"20.000 Sudetendeutsche als Geiseln genommen"? (Sudetenkrise)

Sowjetische Bündnistreue und polnisches Einverständnis vorrausgesetzt, wäre rein logistisch ein Transfer von sowjetischen Truppen auf tschechisches Gebiet grunsätzlich innerhalb einiger Tage möglich gewesen, insofern hätte unter Umständen kurzfristige Verzögerung durchaus einen Sinn ergeben können.
Eine Durchmarschgenehmigung für die "Rote Armee" durch Polen!!!!!!, damals wie heute wohl illusorisch!!!!
 
@Shinigami hat ja hier die militärischen Möglichkeiten genannt, die es zu bedenken gilt.
Die politischen Möglichkeiten, die de facto Isolation der souveränen ČSR sind etwas anderes.

Ich wollte @Shinigami nicht angreifen, nur kontra geben. Die militärstrategischen Überlegungen sind sehr hilfreich, weil sie ja Einblicke in die Entscheidungen auf tschechischer Seite ermöglichen.
 
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@Shinigami hat ja hier die militärischen Möglichkeiten genannt, die es zu bedenken gilt.
Die politischen Möglichkeiten, die de facto Isolation der souveränen ČSR sind etwas anderes.

Ich wollte @Shinigami nicht angreifen, nur kontra geben. Die militärstrategischen Überlegungen sind sehr hilfreich, weil sie ja Einblicke in die Entscheidungen auf tschechischer Seite ermöglichen.
Ich bin nicht der Meinung, das die CSR militärisch nach dem "Anschluß" Österreichs überhaupt noch eine Möglichkeit hatte. Die CSR hatte zwar eine starke, gute, exportabhängige Rüstungsindustrie, die ihr aber bei der strategischen Lage des Landes nichts mehr nützte. Zudem kam ja auch noch das "Problem" mit dem slowakischen Landesteil und den "Sudetendeutschen" hinzu.
Waffentechnisch stammt das hervorragende Bren-MG aus der CSR, ebenso wie das erste truppendiensttaugliche automatische Gewehr dort entwickelt wurde, obwohl es dann ( unter deutscher Besatzung) zwar weiterentwickelt aber nie in Produktion ging.
 
Im September 1938 wurden wohl rund 1.500.000 Millionen Soldaten mobilisiert ( 18 Mob. Jahrgänge), die normale Stärke lag bei rund 250.000 Mann.
 
20.000 Sudetendeutsche als "Geiseln" festgenommen? Und wo dann festgehalten, in welchem Lager, welcher Polizeidienststelle? Da würde es dann doch wohl propagandistisch ausgeschlachtete "Erlebnisberichte" von Sudetendeutschen gegeben haben, die zwischen 1938 und 1939 dokumentiert wurden, mit genauer Nennung von Zahl, Ort und Namen?

Einen "Erlebnisbericht" habe ich gefunden - 75 Jahre nach den Ereignissen und anonym:



Es wird vermutlich Verhaftungen von Sudetendeutschen gegeben haben, deren Festnahme wegen objektiv und offenkundig vorliegender Unterstützung eines Angriffskriegs auf die Tschechoslowakei nach damaligem und heutigem Recht sowohl legitim als auch indiziert war: Es handelte sich ja bei deren Aktionen letztlich um nichts anderes als das, was wir als Bildung einer kriminellen oder terroristischen Vereinigung betrachten würden.

Das Wort "Geisel" ist hier fehl am Platze.

Die Verhaftungen hat es gegeben (für die Zahl 20.000 finde ich bislang keine Bestätigung).

Das Hitlerregime reagierte mit der Verhaftung tschechischer Bürger in Deutschland, und bei dieser Aktion ist das Wort "Geisel" nicht fehl am Platze.


