Blöde Frage - Das "us" bei römischen Namen

Erstens handelt es sich bei dem slawischen -ov/-ev/-ow/-ew/-off/-eff um Nachnamensmorpheme, weshalb schon mal Deine Gleichungen nicht stimmen:

Jakupov = Jakobus
Ivanov = Ivan(us)
Petrov = Petrus
Pavlov = Paulus
Titov = Titus
Romanov = Roman(us)
Maximov = Maximus
Antonov = Antonius
Markov = Markus

Jkow
Маrk
Pawel ... wären korrekt.

Zweitens handelt es sich im Lateinischen (Griechischen/Keltischen) um grammatische Morpheme, die Deklinationsklassen anzeigen, während es sich bei den slawischen Namensendungen eben um Namensendungen handelt.
Genauso gut könnte man den amicus als Beispiel nehmen, wo ebenfalls das -us vorkommt. Im Russischen aber wirst Du die Endung -ov, außer eben bei Nachnamen, nicht finden.
 
dt. - it. - span.
Nero - Nerone - Nerón
Scipio - Scipione - Escipión
Im Italienischen ist durch das erhaltene e am Ende noch der Akkusativ spürbar: Neronem, Scipionem

Das hat weniger mit dem Akkusativ zu tun, sondern hängt mit dem Ablativ zusammen.

Kleiner Sprachexkurs;):

Im Italienischen wird als Substantivendung für den Singular häufig der lateinische Ablativ des zugrunde liegenden Wortes verwendet. Am deutlichsten wird das bei den maskulinen Substantiven.
Beispiele: tectus --> tetto, domus --> duomo, annus --> anno
Bei Namen ist das natürlich dasselbe: Claudius --> Claudio, Cato --> Catone

Aber auch bei den Femina gibt es diese angepassten Endungen.
Beispiel: urbs --> urbe
Substantive auf -a bleiben im Bezug darauf gleich, da sie im Lateinischen Ablativ auch die gleiche Endung haben.
Beispiele: casa --> casa, domina --> donna

Die Pluralendungen beziehen sich dann wieder auf den Lateinischen Nominativ.
Beispiele: anni --> anni, casae --> case (aus -ae wird -e)

lg Cato
 
Dass die romanischen Wörter und romanisierten lateinischen Eigennamen aus dem Akkusativ gebildet werden, das habe ich vor vielen Jahren im Proseminar Romanische Sprachwissenschaft gelernt. Was ich zufälligerweise gerade heute gelesen habe ist folgendes:

"Der Akkusativ wurde im Vulgärlatein zum Universalkasus und ersetzte schließlich den Nominativ. Die Wörter des Romanischen entwickelten sich folglich gewöhnlich aus de lateinischen Akkusativformen, nur vereinzelte Wörter gehen auf Nominalformen zurück, beispielsweise sp. Dios, 'Gott' < DEUS, fr. sœur, 'Schwester' < SOROR und it. uomo, 'Mann' < HOMO. Nachdem auslautendes [-m] verschwunden und [-u] mit[-o] zusammengefallen war, gab es beim Typ vīnum, 'Wein' (Nom. = Akk.) = vinō keine Kaususunterscheidung mehr; bei Wörtern wie mōns, 'Berg' (Nom.), mŏnte (Akk. = Ablativ), die in den verschiedenen Kasus ungleich viele Silben haben, kommen nur Akkusativ und Ablativ als Etyma der romanischen Formen in Frage (Span., it. monte, fr. mont), bei těmpus, 'Zeit' (Nom. = Akk.), t[FONT=&quot]ěmpore (Abl.) dagegen nur Nominativ und Akkusativ (sp. tiempo, fr. temps, it. tèmpo)."

Aus: Kiesler, Reinhard: Einführung in die Problematik des Vulgärlateins. Tübingen 2006, S. 51.
[/FONT]
 
Zuletzt bearbeitet:
Dass die romanischen Wörter und romanisierten lateinischen Eigennamen aus dem Akkusativ gebildet werden, das habe ich vor vielen Jahren im Proseminar Romanische Sprachwissenschaft gelernt. Was ich zufälligerweise gerade heute gelesen habe ist folgendes:

"Der Akkusativ wurde im Vulgärlatein zum Universalkasus und ersetzte schließlich den Nominativ.

Danke für den Beitrag. Ich hab die Ablativ-Theorie vor einiger Zeit in einem Italienisch-Lehrbuch gefunden. Entweder scheint diese Theorie mittlerweile überholt oder es gibt zwei verschiedene. Hört sich echt interessant an.
 
