552-was wurde aus den Ostgoten?

Rest zu 13:23

Sehr viel geben die Quellen zu persönlichen Daten der Könige Totila und Teja nicht her. Die ergiebigste kennst Du bereits (Prokops Gotenkrieg) und wenn Dir Agathias noch unbekannt ist, solltest Du den lesen. Ansonsten ist das Buch „Geschichte der Goten“ von Wolfram die Quelle.

Von Totila ist bekannt, dass er der Neffe König Ildibads war. Beide wiederum waren verwandt mit dem Westgotenkönig Theudis (531 – 548 n. Chr.). U. U. war dieser Punkt auch ausschlaggebend bei ihrer Wahl zum König der Ostgoten. Man erhoffte sich wahrscheinlich westgotische Unterstützung. Von einer Ehe ist nichts bekannt, außer dass Totilas Werbung um eine fränkische Prinzessin mit dem Hinweis abgelehnt wurde, er hätte Rom nicht halten können (Aufgabe Roms 04/547 n. Chr.). Totilas eigentlicher Name war Badwila/Baduila. So steht es auch auf seinen Münzen. Was ihm den Namen Totila eingebracht hat, ist unbekannt.

Zu Teja heißt es, sein Vater wäre Fritigern und Aligern sein jüngster Bruder (Wolfram, Agathias I, 8). Es wird vermutet, dass es sich bei dem Graf Teja, der sich vom Papst Gelasius Schelte einfing, weil er in kirchlicher Angelegenheit Partei ergriffen hatte (Cassiodor: Epistulae Theodericianae II/4. Teiae Comiti Gelasius) um den Großvater des späteren Königs gehandelt habe.

Teja selbst wird erstmals im Zusammenhang mit der Sperre in Norditalien (u. a. Flutung der Via Postumia) gegen Narses und als Kommandant von Verona genannt. Seine Politik als König kennst Du eigentlich schon aus Prokops Gotenkrieg: Verhandlungen mit den Franken über Waffenhilfe, die nichts gebracht haben; Tötung der 300 Geiseln Totilas als Zeichen einer kompromisslosen Kampfbereitschaft und Signal, dass Byzanz mit den Goten auch nach der Schlacht von Taginae noch zu rechnen habe. Seine Münzprägungen in Ticinum (Silber) zeigen verschiedene Schreibweisen des Namens: THEIA REX, THILA REX. Die Ausführungen sind äußerst miserabel. Evtl. haben Ungeübte das Handwerk der Münzprägung übernommen im letzten Kriegsjahr.

So weit in Kürze die bekannten Daten.
 
Am Besten ist das Weitere bei Agathias nachzulesen, auch Tejas angebliche Herkunft. (Procop und Agathias weichen hier allerdings voneinander ab). Verrat deshalb, weil Aligern nach seiner Kapitulation in Narses Heer eintrat und dann auf Seiten der Römer kämpfte.

Aligern war nicht der Erste und nicht der Einzige, der dies tat. Was hätte ein Mann, der wahrscheinlich sein Leben lang gekämpft hat, tun sollen? Auf seinem evtl. Landgut Kohl anpflanzen? Der Sohn Amalabergas (Theoderichs verwitweter Nichte) soll im byzantinischen Heer Karriere gemacht haben. Eine ehemaligen Gotenkönigin (Matasuntha) wollte gemeinsam mit ihrem byzantinischen Ehemann gegen ihr eigenes Volk zu Felde ziehen.

Da sehe ich Aligerns Eintritt in Narses Heer nicht unbedingt als Verrat an (sh. meinen vorhergehenden Post). Es ging letzten Endes damit auch gegen die Franken. Und die hatten seinen Bruder Teja im Stich gelassen, als er um Waffenhilfe bat. Jetzt, nachdem die Goten endgültig am Boden lagen, waren die Franken wie die Aasgeier da. Warum dann nicht die Möglichkeit ergreifen, gegen diese zu kämpfen.
 