Als die bedrängte Tschechoslowakische Regierung versuchte, die Unruhen im Sudetenland einzudämmen, begann das Deutsche Auswärtige Amt eine Taktik diplomatischer Drohungen im bewußten Bestreben, die Spannung zwischen den beiden Ländern zu erhöhen. Ich biete die Dokumente 2855-PS, 2854-PS, 2853-PS und 2856-PS zum Beweise als US-98, -99, -100 und -101 an; es sind vier Telegramme des Deutschen Auswärtigen Amtes in Berlin an die Gesandtschaft in Prag, die in der Zeit zwischen dem 16. und 24. September 1938 abgesandt wurden. Ich glaube, daß diese Telegramme für sich selbst sprechen. Das erste Telegramm ist vom 16. September datiert:

[91] »Heute Nacht sind in Deutschland 150 tschechoslowakische Staatsangehörige tschechischen Volkstums festgenommen worden. Diese Maßnahme ist eine Antwort auf die Verhaftung von Sudetendeutschen seit der Führerrede vom 12. September. Bitte möglichst umgehend Zahl der etwa seit 12. September festgenommenen Sudetendeutschen soweit möglich festzustellen. Von Gestapo wird Zahl der dort Festgenommenen unter Vorbehalt auf 400 geschätzt. Drahtbericht.«

Darauf folgt eine handschriftliche Notiz: »Feststellungen meinerseits nicht möglich, wie schon Herrn Geschäftsträger gel. gemeldet.«

Das zweite Telegramm trägt das Datum des 17. September. »Citissime.

I. Ich bitte unverzüglich der dortigen Regierung folgendes mitzuteilen:

Die Reichsregierung hat beschlossen, daß

a) sofort im Reichsgebiet so viel tschechoslowakische Staatsangehörige tschechoslowakischen Volkstums (auch Juden tschechoslowakischer Sprache) festgenommen werden sollen, als in der Tschechoslowakei seit Beginn laufender Woche Sudetendeutsche festgenommen worden sind;

b) im Falle des Vollzuges von gegen Sudetendeutsche auf Grund des Standrechtes gefällten Todesurteilen, jeweils eine gleiche Anzahl Tschechoslowaken im Reich erschossen werden.«

[...]

Am gleichen Tag wurde das 4. Telegramm gesandt. Ich lese den letzten Absatz:

»Vertraulich: Abtretung der hier festgenommenen tschechischen Geiseln zur Verhütung der Vollstreckung etwaiger Standgerichtsurteile gegen Sudetendeutsche kommt natürlich nicht in Frage.«​



Wir sprechen von angeblich am 27.09.1938 durchgeführten, tatsächlich aber nirgendwo belegten Zerstörungen der Infrastruktur eines souveränen Landes, auf eigenem Territorium, durch dessen souveräne Streitkräfte, um einen Angriff auf dessen Souveränität durch einen gegnerischen Überfall zu verhindern.
  • Wo hat es denn 200x "Bumm" gemacht? Ist ja nicht ganz lautlos.
  • Welche Tunnel waren gesprengt? Müsste ja doch im Fahrplan bemerkbar sein.

Es gibt noch eine zweite Version, demnach wurden Elbbrücken, Elektrizitätswerke und Betriebe mit strategischer Bedeutung lediglich "zur Sprengung vorbereitet". Das klingt nicht so hanebüchen, kann aber auch nicht ohne weiteres für bare Münze genommen werden, denn auch hier wurde Nazi-Propaganda als "Quelle" verwendet:

 



Es gibt noch eine zweite Version, demnach wurden Elbbrücken, Elektrizitätswerke und Betriebe mit strategischer Bedeutung lediglich "zur Sprengung vorbereitet". Das klingt nicht so hanebüchen, kann aber auch nicht ohne weiteres für bare Münze genommen werden, denn auch hier wurde Nazi-Propaganda als "Quelle" verwendet:
Das wäre allerdings das normale militärische Verfahren. Würde mich wundern, wenn die Tschechen dies nicht so vorbereitet hätten.

Auch unsere Brücken hatten früher "Sprengkammern" eingebaut.
 
Der von @Sepiola vorgestellte lesenswerte Bericht eines (leider nicht namentlich genannten) "Zeitzeugen" aus der Sudetenpost vom 12.12.2013 ist dennoch realistisch und nicht aggravierend.

