1939 - Der Krieg der viele Väter hatte

Meine Annahme bezog sich nur darauf, dass der zitierte Text aus den Tagebüchern stammt.
Diese Annahme ist wohl falsch, die Worte wurden vor geladenen Pressevertretern geäußert:
Jugend, Rechtsextremismus und Gewalt ... - Google Buchsuche

Die Äußerungen sind selbstverständlich offizielle Propaganda. Wobei es oft keinen großen Unterschied macht, ob Goebbels seine Legenden über die Presse verbreitet oder "nur" in seinen Tagebüchern niederschreibt, wo er offensichtlich Material gesammelt hat, "um auf dieser Grundlage später einmal die alleingültige Geschichte des Nationalsozialismus schreiben zu können."
60 Jahre Kriegsende - "Goebbels glaubte, was er sagte" (Teil*1)
 
Diese Annahme ist wohl falsch, die Worte wurden vor geladenen Pressevertretern geäußert

Hätte ich auch eher vermutet. Goebbels war als Propagandist ausgesprochen fähig.
Ich glaube nicht, dass er selbst der Ansicht war, die Franzosen hätten den Krieg begonnen. Aber wie er dies als Fakt unterschwellig einfließen läßt, indem er die Aufmerksamkeit der Zuhörer zunächst auf das Knallbonbon zieht, man hätte Deutschland 1933 angreifen müssen.....nicht ungeschickt, gar nicht ungeschickt.
 
Mal eine Frage am Rande, da ich nur die Buchvorstellung kenne und nicht das Werk an sich, du scheinst hier ohnehin die einzige zu sein, die das Buch auch tatsächlich gelesen hat.
Also, spricht der Autor irgendwo in dem Buch von "Schuld"? Sagt er, Deutschland habe weniger "Schuld" bzw. weist er den Alliierten "Schuld" zu?
Wie ist denn folgende Formulierung von Schultze-Rhonhof zu verstehen?

„Mit der Annexion der Rest-Tschechei ist Hitler dann zu weit gegangen . . . Kurz nach dem deutschen Einmarsch in die Rest-Tschechei fängt England an, den nächsten Weltkrieg einzufädeln" (Zitat aus : Im Generalsblick - Politik - Feuilleton - FAZ.NET).

Das ist eine Schuldzuweisung, auch wenn er das Wort „Schuld“ dabei nicht verwendet.
Hätte ich auch eher vermutet. Goebbels war als Propagandist ausgesprochen fähig.
Ich glaube nicht, dass er selbst der Ansicht war, die Franzosen hätten den Krieg begonnen. Aber wie er dies als Fakt unterschwellig einfließen läßt, indem er die Aufmerksamkeit der Zuhörer zunächst auf das Knallbonbon zieht, man hätte Deutschland 1933 angreifen müssen.....nicht ungeschickt, gar nicht ungeschickt.
Goebbels zielt mit seiner Formulierung auf die moralisch-rechtlichen Grundlagen. Im Grunde sagt er folgendes: Wenn die Franzosen 1933 vom Recht des Stärkeren Gebrauch gemacht hätten, hätten Sie 1939 nicht erleben müssen, dass „wir“ das tun. Die Franzosen sind an ihrer Lage im Jahr 1939 selber schuld. Macht geht vor Recht. Wer sich an das Recht hält, ist dumm. "Wir" sind schlau. Deshalb halten "wir" uns auch nicht an das Recht, etc. etc. – Das alles soll wohl etwaigen moralisch-rechtlichen Bedenken an der deutschen Vorgehensweise entgegenwirken und diese der Lächerlichkeit preisgeben.
 
Was noch als "Schuldzuweisung" für England gilt, schreibt G. Schultze-Rhonhof wie folgt:

"... So verstellen sie den Verhandlungsweg, den sie noch bei den Polen hätten öffnen können. Dabei spielen sie fünf vor zwölf so lang auf Zeit, bis Hitler handelt und den Krieg eröffnet. England hat - zusammen mit Frankreich - das deutsch-polnische Problem geschaffen und 1939 verhindert, dass es ohne Krieg bereinigt wird. Die brit. Regierung hat es dabei mit Geschick verstanden, die Rolle des Vermittlers vorzutäuschen und allseits Frieden anzumahnen. So kann sie mit "weißer Weste" in den Krieg eintreten, ehe Deutschlands Flotte weiter anwächst, ehe das Deutsche Reich zur stärksten Macht Europas wird, und ehe die früheren deutschen Kolonien auf die Tagesordnung kommen. ..."

