hallo valao!
da hast du sicher recht.
wenn ich meine verwandten in südtirol besuche ist es vollkommen klar, dass sich - unabhängig von der politischen orientierung - die südtiroler als deutsche fühlen. "i bi a deitscher" ist dort ein standardspruch. witzig ist dann immer, wenn österreichische touristen, die glauben den oberlehrer raushängen zu müssen, dann meinen: "na wenn schon, dann österreicher" und dafür nur ein verständnisloses kopfschütteln als reaktion bekommen.
und da ist ja das widersinnige. die südtiroler verstehen sich eindeutig und selbstverständlich als deutsch. die nordtiroler dürfen dann nur noch "deutschsprachig" sein (obwohl gerade in der tiroler landeshymne der bezug zu deutschland eindeutig gegeben ist "Es blutete der Brüder Herz, Ganz Deutschland, ach, In Schmach und Schmerz, ..... Da rief er laut: Gott sei mit euch, Mit dem verratnen Deutschen Reich, Und mit dem Land Tirol."). ab der bayrischen grenze ist man dann natürlich wieder deutsch.
so widersinnig und hirnrissig dies ist, so ist es doch auch erklärbar.
die konstituierung der zweiten republik basiert eben auf der lebenslüge von "österreich als erstem opfer hitlerdeutschlands". dieselben leute die 1938 begeistert "ja" zum anschluss gesagt haben und die ganze zwischenkriegszeit die wiedervereinigung mit deutschland propagierten, waren 1945 in der ersten regierung.
für karl renner und die anderen staatsgründer stellte sich natürlich, wie für die mächtigen der bundesrepublik auch, die frage, wie kommt man am besten aus dem nachkriegschaos. sein gutes verhätnis mit stalin spielte da mit eine rolle. der punkt war, dass man die ganze kriegsschuld den heutigen "bundesdeutschen" in die schuhe schob, somit sich als opfer präsentierte und dem heutigen österreich eine teilung a la brd-ddr erspart blieb.
dies bedeutete in erster linie eine radikale abwendung und verneinung von allem was deutsch war und ist. und hier machte man eben fleissaufgaben. gerade karl renner, dessen leben von der nationalitätenfrage geprägt war und der IMMER deutschnational war (in der anglo-amerikanischen literatur wird er bisweilen auch als "german chauvinist" bezeichnet) betonte plötzlich die besondere "slawische" komponente österreichs. dies um gerade ein positives (um nicht zu sagen unterwürfiges) klima mit der sowjetischen besatzungsmacht zu erreichen.
mir liegt jetzt nichts ferner, als renner dafür zu verurteilen. er wollte nur die besten bedingungen für die bevölkerung erreichen. und sein umschwung vom grossdeutschen zum partikularisten kann so - wenn schon moralisch nicht zu rechtfertigen - erklärt werden.
andere, wie eben sein parteigenosse friedrich adler (sohn des sozialdemokratischen parteigründers viktor adler) wurden davon allerdings regelrecht abgestossen. für adler war es verachtenswert den bundesdeutschen allein den schwarzen peter für die verbrechen der hitlerdiktatur zuzuschieben und selbst die hände in unschuld zu waschen. er beklagte daher auch, dass trotz aller politischen und wirtschaftlichen vorteile die die abwendung gegenüber den bundesdeutschen für den neuen staat österreich bringe, diese politik mit einem nicht zu entschuldigenden moralischen verlust einhergehe.
jedenfalls wurden damit die deutschen österreicher allmählich (und besonders begünstigt durch den druck der P.C. in den 80ern und 90ern, bis in die 80er konnte die mehrheit der österreicher mit dem begriff einer österreichischen nation nichts anfangen) nur noch zu "deutschsprachigen", während es daneben natürlich selbstverständlich slowenische und kroatische österreicher gibt.
als österreichischer staatsbürger bleiben mir daher zwei alternativen:
1. ich akzeptiere den schwindel, dass österreich ein armes opfer des nazifaschismus ist und eigentlich nie etwas mit deutschland zu tun gehabt hat und zimmer mir darauf basierend eine eigenständige identität ( a la "996 -1996 1000 jahre österreich" - noch so ne lebenslüge).
2. ich akzeptiere die sprachlichen, kulturellen und historischen gemeinsamkeiten, die ich als vorarlberger mit schwaben und badener habe (mein tiroler onkel aus kufstein mit seinen bayrischen nachbarn) und betrachte mich als deutscher mit spezifisch ausgeprägtem "alemannischen" kulturellen background, der eben österreichischer staatsbürger und damit kein bürger der brd ist. so what?!
persönlich ist mir die zweite wahl lieber. ich finde sie ehrlicher als eine "wir sind doch alle europäer, aber gegen die deutschen müssen wir uns ordentlich abgrenzen"- argumentation. überall werden heute im politischen und hstorischen diskurs die europäischen gemeinsamkeiten betont. nur mit unseren nächsten verwandten in der brd dürfen wir ja nichts gemeinsam haben. das ist nämlich pfui und ganz doll faschistisch.
gruss,
tiurik
Valao schrieb:Die Österreicher sind ja nicht die einzigen außerhalb der Bundesrepublik Deutschland die Deutsch sprechen bzw. als Deutsche betrachtet werden.
