Aussterbende Wörter - vergessene Wörter

Heine,das ist wohl eher regional bedingt- bei uns geht man nach wie vor auf´s Rathaus , auf die Post ,auf die Bahn ,aber in die Kirche.
Bei der Schule gibt es zwei Varianten .
Ist die Schule im eigenen Ort und eine Volksschule,geht man in die Schule-
Ist es eine weiterführende Schule geht man auf die Realschule bzw. das Gymnasium, ebenso wenn es sich um eine auswärtige Schule handelt, dann geht man nach Worms auf die Schule.

Dem möchte ich zustimmen, solche Verwendung von "auf" kannte ich gar nicht, bevor ich in die norddeutsche Tiefebene migrierte. Hier ist/war man "auf Arbeit", ich habe das immer für ein Dialektüberbleibsel gehalten. Sowas stirbt allerdings auch aus, aktuell höre ich es kaum noch.

Und sowas wie in http://www.geschichtsforum.de/574834-post1.html 1. Zeile am Ende ist zumindest bedroht, dabei klingt es so schön.
 
Und sowas wie in http://www.geschichtsforum.de/574834-post1.html 1. Zeile am Ende ist zumindest bedroht, dabei klingt es so schön.

Stimmt @rena, es klingt wirklich schön :)

Erst letzte Woche hatte mein Sohn eine Deutschaufgabe, die darin bestand, eine Erzählung von Baron von Münchhausen auf "altertümliche" Redewendungen und Ausdrücke hin zu untersuchen und anschließend in "modernes" Deutsch zu übersetzen. Interessant fand ich, dass es unerwartet viele Ausdrücke und Floskeln gab, die er (aber auch seine Klassenkameraden) schlichtweg nicht verstand, obwohl ihm Inhalt und Ablauf der Erzählung durchaus klar waren.

Dabei waren auch so schöne alte Wörter wie "darob", "wohlan" und "hernach" darunter.
 
in einem Roman, der zur Zeit des 30 jährigen Krieges spielt, kommt der Begriff "Magdeburgisierung" - was die völlige Zerstörung der Stadt und ihrer Bewohner beschreibt - vor.

Ist dieser Begriff heut noch bekannt/üblich?
 
in einem Roman, der zur Zeit des 30 jährigen Krieges spielt, kommt der Begriff "Magdeburgisierung" - was die völlige Zerstörung der Stadt und ihrer Bewohner beschreibt - vor.

Ist dieser Begriff heut noch bekannt/üblich?


Wüsste nicht.

Bei den Briten gab es zumindest in den 40/50ern das deutsche Wort "Blitzen" mit der selben Aussage.
Abgeleitet aus dem Propagandawort "Blitzkrieg" und bezogen auf die dt. Bombenangriffe auf britische Städte.
 
Wüsste nicht.

Bei den Briten gab es zumindest in den 40/50ern das deutsche Wort "Blitzen" mit der selben Aussage.
Abgeleitet aus dem Propagandawort "Blitzkrieg" und bezogen auf die dt. Bombenangriffe auf britische Städte.

Das wird noch immer verwendet, und genauso wie du's beschrieben hast. Grad' erst letztens mal wieder gehört. "Magdeburgisieren" hingegen war mir auch kein Begriff außerhalb der einschlägigen Literatur. Jedenfalls habe ich es noch nie jemanden verwenden gehört.
 
in einem Roman, der zur Zeit des 30 jährigen Krieges spielt, kommt der Begriff "Magdeburgisierung" - was die völlige Zerstörung der Stadt und ihrer Bewohner beschreibt - vor.

Ist dieser Begriff heut noch bekannt/üblich?


Der Begriff "Magdeburgisieren" ist heute nicht mehr üblich, aber mir ist er zumindest noch aus einer TV-Dokumentation über den 30-jährigen Krieg bekannt. Um die Zerstörung der Stadt Magdeburg zu betonen, wurde extra erwähnt, daß der Begriff "Magdeburgisierung" in die deutsche Sprache einging. Interessant wäre, wie lange sich dieser denn gehalten hat. Weiß da jemand genauerers?

Hier noch zur Zerstörung: Magdeburger Hochzeit ? Wikipedia


Wüsste nicht.

Bei den Briten gab es zumindest in den 40/50ern das deutsche Wort "Blitzen" mit der selben Aussage.
Abgeleitet aus dem Propagandawort "Blitzkrieg" und bezogen auf die dt. Bombenangriffe auf britische Städte.