Schultze-Rhonhof bringt natürlich noch mehr an, aber dann würde ich hier nicht fertig werden... Soll auch nur ein Beispiel gewesen sein (wie Tekker wissen wollte)...
 
Danke Gandolf und Naphae für die Textpassagen, ich werde mich später oder morgen dazu äußern, das geht nicht so zwischen Tür und Angel.
 
Danke Gandolf und Naphae für die Textpassagen, ich werde mich später oder morgen dazu äußern, das geht nicht so zwischen Tür und Angel.

Bitte, bitte Tekker... und lass dir ruhig Zeit Wenn du magst, kann ich noch Zitate/Behauptungen für Frankreich, Polen, USA, Polen und Deutschland (sowieso) vorbringen?:fs:
 
@Gandolf
Mag sein, aber die Kriegsschuld verortet er offiziell nichts desto trotz ganz klar bei den Franzosen.
Ich sehe da keinen Widerspruch. Revisionisten verorten die Schuld am 2. WK überall (GB, F, USA, etc.) und nirgendwo, schon um hierdurch den Eindruck zu erwecken, dass der Krieg "viele Väter" hatte und Deutschland eben nur einer von vielen war. So soll wohl die Kriegsschuld Deutschlands relativiert werden. Dass Hitler den Krieg anstrebte, um seine Lebensraumpläne zu verwirklichen (vgl. # 11), wird von solchen Leuten gerne unter den Teppich gekehrt.
Was noch als "Schuldzuweisung" für England gilt, schreibt G. Schultze-Rhonhof wie folgt:

"... So verstellen sie den Verhandlungsweg, den sie noch bei den Polen hätten öffnen können. Dabei spielen sie fünf vor zwölf so lang auf Zeit, bis Hitler handelt und den Krieg eröffnet. England hat - zusammen mit Frankreich - das deutsch-polnische Problem geschaffen und 1939 verhindert, dass es ohne Krieg bereinigt wird. Die brit. Regierung hat es dabei mit Geschick verstanden, die Rolle des Vermittlers vorzutäuschen und allseits Frieden anzumahnen. So kann sie mit "weißer Weste" in den Krieg eintreten, ehe Deutschlands Flotte weiter anwächst, ehe das Deutsche Reich zur stärksten Macht Europas wird, und ehe die früheren deutschen Kolonien auf die Tagesordnung kommen. ..."

Schultze-Rhonhof bringt natürlich noch mehr an, aber dann würde ich hier nicht fertig werden... Soll auch nur ein Beispiel gewesen sein (wie Tekker wissen wollte)...
Es ist ein Paradebeispiel dafür, wie Schultze-Rhonhof versucht, die Verantwortung für den Krieg zu verdrehen:

Hitler hatte Polen im Frühjahr 1939 ein Bündnis gegen die SU vorgeschlagen und den Polen die Ukraine als Beuteanteil angeboten. Polen hatte keine Lust zum deutschen Satrapen abzusteigen und lehnte diese Vorschläge ab. Von dieser Vorstellung Hitlers einer deutsch-polnischen Zusammenarbeit schreibt Schultze-Rhonhof freilich nichts. Stattdessen schwadroniert er darüber, dass das 1919 geschaffene „deutsch-polnische Problem“ zum Krieg geführt habe…

Den Westmächten hatte Hitler 1938 in München versprochen, dass er keine territorialen Forderungen mehr stellen würde. Im Frühjahr 1939 ließ er die „Resttschechei“ besetzen und brach so das Münchener Abkommen. Und weil sich die Westmächte danach mit Polen solidarisierten, um Hitler von einem Griff nach Warschau abzuhalten, sollen die Westmächte für den Ausbruch des Krieges verantwortlich sein…
 

Okay, könnte aber ne Weile dauern, da ich da en gutes Beispiel raussuchen muss zu den einzelnen Ländern. Aber ich versuch das heut noch hinzubekommen, wenn nicht dann spätestens morgen.

