Aussterbende Wörter - vergessene Wörter

Dieses Thema im Forum "Kultur- und Philosophiegeschichte" wurde erstellt von Jacobum, 21. Februar 2007.

  1. Lukrezia Borgia

    Lukrezia Borgia Moderatorin

    Mir wurde es bei einer Stadtführung durch Magedburg erzählt. ;)
     
  2. Brissotin

    Brissotin Aktives Mitglied

    Mir ging es nur darum, dass wir vom Magdeburgisieren über der Coventrisieren, hin zum Hamburgisieren kamen, wovon Du dann wieder zum Magdeburgisieren gelangt bist, was ich eine dolle Leistung finde. ;)

    Mir scheint generell für solche Vergleiche immer ein Städtename solange im Gebrauch, bis die Erinnerung durch ein noch schlimmeres oder eben zeitlich näheres regionales Ereignis ausgelöscht wird.

    Das mit dem Magdeburgisieren hatte ich, soweit ich mich entsinnen kann, zuerst aus einer modernen Chronik der Weltgeschichte aus den 1990ern. Wenn man sich näher mit der Zeit beschäftigt, taucht es aber immer wieder auf.

    Ganz spannend finde ich manchmal den Wandel in der Wahrnehmung, was mir besonders bei der Tötung eines großen Teils der Bevölkerung von Lyon aufgefallen ist. In dem Liederbuch "Ca ira", das ich dummerweise vor Jahren an einen völlig unzuverlässigen Typ verliehen habe :motz:, stand ein Chanson auf die Eroberung und Umbenennung von Lyon. Darin wurde mit dem Massaker an den Bewohnern durch Collot d'Herbois und Fouché ganz im Sinne einer Ironie umgegangen, welche die Opfer verhöhnte. Nach dem Thermidor wurde das ganze umgedreht wie aus der zusätzlichen Strophe im sehr beliebten Lied (Chant) "Le Réveil du peuple" hervor geht.
    <DL><DD>
    <DD>*</DD></DL>
    * Nach: Le Réveil du peuple (chant) - Wikipédia)
     
  3. Ilan

    Ilan Aktives Mitglied

    Auf jeden Fall ist dabei große Skepsis angebracht. Das OED hat keinen entsprechenden Eintrag, es finden sich mit Google Bücher keine authentischen Quellen für den Begriff und der spärlichen Zahl an Literatur, die ihn benutzt, fehlt stets ein Nachweis. Ich denke man soweit getrost davon ausgehen, dass hamburgisation im Englischen nie eine größere Verbreitung erfahren hat. Vielleicht war es tatsächlich interner RAF-Sprachgebrauch, oder wurde sporadisch von der Presse aufgenommen. Das wäre aber trotzdem erst einmal zu belegen.

    Das könnte auch ein Fall wie Grande Nation sein.
     
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  4. Jacobum

    Jacobum Neues Mitglied


    Ich denke schon.

    Den Begriff habe ich noch nie zuvor gehört, obwohl ich in Sachen 2. WK so einiges gelesen und angeschaut habe. Da unterstreiche ich die Meinung Ilans.

    Ich denke, im heutigen englischsprachigen Raum - vor allem in den USA - würde man bei dem Ausdruck "hamburgization" eher an McDonalds oder Burger King denken...
     
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  5. silesia

    silesia Moderator Mitarbeiter

    Dito.

    Sowohl der Wiki-Hinweis als auch der gute Friedrich geben keine Hinweise auf Quellen.

    Wenn man etwas recherchiert, werden Hinweise auf die britische Presse gegeben, sowie abgeworfene Propaganda-Flugblätter, ua. verwendete wohl auch Goebbels den Begriff "hamburgisieren" für die Bombardierungen im Rahmen der Luftschlachten um Berlin im Tagebuch (ich würde mich nicht wundern, wenn Friedrich den Begriff hierher hat).

    In den Bomber Command-Quellen ist mir der Begriff bislang nicht begegnet. Will aber nichts heißen, vielleicht kennt ja jemand eine Quelle.
     
  6. Repo

    Repo Neues Mitglied


    Es ist halt immer die Frage, was aus dem täglichen "B...-Zeitungs" geschriebesel ins Langzeitgedächtnis geht, und was nicht.

    Ich denke mal das "Kuzen" hat die Olympiade 56 auch keine 4 Wochen überstanden.
     
  7. balticbirdy

    balticbirdy Ehemaliges Mitglied

    Kennst du den Begriff "Goebbels Geige"? = Volksempfänger.
     
  8. Repo

    Repo Neues Mitglied

    Zu des Gröfazen Zeit gab es noch ein paar "kreative" Wortschöpfungen, die vermutlich zu keiner Zeit auch nur eine Sau interessiert haben.

    Fällt mir gerade so ein:
    Der geschlossene PKW, weltweit unter Limousine bekannt, hätte "Innenlenker" heißen sollen.
    Und für die km/h umgangssprachlich "Stundenkilometer" (natürlich falsch, Kilometer pro Stunde wäre richtig) wollte man Großdeutsch den "Benz" einführen.

