Hexe: Abgeleitet von Hagazussa oder Hekate?

Beim Lesen dieses Strangs fiel mir die Verwendung des Begriff's 'Zaunreiterein' , -sitzerin'; Heckenreiterin' unangenehm auf. Wie absurd! Warum Quatsch annehmen und wiederholen? Welche Frau macht schon Reitbewegungen oder sitzt mit gespreizten Beinen auf einer stacheligen Hecke/Hag oder Zaun? Keine einzige Frau auf dieser Welt., damals wie heute nicht.
Du hast aber schon begriffen, dass Hagazussa/Zaunreiterin ein misogynes (und möglicherweise auch sexuell konnotiertes) Schmähwort ist, oder?
 
Beim Lesen dieses Strangs fiel mir die Verwendung des Begriff's 'Zaunreiterein' , -sitzerin'; Heckenreiterin' unangenehm auf. Wie absurd! Warum Quatsch annehmen und wiederholen? Welche Frau macht schon Reitbewegungen oder sitzt mit gespreizten Beinen auf einer stacheligen Hecke/Hag oder Zaun?
:D:D:D für englisch sozialisierte: LOL (laughing out loud)
Du gibst dich einerseits schamhaft zartbesaitet (es fiel dir züchtigem Kommentator unangenehm auf), doch andererseits entsprudeln dir höchst unkeusche Männerfantasien (rot markiert) - aus welchem etymologischen Wörterbuch nimmst du das? Wie dem auch sei: deine widersprüchlichen Impressionen klären weder etymologische noch lückenhaft überlieferte heidnische Vorstellungen. Die "Zaunreiterin" taucht tatsächlich altnordisch auf (fett markiert) :
Hexe f. weibliches Wesen, dem Verbindung zu bösen Mächten und Zauberkräfte zugeschrieben werden, nach früherem, religiösem Aberglauben (vom 15. Jh. an) eine mit dem Teufel im Bunde stehende Frau, als Schimpfwort ‘böses, häßliches Weib’. Die in den westgerm. Sprachen bezeugten Formen ahd. hazus, hazussa (10. Jh.), hazas(sa), hazis(sa), hagazussa (11. Jh.), mhd. hecse, hesse, mnl. haghetisse, -tesse, nl. heks, aengl. hægtesse, hegtes, engl. hag zeigen in ihrer unterschiedlichen Lautgestalt offensichtlich affektisch bedingte Veränderungen und Verkürzungen. Es scheint sich um ein Kompositum zu handeln, dessen Bestimmungswort aus dem unter Hag (s. d.) behandelten Substantiv besteht. Das Grundwort bleibt unklar. Man bringt es allgemein mit norw. (mundartlich) tysja ‘Elfe’, tusul ‘Gespenst’, lit. dvasià, aslaw. duchъ, russ. duch (дух) ‘Geist, Hauch, Atem’, mhd. getwā̌s ‘Gespenst’, gall. dusius ‘Dämon’, westfäl.Dūs ‘Teufel’ in Verbindung, so daß Anschluß an die s-Erweiterung ie. *dheus-, *dhū̌s- der Wurzel ie.*dheu-, *dheu̯ə- in Wörtern für ‘stieben, stäuben, wirbeln; verwirrt, betäubt, albern; blasen, keuchen; Geist, Gespenst’ möglich ist (wozu auch dösig, Dunst, Tier, s. d.). Unter Hexe wäre also eine Unholdin zu verstehen, die, auf Zäunen lauernd (vgl. anord. tūnriða ‘Zaunreiterin’), die eingehegte geschützte Wohnstätte zu gefährden sucht. Andere erschließen germ. *hagahatusī, sehen im zweiten Bestandteil eine aus dem Part. Prät. von hassen (s. d.) hervorgegangene Bildung und interpretieren das Kompositum als eine Art ‘Walddämon’, wobei die Kurzform ahd. hazus als Repräsentation des zweiten Gliedes gelten könnte. de Vries Nl. 248 hält eine Beziehung des Grundworts zu aengl. tāda, tādige, engl. toad, dän. tudse, schwed. tossa ‘Kröte’ für möglich, da auch der Kröte die Fähigkeit zugeschrieben wird, Krankheiten zu verursachen und die Gestalt zu wechseln. Zum Komplex vgl. Polomé in: Ahd. 2 (1987) 1107 ff. Im 15./16. Jh. wird das Wort Hexe durch die Hexenverfolgung aktualisiert und vom christlichen Standpunkt her (s. oben) umgedeutet. – Hexenschuß m. plötzlicher Schmerzanfall im Bereich der Lendenwirbel (16. Jh.), wegen des plötzlichen Ausbrechens mit einem Schuß von Zauberhand verglichen (vgl. aengl. hægtessan gescot).
...von gespreizten Reitbewegungen, was auch immer das sein mag, vermelden die etymologischen Wörterbücher nichts - du musst dich also nicht in deiner Sittsamkeit unangenehm berührt fühlen ;)
 
