hallo zusammen!
auch ich war nun schon ne lange zeit nicht mehr in diesem forum. dies aus mehreren gründen, die in diesem diskussionsstrang trefflich veranschaulicht werden.
zuerst möchte ich mich mal der kritik von rabenhof (?) von seite sieben anschliessen. die art und weise wie hier mit anderen ansichten umgegangen wird gefällt mir auch nicht. wobei ich fairerweise dazusagen muss, dass dieses forum nicht das einzige ist, bei dem man schnell mal mit brauner sosse übergossen wird, sobald man als österreicher seine verbundenheit mit deutscher kultur und sprache zum ausdruck bringt. umso bedauerlicher, wenn man selber eigentlich der "linken" reichshälfte angehört.
ich erspare mir jetzt an dieser stelle all jene sozialdemokratischen und konservativen politiker zu zitieren, die sich bis ende des zweiten weltkrieges als begeisterte deutsche feierten. das gleiche gilt für die kulturschaffenden, die sich selbstverständlich immer als deutsche verstanden haben.
den ehrlichsten umgang mit dem "deutschen erbe" pflegte noch friedrich adler (austromarxist jüdischer herkunft, chefredakteur der soz.dem. "arbeiterzeitung", sekretär der sozdem. internationale), der sich nach 45 enttäuscht von der sozdem. in österreich abwandte. seiner meinung nach verhielt sich österreich (und gerade auch die sozdem politiker, die bis dahin die fanatischten grossdeutschen waren) einfach schäbig. sinngemäss meinte er zur österreichischen lebenslüge vom "ersten opfer des deutschen faschismus", dass diese einer moralischen bankrotterklärung für die politischen akteure gleichkam.
zur hier angesprochenen anschlussfrage vorarlbergs an die schweiz ...
ja die schweiz hat dieses gesuch vorarlbergs abgelehnt. aus zwei gründen. um das ethnische innerschweizer gleichgewicht nicht durcheinander zu bringen und weil von der regierung in wien massiv druck auf die schweiz ausgeübt worden ist, dieses ansuchen negativ zu bewerten. von der österreichischen regierung wurde klargestellt, dass ein positiver bescheid als feindlicher akt gewertet werden würde.
mir ist bewusst, dass die vorarlberger deshalb in österreich gerne als besonders drollig angesehen werden. nur um die realitäten zurecht zu rücken .. im jahre 1920 fanden in tirol und salzburg volksabstimmungen über den anschluss an deutschland statt. diese wurden mit einem 98%igen und 99%igen "Ja" beantwortet. entsprechende volksabstimmungen in oberösterreich, der steiermark und kärnten wurden daraufhin von den siegermächten des WW1 verboten - entgegen dem, von ihnen postulierten, selbstbestimmungsrecht der völker.
und allen verfechtern des opfermythos von 1938. ende des ersten weltkrieges war deutschland politisch und wirtschaftlich am boden. dennoch gingen die volksabstimmungen mit fast 100% für einen anschluss aus. warum soll das 1938, als nazideutschland das bankrotte, von allen gehasste, klerikalfaschistische regime in wien schon längst überholt hatte, anders gewesen sein. die ausgesteuerten, die am hungertuch nagenden, die sozialdemokraten, sie alle schielten nach deutschland, sie jubelten als der "arbeitermörder" dollfuss von den nazis erschossen worden ist. warum sollen sie ende der dreissiger jahre, als deutschland ein vielgepriesener vorzeigestaat war, anders entschieden haben. das bewusstsein von der abscheulichkeit des rassenwahns und des wahren ausmasses der verbrecherischen qualitäten der nazis gab es damals nicht. die "normalität" von lagern für politisch andersdenkende gab es auch in österreich und selbst antisemitische propaganda wurde sogar in der arbeiter-zeitung gepflegt. zudem haben - mit ausnahme der kommunisten - sich als 100% deutsch deklariert, in reden, in büchern, in ihren zeitschriften undplakaten. der sozialdemokratische politiker julius tandler predigte in den 20er jahren die vernichtung unwerten lebens (und inspirierte damit massgeblich hitlers euthanasie-programm), da es volkswirtschaftlich verheerend sei (nach tadler sind übrigens schulen und plätze in wien benannt). die ösis waren gegenüber faschistischer propaganda also bereits 1938 schon recht abgestumpft.
wie bereits gesagt... parteiübergreifend definierte man sich damals als "deutscher". selbst die klerikalfaschistische vaterländische front. das war bis 45 so normal, dass es jeden empört hätte, deswegen in ein nazieck gerückt zu werden.
leider passiert dies heute genau in der form. man spricht - berechtigter- und glücklicherweise - von slowenischen und kroatischen österreichern. aber wehe man erwähnt das unwort vom deutschen österreichern. da kann man sich dann gleich ne sa-uniform anlegen.
und die grossartigen pseudohistorischen diskussionen, dass es ja bei den süd- und ostösterreichern slawische und romanische einflüsse gibt... ja warum auch nicht. macht das die österreicher desegen weniger deutsch? wie schauts denn in der bundesrepublik mit keltischen, römischen, slawischen, etc.. einflüssen aus? gehört dieser vermeintliche unterschied nicht ebenso zum bundesdeutschen wie zum österreichischen erbe? die bundesdeutschen sind doch dieselber melange wie die ösis. und das ist auch gut so.
aber heute gilt man anscheinend schon als nazi - bzw. hat eine ewiggestriges geschichtsverständnis oder gehört auf den müllhaufen der geschichte, wenn man nur die offensichtliche und unbestreitbare verwandtschaft von bayern und österreichern betont.