Nach Procop war Aligern Totilas Bruder. Totila bedeutet wahrscheinlich der kleine Theoderich. Wahrscheinlich bestand auch Verwandtschaft von Totila zu Ibba, Theoderichs Heerführer. Anscheinend kam in dessen Familie der Namensbestandteil Bad öfters vor.
Nun auch noch darüber zu debattieren, ob Aligerns Verhalten nun als Verrat bezeichnet werden darf, lohnt sich glaub ich nicht. Jedenfalls wurde Aligern von den Franken nach Agathias als Volksverräter bezeichnet. :devil:
 
Nach Procop war Aligern Totilas Bruder. Totila bedeutet wahrscheinlich der kleine Theoderich. ...

Nun auch noch darüber zu debattieren, ob Aligerns Verhalten nun als Verrat bezeichnet werden darf, lohnt sich glaub ich nicht. Jedenfalls wurde Aligern von den Franken nach Agathias als Volksverräter bezeichnet. :devil:

Richtig, lt. Prokop soll Aligern Totilas Bruder sein, allgemein neigt man aber der Version des Agathias zu. Möglicherweise kann Totila der kleine Theoderich bedeuten, auch moderne Autoren vergleichen Totila mit Theoderich. Aber woher hast Du die Info? Bitte die Quelle nennen. Bisher habe ich diese Deutung noch nirgends gelesen. Badwila/Baduila, Totilas eigentlicher Name, bedeutet „Streiter“, „Kämpfer“ (Wolfram).

@Verräter
Crawford hat gefragt und bezeichnenderweise hat er gefragt, warum ein Forumsmitglied die Übergabe von Cumae als Verrat bezeichnet und nicht warum es bei Agathias so steht. Also klang es wohl wie Deine Meinung. Übrigens schreibt dieser „…und nannten ihn einen Verräter an seinem Geschlecht“. Damit müssen die Franken nicht unbedingt „Volksverräter“ gemeint haben, sie können es auch als Vergleich zu Aligerns Bruder Teja gesehen haben (der eine stirbt den Heldentod, der andere gibt auf und übergibt den Königsschatz an Narses). Das könnte man dann evtl. als Indiz der Familienzugehörigkeit deuten und Agathias als richtig ansehen.
Allerdings dürfte das Wort „Verrat“ aus fränkischem Mund einen etwas merkwürdigen Beigeschmack gehabt haben, nennt Prokop die Franken doch das treuloseste aller Völker.

Ob es sich lohnt über Aligerns Verhalten zu debattieren, lassen wir mal offen. Diskussionszwang habe ich hier noch nicht festgestellt, also lass das Thema dann doch einfach Deinerseits ruhen… :winke:
 
Ja die Bedeutung des Namens Totila hatte ich mal irgendwo gelesen. Kann aber die Quelle nicht mehr finden. Also allgemeiner Aufruf, vielleicht an Hyokkose, wer die Deutung mal aufgebracht hat. Badwila ist ein ganz normaler Name aus zwei Bestandteilen Bad und wila, wie auch Gunt - her usw. Es scheint neben den Amalungen eine weitere führende ostgotische Famile gegeben zu haben. Ich würde sie mal die Badwilen nennen.)) Der Bad - Bestandteil im Namen taucht öfters auf, so bei Ildebad oder Hildebad. Auch Theoderichs Heerführer Ibba hieß eigentliche Ildebad. Theudis (hieß Theudis glaub ich, bin noch auf Arbeit), der Westgotenkönig gehörte ja auch zur Familie. Aus Hildebad wurde in der Heldensage dann wohl Hildebrand (Hildebrandslied). :winke:
Ich glaube in der Übersetzung von Veh steht Verräter an seinem Volk und nicht Geschlecht. Kann ich heute Abend nochmal nachschauen. Aber dann wären wir wohl wieder bei der Übersetzungsproblematik und der Deutung von Wörtern. :nono:
Übrigens wie unterschiedlich einige Wörter gedeutet werden, sieht man auch an der Übersetzung von Johannes von Antiochia bei Coste und anderen Übersetzern (Odoakers Ermordung) Coste übersetzt, Hunwulf, Odoakers Bruder, sei in einem heiligen Hain oder so getötet worden, wohingegen die meisten anderen Übersetzer es mit Kirche übersetzen, was wohl zutreffender ist. Die eigentliche Bedeutung des Wortes lautet wohl Heiligtum. Ja Übersetzungen sind halt auch immer Auslegungen.
 