Zuletzt bearbeitet:
Beim Lesen dieses Strangs fiel mir die Verwendung des Begriff's 'Zaunreiterein' , -sitzerin'; Heckenreiterin' unangenehm auf. Wie absurd! Warum Quatsch annehmen und wiederholen? Welche Frau macht schon Reitbewegungen oder sitzt mit gespreizten Beinen auf einer stacheligen Hecke/Hag oder Zaun? Keine einzige Frau auf dieser Welt., damals wie heute nicht.

'reiten' bedeutet laut Duden: sich auf einem Reittier (besonders einem Pferd) fortbewegen; auf einem Reittier zurücklegen, reitend zubringen;
ein bestimmtes Reittier haben, benutzen; ein Tier reitend an einen Platz bringen; (ein Tier) durch Reiten in einen bestimmten Zustand bringen

reiten ▶ Rechtschreibung, Bedeutung, Definition, Herkunft | Duden . Die einzige Ausnahme von 'auf-Tieren-zu-reiten, durften auf Spielzeugen, Kirmeskaroussels sein . Bomber Nose Art und pinup girl Darstellungen haben ihre eigene erotischen Vorstellungen von riding girls.



'documatland' ist nach 115 Beitraege auf die wahre Bedeutung gestolpert, nein 'die altengl. haegtessa' hat nix mit Eidechse zu tun: Hexe = 'midwife" = Hebamme = / Proto-Germanic *medthi-wif*- Beifrau.




Genau! So ist's richtig,

Dafür, dass Besen "spätestens" seit den Römern ein übliches Requisit weiblicher Magie waren hätte ich gerne eine belastbare Quelle, aus der sich das ableiten lässt. Die verlinkte Seite stellt nur die Behauptung auf, dass es so gewesen ist, bleibt aber Quellen- und Literaturbelege schuldig.


Ich würde ja eher dazu tendieren, dass Abbildungen von Besenreiterinnen frühestens im Spätmittelalter auftauchen. Bei den ersten bildlichen Quellen, die auf Besen reitende Frauen darstellen, handelte es sich um Katharerinnen und Waldenserinnen- wir hatten das vor einigen Wochen in einem anderen Thread.

Im Hexenhammer erwähnt Institoris tatsächlich Hebammen, und er verwendet die Begriffe Hexen und Hebammen geradezu synonym und unterstellt ihnen, Kinder zu töten oder zu stehlen.

In historischen Hexenprozessen waren aber Hebammen keineswegs unter den Opfern besonders stark vertreten oder überrepräsentiert. Die Vorstellung, dass Hebammen, "weise Frauen" oder Rothaarige überproportional häufig Opfer von Hexenprozessen wurden, dass es eine Verschwörung von Obrigkeiten oder der Ärzteschaft gegen Hebammen und "weise Frauen" gab, ist ein Faktoid, das freilich immer noch gerne bemüht wird wie z. B. kürzlich bei einer Arte-"Doku".

Aus historischen Prozessakten lässt sich aber keineswegs ableiten, dass Hebammen deutlich unter den Opfern überrepräsentiert waren. Hebammen spielten aber trotzdem in Prozessen eine Rolle: Sie wurden vielfach als Gutachterinnen konsultiert, wenn zum Beispiel geklärt werden musste, ob eine Angeklagte schwanger war.