Man muss allerdings die Orte und die Zahlen prüfen. Der von @Sepiola erwähnte Gestapo-Bericht vom 19.09.1938 spricht ja von insgesamt 400 Festgenommenen.

Tatsache ist ja, dass von Deutschen in Mähren terroristische Akte und Morde begangen wurden, es gab sudetendeutsche Freikorps auf beiden Seiten der Grenze.

Die hier in dem Zeitungsartikel erwähnten Dinge sind allerdings in der Gesamtsituation angemessen, die Gewalttätigkeit Einzelner hingegen nicht.

Man merkt den Schmerz und das Dilemma derjenigen unter den Sudetendeutschen, die nicht den Krieg und die Okkupation wollten, aber Opfer der Aktionen beider Seiten wurden.

Und ganz sicher waren die Sudetendeutschen und sonstigen Deutschen in der ČSR Opfer von fast 20 Jahren staatlicher Repression, Verfolgung und Entrechtung, für die es keine Entschuldigung gibt.
 
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Wir sprechen von angeblich am 27.09.1938 durchgeführten, tatsächlich aber nirgendwo belegten Zerstörungen der Infrastruktur eines souveränen Landes, auf eigenem Territorium, durch dessen souveräne Streitkräfte, um einen Angriff auf dessen Souveränität durch einen gegnerischen Überfall zu verhindern.
Ich darf darauf aufmerksam machen, dass seit dem 22.9.1938 das "Sudetendeutsche Freikorps" also de facto ausgeflaggte deutsche Truppen im Gebiet um Asch und Eger die tschechoslowakische Grenze überschritten hatte und es zu bewaffneten Auseinandersetzung mit der tschechoslowakischen Polizei gekommen war.


Das bedeutet ein Teil des tschechischen Territoriums war damit bereits de facto vor München besetzt und es hatte bereits Kampfhandlungen gegeben. Ich weiß nicht in welcher Stärke das "Sudetendeutsche Freikorps" insgesamt auf tschechoslowakischem Gebiet präsent war, ich lese, dass es insgesamt eine Mannstärke von bis zu 40.000 Mann gehabt haben soll.
Das entspräche etwas mehr als als der Sollstärke von 2 Infanteriedivisionen. Möglicherweise durchaus genügend um auf der tschechischen Seite den Eindruck zu vermitteln man sei bereits im Krieg, Vollinvasion könne jeden Moment folgen und dementsprechend möglicherweise genügend um im Kriegsplan eventuell angedachte Sperrmaßnahmen auszulösen.
Genau so könnte es bei einzelnen Abschnittskommandeuren in den Verteidiungssektoren zu dem Gedanken geführt haben einem solchen Befehl ggf. vorgreifen zu müssen.


Wo hat es denn 200x "Bumm" gemacht? Ist ja nicht ganz lautlos.
Wie ich das sehe hält hier niemand die Zahl 200 für gegeben.
Wie gesagt, ich kenne keine konkreten Berichte dazu. Ich mache aber auch darauf aufmerksam, dass im obigen Zitat lediglich steht, es habe Sabotageakte gegeben, dass diese direkt in den deutschsprachigen Gebieten stattgefunden haben, wird in dem Zitat suggeriert, aber nicht ausdrücklich behauptet.
Sofern Sabotagen im militärisch relevanten Sinne von tschechischer Seite vorgenommen wurden (was in Sachen Verteidigung vernünftig gewesen wäre, die Generalmobilmachung zeigt ja, dass man sich tatsächlich auf bewaffneten Widerstand und Krieg vorbereitete und Prag zu diesem Zeitpunkt dementsprechend wohl noch nicht auf dem Standpunkt stand einen Kampf für aussichtslos zu halten und von Verteidigung abzusehen), kann es durchaus sein, dass wenn sie das mährisch-slowakische Gebiet betrafen, sich das in überwiegend tschechisch- und slowakischsprachigen Territorien vollzogen haben würde, die auch zum großen Teil nicht von der Abtretung der "Sudetengebiete" und vom Einmarsch direkt betroffen waren.
Wenn das der Fall gewesen sein sollte, würden solche Ereignisse wahrscheinlich eher in tschechisch- und slowakischsprachigen Quellen auftauchen, als in deutschsprachigen. Ob das der Fall ist, weiß ich nicht, da steht mir die Sprachbarriere im Weg.