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Ich glaube in der Übersetzung von Veh steht Verräter an seinem Volk und nicht Geschlecht. Kann ich heute Abend nochmal nachschauen. Aber dann wären wir wohl wieder bei der Übersetzungsproblematik und der Deutung von Wörtern. :nono:
...Ja Übersetzungen sind halt auch immer Auslegungen.

Ich habe die Übersetzung von D. Coste. Und der hat es mit "Geschlecht" übersetzt. Ich schätze im Original steht "gens". Hat jemand Prokop in Latein? Familienrechtlich ist das im Pons mit Geschlecht, Sippe übersetzt und völkerrechtlich mit Stamm, Volk, Völkerschaft. Also mal wieder zum Aussuchen:pfeif:passen würde beides, ist Einstellungssache. Was wirklich gemeint war, können wir natürlich heute nicht mehr feststellen. Wenn es aber tatsächlich "Geschlecht, Sippe" bedeuten sollte, würde es den Familienstatus Bruder untermauern und somit wäre die Version von Agathias richtig.
 
Procop schrieb griechisch. Veh ist die neuere, vollständige und bessere Übersetzung. Ich hab mir alle Bände geholt, auch wenn es nicht gerade billig war. Aber ich bin immer noch begeistert.:winke: Agathias schrieb auch griechisch. Bei der Veh-Ausgabe steht der Originaltext neben der Übersetzung. Hiernach sagte Aligern den Franken, dass er auch alle Königsinsignien übergeben habe und ein künftiger Ostgotenkönig müsste sich mit dem puren Soldatenrock begnügen. Daraufhin nannten die Franken Aligern einen Volksverräter.
 
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Procop schrieb griechisch. Veh ist die neuere, vollständige und bessere Übersetzung. Ich hab mir alle Bände geholt, auch wenn es nicht gerade billig war. Aber ich bin immer noch begeistert.:winke: Agathias schrieb auch griechisch. Bei der Veh-Ausgabe steht der Originaltext neben der Übersetzung. Hiernach sagte Aligern den Franken, dass er auch alle Königsinsignien übergeben habe und ein künftiger Ostgotenkönig müsste sich mit dem puren Soldatenrock begnügen. Daraufhin nannten die Franken Aligern einen Volksverräter.

Du hast natürlich Recht mit Griechisch. Irgendwie war ich noch auf der "Cassiodor-Schiene". Ich habe die Anekdota in der Griechisch-/Deutsch-Form. Allerdings kann ich mit Griechisch nichts anfangen. Aber die Übersetzung von Coste unterscheidet sich von der von Veh wahrscheinlich nur in dem Wort, das hier mit "Volksverräter" und dort mit "Verräter an seinem Geschlecht" übersetzt wird. Dass die Franken sich vergeblich anstrengen würden, während die Römer den ganzen Schatz und die Abzeichen der gotischen Königsherrschaft selbst in Händen hätten und ein neuer Gotenkönig nicht mehr die ehrenden Abzeichen seiner Würde führen, sondern sich mit einem einfache Soldatenkleid und dem Aussehen eines gewöhnlichen Mannes begnügen müsse, ist identisch.

In meinem Buch sind auch Prokop, Agathias, Anonymus Valesianus und Johannes von Antiochia zusammen aufgeführt. Letzter ist in Bezug auf die Örtlichkeit der Ermordung von Odoakers Bruder übrigens mit "Fichtenhain" (>...auf der Flucht im Fichtenhain durch Pfeilschüsse den Tod.<) übersetzt.
 
Ja genau Fichtenhain, was aber unrichtig übersetzt ist. Ich hab mich da an nen Fachmann gewandt und das Wort übersetzt lautet Heiligtum und bezeichnet wohl eher eine Kirche, was auch in allen anderen Geschichtsbüchern so angegeben wird. Hunwulf hatte sich also nicht in einen Fichtenhain, sondern in eine Kirche geflüchtet, wohl wegen des Kirchenasyls. Erscheint mir auch logischer.
 
Ich muß jetzt auch noch meinen Senf dazu geben, da ich mich gerade mit der Ethnogenese der Bajuwaren beschäftige.