Ähnlich wie externe Gutachter von Universitäten, die gerne in Hexenprozessen konsultiert wurden, haben auch Hebammen bei einigen Hexenverfolgungen sogar zur Eskalation beigetragen.
 
Man darf sich einen Hag nicht wie einen heutigen Gartenzaun oder eine gepflegte Zierhecke vorstellen. Vielmehr war es ein heckenartig mit Kleingehölzen, Sträuchern, Buschwerk, Gestrüpp bewachsener Streifen, der ein Gelände, wie z.B. ein Gehöft, einhegte. Wenn der zweite Wortbestandteil der hagazussa mit Wesen, Geist, Gespenst in Verbindung gebracht werden kann, dann ist unsere hagazussa ein Wesen, dass sich im Hag aufhält und erscheint. Wer schon einmal in der Dämmerung an einer wilden Brombeerhecke vorbeigegangen ist, der kann sich vorstellen, wie einen das Geraschel von Kleintieren oder von windbewegtem Laub erschrecken und die Fantasie einem Streiche spielen kann.
 
Dafür, dass Besen "spätestens" seit den Römern ein übliches Requisit weiblicher Magie waren hätte ich gerne eine belastbare Quelle, aus der sich das ableiten lässt. Die verlinkte Seite stellt nur die Behauptung auf, dass es so gewesen ist, bleibt aber Quellen- und Literaturbelege schuldig.
Besen haben auch m.M.n. nix mit 'weiblicher Magie' zu tun. Eher das Gegenteil
Ich würde ja eher dazu tendieren, dass Abbildungen von Besenreiterinnen frühestens im Spätmittelalter auftauchen. Bei den ersten bildlichen Quellen, die auf Besen reitende Frauen darstellen, handelte es sich um Katharerinnen und Waldenserinnen- wir hatten das vor einigen Wochen in einem anderen Thread.
Irgengwo wird es einen Uebersetzungsfehler gegeben haben der 'reitende Hexen auf'm Besenstil' zeigt. Alledings das interessiert mich nicht.
Was mich interessiert ist 'sitzende Hexe auf einem Zaun'. Logik sagt dass das Unsinn sein muss.
Im Hexenhammer erwähnt Institoris tatsächlich Hebammen, und er verwendet die Begriffe Hexen und Hebammen geradezu synonym und unterstellt ihnen, Kinder zu töten oder zu stehlen.
Hebammen und Hexen haben in der Tat nichts miteinander zu tun. Waerend der 'Hexe' angeheftet wurde eine Art 'Faustian Vertrag mit dem Teufel' abgeschlossen zu haben, war und ist die Hebamme eine angesehene Person. Hebammen gibt es uebrigens angeblich schon seit 30,000 Jahren - 'ohne belastbare Quelle' - was ich gestern gekesen hatte. Auf keden Fall, Hebammengab es auf der ganzen Welt schon seit tausenden von Jahren. Ist ja auch logisch, oder?
In historischen Hexenprozessen waren aber Hebammen keineswegs unter den Opfern besonders stark vertreten oder überrepräsentiert. Die Vorstellung, dass Hebammen, "weise Frauen" oder Rothaarige überproportional häufig Opfer von Hexenprozessen wurden, dass es eine Verschwörung von Obrigkeiten oder der Ärzteschaft gegen Hebammen und "weise Frauen" gab, ist ein Faktoid, das freilich immer noch gerne bemüht wird wie z. B. kürzlich bei einer Arte-"Doku".
Nun, Hexen hatten 'witch craft' ausgeuebt; wohin 'Babies auf die Welt bringen' uralt ist und doch echt nix mit 'Hexenkunst', Zauberei und aehnlichem Quatsch zu tun hat.
Man muss sich eben in die sehr beschraenkte Weltansicht der Leute in den Jahren 1400 -1600 versetzen und wer ihnen was vorgegaukelt hatte. Dis- und Misinformationen bluehten schon damels.
Aus historischen Prozessakten lässt sich aber keineswegs ableiten, dass Hebammen deutlich unter den Opfern überrepräsentiert waren. Hebammen spielten aber trotzdem in Prozessen eine Rolle: Sie wurden vielfach als Gutachterinnen konsultiert, wenn zum Beispiel geklärt werden musste, ob eine Angeklagte schwanger war.
Wenn ueberhaupt.
Btw, guter Beitrag.
 