Welche Tunnel waren gesprengt? Müsste ja doch im Fahrplan bemerkbar sein.
Der Fahrplan (grenzübergreifend zwischen Deutschland und der CSR) dürfte durch die tschechische Mobilmachung und die Auseinandersetzungen mit dem "Sudetendeutschen Freikorps" in einigen Grenzgebieten ohnedies schlimm durcheinander gekommen sein, wenn er wegen der Vorfälle ab dem 22.9. und der sich zuspitzenden Situation überhaupt regulär aufrecht erhalten wurde.

Ich bin angefressen, wenn hier die Begriffe im Sinne der nationalsozialistischen Propaganda verwendet werden.
Ball flachhalten, denn das hat ja niemand getan.

Niemand hat die Zahl von 200 Sabotageakten für zutreffend erklärt und es hat auch niemand behauptet, dass da wahllos flächendeckende Zerstörung von Infrastruktur ohne konkreten, legitimen, militärischen Nutzen durchgeführt worden wäre.

Allein der Umstand, dass Teilaspekte der Darstellung in den Zitaten oben mit Sicherheit der NS Propaganda zuzurechnen sind, ist kein Beleg, dass es sich bei Sabotagen insgesamt um eine reine Erfindung handelt und es macht den Umstand, dass Sabotagen einzelner Strecken von tschechischer Seite militärisch sinnvoll sein konnten auch nicht unplausibel.

Die kolportierte Zahl ist wie gesagt mit ziemlicher Sicherheit übertrieben und möglicherweise wurden hier auch von den sudetendeutschen verübte Sabotageaktionen zum Teil den Tschechen in die Schuhe geschoben oder Schäden, die in bewaffneter Auseinandersetzung zwischen den sudetendeutschen Organisationen und tschechoslowakischer Polizei/Gendarmerie/Armee möglicherweise eher unintendiert angerichtet wurden hier mit unter "Sabotageakte" subsummiert.

Ich halte es aber nach wie vor durchaus für möglich/wahrscheinlich, dass die Kolportage eben genau das ist: Eine Subsummierung tatsächlicher tschechischer militärisch relevanter Maßnahmen um potentielle Vormarschwege zu sperren (oder auch das "Sudetendeutsche Freikorps" in seinen Aktionen zu behindern, wenn man es als Vorhut eine vollständigen Invasion wahrgenommen haben sollte), Sabotageakte von sudetendeutscher Seite, die dem Gegner in die Schuhe geschoben werden sollten und propagandistische Ausschlachtung von bei lokalen bewaffneten Zusammenstößen und hierbei etwaig entstandenen eigentlich nicht intendierten Schäden.

Das Ganze entsprechend propagandistisch umgedeutet.
 
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Ich meinte ja auch die unreflektierte Übernahme des Begriffes "Sabotage", der ich mit dem Zitat aus Wikipedia widersprochen hatte.

Die armen Bauunternehmer in Osthessen, der bayrischen Rhön und im Bayrischen Wald, die sich in den 1960er Jahren mit der Anlage der tausenden Sprengkammern eine goldene Nase verdient haben, sähen sich dann ja auch der Vorbereitung von Sabotageakten verdächtigt.
 
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erstörungen hätten nur Sinn im Falle eines Angriffs aber vorher nicht, was sollte das nützen?
Ganz kurz noch einmal hierzu:

Neben dem Umstand, dass zummindest Auseinandersetzungen mit dem "sudetendeutschen Freikorps" auf tschechischem Boden ja bereits liefen, wäre eventuell zu berücksichtigen, ein nicht unerheblicher Teil des tschechoslowakischen Heeres bestand aus sudetendeutschen Kadern deren Loyalität fraglich sein musste.