Wenn ich das richtig verstehe, dann sind bis auf die genannten Ausnahmen, die Etyma der romanischen Substantive immer auf einen Akkusativ zurückzuführen, wobei manchmal von der Form her nicht mehr unterscheidbar ist, ob es sich um einen Akkusativ oder um einen Ablativ bzw. Nominativ handelt. Ich gehe allerdings davon aus, dass vulgärlateinische Zeugnisse (etwa die wörtlichen Reden in der cena Trimalchionis) einen ähnlichen Befund liefern.
 
Ich möchte nach der umfangreichen Diskussion noch etwas zu der Ausgangsfrage sagen:
Mit Prinzipat, Vergöttlichung etc. hat das sicherlich nichts zu tun, sondern eher mit der - wie ja schon mehrfach erwähnt - sprachlichen Assimilation an die eigenen Ohren und die eigene Zunge.

Wie die angeführten Personen angeredet wurden, dazu würde ich mal sagen: Es kam darauf an...
Möglicherweise kam noch nicht einmal das angesprochene -us zum Einsatz, denn Latein war eigentlich die offizielle Sprache, während sich viele gebildete Römer der Oberschicht auf Griechisch (=Altgriechisch) unterhielten, was ihnen als erste Sprache von Kindesbeinen an eingetrichtert wurde. Wenn ich mich nicht irre, dann hat beispielsweise Marcus Antonius bei den Griechen einmal eine Rede auf Griechisch gehalten und kam deshalb unglaublich gut an.
Entsprechend rangniedere Personen, werden eine ranghöhere Person, wie einen Senator oder den Kaiser mit seinem Titel angesprochen haben. Umgekehrt war das nicht der Fall, so schreibt Plinius Trajan mit seinem Titel an, Trajan Plinius aber als Plinius.
Was unter rangähnlicheren Personen üblich war, kam wohl darauf an. So dass manchmal der Vorname zum Einsatz kam, manchmal der Gentilname und dann wieder - sehr häufig - das Cognomen, Beispiel Atticus, der hieß nicht so, sondern hatte sich den Namen durch seine Vorliebe für Griechenland erworben usw. Das ist ja eigentlich auch wie heutzutage: Man kann dann beoachten, dass manche als "Florian" oder "Flori", dann wieder andere als "die Trinkl" oder dann wieder andere als "Kikki" bezeichnet werden.
Sprache ist etwas Lebendiges, das weniger Regeln folgt, als durch Regeln erklärt wird, umgekehrt wäre sonst auch keine sprachliche Entwicklung möglich, sonst würden wir heute noch alle wie zu Zeiten Luthers sprechen usw.
Ob Augustus als Auguste im Vokativ angesprochen worden wäre, bin ich mir nicht so sicher, denn es gab auch im Vokativ unveränderliche Formen.

Gruß
Amalaswintha
 
Ich möchte nach der umfangreichen Diskussion noch etwas zu der Ausgangsfrage sagen:
Mit Prinzipat, Vergöttlichung etc. hat das sicherlich nichts zu tun, sondern eher mit der - wie ja schon mehrfach erwähnt - sprachlichen Assimilation an die eigenen Ohren und die eigene Zunge.

Grüß dich,
also meine Anspielung aud die Vergöttlichung, beruht auf diesem Wiki-Artikel zu Kaiser Elegabal:
Elagabal ? Wikipedia

Dort steht: Den Namen Elagabalus hat er nicht getragen; dieser bezeichnete damals nur den von ihm verehrten Gott und wurde dem Kaiser erst lange nach seinem Tod beigelegt.

Das habe ich nach erstmaligem Durchlesen irrtümlich so verstanden, dass er "Elegabal" hieß, und nach dem Tode durch Vergöttlichung "Elegabalus".
Aber das kommt eben dabei raus, wenn er in der Artikelüberschrift Elegabal genannt wird, und im Artikel selbst Elegabalus. Diese Inkonsequenz bei der Benennung, war irgendwie zu verwirrend :)

Ein Nachsatz noch: Da das Weglassen des "us", wie von mir vermutet, nur auf dem Eindeutschen der lateinischen Originalnamen beruht, so verstehe ich nicht wirklich, warum aus Marcus, Mark wurde (z.B. Mark Aurel). Im Deutschen ist nämlich der Name Markus, und nicht Mark gebräuchlich. Ich kann mir das nur durch Übereifer der deutschen Gelehrten erklären.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ein Nachsatz noch: Da das Weglassen des "us", wie von mir vermutet, nur auf dem Eindeutschen der lateinischen Originalnamen beruht, so verstehe ich nicht wirklich, warum aus Marcus, Mark wurde (z.B. Mark Aurel). Im Deutschen ist nämlich der Name Markus, und nicht Mark gebräuchlich. Ich kann mir das nur durch Übereifer der deutschen Gelehrten erklären.