Nach den Angriffen auf das britische Coventry wurde auf deutscher Seite wohl auch der Begriff "Coventrisieren" in gleicher Bedeutung wie "Magdeburgisieren" geschaffen (und benutzt?). Aber auch dieser Begriff schien in der Sprache nicht weiter überlebt zu haben.

Im Englischen sind sowohl "to blitz" als auch "Blitzkrieg" als Germanismen eingegangen. Beide beziehen sich auf die Luftangriffe der deutschen Luftwaffe (auch ein Germanismus im Englischen) während des 2. WK, sind aber mittlerweile davon abgelöst auch allgemein für Luftangriffe im Gebrauch. Als ich Mitte der 90er Jahre auf einer englischen Boulevardzeitung den Begriff "Blitzkrieg" im Zusammenhang mit dem NATO-Einsatz in Ex-Jugoslawien las, dachte ich erst, der Krieg wäre schnell beendet worden, aber beim Lesen stellte ich fest, daß Begriffsinhalt die Luftangriffe von NATO-Flugzeugen gewesen sind.
 
Interessant, dass der "Blitz" immer noch üblich ist.

"Kuzen", mit der selben Bedeutung, dagegen wird vermutlich längst wieder verschwunden sein.

Kuz hieß ein russischer Langstreckenläufer, der bei der Olympiade 1956 seine Gegner mit fürchterlichen Zwischenspurts "total zerstörte".
Später hieß es dann, er wäre gedopt bis in die Zehnnägel gewesen.
 
Bei den Briten gab es zumindest in den 40/50ern das deutsche Wort "Blitzen" mit der selben Aussage.
Abgeleitet aus dem Propagandawort "Blitzkrieg" und bezogen auf die dt. Bombenangriffe auf britische Städte.

Das Wort "blitzen" bzw "to blitz" gibts im amerikanischen Englischen heute noch, abgeleitet vom deutschen Blitzkrieg. Es bezeichnet u.a. eine plötzliche Aktion im Football, bei der der Ballführer angegriffen wird.


In American football or Canadian football, a blitz or red dog is when players on or behind the line of scrimmage during a play, are sent across the scrimmage line to the offensive side to try to tackle the quarterback or disrupt his pass attempt. The name of the play is taken from Blitzkrieg, the German strategy of "Lightning War" during World War II, and like the Blitzkrieg, is a concentration of force at high speed to break through to the opposition line, and proceed without regard to the flanks.
http://en.wikipedia.org/wiki/Blitz_(American_football)

P.S.: Auch wenn ich den Begriff vom blood bowl her kenne...
 
Interessant, dass der "Blitz" immer noch üblich ist.

"Kuzen", mit der selben Bedeutung, dagegen wird vermutlich längst wieder verschwunden sein.

Kuz hieß ein russischer Langstreckenläufer, der bei der Olympiade 1956 seine Gegner mit fürchterlichen Zwischenspurts "total zerstörte".
Später hieß es dann, er wäre gedopt bis in die Zehnnägel gewesen.
Das ist einen eigenen Thread wert. Wenn ich im ZDF Christin Otto sehe...
"Ich hab nie gedopt" (Bitte im Bass aussprechen).
 
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alte Jungfern: früher, als ich noch jung war, gab es das in unserem Dorf. Heute wüsste ich niemanden mehr, die auf diese Bezeichnung zutreffen würde. Irgendwie scheinen die alte Jungfern nicht mehr zeitgemäss zu sein.
Also ich kenne den Ausdruck auch heute noch und er scheint mir keineswegs abgelegt. Aber ich habe eh den Eindruck, dass die Wahrnehmung des Aussterbens bestimmter Wörter auch sehr regional gebunden ist. Im hiesigen Dialekt wird auch noch viel von "Wiebern" (Weibern) und so weiter keinesfalls abfällig, sondern eher halb ironisch, also scherzhaft gesprochen.
Ob etwas zeitgemäß oder politisch korrekt ist, interessiert den Volksmund seit jeher weniger. Schlimmer bzw. bissiger als die antiquiert wirkenden Bezeichnungen für Frauen finde ich eigentlich Übertragungen von "neuen" Wörtern wie "Verfallsdatum" oder "Ladenhüter". Ganz schlimm fand ich mal, als ich hörte, dass eine gewisse Dame in der Familie als Ladenhüter gilt, was hieß, dass sie mit Mitte Dreißig noch nicht verheiratet war.:still:

Gewisse Wörter sterben freilich aus, wie die Aussteuer, weil die Anwendung obsolet geworden ist. Wenn keine Aussteuer mehr gestellt wird, warum soll man dann noch das Wort verwenden? Regional gibt es auch noch sowas wie den Hochzeitsbitter, auch wenn er mir selbst noch nicht vorgekommen ist. Ich hatte mich jedenfalls mal gefreut, dass es die Tradition in bestimmten ländlichen Gegenden offenbar noch gibt und eine entfernte Bekannte auch einen Hochzeitsbitter herum schickte.
 
Regional gibt es auch noch sowas wie den Hochzeitsbitter, auch wenn er mir selbst noch nicht vorgekommen ist. Ich hatte mich jedenfalls mal gefreut, dass es die Tradition in bestimmten ländlichen Gegenden offenbar noch gibt und eine entfernte Bekannte auch einen Hochzeitsbitter herum schickte.

in vielen bayerischen Gegenden ist der Hochzeitslader immer noch fester Bestandteil der Hochzeiten. Da fällt es eher aus dem Rahmen, wenn kein solcher vorhanden ist.
 
in vielen bayerischen Gegenden ist der Hochzeitslader immer noch fester Bestandteil der Hochzeiten. Da fällt es eher aus dem Rahmen, wenn kein solcher vorhanden ist.


Das stimmt. Wobei es bis vor ein paar Jahrzehnten professionelle Heiratslader gab, die für mehrere Dörfer zuständig waren und die man beauftragen konnte. Wie so jemand aussieht, habe ich unten angehängt. Heutzutage übernehmen das meistens enge Freunde oder Schwestern. ;) Als meine Schwester vor 2 Jahren traditionell heiratete, musste natürlich auch dieser Brauch gepflegt werden.

Falls jemanden interessiert, wie so ein Sprüchlein aussieht, voilà:

Ja Griaß eich God, mit voller Freid,
kim i zum ofrong um oan Dog im Summer Zeit.
D'XXX und da XXX dann zum kirchlichen Festl lon,
damits ned miassn in da Höll drin bron.
Am Katreinmarkt hams ned nur beim Honigwein gschwitzt,
is hod so, wenn ma neban Herrn Pfarrer sitzt.
Am 20. Juni um drei namedog waar's so weit,
do lass mas lem de zwoa und des gscheid.
Treffa dan mir uns in XXX am Anger,
wo mir's nach am kloan Umtrunk in da Kircha empfanga!
Af Nacht duad a saubane Blosmusi aufspuin,
do kim ma na volkstanzn und uns mit bayerische Schmankerl fuin!
Richts scho moi her eier saubas Gwand,
wia se des ghört traditionell im Bayernland.
De Gaudi könnts eich aus Neugier schon ned lassn nehma,
die Brautleid gfrein se narrisch auf eier kema!



Wer das nicht versteht, ist in der falschen Region geboren. :D Doch auch die Gäste, die nicht der bayerischen Sprache mächtig waren und per DVD (jaja, die Zeiten ändern sich...) benachrichtigt wurden, haben den Weg zur Hochzeit gefunden. Ein schöner Brauch, denkt man an die heutzutage meist unpersönlich verschickten Einladungskarten.
 

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Gewisse Wörter sterben freilich aus, wie die Aussteuer, weil die Anwendung obsolet geworden ist.

Das ist so ähnlich, wie mit dem "Dodabrief". Das waren Briefe, meist sehr aufwändig gestaltet, die von Konfirmanden an ihre Paten (Doda, Dotte, Gette, Gotte, etc. - je nach Region) als Dank für die Patenschaft geschrieben wurden. Mit Aussterben der Tradition stirbt natürlich auch der Begriff dafür.

Mal ein Beispiel für so einen Dodabrief:



[Quelle: Schwarzwälder Bote, Redaktion Oberndorf, Ausgabe vom 1.4.11) - und nein, es war KEIN Aprilscherz! :winke:
 