Bei kurzfristiger Sabotage erst im Angriffsfall hätte durchaus die Gefahr bestanden, dass wenn zufällig illoyale sudetendeutsche Kader involviert gewesen wären, Weitergabe oder entsprechende ordentliche Ausführungen der Ordres unterblieben oder entscheidend verschleppt worden wären.

Hier konnte es an einzelnen kritischen Punkten sicherlich auch sinnvoll sein, entsprechende Aktionen vorzuverlegen um sicherzugehen, dass sie auch tatsächlich ausgeführt werden und sich das bestätigen zu lassen, statt zu riskieren, dass sie im gegebenen Moment durch Verrat unterbleiben und Infrastruktur dem Feind dadurch in die Hände fällt.
 
Ganz kurz noch einmal hierzu:

Neben dem Umstand, dass zummindest Auseinandersetzungen mit dem "sudetendeutschen Freikorps" auf tschechischem Boden ja bereits liefen, wäre eventuell zu berücksichtigen, ein nicht unerheblicher Teil des tschechoslowakischen Heeres bestand aus sudetendeutschen Kadern deren Loyalität fraglich sein musste.

Bei kurzfristiger Sabotage erst im Angriffsfall hätte durchaus die Gefahr bestanden, dass wenn zufällig illoyale sudetendeutsche Kader involviert gewesen wären, Weitergabe oder entsprechende ordentliche Ausführungen der Ordres unterblieben oder entscheidend verschleppt worden wären.

Hier konnte es an einzelnen kritischen Punkten sicherlich auch sinnvoll sein, entsprechende Aktionen vorzuverlegen um sicherzugehen, dass sie auch tatsächlich ausgeführt werden und sich das bestätigen zu lassen, statt zu riskieren, dass sie im gegebenen Moment durch Verrat unterbleiben und Infrastruktur dem Feind dadurch in die Hände fällt.
Nein, nochmal, wieso vorverlegen? Das ist weder sinnvoll noch zielführend, auch in Anbetracht der Situation nicht. Da macht niemand!
Wer verantwortet das? Und, auch im unwahrscheinlichem Fall, das DR greift nicht an, was dann? So einfach zivile Infrastruktur zu zerstören geht gar nicht. Die CSR war immerhin noch eine Demokratie.
 
So einfach zivile Infrastruktur zu zerstören geht gar nicht. Die CSR war immerhin noch eine Demokratie.
Mit Demokratie hat das eigentlich nichts zu tun, sondern mit militärischer Notwendigkeit. Und die besteht erst, wenn der Feind vor der Brücke ist - bis dahin kann und muß man sie vielleicht selbst nutzen.
Also, vorbereiten ja, aber Ausführung erst im letzten Augenblick, nicht "auf Verdacht".
Mir fällt auch kein Beispiel ein, wo das (bewusst) anders gehandhabt wurde.
 
Da sagte ich hier auch schon, Zerstörung vorbereiten, aber nicht zu früh damit beginnen.

Demokratie in sofern, das hier eventuell Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden können.
Das hat man z.B. zu Beginn des Westfeldzuges gesehen, schon im Krieg, aber trotzdem bekam die französische Luftwaffe Befehl ( die Briten auch) keine Panzerkolonnen in bebauten Gebieten (Dörfer und Städte) anzugreifen; ( Zerstörung von Privateigentum, Zivilverluste).
 
Nein, nochmal, wieso vorverlegen?
Wie bereits beschrieben, wegen der Problematik der deutschsprachigen Kader in der tschechoslowakischen Armee und deren fragwürdiger Loyalität.
Die Ausführung von Sabotagebehlen im Vorfeld als Vorbereitung ließ sich überwachen, im Chaos tatsächlich stattfindender Kampfhandlungen wäre das sehr viel schwieriger geworden, so dass es möglicherweise involvierten illoyalen sudetendeutschen Kadern in der Tschechoslowakischen Armee sehr viel einfacher geworden wäre, im Sinne der Invasoren die Ausführung solcher Befehle zu verhindern.