Unsinn, im Deutschen sind beide Formen gleichermaßen gebräuchlich.
 
Unsinn, im Deutschen sind beide Formen gleichermaßen gebräuchlich.

Höchstens weit nördlich des Weißwurstäquators und bei Leuten aus der Unterschicht, die ihren Kindern, des "Coolnessfaktors" wegen, vorzugsweise nicht typisch deutsch klingende Namen verpassen (und Mark klingt heute einfach mehr nach USA und Co.).
 
Möglicherweise kam noch nicht einmal das angesprochene -us zum Einsatz, denn Latein war eigentlich die offizielle Sprache, während sich viele gebildete Römer der Oberschicht auf Griechisch (=Altgriechisch) unterhielten, was ihnen als erste Sprache von Kindesbeinen an eingetrichtert wurde.

War das so? Ich möchte das zwar mangels Kenntnis nicht vollkommen in Abrede stellen, aber doch meine Zweifel anmelden! Warum schrieben die klassischen Autoren der goldenen und silbernen Latinität dann auf Latein und nicht auf Griechisch? Ich hatte bisher immer eher den Eindruck, dass man Griechisch als Zweitsprache lernte, wenn man sich den griechischen Hauslehrersklaven leisten konnte. Gibt es da Quellen die anderweitiges nahe legen?

Entsprechend rangniedere Personen, werden eine ranghöhere Person, wie einen Senator oder den Kaiser mit seinem Titel angesprochen haben. Umgekehrt war das nicht der Fall, so schreibt Plinius Trajan mit seinem Titel an, Trajan Plinius aber als Plinius.

Ich lese immer nur C. PLINIUS TRAIANO IMPERATORI (G. Plinius den Imperator Trajan) und TRAIANUS PLINIO (Trajan dem Plinius). Das sind ja nur Überschriften, keine Anreden. Berichtige mich bitte, wenn das falsch ist! Erst im Brief wird die Person angesprochen, dann aber im Vokativ, wie etwa bei Cicero, De finibus:
"Non eram nescius, Brute, cum, quae summis ingeniis exquisitaque doctrina philosophi Graeco sermone tractavissent, ea Latinis litteris mandaremus, fore ut hic noster labor in varias reprehensiones incurreret."
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich bitte vielmals um Entschuldigung, daß ich eine Nebendiskussion kurz aufgreife, um noch etwas anzumerken, aber ich habe die Diskussion in diesem Thread bislang nicht verfolgt...

-us ist eine männliche Endung eines Namens in lateinischer Sprache. Vergleichbar mit der Endung -os in der altgriechischen Sprache. -us ist eher die ältere Variante, -os eher die neuere. Diese beide Endungen gab es übrigens auch in beiden Sprachen als auch in der keltischen Sprache.
...
Eigentlich ähnlich sind die männlichen Endungen mit -ov in osteuropäischen Sprachen
Karpov, Kasparov, Gorbatschov...
weiblich ist dort dann mit -ova: Kurnikova, Scharapova (die männliche Variante wäre dann Kurnikov, Scharapov).
Ne, das ist nicht so ohne weiteres vergleichbar. -ov/-ova und ihre Schriftvarianten sind reine Namensendungen, während das lateinische -us (maskuline o-Deklination), -a, -er, -um (neutrale o-Deklination), -ūs (u-Deklination) etc., das griechische -os etc. und die keltischen Entsprechungen Deklinationsendungen sind, die über die Sonderklasse der Namen hinaus gehen.
Wo siehst Du denn den wesentlichen Unterschied?

Jakupov = Jakobus
Ivanov = Ivan(us)
Petrov = Petrus
Pavlov = Paulus
Titov = Titus
Romanov = Roman(us)
Maximov = Maximus
Antonov = Antonius
Markov = Markus
...
Erstens handelt es sich bei dem slawischen -ov/-ev/-ow/-ew/-off/-eff um Nachnamensmorpheme, weshalb schon mal Deine Gleichungen nicht stimmen...
...
Jkow
Маrk
Pawel ... wären korrekt.

Zweitens handelt es sich im Lateinischen (Griechischen/Keltischen) um grammatische Morpheme, die Deklinationsklassen anzeigen, während es sich bei den slawischen Namensendungen eben um Namensendungen handelt.
Genauso gut könnte man den amicus als Beispiel nehmen, wo ebenfalls das -us vorkommt. