...und Varus wird immer weiter geschlachtet

Tacitus - unsere einzige Quelle für diesen Sachverhalt - äußert sich klar: Germanicus führte das Heer an die Ems zurück. Erst dort teilte er es: Die Legionen schiffte er ein (sinngemäß: er brachte sie mit der Flotte zurück, wie er sie herbeigeschafft hatte) und Caecina und Pedo bekamen ihre jeweiligen Befehle.
Das Problem ist, dass man leicht überliest, dass es sich um vier und nicht lediglich um drei Objekte handelt.
 
Flotte, 4 Leg germanicus, 4 Legionen Caecina, Pedo, Tacitus ist klar.......der Verfasser der Einleitung war der Täter, aber warum?
 
Flotte, 4 Leg germanicus, 4 Legionen Caecina, Pedo, Tacitus ist klar.......der Verfasser der Einleitung war der Täter, aber warum?
Weil er offensichtlich nicht von Tacitus ausgeht und dem, was dieser tatsächlich schrieb, sondern von der Diskussion, ob Kalkriese (ein) Schauplatz der Varusschlacht oder Schauplatz der Schlacht an den pontes longi gewesen sei. Es geisterte vor 30 Jahren auch mal die Idee herum, dass beide Schlachtfelder sehr nah beieinander gelegen, sich vielleicht sogar geschnitten hätten.
 
eine weitere Textstelle der Einleitung:"doch Tacitus läßt Germanicus sechs Jahre später von Westen kommend das Schlachtfeld aufsuchen"Annalen I 60f).
Daß Germanicus von Westen kommt, habe ich in den Annalen nicht gefunden..
Und wenn er von Westen kommt, müßte er dann nicht auf das erste Dreilegionenlager stoßen?

weitere Textstelle: "Eindeutig scheint aber anhand der archäologischen Funde zu sein,daß die Marschrichtung der bei Kalkriese bekämpften Legionen von Ost nach West verlief."
Nun, von Ost nach West ist ok, weil sie dann auf das erste 3Legionenlager stoßen.(So habe ich es verstanden).Die Einleitung schreibt, Germanicus sei von Westen gekommen. Dann treffen sie auf das Schlachtfeld. Und wo ist hier das 3Legionenlager?Ist mit Schlachtfeld ggf. die gesamte Defileestrecke gemeint?
 
eine weitere Textstelle der Einleitung:"doch Tacitus läßt Germanicus sechs Jahre später von Westen kommend das Schlachtfeld aufsuchen"Annalen I 60f).
Daß Germanicus von Westen kommt, habe ich in den Annalen nicht gefunden..
Und wenn er von Westen kommt, müßte er dann nicht auf das erste Dreilegionenlager stoßen?
Du nimmst die Einleitung definitiv zu wichtig! Du solltest da nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen. Lutz Walther ist Literaturwissenschaftler und Herausgeber; er ist sonst nicht als intimer Kenner der Materie aufgetreten. Will sagen: Er hat nicht zur Varusschlacht geforscht oder so. Das ist keine Doktorarbeit, die, bevor sie in medias res geht, erst mal den Forschungsstand rekapituliert. Er hat einfach ein paar Texte zusammengestellt, diese mit einer EInleitung versehen und fertig. Leider hat er ein paar Passagen aus späteren Büchern der Annalen ausgespart (übersehen?).

Bei Tacitus solltest du beachten, dass der als Autor gewisse Bedürfnisse hatte bzw. die Bedürfnisse seines Publikums vor Augen haben musste.
Manche Interpreten haben die Stelle mit den beiden Lagern ja so gelesen, dass die Lager nahe beieinander gelegen hätten, im Extremfall sogar, dass sie ineinander gelegen hätten. Aber das geht natürlich an Tacitus - der hier das intakte Dreilegionenlager dem Ende der Schlacht gegenüberstellt - total vorbei. Man sollte auch nicht davon ausgehen, dass Caecina/Germanicus tatsächlich zuerst das Dreilegionenlager fanden und dann das unfertige Lager, wo die Reste der Legionen niedergemacht wurden, genauso wenig, wie man davon ausgehen sollte, dass ihnen zuerst gezeigt wurde, wo die Legaten fielen, dann wo die Adlerträger erschlagen wurden und schließlich, wo Varus sich das Leben nahm. Das ist ganz klar ein auf ein Klimax sich zuspitzender Bericht, der wohl kaum dem Chaos der Schlacht entspricht, zumal man wohl kaum davon ausgehen kann, dass die Legaten sich jeweils an einem Ort und die Adlerträger sich jeweils an einem Ort befanden. Tacitus versucht hier zwei sechs Jahre auseinander liegende Ereignisse, Schlachtfeldbegehung durch Germanicus und Dramatik der Schlacht in einem zu erzählen.
 