    Edit: Dafür werdet Ihr vermutlich im Netz auch keinen Nachweis finden, aber ich kann im Zweifel welche beibringen.
     
  9. Repo

    Repo Neues Mitglied

    Nur aus der Literatur.

    Ist eigentlich der "Gröfaz" für die verhängnisvollen 12 Jahre verbürgt, oder kam der erst hinterher auf?
     
  10. Lukrezia Borgia

    Lukrezia Borgia Moderatorin

    Das kommt davon, wenn man ein wenig im Stress ist und immer nur kurz ins Forum schaut, um ein paar Tierköpfe aneinanderzustapeln. ;)
     
  11. tela

    tela Aktives Mitglied

    wiki kann helfen:

    Gröfaz ? Wikipedia
     
  12. Jacobum

    Jacobum Neues Mitglied

    In früheren Zeit war die Bezeichnung Tauftod oder Tauftot für den Taufpaten weit verbreitet, das steht auch oft in alten Kirchenbüchern.
     
  13. megatrend

    megatrend Aktives Mitglied

    Interessant!

    Lässt mich an folgendes denken:

    - Vater
    - Pater
    - Tati

    Tati bedeutet auf keltisch Vater, oder umgangssprachlich: Vati. Hier in der Schweiz ist die Bezeichnung Götti (männlich), resp. Gotte (weiblich) für Taufpate resp. Taufpatin üblich.
     
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  14. Saint-Simone

    Saint-Simone Aktives Mitglied


    Ich hab' mal ein wenig auf britischer Seite herumgeschaut und auch nur vage Hinweise gefunden, daß es sich um einen Begriff handeln sollte, der beim Bomber Command benutzt wurde. Als ich es mit der amerikanischen Schreibweise (BE: Hamburgisation, AE: Hamburgization) versucht habe, kam ebensowenig, also in erster Linie deutsche Hinweise, daß der Begriff im angelsächsischen Raum benutzt werde und eine aus dem deutschen übersetzte Quelle von 1943: Unexpected Consequences (Das gesuchte Wort befindet sich im vierten Absatz nach der Überschrift, mit einem farbig gekennzeichneten Hinweis auf die Bedeutung).

    Kann es vielleicht sein, daß der Begriff eher in Deutschland benutzt wurde, im Zusammenhang mit "coventrisieren", und das vielleicht davon ausgegangen wurde, daß "hamburgisieren" auf der Gegenseite ähnlich verwendet wurde? Oder doch eher, daß es sich dabei wie @ Repo gemutmaßt hat, um ein kurzes Modewort handelte? :confused:


    Nachtrag: Da es sich dabei um eine Übersetzung aus dem deutschen handelt, und es nur um ein Wort geht, bitte ich um Verständnis dafür, daß ich nicht die Quelle zusammenfasse und übersetze. Die Originalquelle (die mir nicht vorliegt) ist anscheinend: Hans Schwarz van Berk, “Die ungeahnten Folgen” Das Reich, 2 July 1943, p. 4.
     
    Zuletzt bearbeitet: 26. Mai 2011
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  15. Repo

    Repo Neues Mitglied


    Von wegen keinen Nachweis.





    Wiki weiß inzwischen vieles.
    Wobei die "traditionelle" Einheit ist natürlich Unsinn.
     
  16. Repo

    Repo Neues Mitglied

    Der "Spurius" in den Kirchenbüchern abgekürzt "spur." hat mich Nichtlateiner einst vergeblich Gehirnschmalz gekostet.
    Bis mich ein freundlicher Pfarrer (ich war 16 oder 17) anhand des Kirchenbucheintrags
    "wegen frühem Beischlafs wurde ihr Spiel, Kranz und Schleier verweigert"
    informierte.
     
  17. Jacobum

    Jacobum Neues Mitglied


    Ich kenne den Ausdruck als Bezeichnung für ein uneheliches Kind.

    Die Paare, die schon vor der Hochzeit was miteinander hatten (jaja, so was gab es tatsächlich!), nannte man in den Kirchenbüchern zuweilen Fornikanten (oder Fornicanten).
     
  18. Martas

    Martas Aktives Mitglied

    Und jetzt etwas aus dem Alltag. Ist euch auch aufgefallen, dass das wunderschöne Wort "Unfug" immer weiter an Boden verliert? :weinen:
    Das ist doch so ein schönes Wort.
     
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  19. Reinecke

    Reinecke Aktives Mitglied

    Und das, wo es so mannigfaltige Möglichkeiten gäbe, es sinnvoll und akkurat zu verwenden, wenn man sich in der Welt so umschaut... ;)
     
  20. Repo

    Repo Neues Mitglied

    Das ist schon klar. (seit der Vorlesung)

    Der (lutherische) Pfarrer nahm diesen Kirchenbucheintrag (meine Ahnenforschung betreffend:rotwerd:) als Anlass mir eine Vorlesung über Kirchenstrafen "Narrenhäusle" usw. usf., überhaupt das Sexualleben in Dorf und Stadt im 18. Jahrhundert zu halten. Insbesondere die "saftigen" Details bereiteten ihm offensichtliches Vergnügen.
    Ich habe damals sehr von dieser "Vorlesung" profitiert.:fs:
     
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