Es ist ein Paradebeispiel dafür, wie Schultze-Rhonhof versucht, die Verantwortung für den Krieg zu verdrehen:

Darum gehts ja. Tekker wollte ja Beispiele wissen, für die "Schuld" der anderen.
:)
 
Okay, könnte aber ne Weile dauern, da ich da en gutes Beispiel raussuchen muss zu den einzelnen Ländern. Aber ich versuch das heut noch hinzubekommen, wenn nicht dann spätestens morgen.

Darum gehts ja. Tekker wollte ja Beispiele wissen, für die "Schuld" der anderen.
:)
Mir sind diese Zusammenhänge schon klar.

Aber es kann hier nicht allein um Tekkers Interesse an solchen Zitaten gehen. In einem Diskussionsforum geht es auch um die Auseinandersetzung mit solchen Zitaten. Ansonsten entwickelt sich das Forum noch zu einem Zitateforum...

Apropo Zitat: hier meine Lieblingsstelle aus der von Mercy (# 2) erwähnten Buchbesprechung in der FAZ:
"Gerd Schultze-Rhonhof hingegen gibt frank und frei zu, er erhebe gar nicht den Anspruch, "die Tausende von Büchern gelesen und verarbeitet zu haben, die zum Thema meines Buchs bereits geschrieben worden sind". Dabei hätten doch schon wenige genügt! Denn bei der Genese des Zweiten Weltkriegs handelt es sich um ein Thema, das gut erforscht ist. Trotzdem sucht man selbst die Namen der wichtigsten Autoren in einem Literaturverzeichnis von etwas über neun Seiten vergebens. Anstelle eines Hermann Graml, Walther Hofer, Klaus Hildebrand oder Andreas Hillgruber finden sich etwa der "dtv-Atlas zur Weltgeschichte", ein Schulbuch für Gymnasien, das Werk von Urs Schwarz mit dem Titel "Strategie - Gestern, heute, morgen" und politisch höchst bedenkliche Traktate von David Hoggan und Erich Kern."
(http://www.faz.net/s/RubA330E54C3C1...6AA0D4B9996E24EBA6~ATpl~Ecommon~Scontent.html)
 
Zuletzt bearbeitet:
Dazu passt folgendes Zitat von Goebbels aus dem Jahre 1940:

„ (…) Genauso war das in der Außenpolitik (...) 1933 hätte ein französischer Ministerpräsident sagen müssen, und wäre ich französischer Ministerpräsident gewesen, ich hätte es gesagt: Der Mann ist Reichskanzler geworden, der das Buch „Mein Kampf“ geschrieben hat, in dem das und das steht. Der Mann kann nicht in unserer Nachbarschaft geduldet werden. Entweder er verschwindet, oder wir marschieren. Das wäre durchaus logisch gewesen. Man hat darauf verzichtet. Man hat uns gelassen, man hat uns durch die Risikozone ungehindert durchgehen lassen, und wir konnten alle gefährlichen Klippen umschiffen, und als wir fertig waren, gut gerüstet, besser als sie, fingen sie den Krieg an" (1)


(1) Hildebrand, Das vergangene Reich, Stuttgart 1995, S. 613


Wenn wir davon ausgehen, dass Goebbels hier auch die Meinung seines Herrn und Meisters wiedergibt, ist die Sache doch klar wie Klosbrühe.

Hitler hat den Krieg angefangen.

Bewußt, gezielt, seit 1933 vorausgeplant.
Erledigt sich doch jede weitere Diskussion.
 
Wer nicht auf Napahes Zitate warten will, der möge bitte die Suchbegriffe "Korridor Autobahn Hitler" in dieser Reihenfolge bei Google eingeben und das zweite Suchergebnis anwählen.
Dort habe ich mir das Buch mal angelesen.

Nebenbei angemerkt: Wenn so eine simple Suche zu so einer Seite führt...

P.S. Die Uhrzeit zu der dieser Beitrag entstand, ist rein zufällig.
 
So, mal weitere kleine Ausschnitte zum Kriegsbeitritt...