Zu diesem Zeitpunkt dürften in Bayern vor allem ostgotische Truppen mit ihren Familien stationiert gewesen sein.
...
Bei Ausgrabungen konnten zahlreiche Gräber den Ostgoten zugeordnet werden.
Wie schon gesagt wurde, wurden neben den ostgotischen Gräbern auch Gräber vieler anderer Germanen gefunden. Komisch ist allerdings, falls die Ostgoten den wichtigsten Faktor der Bajuwaren ausgemacht haben, dass die Gräber, welche man den Ostgoten zuordnet, nach der Eingliederung ins Frankenreich verschwanden.
Bei einer genaueren Betrachtung der archäologischen Quellen wäre dir wohl aufgefallen, dass deine Theorie unsinnig ist.


Es hat für mich eher den Eindruck, dass die Ostgoten Geburtshilfe bei der Entstehung der Bajuwaren geleistet haben, ohne daran irgendwie selbst besonders beteiligt gewesen zu sein.
Genau so scheint es auch zu sein. Neben ein paar Foederaten aus der Cernjachov-Kultur kamen nur während der ostgotischen Herrschaft Ostgoten nach Baiern.
Aber trotzdem kann man annehmen, dass Theoderich die Bajuwaren als Ausfüller des Machtvakuums zwischen den Goten und den Thüringern sah. Auch die Herrschaft der Goten selbst spielte wohl soweit eine Rolle, dass die Bajuwaren wegen der Zugehörigkeit zu den Ostgoten im Gegensatz zu den "restlichen Alamannen" nicht als Alamannen bezeichnet wurden.
Die oft genannte Grenze am Lech ist nämlich überhaupt nicht klar. Wenn man die archäologischen Quellen betrachten, scheinen die Träger der Friedenhain-Prestovice-Kultur neben dem Einfluß der Goten und später der Langobarden der einzige fassbare Unterscheidensgrund zu sein, neben den elbgermanischen und auch alamannischen Zeugnissen.
 
Vorsicht Witege mit irgendwelchen Kraftausdrücken. Wenn ich jedesmal eine Theorie oder Meinung, der ich nicht folge, als unsinnig bezeichnen würde, wäre ich wahrscheinlich schon gesperrt worden. Ich weiß nicht, auf welche Quellen Du Dich beziehst, aber mit meinen bisherigen Recherchen decken sie sich nicht.
Im Übrigen dürfte Dir auch klar sein, dass die Archäologie hinsichtlich der ethnischen Zusammensetzung der Bevölkerung nur vage Prognosen abgeben kann, die oft vielfältig deutbar sind. Sonst würden wir hier nicht fachsimpeln, sondern hätten klare Ergebnisse. Soweit ich weiß, hat es in Bayern noch keine flächendeckenden Ausgrabungen gegeben. Aber auch bei den getätigten Ausgrabungen hatten die Archäologen oft Probleme Stücke überhaupt einem bestimmten Volk zuzuordnen, da es sich oft um Alltagsgegenstände handelte, die überall hergestellt wurden. Des Weiteren ist selbst bei einer Zuordnung nicht klar, ob sein Träger damit identisch ist. Eine Frau, die eine ostgotische Fibel getragen hat, muss keine Ostgotin gewesen sein und ein Krieger mit einem langobardischen Schwert muss kein Langobarde gewesen sein. Die Archäologen können daher meistens lediglich bestimmte Handelsbeziehungen aufzeigen. Dass nach dem Untergang des Ostgotenreiches die Stücke aus italienischen Werkstätten in Bayern weniger wurden, bedeutet noch nicht, dass auch die Bevölkerung daher verschwand. Die Ungenauigkeit der Archäologen führte im Übrigen dazu, dass Du unter den Fachbüchern fast alles finden kannst. Als die Böhmentheorie noch populär war, wurde zahlreich geschrieben, dass besonders die Stücke aus Böhmen zahlreich vertreten sind. Als die Alemannentheorie aufkam, die glaub ich vor allem von Wolfgang Hartung vertreten wurde, war Bayern voller Alemannenfundstücke. Soweit ich weiß, wird die Alemannentheorie heute jedoch kaum noch vertreten. (Hartungs Buch ist glaub ich von 1983) Es ist für mich auch unlogisch, warum die eine Alemannengruppe als Bayern bezeichnet worden sein soll.
 