Was ist mit den Menschen in der Deutsch-Schweiz, Südtirol, Elsaß-Lothringen, Eupen/Malmedy(Belgien), den verbliebenen Deutschen in Polen/Tschechien/Slowakei etc.
den Siebenbürger Sachsen in Rumänien und den Wolgadeutschen aus Rußland und Kasachstan etc.
da hast du sicher recht.
wenn ich meine verwandten in südtirol besuche ist es vollkommen klar, dass sich - unabhängig von der politischen orientierung - die südtiroler als deutsche fühlen. "i bi a deitscher" ist dort ein standardspruch. witzig ist dann immer, wenn österreichische touristen, die glauben den oberlehrer raushängen zu müssen, dann meinen: "na wenn schon, dann österreicher" und dafür nur ein verständnisloses kopfschütteln als reaktion bekommen.
und da ist ja das widersinnige. die südtiroler verstehen sich eindeutig und selbstverständlich als deutsch. die nordtiroler dürfen dann nur noch "deutschsprachig" sein (obwohl gerade in der tiroler landeshymne der bezug zu deutschland eindeutig gegeben ist "Es blutete der Brüder Herz, Ganz Deutschland, ach, In Schmach und Schmerz, ..... Da rief er laut: Gott sei mit euch, Mit dem verratnen Deutschen Reich, Und mit dem Land Tirol."). ab der bayrischen grenze ist man dann natürlich wieder deutsch.
so widersinnig und hirnrissig dies ist, so ist es doch auch erklärbar.
die konstituierung der zweiten republik basiert eben auf der lebenslüge von "österreich als erstem opfer hitlerdeutschlands". dieselben leute die 1938 begeistert "ja" zum anschluss gesagt haben und die ganze zwischenkriegszeit die wiedervereinigung mit deutschland propagierten, waren 1945 in der ersten regierung.
für karl renner und die anderen staatsgründer stellte sich natürlich, wie für die mächtigen der bundesrepublik auch, die frage, wie kommt man am besten aus dem nachkriegschaos. sein gutes verhätnis mit stalin spielte da mit eine rolle. der punkt war, dass man die ganze kriegsschuld den heutigen "bundesdeutschen" in die schuhe schob, somit sich als opfer präsentierte und dem heutigen österreich eine teilung a la brd-ddr erspart blieb.
dies bedeutete in erster linie eine radikale abwendung und verneinung von allem was deutsch war und ist. und hier machte man eben fleissaufgaben. gerade karl renner, dessen leben von der nationalitätenfrage geprägt war und der IMMER deutschnational war (in der anglo-amerikanischen literatur wird er bisweilen auch als "german chauvinist" bezeichnet) betonte plötzlich die besondere "slawische" komponente österreichs. dies um gerade ein positives (um nicht zu sagen unterwürfiges) klima mit der sowjetischen besatzungsmacht zu erreichen.
mir liegt jetzt nichts ferner, als renner dafür zu verurteilen. er wollte nur die besten bedingungen für die bevölkerung erreichen. und sein umschwung vom grossdeutschen zum partikularisten kann so - wenn schon moralisch nicht zu rechtfertigen - erklärt werden.
andere, wie eben sein parteigenosse friedrich adler (sohn des sozialdemokratischen parteigründers viktor adler) wurden davon allerdings regelrecht abgestossen. für adler war es verachtenswert den bundesdeutschen allein den schwarzen peter für die verbrechen der hitlerdiktatur zuzuschieben und selbst die hände in unschuld zu waschen. er beklagte daher auch, dass trotz aller politischen und wirtschaftlichen vorteile die die abwendung gegenüber den bundesdeutschen für den neuen staat österreich bringe, diese politik mit einem nicht zu entschuldigenden moralischen verlust einhergehe.
jedenfalls wurden damit die deutschen österreicher allmählich (und besonders begünstigt durch den druck der P.C. in den 80ern und 90ern, bis in die 80er konnte die mehrheit der österreicher mit dem begriff einer österreichischen nation nichts anfangen) nur noch zu "deutschsprachigen", während es daneben natürlich selbstverständlich slowenische und kroatische österreicher gibt.
als österreichischer staatsbürger bleiben mir daher zwei alternativen:
1. ich akzeptiere den schwindel, dass österreich ein armes opfer des nazifaschismus ist und eigentlich nie etwas mit deutschland zu tun gehabt hat und zimmer mir darauf basierend eine eigenständige identität ( a la "996 -1996 1000 jahre österreich" - noch so ne lebenslüge).
2. ich akzeptiere die sprachlichen, kulturellen und historischen gemeinsamkeiten, die ich als vorarlberger mit schwaben und badener habe (mein tiroler onkel aus kufstein mit seinen bayrischen nachbarn) und betrachte mich als deutscher mit spezifisch ausgeprägtem "alemannischen" kulturellen background, der eben österreichischer staatsbürger und damit kein bürger der brd ist. so what?!
persönlich ist mir die zweite wahl lieber. ich finde sie ehrlicher als eine "wir sind doch alle europäer, aber gegen die deutschen müssen wir uns ordentlich abgrenzen"- argumentation. überall werden heute im politischen und hstorischen diskurs die europäischen gemeinsamkeiten betont. nur mit unseren nächsten verwandten in der brd dürfen wir ja nichts gemeinsam haben. das ist nämlich pfui und ganz doll faschistisch.
gruss,
tiurik