Irgengwo wird es einen Uebersetzungsfehler gegeben haben der 'reitende Hexen auf'm Besenstil' zeigt. Alledings das interessiert mich nicht.
Was mich interessiert ist 'sitzende Hexe auf einem Zaun'. Logik sagt dass das Unsinn sein muss.
Im Hexenhammer erwähnt Institoris tatsächlich Hebammen, und er verwendet die Begriffe Hexen und Hebammen geradezu synonym und unterstellt ihnen, Kinder zu töten oder zu stehlen.
Hebammen und Hexen haben in der Tat nichts miteinander zu tun. Waerend der 'Hexe' angeheftet wurde eine Art 'Faustian Vertrag mit dem Teufel' abgeschlossen zu haben, war und ist die Hebamme eine angesehene Person. Hebammen gibt es uebrigens angeblich schon seit 30,000 Jahren - 'ohne belastbare Quelle' - was ich gestern gekesen hatte. Auf keden Fall, Hebammengab es auf der ganzen Welt schon seit tausenden von Jahren. Ist ja auch logisch, oder?
In historischen Hexenprozessen waren aber Hebammen keineswegs unter den Opfern besonders stark vertreten oder überrepräsentiert. Die Vorstellung, dass Hebammen, "weise Frauen" oder Rothaarige überproportional häufig Opfer von Hexenprozessen wurden, dass es eine Verschwörung von Obrigkeiten oder der Ärzteschaft gegen Hebammen und "weise Frauen" gab, ist ein Faktoid, das freilich immer noch gerne bemüht wird wie z. B. kürzlich bei einer Arte-"Doku".
Nun, Hexen hatten 'witch craft' ausgeuebt; wohin 'Babies auf die Welt bringen' uralt ist und doch echt nix mit 'Hexenkunst', Zauberei und aehnlichem Quatsch zu tun hat.
Man muss sich eben in die sehr beschraenkte Weltansicht der Leute in den Jahren 1400 -1600 versetzen und wer ihnen was vorgegaukelt hatte. Dis- und Misinformationen bluehten schon damels.
Nun standen die Hebammen zur Zeit der frühen Hexenverfolgung (15. / 16. Jhr.) eben doch an exponierter Stelle, wenn es um den Verdacht von Hexerei ging. Das hatte aber nichts mit einem aus «heidnischer Zeit gerettetem Geheimwissen» als «weise Frau» und auch nichts mit einer patriarchalischer Verschwörung insbesondere der Medicusse (um die Konkurrenz auszuschalten) gegen Hebeammen zu tun, sondern war, angesichts der hohen Säuglingssterblichkeit und der Häufigkeit von Totgeburten, lediglich berufsbedingt. Wenn sich für die gängigsten Standard-Schadenszauber Hagelwetter und Viehtötungen immer irgendwelche missliebigen Nachbarinnen oder Konkurrentinnen finden liessen, so bot sich beim Tod eines Säuglings eben die Hebamme als naheliegendste Schuldige an. Während man Kannibalismus (von Kleinkindern) vor allem den frühen Hexen (14.Jhr. frühes 15. Jhr.) zum Vorwurf machte, so war der Vorwurf der Tötung von (vorzugsweise noch ungetauften) Säuglingen im 15. und 16. Jhr. noch weit verbreitet. Die Hexen sollten, so die Behauptung, aus dem Fett der Säuglinge eine Salbe hergestellt haben, die ihre Besen, Stöcke, Schemel und Ofengabeln erst flugfähig gemacht haben.
Nicht nur «Babies auf die Welt bringen» ist uralt sondern auch «Hexenkunst», Zauberei und ähnlicher Quatsch – vermutlich sogar ebenso alt. Die «beschränkte» Weltsicht der mittel. Leute war hauptsächlich durch die Existenzangst bestimmt: Die Schadenszauber (Hagelwetter, Unwetter, Viehtötung, Viehseuche, verdorbenes Wasser) vernichteten die Ernährungsgrundlage, bedrohten die leibliche Unversehrtheit (Krankheitszauber, Tötungszauber – auch der «Hexenschuss») und die Fortpflanzung (Impotenz – und Unfruchtbarkeitszauber). Das alles waren «ererbte Ängste», welche in ähnlicher Form bereits die Menschen der Antike geplagt hatten. Die «blühende Missinformation» wurde ihnen durch die scholastisch geschulte Geistlichkeit mit einer eigens dazu geschaffenen Dämonologie, welche ursprünglich zur Ketzereibekämpfung gedacht war, vermittelt: Dämonenpakt, Teufelspakt, die geheimen Treffen der Hexensekte an abgelegenen Orte (Hexenflug, Orgien) Verleugnung Gottes, Marias, der Heiligen etc. , Sakrilege, Sex mit dem Teufel (Teufelsbuhlschaft) etc.