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Das stimmt. Wobei es bis vor ein paar Jahrzehnten professionelle Heiratslader gab, die für mehrere Dörfer zuständig waren und die man beauftragen konnte. Wie so jemand aussieht, habe ich unten angehängt. Heutzutage übernehmen das meistens enge Freunde oder Schwestern. ;)
Wobei ich mich gerade frage, ob das mit den Freunden und Verwandten nicht sogar traditioneller, sprich älter, als der "professionelle" Hochzeitslader/-bitter ist. Ich hatte darüber vor Jahren mal im "Frauenzimmerlexikon" von 1715 gelesen.
Heute ist es laut einer Bekannten aus Norddeutschland (Gegend von Lippe oder so) noch so, dass ein Bekannter mit einem Fahrrad rumgurkt. Ein bisschen gefährlich ist das natürlich von daher, weil es usus ist, dass die Besuchten dann den Bitter mit allerhand vollstopfen und natürlich auch abfüllen, weshalb er nach ein paar Zustellungen von Einladungen schon ziemlich voll ist, oder traditionell sein muss, und daher seit Alters her immer mal wieder im Straßengraben landet.:D
Das ist so ähnlich, wie mit dem "Dodabrief". Das waren Briefe, meist sehr aufwändig gestaltet, die von Konfirmanden an ihre Paten (Doda, Dotte, Gette, Gotte, etc. - je nach Region) als Dank für die Patenschaft geschrieben wurden. Mit Aussterben der Tradition stirbt natürlich auch der Begriff dafür.
Kenne ich auch aus dem Elsässer Museum in Straßburg, das wir ja beim letzten Forumstreffen sehen konnten. Da waren auch ganz alte aus dem späten 18.Jh. ausgestellt.:)
 
Wobei ich mich gerade frage, ob das mit den Freunden und Verwandten nicht sogar traditioneller, sprich älter, als der "professionelle" Hochzeitslader/-bitter ist. Ich hatte darüber vor Jahren mal im "Frauenzimmerlexikon" von 1715 gelesen.
Heute ist es laut einer Bekannten aus Norddeutschland (Gegend von Lippe oder so) noch so, dass ein Bekannter mit einem Fahrrad rumgurkt. Ein bisschen gefährlich ist das natürlich von daher, weil es usus ist, dass die Besuchten dann den Bitter mit allerhand vollstopfen und natürlich auch abfüllen, weshalb er nach ein paar Zustellungen von Einladungen schon ziemlich voll ist, oder traditionell sein muss, und daher seit Alters her immer mal wieder im Straßengraben landet.

Wie das in noch früheren Zeiten war, weiß ich nicht. Das ist aber durchaus vorstellbar.
Und was die Schnapserl betrifft: Man muss das Abklappern dann halt auf ein paar Tage verteilen, sonst wird es für einen Tag zu viel.
 
Wüsste nicht.

Bei den Briten gab es zumindest in den 40/50ern das deutsche Wort "Blitzen" mit der selben Aussage.
Abgeleitet aus dem Propagandawort "Blitzkrieg" und bezogen auf die dt. Bombenangriffe auf britische Städte.


Wohl von Goebbels stammt das "Coventrieren" (im englischen auch "Coventry Blitz"): Luftangriffe auf Coventry ? Wikipedia
Coventry Blitz - Wikipedia, the free encyclopedia
Coventrieren ? Wikipedia

Interessant am letzten Link ist der Verweis auf das sog. "Hamburgisieren", das "im Sprachgebrauch des Britischen Bomber Command die vollständige oder großflächige Zerstörung eines militärischen oder nichtmilitärischen Zieles in einem Feuersturm" bedeuten solle. Allerdings finde ich bei einer englischsprachigen Suche kaum Links, die den Begriff tatsächlich verwenden.

Hamburgisierung ? Wikipedia

Liegt die deutsche Wiki falsch?
 
Interessant am letzten Link ist der Verweis auf das sog. "Hamburgisieren", das "im Sprachgebrauch des Britischen Bomber Command die vollständige oder großflächige Zerstörung eines militärischen oder nichtmilitärischen Zieles in einem Feuersturm" bedeuten solle.

Etwas ähnliches gab es auch nach der Zerstörung Magedeburgs durch die Truppen von Tilly im 30jährigen Krieg.


Nach der Zerstörung Magdeburgs war lange Zeit der Begriff „magdeburgisieren“ als Synonym für „völlig zerstören, auslöschen“[3] oder als Sinnbild für „größtmöglichen Schrecken“ in die deutsche Sprache eingegangen.
Magdeburger Hochzeit ? Wikipedia
 
Etwas ähnliches gab es auch nach der Zerstörung Magedeburgs durch die Truppen von Tilly im 30jährigen Krieg.



Magdeburger Hochzeit ? Wikipedia

zu Magdeburgisierung:
Der Dreiigjhrige Krieg - Die Verrohung des Menschen

Blitzkrieg ist mir auch geläufig. Dieser Begriff wurde ja sogar in die Musik und auch in PC-Spiele aufgenommen. (auch im 1. Golfkrieg wurde der Begriff verwendet.)
Darauf ist man aber doch durch beetle auch erst gekommen. :winke:

Für das Hinrichten gab es auch mal das Wort "capetiser" während der französischen Revolution. Auch da wurden Städtenamen wie der von Lyon zu geflügelten Wörtern für die Zerstörung von Städten.
 
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