und dann kommt man daher - ganz politisch korrekter kosmopolit - und beschwört seine scheinbare progressivität mit dem hinweis auf ein europäische bekenntnis, eine europäische identität. eine identität, die so scheinbar ein minderheitenprogramm ist, wie uns die ereignisse im heurigen jahr verdeutlichen. ganz zu schwiegen von dem überheblichen anspruch, dass gefälligst alle eine solche europäische identität zu teilen haben, ansonsten aber ins gruselkabinett der geschichte zu verschwinden haben.
mir persönlich ist es egal. ich freu mich, dass ich vom ostösterreichischen exil wieder nach vorarlberg gezogen bin. dass ich dort auf dem markt mit der verkäuferin aus mulhouse genauso im dialekt schwätze kann, wie mit dem bundesdeutschen obstbauern vom bodensee und dem deutsch-schweizer besucher. da brauchen wir keinen pass und sind uns unserer verwandtschaft sowieso bewusst. und gerade in der abgrenzung zu den restlichen österreichern wird einem dann bewusst, dass da sowas wie ein deutsches erbe bestehen muss. ganz ohne chauvinismus, ganz ohne rassenwahn, ganz ohne politische positionierung.
es ist nur schade, dass eine unverkrampfte diskussion darüber praktisch verunmöglicht wird, dass in einem geschichtsforum dann lieber über wintersportler diskutiert wird. und schade und gefährlich ist es, dass dieses thema der rechtsextremen szene überlassen wird. schade um dieses forum - das ansonsten ein erfreulich hohes niveau vorzuweisen hat - das auf dauer durch seine bemühte PC-ausrichtung eine konstruktive diskussion genauso verunmöglicht, wie bescheuerte rassisten dies auf ihren seiten tun. aber wenn hier schon csu´ler ins rechtsextreme eck geschoben werden, dann hat das mit historischem diskurs recht wenig zu tun und kann dann nur noch als einseitig politisch gewertet werden (btw. werde sicher niemals cdu, csu, fdp oder ähnliches wählen).
trotzdem mit freundlichem gruss und vielleicht konstruktiveren diskussionen in der zukunft,
tiurik
ps: ich kanns doch nicht lassen und werf abschliessend noch mit ein paar zitaten rum...
angefangen mit dem liebling aller österreicher: w.a. mozart
Am 29 Mai 1778 schrieb Mozart an seinen Vater: „Was mich aber am meisten aufrichtet und guten Mutes erhält, ist, dass ich ein ehrlicher Deutscher bin“ Vom 17 August 1782 stammt sein Brief an den Senior, in dem er von „Deutschland, meinem Vaterland“ schrieb, „worauf ich, wie Sie wissen, stolz bin“ Wolfgang Amadeus Mozart empörte sich „Wäre nur ein einziger Patriot mit am Brette – es sollte ein anderes Gesicht bekommen Doch da würde vielleicht das so schön aufkeimende Nationaltheater zur Blüte gedeihen, und das wäre ja ein ewiger Schandfleck für Deutschland, wenn wir Deutsche einmal mit Ernst anfingen, deutsch zu denken, deutsch zu handeln, deutsch zu reden oder gar deutsch zu singen“
"Okt.1946: Friedrich Adler: Österreichischer Sekretär der Sozialistischen Internationale: "Wenn die ebenso reaktionäre wie widerliche Utopie einer österreichischen Nation Wahrheit würde und ich gezwungen wäre, zwischen ihr und der deutschen Nation zu wählen, würde ich mich für jene entscheiden, in der Goethes Faust, Freiligraths revolutionäre Gedichte und die Schriften von Marx, Engels und Lassalle nicht zur ausländischen Literatur gehören."
Bundeskanzler Engelbert Dollfuß: »Wir sind so deutsch, so selbstverständlich deutsch, daß es uns überflüssig vorkommt, dies eigens zu betonen. Wir wollen die guten Charaktereigenschaften des deutschen Volkes pflegen und hüten, wir wollen die dem Deutschtum eigene Mannigfaltigkeit zur Einheit führen und wollen die Tugenden der Ehrlichkeit und der deutschen Treue in unserer Heimat pflegen.<<
Bundeskanzler Kurt v. Schuschnigg: »Jedermann weiß, daß Österreich ein deutsches Land ist, sich seines Deutschtums niemals schämte und seinen Ehrgeiz darein setzte, für die Interessen deutschen Geistes und deutscher Kultur mit in vorderster Linie zu stehen. Gerade hier in Salzburg darf man ohne jede Selbstüberheblichkeit sagen, man wird niemals den deutschen Geist und die deutsche Kultur Österreichs verdunkeln können.«
Bruno Pittermann (Vorsitzender der SPÖ 1957 bis 1967) erklärte im April 1964 bei einer Tagung sozialistischer Akademiker: "Auf die Frage, ob wir Deutsche oder Österreicher sind, wird die Mehrheit der Österreicher wie 1918 antworten: deutsche Österreicher, wie es auch slowenische, kroatische, tschechische und magyarische Österreicher, wenn auch nur als kleine Minderheiten, gibt." Bruno Kreisky (Vorsitzender 1967 bis 1983) vertrat aufgrund Herkunft und Prägung... eine nuancierte Auffassung, indem er sich auf die sowjetische Deutung eines viergeteilten Deutschland bezog (in BRD, DDR, Gebiete jenseits der Oder-Neiße‑Linie und Österreich) und von Österreich im Hinblick auf slawische Ortsnamen auf "kein rein deutsches Land" schloß.