«Hexe» war ursprünglich lediglich ein lokaler, in Süddeutschland und der Deutschschweiz verwendeter Begriff (und auch dort nicht in jedem «Hexenprozess») und schaffte es erst im Verlauf des 16. Jahrhundert in das gesamte deutsche Sprachgebiet (und auch nicht überallhin).
Der bislang frühste Ausdruck «Hexe» findet sich in der um 1293 entstandene Reimlegende über das Martyrium der Heiligen Martina, verfasst vom Deutschritter Hugo von Langenstein. Anfangs des 14. Jahrhunderts wird in im alemannischen «Bihtebuoch» gefragt: «ob die ie geloube tost an heces ?» und in einer um 1393 entstandenen altdeutschen Predigt heisst die Striga «Hees», in einer späteren Redaktion «hezze». Im um 1408 / 1410 verfassten Lehrgedicht «Der Ring» von Heinrich Wittenwiler, Gefolgsmann des Bischofs Albrecht Blarer von Konstanz, fliegt bereits eine «häxen» auf einer Ziege daher. Die älteste Erwähnung einer Hexenverbrennung – unter Verwendung des Wortes «Hegsen» – stammt aus einem Rechnungsbuch der Stadt Schaffhausen aus dem Jahr 1402 / 1403 und im Jahr 1419 wurde schliesslich das Wort Hexe das erste Mal in einem rechtsimmanenten Aktenstück verwendet.
Der gängigste Ausdruck im deutschsprachigen Raum für Hexen war lange Zeit einfach «Unholde» oder «böse Leut».
Auch «strigen» oder «stria» war ein verbreiteter Ausdruck (Lex Salica, Pactus Alamannorum), von latein. "stregae", von welchem sich auch die italienische Hexe «strega» ableitet. Der Ursprung der «strega» oder der «strigen» ist vermutlich so alt wie die «hagazussa» –> «strigis»/»stregae» «Nachteule» oder auch «stirx» «Ohreule» – ein antiker römischer Dämon.
In den lateinischen Gerichtsprotokollen, vor allem vom Klerus, wird in ganz Europa meist der Begriff «malefica» verwendet – im Grunde einfach nur «Zauberin». In Norddeutschland dominiert «Toversche», «Töversche», «Töverer» – von «Toverie», «Zauberei», aber auch «Wichersche», «Wickersche», was ebenfalls «Zauberin» bedeutet.
Die englische «witch», altengl. «wicca» oder «wicche» – angelsächsisch «witan» «sehen, wissen» (bed. Wahrsager) ist mit der norddeutschen «Wichersche», «Wickersche» verwandt.
In Teilen des franz. Sprachraums «sorcière», «Zauberin» –> latein. „sors“, „Los“ – Herkunft wie „sortilegi“ resp. „sortilegium“ auf „Orakel“.
In anderen Teilen des franz. (und ital.) Sprachraums (Burgund, Savoyen, Dauphiné, Welschschweiz, z.T. Piemont sind die Hexen «vaudoises», latein. «valdenses» – «Waldenser» (die Ketzersekte von Waldes aus Lyon).
Und wieso soll jetzt der Begriff «Hexe» nicht von «hagazussa» abegleitet sein – und vor allem, weshalb soll der Ausdruck nicht mit «Zaunreiterin» zu übersetzen sein ?
Das Wort «hag» ist tatsächlich ein «Zaun» und nicht eine Hecke oder Steinmauer. Der «Gartenzaun» wird beispielsweise im elsässischen und baseldeutschen Dialekt (und damit auch von mir) noch immer mit «Gartehaag» übersetzt.
Im «Münchner Nachtsegen», einer fragmentarisch erhaltene Beschwörungsformel aus dem 14. Jhr., welche auch eine der frühesten Erwähnung von «Wotans Heer» enthält, gibt es ein «zunriten» – «Zaunreiten(r)». Und im altisländischen existiert mit dem Begriff «tundria», «Zaunreiterin» ein Äquivalent. Also scheint es so etwas wie eine Zaunreiterin – in der germ. Mythologie – durchaus gegeben zu haben, wie absurd Du das auch immer findest. In seiner Übersetzung von «Marcianus Capella» meint der St. Galler Mönch Notker der Deutsche (um 950 – 1022) bei der Beschreibung von Menschenfressern dass «hierzulande die hazessa wie die manezon (Menschenfresser) tun sollen». «Hazessa» dürfte ja wohl nichts anderes sein als eine Verkürzung von «Hagazussa».