:D:D:D für englisch sozialisierte: LOL (laughing out loud)
Du gibst dich einerseits schamhaft zartbesaitet (es fiel dir züchtigem Kommentator unangenehm auf), doch andererseits entsprudeln dir höchst unkeusche Männerfantasien (rot markiert) - aus welchem etymologischen Wörterbuch nimmst du das? Wie dem auch sei: deine widersprüchlichen Impressionen klären weder etymologische noch lückenhaft überlieferte heidnische Vorstellungen. Die "Zaunreiterin" taucht tatsächlich altnordisch auf (fett markiert) :

...von gespreizten Reitbewegungen, was auch immer das sein mag, vermelden die etymologischen Wörterbücher nichts - du musst dich also nicht in deiner Sittsamkeit unangenehm berührt fühlen ;)
Now you made me blush. :oops: A blushing bibliophile har har...
Warum es Bloedsinn ist fuer eine Frau auf einem 'Zaun' zu 'reiten' siehe oben.
Denke doch selber nur mal etwas logisch nach, mach Dich frei von 'thinking in a box'.
Fakt: wer schon mal in North Wales; Irland ;gewesen war, in Argentinien, Bolivien, Israel usw. dem faellt auf ,dass der Boden recht steinig ist, diese Steine wurden gesammelt und zu dicken 'Zaeunen' zusammengebaut. Wer z.B. mal in der Gegend von Snowdonia , Gwynedd etc gewesen ist, der sieht so weit das Auge reicht, 'stone walls' bzw. 'rock fences'. ( wo natuerlich unzaehlige Schafe weiden). Ja, und die 'Zaeune' um's Haus bestehen auch aus diesen 'rock fences', die uebrigens gut ein paar hundert Jahre halten.
So, in diesem Sinn ist es durchaus plausible, dass hysterische Frauen davon berichten 'Hexen' auf ihren 'rock fences' gesehen zu haben. Der Einfach halber wird das dann einfach als 'fence' und dann 'Zaun' uebersetzt. Ein deutscher Zaun hat ja weiss Gott nichts mit einer 'rock fence' in Wales zu tun.
So, that had been my main beef.

Etwas themenfremd, doch dafuer habe ich wirklich "belastbare Quellen' : auslaendische Nachrichtenagenturen hatten immer zwischen 'Arabern' und 'Juden' unterschieden. Schon vor 1948 zwischen 'Palestian Arabs' ; Arabs, 'The Higher Arab Committee' und 'Jews' berichtet. Dann in 1964, gleichzeitig mit dem ersten '1964 Arab League summit' der ja sowohl die Terrororganisation PLO gruendete und finanzierte, berichtete AP von 'Palestinians'. Diese bequeme Missbezeichnung blieb seither haengen und fuehrte zu voellig absurden Behauptungen und Narrativen. Jetzt wird Geschichte nur noch pervertiert. Leider.
 
Du hast aber schon begriffen, dass Hagazussa/Zaunreiterin ein misogynes (und möglicherweise auch sexuell konnotiertes) Schmähwort ist, oder?
Nee, habbichnich. Aber jetzt wo Du das sagst ......

Zu meiner Ueberraschung ist der Begriff 'witch' nicht in der 1896 Encyclopaedia Britannica zu finden. Wird wohl 'verhext' worden sein.
Dafuer hier :

Man vergleiche die oben im Dictionaery enthaltenen Informationen unter 'witch craft' mit dem politisch korrektem Unsinn den Nicola Sturgeon von sich gibt:

Nicola Sturgeon issues formal apology to persecuted 'witches' to mark International Women's Day​
"England's witch-trals were lawful" : https://www.smithsonianmag.com/smart-news/englands-witch-trials-were-lawful-180964514/
 
Etwas themenfremd
zur Herkunft/Etymologie des Wortes "Hexe" sind
Argentinien, Bolivien, Israel usw
in der Tat...