Vorsicht Witege mit irgendwelchen Kraftausdrücken. Wenn ich jedesmal eine Theorie oder Meinung, der ich nicht folge, als unsinnig bezeichnen würde, wäre ich wahrscheinlich schon gesperrt worden.
"Unsinnig" ein Kraftausdruck??? Wenn man wegen so etwas hier gesperrt würde, wären wir wohl wesentlich weniger Mitglieder...

Ich weiß nicht, auf welche Quellen Du Dich beziehst, aber mit meinen bisherigen Recherchen decken sie sich nicht.
Dann nenne mir doch einmal deine bisherigen Quellen. In deinem Buch habe ich leider nicht erfahren könne, welche archäologischen Quellen für eine große Beteiligung der Ostgoten an der bajuwarischen Ethnogenese sprechen. Außerdem fand ich es merkwürdig, dass jemand über archäologische Quellen schreibt und dann nicht einmal in einem Nebensatz auf die Friedenhain-Prestovice-Kultur eingeht.

Die Turmschädel kann man nicht den Goten zuschreiben und du selbst sagst doch, dass man den Fibeln (die nicht gerade häufig vorkamen) nicht allzu sehr Beachtung schenken soll. Also gab es überhaupt einen Goten in Bayern?

Die Ungenauigkeit der Archäologen führte im Übrigen dazu, dass Du unter den Fachbüchern fast alles finden kannst.
Es geht aber doch um die jetztige Forschungsmeinung und nicht um die Forschungsgeschichte...
 
Soweit ich mich erinnere ist doch die Friedenhain-Prestovice-Kultur ziemlich schnell zur Begründung der Böhmentheorie herangezogen worden, wobei man jedoch schnell merkte, dass es sich um Ausläufer des Thüringerreiches handelte ( glaube schon im Handbuch Die Germanen von 1986 beschrieben) Soweit ich mich erinnere, spielten diese Ausläufer, welche bereits um 400 auftraten, vor allem im Norden des heutigen Bayern eine Rolle, wobei sie das ehemalige bayrische Kernland weniger tangierten. Aber ich müsste jetzt alles wieder nachrecherchieren, wozu ich jetzt leider nicht die Zeit habe.
 
Soweit ich mich erinnere ist doch die Friedenhain-Prestovice-Kultur ziemlich schnell zur Begründung der Böhmentheorie herangezogen worden, wobei man jedoch schnell merkte, dass es sich um Ausläufer des Thüringerreiches handelte ( glaube schon im Handbuch Die Germanen von 1986 beschrieben) Soweit ich mich erinnere, spielten diese Ausläufer, welche bereits um 400 auftraten, vor allem im Norden des heutigen Bayern eine Rolle, wobei sie das ehemalige bayrische Kernland weniger tangierten. Aber ich müsste jetzt alles wieder nachrecherchieren, wozu ich jetzt leider nicht die Zeit habe.

Nein, da liegst du falsch. Obwohl die Friedenhain-Prestovice-Kultur wohl aus Südböhmen stammt, bildeten diese Foederaten auch nur einen Anteil (wenn auch den namengebenden) an der Ethnogenese der Bajuwaren, welche in Bayern und nicht (wie in der Böhmentheorie) bereits in Böhmen statt fand. Bisher konnte man sie noch keinem historischen Stamm zuordnen, aber die Zugehörigkeit zum Thüringerreich wird auch nicht angenommen. Das wäre auch etwas komisch, da die Thüringer wohl mindestens erst 100 Jahre später entstanden sind. Aber wie die Hermunduren gehörte diese Kultur auch zu dem elbgermanischen Kreis.

Naja dieser "Ausläufer" tangierte eigentlich genau das Kerngebiet der Bajuwaren um Regensburg und kam in Böhmen wohl spätestens im 3. Jh. auf.

Mich würde immer noch interessieren, welche archäologischen Bücher du für deine Recherchen verwendet hast (oder sind es nur die paar Bücher in deinen Fußnoten?). Ich dachte eigentlich dass der Bajuwarenkatalog (von 1988) das Standartwerk für die Einführung in das Thema ist.
 