In dem Moment, in dem man sich der Loyalität von Teilen der eigenen Armee nicht sicher ist, kann es durchaus sinn ergeben, für die Verteidigung absolut kritische Befehle nicht bis zum letzten Augenblick hinauszuzögern, weil es im Fall von Befehlsverweigerung oder unterbinden durch sich als illoyal erweisende Elemente notwendig sein kann, nochmal Zeit zu haben wen anders zu schicken um dass durchzuführen, was Teile der Truppen möglicherweise verweigern.
Das geht aber nur wenn zeitlicher Puffer vorhanden ist.
Ergehen Zerstörungsbefehle kritischer Verkehrsverbindungen und Einrichtungen erst im Moment des Angriffs, kann es sein, dass Erkenntnis über nicht erfolgte Sabotage, bzw Nichtausführung von Sabotagebefehlen erst dann im entsprechenden hauptquatier eintrifft, wenn die Position bereits überrannt ist, dann ist es allerdings zu spät das Versäumte nachzuholen.

Und, auch im unwahrscheinlichem Fall, das DR greift nicht an, was dann?
Es hatte bereits de facto durch ausgeflaggte Truppen in Gestalt des "Sudetendeutschen Freikorps" in Mannstärke von potentiell mehr als 2 Divisionen angegriffen.

Unter diesen Umständen war das durchaus verantwortbar.
So einfach zivile Infrastruktur zu zerstören geht gar nicht. Die CSR war immerhin noch eine Demokratie.
Ich sprach von militärisch relevanter Infrastruktur, nicht von rein ziviler.
Und bei erfolgtem Eindringen größerer Feindkräfte in das Land (und das war ab dem 22.09. 1938 gegeben) ist es durchaus sinnvoll diesem kritische Infrastruktur nicht in die Hände fallen zu lassen, im Besonderen, wenn damit gerechnet werden darf, dass jederzeit der Hauptangriff erfolgt um das Vorrauskommando zu unterstützen.
 
Ich sprach von militärisch relevanter Infrastruktur, nicht von rein ziviler.
Und bei erfolgtem Eindringen größerer Feindkräfte in das Land (und das war ab dem 22.09. 1938 gegeben) ist es durchaus sinnvoll diesem kritische Infrastruktur nicht in die Hände fallen zu lassen, im Besonderen, wenn damit gerechnet werden darf, dass jederzeit der Hauptangriff erfolgt um das Vorrauskommando zu unterstützen.
Militärische und zivile Infrastruktur lassen sich nicht immer klar trennen. Was sind Brücken und Bahnlinien, Kraftwerke, Wasserwerke, Straßenkreuzungen, Verwaltungsgebäude, Öl-und Kohlenlager, Kühlhäuser usw.!???

Ich betone hier noch einmal und werde es auch weiterhin so halten, Zerstörungen ohne vorherige Kampfhandlungen, Kriegerklärungen, aktives Eingreifen einer oder mehrerer ausländischer feindlicher Mächte können nicht gerechtfertigt werden, die Vorbereitung dieser müßen jedoch angesichts einer Bedrohung "Pflicht" sein.
 
Zerstörungen ohne vorherige Kampfhandlungen
Warum ignorierst du geflissentlich, dass es in Teilen der Sudetengebiete bereits Kampfhandlungen und Eindringen von Feindkräften in Form des "Sudetendeutschen Freikorps" gab?

Die Wehrmacht war in Teilen bereits aufmarschiert, der Befehl Hitlers sich jederzeit zum Angriff auf die CSR bereit zu halten lag den Truppenkommandeuren vor", die Planung für das militärische Gesamtszenario war ausgearbeitet.

Ich weiß nicht, wie weit die tschechischen Nachrichtendienste im Bilde waren, aber eines war doch klar:

In dem Hitler die "Sudetendeutschen" Formationen/Ogranisationen von der Leine ließ um den tschechoslowakischen Staat anzugreifen setzte er sich selbst unter Zugzwang zeitnah anzugreifen und konnte nicht mehr ohne weiteres zum Status Quo ante zurück.

