Metternich stand den größten Teil seiner diplomatischen Laufbahn in österreichischen Diensten.
Wenn ich mich nicht irre, war Österreich damals nicht weniger ein Teil des Heiligen Römischen Reiches, bzw. später des deutschen Bundes, als es das Preußen war, dessen politische Geschicke Bismarck übernahm?
Metternich war kein Politiker der die außenpolitischen Geschicke eines deutschen Nationastaats lenkte, das ist wohl war, aber die deutsche Geschichte beginnt ja zum einen nicht mit der Reichsgründung, zum anderen war Österreich bis 1866/1867 Vormacht des deutschen Bundes und seine Außenpolitik damit auch Richtschnur für einen großen Teil der anderen deutschen Staaten, womit man Metternich mit fug und Recht als einen Politiker bezeichnen kann, der über Österreich hinaus auf Ebene des gesamten deutschsprachigen Raumes wirkte.
Ich will seine Leistungen gewiss nicht kleinreden, aber Bismarck hat etwas erschaffen. Auch wenn du es nicht hören magst; eben den Nationalstaat und er stand für das modernste Sozialsystem Europas.
Ja, Bismarck stand für das modernste Sozialsystem Europas, aber was hat das mit seinem Wirken als dezidierter Außenpolitiker zu tun?
Innenpolitisch sehe ich bei Bismarck einiges an Gestaltungswillen. Außenpolitisch weniger.
Ich will wie gesagt die Reichsgründung an und für sich nicht kleinreden, ich finde nur, dass sie in der Bewertung mitunter in unangemssener Weise andere Leistungen überstrahlt.
Das ist auf Grund der deutschen Gesichte und dem lange herbeigesehnten Nationalstaat aus dieser Perspektive heraus sehr verständlich, verlässt man allerdings diese Perspektive, bedarf diese Bewertung möglicherweise aber einer Revision.
Stresemann, ebenfalls ein bedeutender Außenpolitiker, hat die Nachkriegsrealitäten nur zum Teil anerkannt und war im Osten auf Revision aus. Auch war er in seiner politischen Laufbahn im Kaiserreich ein Hardliner.
Das Stresemann die Nachkriegsrealitäten nur zum Teil anerkannt hat ist richtig, auch das er im Kaiserreich ein Hardliner war.
Inwiefern spricht das aber gegen seine außenpolitische Leistung? Auch der von dir so hochgehandelte Reichsgründer Bismarck war mal ein monarchistischer Hardliner, der zunächst mal bereit war die Revolution und mit ihr einhergehend die Nationalbewegung mit Waffengewalt zu bekämpfen oder täusche ich mich da?
Sowohl Bismarck, als auch Stresemann haben in ihrer politischen Anfangszeit anders gehandelt, als in dem Moment, in dem sie dann wirklich in Verantwortung kamen.
Allerdings wird man zugeben müssen, dass Stresemann in der relativ kurzen Zeit seines Wirkens (verglichen mit Bismarck) sehr viel erreichte und das eigentlich aus einer desolaten Ausgangsposition heraus.
Deutschland war militärisch geschlagen, innenpolitisch instabil, teilweise besetzt, die Wirtschaft lag am Boden die Währung war vollkommen destabilisiert und Deutschland war auf der internationalen Bühne ein weitgehend isolierter Staat.
Aus dieser Position heraus für Deutschland nicht unvorteilhafte Vereinbarungen in der Reparationsfrage, die vorzeitige Beendigung der Rheinlandbesetzung, die Festschreibung der Westgrenze (und damit das Ende französischer Phantasien von Pufferstaaten im Rheinland und in der Pfalz und der Unterstützung dortiger Separatisten) zu Reichen und die wesentlichen Hindernisse für einen Beitritt Deutschlands in den Völkerbund abzuräumen war schon allerhand und das halte ich persönlich für eine größere Leistung als etwa den geschlagenen Mittelstaaten den Norddeutschen Bund und die geheimen Bündnisverträge aufzudiktieren.
Die Ungarn hätten so eine Intervention a la Beust nicht mitgetragen.
Die Ungarn steuerten insofern zu Bismarcks Politik bei, als dass die aufgeheizte Stimmung in Ungarn 1866/1867 mit ein Faktor dafür war, dass Wien schnellstmöglich Frieden schließen musste, auch um auf einen eventuellen erneuten Aufstand in Ungarn noch reagieren zu können.
Die Ungarn-Frage beeinträchtigte Österreichs außenpolitische Handlungsfähigkeit seit spätestens 1848 doch ganz massiv.
Die permanenten Querelen, die Habsburg mit diesem Teil der Monarchie für den Ausgelicht hatte, kamen der Politik Bismarcks ganz massiv entgegen, auch wenn das sicherlich nicht unbedingt das Ziel der Ungarn war.
Bismarck hat die europäischen außenpolitische Verhältnisse sehr wohl gestaltet. Beispiel Berliner Kongress.
Aber nicht in einer Art und Weise, dass dabei ein auf die Dauer tragfähiges Gesamtsystem herausgekommen wäre.
Ich will Bismarck nicht die Fähigkeit absprechen, gute Kompromisse ausverhandelt zu haben.
Aber es blieb um es in seinen eigenen Worten auszudrücken ein "System von Aushilfen"
Natürlich war es auch eine sehr dynamische Zeit, die vielen Veränderungen unterlag und in der es schwierig war, eine dauerhafte Ordnung zu begründen.
Nur wie gesagt, daran hat sich Bismarck eigentlich nie versucht. Anders als 1648, 1814/1815 oder 1918-1919 ist unter Bismarck nie versucht worden die grundsätzlichen Spielregeln der internationalen Politik auf eine neue Basis zu stellen.
Bismarck hat recht erfolgreich Interessen gegeneinander verhandelt, wenn das akkut war. Er hat aber anders als andere nie versucht eine neue Gesamtordnung herbei zu führen und auch nie an den Prinzipien der internationalen Diplomatie und auswärtigen Politik gerührt oder versucht neue dauerhafte Institutionen zur Aushandelung politischer Fragen zu schaffen.
In diesem Sinne ist es etwas ironisch, dass du Bemerkst, dass Metterich ein Politiker der Restauration gewesen sei, denn in dieser Hinsicht, war Metternich im Vergleich mit Bismarck derjenige, dier viel tiefgreifendere und nachhaltige Veränderungen mitiniziierte, während Bismarck da eher konservativ unterwegs war.