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Die Archäologie ist aus methodischen Gründen außerstande, die offenen Fragen zur bairischen Ethnogenese zu lösen, denn Funde lassen sich streng genommen nicht ethnisch interpretieren. Dennoch ist es gerade in den letzten Jahren gelungen, die verschiedenartigsten Kulturbeziehungen anhand der Bodenfunde nachzuweisen und auch Indizien dafür zu sammeln, welche Qualität diese Kontakte hatten. Von besonderer Bedeutung sind naturgemäß die spätantike romanische Basis und der enge Zusammenhang mit der alamannischen (westlich-merowingischen) Kultur, welche für Baiern bis in die Spätzeit bestimmend bleibt. Ganz am Anfang der bairischen Entwicklung stehen Brandgräber des 5. Jahrhunderts nördlich der Donau zwischen Passau und Regensburg. Auffallend ist ihre Übereinstimmung mit Funden aus Westböhmen, weshalb diese Materialien unter der Bezeichnung Gruppe Friedenhain-Pr*estovice zusammengefasst werden. In den schon im 5. Jh. begonnenen großen Gräberfeldern (z.B. München-Altenerding, Straubing-Alburg) lassen sich zwei Belegungshorizonte feststellen, die mit den Langobarden und - sekundär - mit den Thüringern in Zusammenhang gebracht werden können. Der eine, datiert an das Ende des 5. und den Beginn des 6. Jahrhunderts, rührt vielleicht von Gruppen her, die aus Böhmen oder dem heutigen Niederösterreich gekommen sind. Der zweite stammt aus dem zweiten oder dritten Viertel des 6. Jahrhunderts und hat mit den pannonischen Langobarden zu tun. Vielleicht haben sich 568 Volksteile abgespalten und sind, statt König Alboin nach Italien zu folgen, nach Baiern gezogen. Seit langem werden historische Interpretationen für italische und/ oder ostgotische Funde diskutiert, die ebenfalls in den baierischen Gräberfeldern der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts auftreten. Da die Objekte in einheimischer Trachtlage aufgefunden werden, handelt es sich jedenfalls nicht um physische Zeugen italischer Präsenz nördlich der Alpen.

Mal ein Zitat aus Die Frühgeschichte Österreichs

Ich denke damit können wir beide leben. Ich denke auch der Auszug zeigt, dass hier vieles noch im Fluss ist. Welche Ethnie die Gruppe aus Böhmen oder dem heutigen Niederösterreich war, wird noch viel diskutiert und ist auch noch ziemlich unklar. Hier werden Thüringer und Langobarden vermutet.
Die Bücher kann ich Dir noch aufführen.

Den Link hatte ich schon mal gebracht 3sat.online

Die Entstehung der Thüringer ist im Übrigen ebenfalls noch unklar. Man vermutet, dass diese unter hunnischem Einfluss und unter hunnischer Herrschaft geschah. Der Zusammenhang zwischen Thüringern und Hermunduren ist auch nur eine Theorie.

Du gehst aber leider auch noch von der Theorie aus, dass Bayern die Männer aus Böhmen bedeutet, was ich nicht nachvollziehen kann. Es ist nur eine von unzähligen Theorien. Ich denke Bayern wird von Pannonien abgeleitet. So nannte Theudebert I. noch das Gebiet, kurz bevor der Bayernname erwähnt wurde.
 
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Mit Böhmentheorie meine ich nicht die alte Theorie der Fremdeinwanderung (tschuldigung) sondern die Theorie, dass Bayern Männer aus Böhmen bedeutet. Wie Du selbst schreibst,bilden die Einwanderer (auch wenn es vor Bildung der Bayern war) nur einen Anteil. Gleichzeitig wird hier jedoch diesem Anteil ein überdurchschnittlicher Einfluss beigemessen, was nur mit der Böhmentheorie zu erklären ist, die ich jedoch für falsch halte.
 