Egal von wo Germanicus kam, er kam von Westen...

Fädele die Teile seiner Feldzüge chronologisch auf, betrachte die genannten Stämme und deren gesichertes oder vermutetes Siedlungsgebiet, und dann wirst Du zu dem Schluss kommmen, dass Germanicus nicht den Weg des Varus vom nicht bekannten, vielleicht sogar noch nicht einmal existenten Sommerlager bis zum Ort der Niederlage abgetingelt hat.

Sein Feldzug war nicht der Weg des Varus. Seine Truppen hatten ja auch keine Schwierigkeiten den Ort der Niederlage zu finden, haud procul teutoburgiensi saltu.

Wenn wir Tacitus wörtlich nehmen, Amisia und Lupia als Ems und Lippe verstehen, lag das Schlachtfeld jenseits des verwüsteten Gebietes im Dreieck von Lippe und Ems, und damit auch östlich ihrer kurzen und kleinen, orographisch rechts liegenden Nebenflüsse.

Wir drehen uns also um Kreis, solange es nicht archäologische Befunde gibt, die die geltende und schlüssige Meinung der Archäologen und Historiker in Frage stellen oder gar verändern.

Es gibt keinen anderen Fundort östlich des Rheins, der ein solch komplexes und zugleich geschlossenes Fundbild ergibt wie die beiden Fundorte Harzhorn und Kalkriese.
 
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Danker, ElQuijote,Pardela,ers ist wohl so, daß Tacitus 2 zeitliche unterschiedliche Ereignisse etwas vermischt. Das macht die Sache für jemand, der sich einliest, ziemlich komplex.

Ich bin im übrigen nicht davon ausgegangen, daß Germanicus "herumtingelte" auf dem Rückreiseweg des Varus, weil der Weg eben nicht belegt ist. sondern von Westen ausgehend. ElQuijote hat mit seinem letzten Satz den Punkt getroffen.

Im Kreis gehen trifft es, wo ist Anfang, wo ist Ende.
 
ElQuijote...Beitrag 345
"Leider hat er ein paar Passagen aus späteren Büchern der Annalen ausgespart (übersehen?).
Sagst Du mir bitte die Passagen in welchen Büchern?
 
ElQuijote...Beitrag 345
"Leider hat er ein paar Passagen aus späteren Büchern der Annalen ausgespart (übersehen?).
Sagst Du mir bitte die Passagen in welchen Büchern?
Es fehlen: Tac. ann. II, 15, Tac. ann. II, 25 (Walther setzt bei Tac. ann. II, 26 wieder ein). Tac. ann. XII, 27 ff.
Tac. hist. IV, 17, Tac. hist. V, 9, Germania 37.
Insbesondere Tac. ann. XII, 27 fehlt, da hier von der Gefangenenbefreiiung durch Publius Pomponius 40 Jahre nach der Schlacht berichtet wird.

Von Sueton zitiert Walther lediglich aus dem Buch Divus Augustus. Aber auch aus Tiberius 17, Gaius 3 und 31 erwähnen die Varusniederlage. Insbesondere Gaius 3 ist dabei interessant.

Und dann gibt es noch eine Passage bei Flavius Josephus, welche die Varusschlacht(?) indirekt anspricht. (Der Bataveraufstand kann es aufgrund der Zeitstellung nicht sein.)


Ferner: eine Anklage gegen Varus' Sohn durch Domitius Afer in Tac. ann. IV, 66
 
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Das Wort "Tross" möchte ich im "de bello gallico" wiederfinden, bzw. die Textstellen.Der Text liegt mir als pdf vor. Hat jemand die software bzw einen Vorschlag, um damit erfolgreich zu sein?
 
Ich weiß nicht, ob du überhaupt das Wort "Tross" finden wirst, du wirst eher impedimenta (~ Gepäck) finden, oder calones (Trossknechte).
 