Ein deutscher Zaun hat ja weiss Gott nichts mit einer 'rock fence' in Wales zu tun.
...aus Steinen geschichtete Abgrenzungen sind sicherlich kein Alleinstellungsmerkmal von Wales - um nur ein beliebtes Beispiel zu erwähnen:

Auch die Verwendung von "witch" gibt keine Auskunft über die Etymologie von "Hexe". Deine Abschweifungen legen nun wirklich nicht nahe, auf das Zitat aus dem DWDS in #122 zu verzichten.
 
Irgengwo wird es einen Uebersetzungsfehler gegeben haben der 'reitende Hexen auf'm Besenstil' zeigt. Alledings das interessiert mich nicht.
Was mich interessiert ist 'sitzende Hexe auf einem Zaun'. Logik sagt dass das Unsinn sein muss.

Im Hexenhammer erwähnt Institoris tatsächlich Hebammen, und er verwendet die Begriffe Hexen und Hebammen geradezu synonym und unterstellt ihnen, Kinder zu töten oder zu stehlen.
Hebammen und Hexen haben in der Tat nichts miteinander zu tun. Waerend der 'Hexe' angeheftet wurde eine Art 'Faustian Vertrag mit dem Teufel' abgeschlossen zu haben, war und ist die Hebamme eine angesehene Person. Hebammen gibt es uebrigens angeblich schon seit 30,000 Jahren - 'ohne belastbare Quelle' - was ich gestern gekesen hatte. Auf keden Fall, Hebammengab es auf der ganzen Welt schon seit tausenden von Jahren. Ist ja auch logisch, oder?

In historischen Hexenprozessen waren aber Hebammen keineswegs unter den Opfern besonders stark vertreten oder überrepräsentiert. Die Vorstellung, dass Hebammen, "weise Frauen" oder Rothaarige überproportional häufig Opfer von Hexenprozessen wurden, dass es eine Verschwörung von Obrigkeiten oder der Ärzteschaft gegen Hebammen und "weise Frauen" gab, ist ein Faktoid, das freilich immer noch gerne bemüht wird wie z. B. kürzlich bei einer Arte-"Doku".
Nun, Hexen hatten 'witch craft' ausgeuebt; wohin 'Babies auf die Welt bringen' uralt ist und doch echt nix mit 'Hexenkunst', Zauberei und aehnlichem Quatsch zu tun hat.
Man muss sich eben in die sehr beschraenkte Weltansicht der Leute in den Jahren 1400 -1600 versetzen und wer ihnen was vorgegaukelt hatte. Dis- und Misinformationen bluehten schon damels.



Nun standen die Hebammen zur Zeit der frühen Hexenverfolgung (15. / 16. Jhr.) eben doch an exponierter Stelle, wenn es um den Verdacht von Hexerei ging. Das hatte aber nichts mit einem aus «heidnischer Zeit gerettetem Geheimwissen» als «weise Frau» und auch nichts mit einer patriarchalischer Verschwörung insbesondere der Medicusse (um die Konkurrenz auszuschalten) gegen Hebeammen zu tun, sondern war, angesichts der hohen Säuglingssterblichkeit und der Häufigkeit von Totgeburten, lediglich berufsbedingt. Wenn sich für die gängigsten Standard-Schadenszauber Hagelwetter und Viehtötungen immer irgendwelche missliebigen Nachbarinnen oder Konkurrentinnen finden liessen, so bot sich beim Tod eines Säuglings eben die Hebamme als naheliegendste Schuldige an. Während man Kannibalismus (von Kleinkindern) vor allem den frühen Hexen (14.Jhr. frühes 15. Jhr.) zum Vorwurf machte, so war der Vorwurf der Tötung von (vorzugsweise noch ungetauften) Säuglingen im 15. und 16. Jhr. noch weit verbreitet. Die Hexen sollten, so die Behauptung, aus dem Fett der Säuglinge eine Salbe hergestellt haben, die ihre Besen, Stöcke, Schemel und Ofengabeln erst flugfähig gemacht haben.