Ich denke damit können wir beide leben. Ich denke auch der Auszug zeigt, dass hier vieles noch im Fluss ist. Welche Ethnie die Gruppe aus Böhmen oder dem heutigen Niederösterreich war, wird noch viel diskutiert und ist auch noch ziemlich unklar.
Da hast du natürlich recht. Die Reihengräberfelder zeigen, dass hier kein einheitliches Volk lebte, sondern dass in den späteren Phasen auch langobardische, markomannische?(Vinarice-Gruppe), thüringische, alamannische, ostgotische usw. Formentraditionen erkennbar sind.


Den Link hatte ich schon mal gebracht 3sat.online
Hast du dazu auch einen Forschungsbericht gelesen? Aus dem Link läßt sich wirklich nicht besonders viel Information herausziehen.


Du gehst aber leider auch noch von der Theorie aus, dass Bayern die Männer aus Böhmen bedeutet, was ich nicht nachvollziehen kann. Es ist nur eine von unzähligen Theorien. Ich denke Bayern wird von Pannonien abgeleitet. So nannte Theudebert I. noch das Gebiet, kurz bevor der Bayernname erwähnt wurde.
Naja sagen wir es so, es wäre doch schon denkbar, dass der Name mit der Fr.-Pr.-Kultur nach Bayern kam, obwohl aus dem Namen früher natürlich lange Zeit falsche Theorien gefolgert wurden (wie Keltenthese oder Markomannenthese). Aber wenn diese Namensdeutung eine Theorie stützt, kann man sie doch annehmen.
Kannst du mir die Quelle zu Theudebert nennen? Dann schaue ich in der Uni mal kurz nach. Wenn du davon ausgehst, dann wären aber doch die Langobarden als wichtigster Faktor logischer als die Ostgoten.
(Möglich wäre aber auch, dass der Name über Böhmen nach Pannonien gelangte (evtl. durch die markomannischen Foederaten?).)


Gleichzeitig wird hier jedoch diesem Anteil ein überdurchschnittlicher Einfluss beigemessen, was nur mit der Böhmentheorie zu erklären ist, die ich jedoch für falsch halte.
Naja es kommt eben immer darauf an, was du für einen "überdurchschnittlichen" Einfluß hälst. Ich denke halt, dass sie neben den anderen Elbgermanen zumindest ein Grund für die Abgrenzung von den Alamannen waren (neben der ostgotischen Herrschaft), die ja auch aus vielen verschiedenen Stämmen entstanden. (Wenn du nicht die Böhmentheorie meinst, denn nenn es doch z.B. Fr.-Pr.-Theorie.)
 
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Ja die Quelle ist der Brief Theudeberts an Justinian. Ist in meinem Buch abgedruckt aber auch in Übersetzung und Original in Fritz Beisel, Theudebertus magnus rex Francorum 1993. Griechisch würde man die Leute Pannoniens wohl Paionier genannt haben, was meiner Ansicht nach dem Namen der Bayern schon sehr ähnelt.
Dass die Bayern aus verschiedenen Bevölkerungsteilen entstanden sind, ist wohl kaum bestritten. Den großen Einfluss der Ostgoten und Rugier folgere ich auch nicht aus den archäologischen Funden, sondern aus der starken Verbreitung und Überlieferung der ostgotischen und rugischen Stammes - und Heldensagen unter Bayern und Österreichern. (Die Langobardensage ist nur wenig erkennbar)
Hinsichtlich der Fr.-Pr.-Theorie meine ich, dass zuerst die Böhmentheorie da war, sprich dass sich eine der unzähligen Theorien um die Deutung des Bayernnamens durchgesetzt hat und später dann die Funde zur Begründung der Namensdeutungstheorie benutzt wurden, obwohl diese es meiner Ansicht nach nicht hergeben, sprich das Einsickern elbgermanischer Gruppen muss nicht die Bildung des Bayernnamens oder die Entstehung der Bayern ausgelöst haben. Meiner Ansicht nach ist die Entstehung mit der neuen politischen Situation nach Loslösung aus dem Ostgotenreich und Eingliederung in das Frankenreich zu erklären, wobei bei der Bevölkerung, die wahrscheinlich einfach nur nach dem Gebiet, die Pannonier genannt wurde, ein eigenes Zusammengehörigkeitsgefühl innerhalb des Frankenreiches entstand.
 