In dem Moment, in dem die "Sudetendeutschen" Organisationen offen zur Waffe griffen und mit separatistischen Absichten Prag herausforderten, konnte es aus Prager Sicht kein Agreement mit Berlin mehr geben, dass den Fortbestand dieser separatistsichen/terroristischen Organisationen innerhalb einer freien CSR hätte ermöglichen können, weil das ein Freifahrtsschein für Extremisten und von tschechischer Seite de facto die Aufgabe des staatlichen Gewaltmonolpls gewesen wäre und Hitler wusste das.

Es konnte also nur einen Rückzieher Hitlers geben, der mit der Zerschlagung der sudetendeutschen Organisationen und dem Verlust des Einflusses Berlins auf die Verhältnisse in der CSR einhergegangen wäre, oder aber den deutschen Expansionsversuch.
Hitler war nicht der Typ, der freiwillig um des Friedens Willen einen Rückzieher machte und er hatte bei der Rheinlandbesetzung und in Österreich gezeigt, dass er sich durch bloßen Protest und Drohgebärden nicht abschrecken ließ.

Mit der Aktivierung der "Sudetendeutschen" Organisationen und der Entsendung ausgeflaggter Truppen in die CSR hatte Hitler so viel an Machtressourcen in den Pott geworfen, dass er am Ende irgendeinen territorialen Gewinn haben musste, um nicht als der große Verlierer im Machtpoker darzustehen und das bedeutete, so lange Prag nicht bereit war etwas abzutreten und ggf. noch auf mindestens eines der beiden Bünsnisse mit den Großmächten Frankreich und Sowjetunion hoffte, alle Zeichen auf Ausweitung zu einem veritablen Krieg mit Deutschland standen, die sich jederzeit vollziehen konnte.
 
Das ignoriere ich nicht!!! Aber es war noch kein Krieg im Sinne von Krieg! Es handelte sich hier technisch gesehen um Separatisten!
Nochmal, wo hätte der Sinn von Zerstörungen gelegen, außer in einer weiteren Verschlechterung der tschechischen Position?

Wenn es einen echten Vorteil gebracht hätte, warum wurde dann eine solche Maßnahme nicht!! durchgeführt?
 
Egal wie Du argumentierst, ich sehe keinen militärischen und politischen Sinn in einer Zerstörung von Infrastrukturanlagen, zumal auch eine große Anzahl tschechischstämmiger Bürger betroffen gewesen wären.
 
Das ignoriere ich nicht!!! Aber es war noch kein Krieg im Sinne von Krieg! Es handelte sich hier technisch gesehen um Separatisten!
Es handelte sich um Kader, die teilweise in Deutschland bewaffnet wurden und dann von Deutschland aus mit Billigung der deutschen Regierung die Tschechoslowakische Grenze überschritten hatten.

Das Ausrüsten und Unterstützen terroristischer und separatistischer Gruppen, dabei in ihrem Bestreben einen anderen Staat anzugreifen, stellt kriegsvölkerrechtlich gesehen einen Kriegsakt dar.
Rein rechtlich gesehen lag also in dem Moment, im dem in Deutschland ausgerüstete sudetendeutsche Kader die Grenze überschritten, Gebiete besetzten und sich Gefechte mit tschechoslowakischer Polizei/Gendarmerie/Armee lieferten ein Kriegsakt Deutschlands gegen die Tschechoslowakei, mithin ein Angriff vor.

Die Prager Regierung proklamierte zwar den Kriegszustand nicht direkt, konnte sich rechtlich aber darauf berufen, dass de facto Kriegszustand mit Deutschland gegeben war und dass war jedenfalls potentiell geeignet Kriegsmaßnahmen zu rechtfertigen.

Nochmal, wo hätte der Sinn von Zerstörungen gelegen, außer in einer weiteren Verschlechterung der tschechischen Position?
Das hatte ich bereits ausgeführt. Darin, dass wegen der schwierigen Situation mit den deutschen Kadern in der tschechischen Armee, die Maßnahme später möglicherweise nicht mehr hätte ausgeführt werden können und darin Zeit zu schinden, wenn man auf Eingreifen entweder der Sowjetunion oder Frankreichs hoffte.