Nicht nur «Babies auf die Welt bringen» ist uralt sondern auch «Hexenkunst», Zauberei und ähnlicher Quatsch – vermutlich sogar ebenso alt. Die «beschränkte» Weltsicht der mittel. Leute war hauptsächlich durch die Existenzangst bestimmt: Die Schadenszauber (Hagelwetter, Unwetter, Viehtötung, Viehseuche, verdorbenes Wasser) vernichteten die Ernährungsgrundlage, bedrohten die leibliche Unversehrtheit (Krankheitszauber, Tötungszauber – auch der «Hexenschuss») und die Fortpflanzung (Impotenz – und Unfruchtbarkeitszauber). Das alles waren «ererbte Ängste», welche in ähnlicher Form bereits die Menschen der Antike geplagt hatten. Die «blühende Missinformation» wurde ihnen durch die scholastisch geschulte Geistlichkeit mit einer eigens dazu geschaffenen Dämonologie, welche ursprünglich zur Ketzereibekämpfung gedacht war, vermittelt: Dämonenpakt, Teufelspakt, die geheimen Treffen der Hexensekte an abgelegenen Orte (Hexenflug, Orgien) Verleugnung Gottes, Marias, der Heiligen etc. , Sakrilege, Sex mit dem Teufel (Teufelsbuhlschaft) etc.

«Hexe» war ursprünglich lediglich ein lokaler, in Süddeutschland und der Deutschschweiz verwendeter Begriff (und auch dort nicht in jedem «Hexenprozess») und schaffte es erst im Verlauf des 16. Jahrhundert in das gesamte deutsche Sprachgebiet (und auch nicht überallhin).

Der bislang frühste Ausdruck «Hexe» findet sich in der um 1293 entstandene Reimlegende über das Martyrium der Heiligen Martina, verfasst vom Deutschritter Hugo von Langenstein. Anfangs des 14. Jahrhunderts wird in im alemannischen «Bihtebuoch» gefragt: «ob die ie geloube tost an heces ?» und in einer um 1393 entstandenen altdeutschen Predigt heisst die Striga «Hees», in einer späteren Redaktion «hezze». Im um 1408 / 1410 verfassten Lehrgedicht «Der Ring» von Heinrich Wittenwiler, Gefolgsmann des Bischofs Albrecht Blarer von Konstanz, fliegt bereits eine «häxen» auf einer Ziege daher. Die älteste Erwähnung einer Hexenverbrennung – unter Verwendung des Wortes «Hegsen» – stammt aus einem Rechnungsbuch der Stadt Schaffhausen aus dem Jahr 1402 / 1403 und im Jahr 1419 wurde schliesslich das Wort Hexe das erste Mal in einem rechtsimmanenten Aktenstück verwendet.

Der gängigste Ausdruck im deutschsprachigen Raum für Hexen war lange Zeit einfach «Unholde» oder «böse Leut».

Auch «strigen» oder «stria» war ein verbreiteter Ausdruck (Lex Salica, Pactus Alamannorum), von latein. "stregae", von welchem sich auch die italienische Hexe «strega» ableitet. Der Ursprung der «strega» oder der «strigen» ist vermutlich so alt wie die «hagazussa» –> «strigis»/»stregae» «Nachteule» oder auch «stirx» «Ohreule» – ein antiker römischer Dämon.

In den lateinischen Gerichtsprotokollen, vor allem vom Klerus, wird in ganz Europa meist der Begriff «malefica» verwendet – im Grunde einfach nur «Zauberin». In Norddeutschland dominiert «Toversche», «Töversche», «Töverer» – von «Toverie», «Zauberei», aber auch «Wichersche», «Wickersche», was ebenfalls «Zauberin» bedeutet.

Die englische «witch», altengl. «wicca» oder «wicche» – angelsächsisch «witan» «sehen, wissen» (bed. Wahrsager) ist mit der norddeutschen «Wichersche», «Wickersche» verwandt.

In Teilen des franz. Sprachraums «sorcière», «Zauberin» –> latein. „sors“, „Los“ – Herkunft wie „sortilegi“ resp. „sortilegium“ auf „Orakel“.