Varus Varus Antike Texte zur Schlacht im Teutoburger Wald

Cassius Dio 21.1

Von dort aus gerieten sie aber wiederum in Wälder,und hier mußten sie sich gegen die Angreifer wehren,wobei sie aber gerade die schwersten Verluste erlitten.Denn auf engem Raum zusammengepreßt,damit Schulter an Schulter Reiter und Fußvolk den Feinden entgegenstürmen könnten, stießen sie vielfach aufeinander oder gegen die Bäume

Tacitus Annalen 2. Buch,14

Nicht Ebenen allein seien für die römischen Soldaten gut zum Kampfe,sondern wenn man nur planmäßig zu Werke ginge, auch Wälder und Berghöhen;denn die ungeheuren Schilde der Barbaren und ihre übermäßig langen Speere könnten zwischen Baumstämmen undn auf dem Boden gewachsenen Gesträuch nicht so leicht gehandhabt werden wie Wurfspieß, Schwert oder eng an den Körper schließende Bedeckung.



Einerseits geht es um Varus auf seinem Zug,andererseits um die Ansprache des Germanicus vor Idistaviso

Die römischen Truppen können nicht im Wald kämpfen, laufen gegen Bäume oder gegeneinander.

Germanicus hingegen möchte planmäßig zu Werke gehen und findet dann auch den Kampf im Wald nicht schlimm

Gegensätzliche Aussagen von Dio und Tacitus, wie erklärt sich das,nur mit planmäßigem zu Werke gehen?Die Römer sind ebenfalls planmäßig in den Wald eingedrungen.
 
Nun schreibt Cassius Dio fast 200 Jahre nach den Ereignissen. Und so, wie er schreibt, wird sich's nicht zugetragen haben. Etwas zu bunt, etwas zu schrill, zu ausgemalt das Ganze.

Es reicht für uns uns zu wissen, dass die Römer auch an einem sonnigen Badetag und bei kurzgeschorenem Rasen im Freibad von Münster oder Lemgo zu Schaden gekommen wären, wenn 6 Legionen + 6 Hilfskohorten +3 Alen + Tross (= 1 Chaos) versucht hätten, zwischen den Rosenhecken durch das Fusswaschbecken hindurch zu gelangen.

Da braucht man keine Kollision mit den Bäumen, da kollidiert das römische Heer allein schon an der banalen Wirklichkeit der Topographie: Es siegt nicht der, der die meisten Soldaten hat, sondern der, der am Ort der Schlacht überlegen ist.

Es hilft nicht weiter, wenn man versucht die blumigen Schilderungen von Cassius Dio weiter auszulegen.
 
Das ist ja alles bekannt.Deine Antwort entspringt offenbar einem Cassius-Dio-Reflex.Bisher habe ichgelesen, daß römische Armeen nur in Ebenen effektiv sein können und ihre Wirkung entfalten..
Tautologien wie " es hilft nicht weiter" sind nicht hilfreich.
Wir wissen alle, daß es Befürworter von Dio gibt. Also gebe diesen auch Spielraum für deren Überlegungen.

Was ich nicht verstehe ist:Warum gehst Du nicht auf den offensichtlichen Gegensatz ein?Der ständige Hinweis auf 200 Jahre später wird durch Wiederholung nicht besser;. Für eine Auflockerung des Sachverhaltes solltest Du darlegen, welche Quellen Tacitus und welche Dio nutzte.Und dann hängt das Argument der 200 Jahre in der Luft.
Erkennen kann ich eine Auslegung nicht.Ich jedenfalls habe nichts ausgelegt, da es sich um Tacitus/Dio-Quellen handelt.
Wahrscheinlich hast Du Dich nur etwas falsch aufgefasst.
Ess ist aber anerkennenswert, daß kluge Leute Deiner Provenienz immer wieder versuchen, fehlgeleitete Tendenzen den richtigen Weg zu weisen.
 
Was ich nicht verstehe ist:Warum gehst Du nicht auf den offensichtlichen Gegensatz ein?Der ständige Hinweis auf 200 Jahre später wird durch Wiederholung nicht besser;
Aber auch nicht weniger wahr. Und man muss eben immer wieder daran erinnern, wenn es gerne vergessen oder unterschlagen wird.

