puppe am Arm die Grenze passierten, und im Kleid der Puppe war dann ein Pfund Kaffee versteckt, also im Prinzip Schmuggel im Kleinen, was man 200 Jahre zuvor ganz ähnlich machte: Da kam dann eine weinende Frau über die Grenze, verzollte ein paar Pfund Kaffee und klagte, dass der Gatte an ... gestorben war. Die Zöllner winkten dann eilig durch- und schon war wieder ein Zentner Kaffee ins Land geschmuggelt!

Im Schmuggel der 1950er zwischen D und den NL war auch eine beliebte Masche, dass man Hunden Kanister umhängte, die mit Kaffee gefüllt waren. Um die Hunde der Schmuggler abzufangen, setzte man dann eigene Diensthunde ein. In den Jahren vom Kriegsende bis 1953 das Preisgefälle sich nivellierte, wurden mehr als 200 Tonnen Kaffee beschlagnahmt.

Ähnlich, nur in anderem Maßstab blühte auch Schmuggel im Grenzgebiet zwischen Brasilien und Paraguay. Im Grenzgebiet operierten Trupps, die den brasilianischen Kaffeebauern mehr als das Doppelte boten, als das staatliche Kaffee-Institut ihnen bot. Die Ware ging nach Paraguay wo man mehr bot, als der staatliche Aufkaufpreis. Aus diesen Aktionen entstanden Brasilien fast 1 Milliarde Dollar. Es versteht sich von selbst, dass Paraguay den Kaffee nicht zum Eigenbedarf aufkaufte. Ende der 1980er Jahre verkaufte Paraguay an der New Yorker Kaffeebörse 280.000 Sack Kaffee. Nach Schätzungen brasilianischer Experten konnte Paraguay aber kaum mehr als 100.000 Sack aus eigener Produktion ernten können.
 
Zurück
Oben