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Hinsichtlich der Fr.-Pr.-Theorie meine ich, dass zuerst die Böhmentheorie da war, sprich dass sich eine der unzähligen Theorien um die Deutung des Bayernnamens durchgesetzt hat und später dann die Funde zur Begründung der Namensdeutungstheorie benutzt wurden, obwohl diese es meiner Ansicht nach nicht hergeben, sprich das Einsickern elbgermanischer Gruppen muss nicht die Bildung des Bayernnamens oder die Entstehung der Bayern ausgelöst haben.
Möglich. Aber so weit ich die Forschungsgeschichte verstanden habe, war es eher so, dass die Morkammen in der Böhmentheorie als Hauptfaktor der Bajuwaren verstanden worden sind. Als man sich dann nicht mehr auf die Namensdeutung versteifte, kamen andere Völker ins Gespräch. Und erst danach ist man dann auf die Fr.-Pr.-kultur aufmergsam geworden, zu der die Namensdeutung dann doch passte.
Warum nur Einsickern elbgermanischer Gruppen? Wenn eines klar ist, dann doch dass Elbgermanen eindeutig den Großteil der Bevölkerung ausmachten. Zumindest das kann man durch die archäologischen Quellen beweisen.

Meiner Ansicht nach ist die Entstehung mit der neuen politischen Situation nach Loslösung aus dem Ostgotenreich und Eingliederung in das Frankenreich zu erklären, wobei bei der Bevölkerung, die wahrscheinlich einfach nur nach dem Gebiet, die Pannonier genannt wurde, ein eigenes Zusammengehörigkeitsgefühl innerhalb des Frankenreiches entstand.
Ja genau. Das ist es doch, was Tejason und ich bereits geschrieben hatten. Ohne die Ostgoten hätte es wohl keine Bajuwaren gegeben. Allerdings waren sie, wenn man den Anteil der Bevölkerung betrachtet, wohl kein besonders großer Faktor, sondern eben zuerst ein paar Söldner unter vielen und später bis die Franken kamen die Besatzungsmacht.


Ja die Quelle ist der Brief Theudeberts an Justinian. Ist in meinem Buch abgedruckt aber auch in Übersetzung und Original in Fritz Beisel, Theudebertus magnus rex Francorum 1993. Griechisch würde man die Leute Pannoniens wohl Paionier genannt haben, was meiner Ansicht nach dem Namen der Bayern schon sehr ähnelt.
Jetzt hab ich es gesehen (aber die Übersetzung hilft da wohl nicht weiter). Ob die beiden Namen wirklich das selbe bedeuten kann ich aber nicht beurteilen, da ich mich mit Lautverschiebungen usw. absolut nicht auskenne. Ist diese Theorie denn schon einmal genannt wurde bzw. hast du es von einem Sprachforscher absichern lassen?
 
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Naja ob sie einen Großteil der Bevölkerung ausmachten, ist zwar möglich, aber nicht zwingend.Eben das Problem der Archäologie. Es ist ja auch möglich, dass aus dem böhmischen Raum größere Warenbestände eingeführt wurden. Ist halt alles nicht sicher. Auch über den Bevölkerungsanteil verschiedener Völker kann man halt schwer Aussagen auf Grund der Funde treffen. Wie gesagt, sonst gäbe es keine offene Fragen diesbezüglich.
Nein wüsste nicht, dass jemand bereits die Pannonientheorie (ich nenn sie mal so) gebracht hätte. Im Griechischen bei Priscus wird es Paionien genannt. An einen Sprachforscher muss ich mich glaub ich nicht wenden. Schau Dir mal an, was die Sprachforscher alles schon bei der Deutung des Bayernnamens gedeutet haben. Von Awaren, Barbaren, Bauern, Leute vom Brenner usw.. Sprachforschung ist, auch wenn die Sprachforscher es gerne anders darstellen wollen, oftmals ein Stochern im Trüben, zumal wenn es keine weiteren Quellen hierzu gibt. Ein wirklicher Anhaltspunkt ist für mich halt nur der Brief Theudeberts. Alles andere halte ich für mehr als Spekulation. Die Deutung als Leute aus Böhmen wird nirgendwo vorher verwendet. Es gibt also keinen Grund dieser Theorie zu folgen.
 
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