Wenn Prag solche Hoffnungen von Anfang an für illusorisch und unrealistisch gehalten, sich selbst ohnehin auf verlorenem Posten gesehen hätte, hätte man kaum mobil gemacht, um damit die Situation weiter zuzuspitzen.
Das machte nur Sinn um, im Besonderen Frankreich und Großbritannien Kampfbereitschaft zu signalisieren und diese zu einer harten Haltung gegen Berlin zu ermutigen.
Hätte man sich in Prag von vorn herein auf verlorenem Posten gesehen, wäre es sinnvoller gewesen, Mobilmachung zu unterlassen und mit Berlin direkt in Unterhandlungen wegen der deutschsprachigen Gebiete einzutreten, um sich mit Berlin gut zu stellen und durch ein Erkaufen von Hitlers Wohlwollen wenigstens die ungarischen und polnischen Forderungen abzuwehren, um so viel als möglich vom eigenen Staat zu retten.

Das passierte aber nicht, sondern es wurde mobil gemacht und damit potentiell zunächst der Krieg inkauf genommen.
 
Der Historiker Pavel Šrámek, Archivar des Staatlichen Bezirksarchivs in Zlín, schrieb in einem Artikel "zur Verteidigungsfähigkeit der Tschechoslowakei im Jahr 1938":
DeepL übersetzt:
Gleichzeitig sollte alles zerstört werden, was der Feind nutzen und seinen Vormarsch erschweren könnte. Für jedes wichtige Objekt (Brücken, Flugplätze, Straßen, Eisenbahnstrecken, bedeutende Bauwerke) wurde ein detaillierter Zerstörungsplan vorbereitet, und noch vor der Verkündung der Mobilmachung am 23. September 1938 war alles so weit vorbereitet, dass nur noch der entsprechende Befehl erteilt werden musste. Es wurde auch mit der Entleerung größerer Wasserreservoirs und dem anschließenden Anstieg des Flusspegels oder der Verminung der Elbe und der Donau gerechnet.

Es war vorbereitet, quasi "scharf". Von Auslösung schreibt er nichts.

Auf der Webseite des "militärhistorischen Vereins Süd" werden die Vorfälle von Český Krumlov vom 30. Sep. bis 2. Okt. geschildert.
DeepL übersetzt:
Die Aufständischen begannen, sich in der Stadt zu verschanzen, und nahmen am Morgen des 1. Oktober zwei SOS-Teams gefangen. Ein weiteres SOS*-Team kämpfte sich gerade vom Budějovická-Tor zurück zur LO-Linie. Aufgrund des hastigen Rückzugs blieben jedoch die Sprengladungen an den Brücken an den Zufahrtswegen zur Stadt unentfernt (die tschechoslowakische Seite war verpflichtet, diese zu beseitigen).Zu diesem Zweck (am Morgen des 2. Oktober) und zur Befreiung der in Krumlov eingeschlossenen Soldaten wurde am Abend des 1. Oktober eine unter dem Kommando von Hauptmann Stejskal gebildete Stoßtruppe entsandt. Es kam jedoch bereits an den Zufahrtswegen zur Stadt zu Zusammenstößen. Am 2. Oktober wurde vor allem um das Budějovická-Tor und die angrenzende Straße sowie das Hotel „U města Vídně” hart gekämpft. Die „Verteidiger” interpretierten diesen Angriff jedoch so, dass die Armee „Krumau” erneut besetzen wolle. Der Widerstand wurde vor allem durch drei Kanonen von LT-35-Panzern zerschlagen. In der Zwischenzeit stellte sich jedoch heraus, dass jemand die Sprengladungen bereits von den Brücken entfernt hatte.

Demnach war man nach dem Münchner Abkommen auf tschechischer Seite eher bemüht, vorhandene Sprengladungen zu entfernen, als sie zu zünden. Wenn das stimmt, dann ist es nicht auszuschließen, dass es vor dem Eintreffen von Experten vereinzelt zu versehentlichen Sprengungen kam, sei es durch Fehlmanipulationen von Unbefugten oder staatlichen Einheiten unter Beschuss.

*Stráž obrany státu = Staatliche Verteidigungsgarde = Grenzschutztruppe
 
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