Du hast hier zwei widersprüchliche Stellen präsentiert (ich war jahrelang auf der Suche danach, meinte immer sie stünden beide bei Tacitus, habe aber folgerichtig immer nur die eine gefunden), und versuchst jetzt, diesen Widerspruch aufzulösen. Aber du musst einfach mal - auch wenn es dir offensichtlich schwer fällt - aushalten, dass es da einen unauflöslichen Widerspruch gibt und nur eine der beiden Stellen korrekt sein kann.
 
Das ist ja alles bekannt.Deine Antwort entspringt offenbar einem Cassius-Dio-Reflex.
Ein gewisses Mit-den-Augen-Rollen kann ich nicht abstreiten.

Bisher habe ichgelesen, daß römische Armeen nur in Ebenen effektiv sein können und ihre Wirkung entfalten..
Das beklagte Cassius Dio. Dass römische Legionäre alle iberischen, gallischen und rätischen Festungen eroberten, die nun einmal auch alpinen Charakter haben, muss ich doch nicht erwähnen. Masada und der Dünsberg liegen ebenfalls nicht im Flachland, auch nicht die Festungen der Daker und Thraker.

Wir wissen alle, daß es Befürworter von Dio gibt. Also gebe diesen auch Spielraum für deren Überlegungen.
Ich bin da durchaus tolerant.

Was ich nicht verstehe ist:Warum gehst Du nicht auf den offensichtlichen Gegensatz ein?
Stört mich dieser Gegensatz? Er passt ins Bild.

Für eine Auflockerung des Sachverhaltes solltest Du darlegen, welche Quellen Tacitus und welche Dio nutzte.
Die beiden Herren haben ihre Quellen nicht aufgelistet. Cassius Dio konnte auf Senatsakten zugreifen und hat eine zunehmende Verschlechterung der Dokumentation während der Kaiserzeit beklagt. Uns aber liegen diese Quellen nicht vor.

Dass Cassius Dio blumig schreibt und ausschmückt, wo nüchterne Fakten besser angebracht wären, ist offensichtlich.

Und dann hängt das Argument der 200 Jahre in der Luft.
Es ist zumindest davon auszugehen, dass Cassius Dio in einer Tradition römischer Auslegung steht, die z.B. in Varus den Hauptschuldigen sieht, was bei den Zeitgenossen nicht der Fall war.
 
Zuletzt bearbeitet:
Auf diese Weise kommen wir weiter.Ich habe gelesen, daß die römische Armee ihre Stärken in der Ebene hatte. Und nun erzählt Germanicus(unter dem Eindruck der Gegend Idistaviso) daß Römer auch bequem in Wäldern kämpfen können..Zitiert habe ich Dio, weil der diese Wälder deftig ausformuliert hat.
Das Ebene und Wald 2 verschiedene Dinge sind, leuchtet mir ein. Und jetzt kommt ein Germanicus und erzählt...am Abend vor der Schlacht wie einst Friedrich der Große....das macht garnichts, wir schaffen beides, wenn es nach Plan durchgeführt wird.
Nochmal:Dio habe ich wegen des Waldtheaters erwähnt, und Germanicus, der seinen Soldaten alles zutraut, sonst nichts.
Und damit hätten wir es.
Römer kämpfen nunmal lieber im Flachland, oder Vergleichbarem, weil sie in ihrer gelernten Formation auftreten können. Gerät diese jenserits ihrer Ordnung, kann Böses passieren.Was von was sollte nur wahr und was falsch sein?Römer können im Wald und in der Ebene kämpfen. Also ist beides richtig.Weil Germanicus es explizit gesagt hat, hatte wohl seine Gründe,.und dazu hätte ich gern eure Meinung gehört.....kam aber wohl nicht durch.
@ElQuijot:Ich wollte keinen Widerspruch aufklären, sondern nur wissen, wie die Kampfesweise der Römer sich nach 7 Jahren ändert.
 
Moin

Natürlich können die römischen Legionen sich auf den Ebenen ( offene Feldschlacht) am besten entfalten, aber die Wälder in Germanien müßen in vielen Regionen teilweise eher licht gewesen sein. Soweit ich weiß wurden doch große Reitertruppen dahindurch bewegt?
Bei der Belagerung von Festungen wirken sich die römischen Fähigkeiten in der Logistik meist ebenso zu deren Gunsten aus.
 
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