Frankreich:

"Französische Bemühungen, das in Versailles selbst geschaffene Problem des Freistaats Danzig im Konsens mit den Beteiligten zu lösen, unterbleiben. Außer vielen Beteuerungen des eigenen Friedenswillen trägt Frankreich nichts zum Frieden bei. Präsident Daladier ist 1939 genauso kriegsbereit wie Hitler. Der eine scheut nicht vor dem Krieg zurück, wenn er mit Deutschland wieder auf Versailles-Niveau herunterstufen kann. Der andere scheut nicht vor dem Krieg zurück, wenn er damit die letzten Störfaktoren von Versailles beseitigen kann, die Abtrennung Danzigs und Ostpreußens vom Deutschen Reich."

Polen:

"Polen, obwohl es nach dem äußeren Anschein als das erste Opfer des Zweiten Weltkriegs dasteht, gehört bei genauerem Betrachten auch zu den ersten Tätern. [...]
Die polnische Regierung erklärt mehrmals, dass Polen bei einem Anschluss Danzigs Krieg mit Deutschland führen werde. Sie schafft den Anlass für den Krieg, indem sie ein lokales, nicht kriegswürdiges Problem, bei dem nicht einmal polnisches Territorium betroffen ist, zum Kriegsanlass erklärt. Ohne diese vorgezogene Kriegserklärung hätte die Danzig-Frage zu weit geringeren Kosten geregelt werden können. Polen verlangt ab März 1939 als Preis für Danzig Krieg. ...

Des Weiteren liefert der Autor mit dem Umgang Polens mit seinen nationalen Minderheiten den zweiten Beitrag zum Kriegsausbruch.

Sowjetunion:

"Die sowjetische Führung versucht kein einziges Mal, bei den Differenzen zwischen Deutschland und den Polen zu vermitteln und damit dem Frieden eine Chance zu geben. Stalin setzt von Anfang an auf einen Krieg, von dem er annimmt, dass er die territoriale Ordnung Osteuropas zum Vorteil der Sowjetunion verändert."

USA:

"Die Vereinigten Staaten von Amerika tragen ihre Mitschuld am Desaster von Versailles und daran, dass das Danzig-Korridor-Problem nicht friedlich aus der Welt geschafft wird, ehe es zum Anlass eines neuen Weltkrieges wird. ... Doch es gibt einen anderen Grund: Es ist der Anspruch der Nordamerikaner auf die Ausbreitung ihrer Macht und ihrer Wervorstellungen. [...] weitergeführt durch die Unterstützung der Briten und Franzosen im Ersten Weltkrieg mündet diese Ausdehnung in einen zweiten großen Krieg, der die Welt von der "Krankheit der drei Schurkenstaaten" Deutschland, Italien und Japan befreien soll. Die eine Seite deses Tuns ist der Kreuzzug zum Schutz von Bedrohten, die andere ist die Ausdehnung von Macht, Markt und Moral, wobei die letztere aus der Sciht von Nichtamerikanern vor allem ihre Weltanschauung ist."

So viel zu den kurzgefassten Beiträgen der anderen Nationen zum Kriegsausbruch... Vielleicht versteht ihr jetzt mein Problem, darin den wahren Kern zu erkennen?
 
So, mal weitere kleine Ausschnitte zum Kriegsbeitritt...

Frankreich:

"Französische Bemühungen, das in Versailles selbst geschaffene Problem des Freistaats Danzig im Konsens mit den Beteiligten zu lösen, unterbleiben. Außer vielen Beteuerungen des eigenen Friedenswillen trägt Frankreich nichts zum Frieden bei. Präsident Daladier ist 1939 genauso kriegsbereit wie Hitler. Der eine scheut nicht vor dem Krieg zurück, wenn er mit Deutschland wieder auf Versailles-Niveau herunterstufen kann. Der andere scheut nicht vor dem Krieg zurück, wenn er damit die letzten Störfaktoren von Versailles beseitigen kann, die Abtrennung Danzigs und Ostpreußens vom Deutschen Reich."

Polen:

"Polen, obwohl es nach dem äußeren Anschein als das erste Opfer des Zweiten Weltkriegs dasteht, gehört bei genauerem Betrachten auch zu den ersten Tätern. [...]
Die polnische Regierung erklärt mehrmals, dass Polen bei einem Anschluss Danzigs Krieg mit Deutschland führen werde. Sie schafft den Anlass für den Krieg, indem sie ein lokales, nicht kriegswürdiges Problem, bei dem nicht einmal polnisches Territorium betroffen ist, zum Kriegsanlass erklärt. Ohne diese vorgezogene Kriegserklärung hätte die Danzig-Frage zu weit geringeren Kosten geregelt werden können. Polen verlangt ab März 1939 als Preis für Danzig Krieg. ...