In anderen Teilen des franz. (und ital.) Sprachraums (Burgund, Savoyen, Dauphiné, Welschschweiz, z.T. Piemont sind die Hexen «vaudoises», latein. «valdenses» – «Waldenser» (die Ketzersekte von Waldes aus Lyon).

Und wieso soll jetzt der Begriff «Hexe» nicht von «hagazussa» abegleitet sein – und vor allem, weshalb soll der Ausdruck nicht mit «Zaunreiterin» zu übersetzen sein ?
Das Wort «hag» ist tatsächlich ein «Zaun» und nicht eine Hecke oder Steinmauer. Der «Gartenzaun» wird beispielsweise im elsässischen und baseldeutschen Dialekt (und damit auch von mir) noch immer mit «Gartehaag» übersetzt.

Im «Münchner Nachtsegen», einer fragmentarisch erhaltene Beschwörungsformel aus dem 14. Jhr., welche auch eine der frühesten Erwähnung von «Wotans Heer» enthält, gibt es ein «zunriten» – «Zaunreiten(r)». Und im altisländischen existiert mit dem Begriff «tundria», «Zaunreiterin» ein Äquivalent. Also scheint es so etwas wie eine Zaunreiterin – in der germ. Mythologie – durchaus gegeben zu haben, wie absurd Du das auch immer findest. In seiner Übersetzung von «Marcianus Capella» meint der St. Galler Mönch Notker der Deutsche (um 950 – 1022) bei der Beschreibung von Menschenfressern dass «hierzulande die hazessa wie die manezon (Menschenfresser) tun sollen». «Hazessa» dürfte ja wohl nichts anderes sein als eine Verkürzung von «Hagazussa».
 
Irgengwo wird es einen Uebersetzungsfehler gegeben haben der 'reitende Hexen auf'm Besenstil' zeigt. Alledings das interessiert mich nicht.
Was mich interessiert ist 'sitzende Hexe auf einem Zaun'. Logik sagt dass das Unsinn sein muss.
Du meinst die Deutung des Wortes?

Hebammen gibt es uebrigens angeblich schon seit 30,000 Jahren - 'ohne belastbare Quelle' - was ich gestern gelesen hatte. Auf jeden Fall, Hebammen gab es auf der ganzen Welt schon seit tausenden von Jahren. Ist ja auch logisch, oder?
Die Frage ist, was man unter "Hebamme" versteht. Der Beruf existiert sicher nicht seit 30.000 Jahren. Dass aber Frauen anderen Frauen beim gebären halfen (ältere Töchter, werdende Großmütter, geburtserfahrene Frauen, Tanten....) dürfte beim Homo Sapiens Sapiens und auch anderen Hominiden-Arten eine Handlungskonstante des sozialen Zusammenlebens gewesen sein.
 
Du meinst die Deutung des Wortes?


Die Frage ist, was man unter "Hebamme" versteht. Der Beruf existiert sicher nicht seit 30.000 Jahren. Dass aber Frauen anderen Frauen beim gebären halfen (ältere Töchter, werdende Großmütter, geburtserfahrene Frauen, Tanten....) dürfte beim Homo Sapiens Sapiens und auch anderen Hominiden-Arten eine Handlungskonstante des sozialen Zusammenlebens gewesen sein.

Das was Du hier herausstreichst stammt, wie Sepiola sagt, von bibliophile. Meine Antwort beginnt mit "Nun standen die Hebammen ..."
Ich komme momentan mit der (neueren, geänderten ?) Funktionen Zitieren / Multizitat nicht klar.
 
Wie passt das zu den im DWDS erwähnten althochdeutschen Varianten hazus, hazussa (10.Jh.) siehe #122?

Die althochdeutschen Belege sind hier zu finden:

Die wenigsten sind näher datiert, einer ist immerhin von Notker:
"sîe [antropofagi] ézent náhtes. tés sie síh táges scámên múgen. álso man chît. táz óuh hâzessâ hîer in lánde tûên"

Der erste Beleg mit einem x drin (hegxse/hexse) ist tatsächlich von 1293, an die Schreibweisen würde ich aber keine weitreichenden Hypothesen knüpfen...
 
Wie passt das zu den im DWDS erwähnten althochdeutschen Varianten hazus, hazussa (10.Jh.) siehe #122?
Ich bin etymologisch völlig unbedarft - ich habe nie verstanden, nach welchen Kriterien sich Begriffe verändern können und nach welchen nicht.
Und ich weiss auch nicht, ob die "Hazussa" zwischen dem 10. und 13. Jhr. nur in Süddeutschland zur "Hexe" wurde und welche Lautverschiebung dafür verantwortlich wäre.
Die Bedeutung des Begriffs als "Zauberin" (heidnische Zauberin) taucht jedenfalls erstmals bei der "Martina" von Hugo von Langenstein auf. (Hugo von Langenstein war ein süddeutscher Ritter). In Nord- und Mitteldeutschland und auch in Österreich taucht der Begriff - in der Bedeutung von "Zauberin" jeweils erst viel später auf - man hat dort offenbar die Verbindung von der mytholog. Gestalt zur Zauberin nie gemacht.
Etwas kurios vielleicht: Ich weiss nicht, ob der Begriff der "Hexe" in den Prozessen des Ordensstaats der Deutschritter / Ostpreussen überhaupt auftaucht (wenn ja, dann erst im auslauf. Mittelalter) - und das obwohl Hugo von Langenstein ein Deutschritter war und seine Legende für seine Ordensbrüder gedacht war.
Die Legende ist nur in einer einzigen Abschrift erhalten geblieben und ich habe keinen Zugriff auf eine Editierung resp. ich weiss nicht, ob eine solche existiert. Ich kann also nicht aufzeigen, wie genau der Begriff "Hexe" von Langenstein wiedergegeben wird.
Gescannt wurde die Abschrift von Uni-Bibliothekt Basel (rund 300 Seiten-:) )
 
Die Legende ist nur in einer einzigen Abschrift erhalten geblieben und ich habe keinen Zugriff auf eine Editierung resp. ich weiss nicht, ob eine solche existiert.

Siehe meinen letzten Beitrag:
Da gibt es auch einen Link zur Edition:

EDIT:

Und hier die entsprechenden Stellen in der Originalhandschrift:
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich bin etymologisch völlig unbedarft - ich habe nie verstanden, nach welchen Kriterien sich Begriffe verändern können und nach welchen nicht.
Und ich weiss auch nicht, ob die "Hazussa" zwischen dem 10. und 13. Jhr. nur in Süddeutschland zur "Hexe" wurde und welche Lautverschiebung dafür verantwortlich wäre.
Es gibt die semantische Veränderung eines Wortes und dann die phonetische Veränderung.
Dann gibt es aber auch noch dialektale Varianten und einfach Varianten in der Orthographie, eine festgelegte Rechtschreibung in dem Sinne gab es ja nicht. So findet man hin und wieder dasselbe Wort in demselben Dokument in mehreren Schreibweisen.
Also bei hagazussa bist du schnell bei hazussa oder hagzussa, -g- im Silbenauslaut wird zu /k/, also [ha:ktsusa], da hast du schnell ein [ks] und -x- ist in vielen Sprachen nichts anderes als die graphische Umsetzung von [ks].[/i]
 
Si wolt uns.jpg


Si wolt uns uber winden - sie wollte uns überwinden
machen uns zekinden - sie wollte uns die rechte Wahrheit kundtun
an der rehten warheit -
Dest war d? mere mir leit - Dieses war die Mär mir leid
D? uns diu hexse ertorte - da uns die Hexe verwirren wollte
und unsir e zerstorte - und unsere Ehre? zerstörte
Mit zoueberlichen Tucken - mit den Tücken der Zauberin
uns von sinen zucken - uns von seinem ?????
e?zingen zu ungelinpfe - zu Unglimpf erziehen.

Mein Übersetzungsversuch ist noch ziemlich unbeholfen. Dieses wiederholte dc/di/da kann ich nicht deuten: dieser Bogen ist definitiv kein u/v, kein c und kein i, imho aber auch kein Kürzungszeichen.
 
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