Des Weiteren liefert der Autor mit dem Umgang Polens mit seinen nationalen Minderheiten den zweiten Beitrag zum Kriegsausbruch.

Sowjetunion:

"Die sowjetische Führung versucht kein einziges Mal, bei den Differenzen zwischen Deutschland und den Polen zu vermitteln und damit dem Frieden eine Chance zu geben. Stalin setzt von Anfang an auf einen Krieg, von dem er annimmt, dass er die territoriale Ordnung Osteuropas zum Vorteil der Sowjetunion verändert."

USA:

"Die Vereinigten Staaten von Amerika tragen ihre Mitschuld am Desaster von Versailles und daran, dass das Danzig-Korridor-Problem nicht friedlich aus der Welt geschafft wird, ehe es zum Anlass eines neuen Weltkrieges wird. ... Doch es gibt einen anderen Grund: Es ist der Anspruch der Nordamerikaner auf die Ausbreitung ihrer Macht und ihrer Wervorstellungen. [...] weitergeführt durch die Unterstützung der Briten und Franzosen im Ersten Weltkrieg mündet diese Ausdehnung in einen zweiten großen Krieg, der die Welt von der "Krankheit der drei Schurkenstaaten" Deutschland, Italien und Japan befreien soll. Die eine Seite deses Tuns ist der Kreuzzug zum Schutz von Bedrohten, die andere ist die Ausdehnung von Macht, Markt und Moral, wobei die letztere aus der Sciht von Nichtamerikanern vor allem ihre Weltanschauung ist."

So viel zu den kurzgefassten Beiträgen der anderen Nationen zum Kriegsausbruch... Vielleicht versteht ihr jetzt mein Problem, darin den wahren Kern zu erkennen?
Bei Schultze-Rhonhof wirst Du freilich keinen wahren Kern finden können.

Aus Deinen obigen Zusammenfassungen wird ja deutlich, wie sich dieser bemüht, das "Danzig-Problem" zum Schlüsselproblem der Entfesselung des 2. WK zu stilisieren. Dabei hatte Hitler schon mehrere Monate vor dem Überfall auf Polen, am 23. Mai 1939, vor den Führern der Wehrmacht erklärt: „Danzig ist nicht das Objekt, um das es geht. Es handelt sich für uns um die Erweiterung des Lebensraumes im Osten ...”:autsch:

Schultze-Rhonhof übernimmt (wie Scheil & Co.) einfach Hitlers Propaganda von den vergeblichen Bemühungen Deutschlands, die Probleme des Versailler Vertrags zu lösen. "Alle diese Vorschläge sind, wie Sie wissen, abgelehnt worden", tönte Hitler am 1.9.1939 im Reichstag. Im Gleichklang mit dieser Ansage schieben Schultze-Rhonhof, Scheil & Co. den Franzosen, Briten und Polen die (Mit-?)Schuld am Ausbruch des 2. WK zu, weil sich diese weigerten Hitlers "Vorschläge" betreffend Danzig anzunehmen. Dabei blenden diese Schriftsteller freilich aus, dass Hitler ohnehin keinen Anspruch auf Annahme seiner "Vorschläge" hatte, dass er in München 1938 versprochen hatte, keine weitere territoriale Forderung mehr zu stellen, und dass nach dem Bruch des Münchener Abkommens auch für den gutmütigsten und naivesten Politiker Großbritanniens und Frankreichs Hitlers Absicht klar wurde, nach der Hegemonie in Europa zu greifen. Warum also sollten sich diese von Hitler noch einmal reinlegen lassen? Trifft sie eine Mitschuld am Angriff auf Polen, weil sie sich weigerten, dem Angreifer Zugeständnisse zu machen? Der auch von Deutschland unterzeichnete Briand-Kellog-Pakt ist da eindeutig: Angriffskriege sind verboten.

Das Wort "Vorschlag" habe ich in Anführungszeichen gesetzt, weil diese Vorschläge ja häufig mit Gewalt und Ultimaten verbunden waren.
Nun haben wir zwei Möglichkeiten, uns mit der Sache oder der Person zu befassen. :fs:
Pass auf, dass Du Dir beim Kaffeetrinken nicht die zwinkernden Augen verbrühst.:D
 
(Gut, daß ich erstmal zum Anfang des Threads geschaut habe - ich hatte schon gedacht, hier würde allen Ernstes die Berechtigung der deutschen Propagandaposition von 1939 diskutiert.)

Nur mal so herausgegriffen: Wenn Frankreich "1939 genauso kriegsbereit wie Hitler" gewesen wäre, warum hat es dann den Krieg zwar erklärt, aber nicht geführt (drôle de guerre)? Das ist doch augenscheinlich der Beweis des Gegenteils. Hielt nicht jedes einzelne Land still, bis es angegriffen wurde?

Man kann doch wohl von Mitschuld am Krieg ernsthaft nur im Zusammenhang mit diesem Stillhalten reden. Und das war keineswegs nur vom Wunsch nach Frieden getragen, sondern vom auch vom Wunsch, von Hitlers Aggressionen zu profitieren. Im Osten läßt sich das ganz handfest nachweisen (es sei denn, man behauptet, die Länder hätten Gebietszuwachs nicht abzulehnen gewagt):
Im November 1938 erhält Polen in der Folge des Münchener Abkommens ehemals tschechoslowakische Gebiete in Oberschlesien und der Tatra. 10 Monate später wird Polen selbst angegriffen und aufgeteilt.
Im Oktober 1939 erhält Litauen das zuvor polnische Gebiet um Vilnius. (Das wird meistens übersehen, wenn man von dieser polnischen Teilung spricht.) 10 Monate später kommt ganz Litauen zur UdSSR. Wiederum 10 Monate später wird die UdSSR angegriffen und verliert in kürzester Zeit die gesamte 'Beute' der vorangegangenen 2 Jahre.
Eine aufschlußreiche Kette, finde ich. Kurz, ich meine, nicht etwa die angeblich deutschlandfeindliche Haltung vieler Länder hat Hitler zum Krieg 'gezwungen', sondern eher deren nazifreundliche Zurückhaltung hat Hitler geholfen. Ich konnte das hier ja nur andeutungsweise skizzieren, man könnte leicht ein Buch damit füllen, und es gibt ja auch nicht wenig Literatur dazu. Aber wenn man der herrschenden Geschichtsschreibung einen Vorwurf machen will, dann den, daß sie die Peinlichkeiten in dieser Richtung nicht ausreichend würdigt.
 
@Arne Alexander: Wenn Frankreich "1939 genauso kriegsbereit wie Hitler" gewesen wäre, warum hat es dann den Krieg zwar erklärt, aber nicht geführt (drôle de guerre)? Das ist doch augenscheinlich der Beweis des Gegenteils.
Nein, das ist beileibe kein Beweis. Es war die französische Militärdoktrin, die sich am Stellungskrieg 1914-18 orientierte und auf die Maginotlinie baute.
 
Vorsicht: Bei der Kriegsschuldfrage geht es um die Frage, wer die Verantwortung für die Entfesselung des Krieges trägt, insb. ob zum Krieg übergegangen werden durfte, und nicht um die Frage der Kriegsbereitschaft. Auch der Staat, der angegriffen wird, kann sich auf den bevorstehenden Angriff vorbereiten und insoweit kriegsbereit sein. Die Verantwortung für den Angriff trägt er aber deshalb nicht.
 
Ich habe (sehr viel) weiter oben schon mal auf einen Beitrag in den Heften des IfZ zu den deutsch/englischen Verhandlungen im Sommer 1939 hingewiesen, man hat dem Hitler wohl 1 Milliarde Pfund Sterling an Krediten (was war das, 10 Milliarden Reichsmark oder noch mehr?) und konkrete Verhandlungen über Danzig und umfangreiches Entgegenkommen in der Kolonie-Frage zugesagt.
Alles für den Verzicht auf Gewaltmaßnahmen gegen Polen.

Es hat den Adolf nicht groß interessiert.

Der IfZ Aufsatz ist von 1966, nachzulesen im Heft 4 jenes Jahrgangs und Online verfügbar.
Vergesst doch diese ganzen Apolegeten. alles blödes Gewäsche und sonst nichts.
 
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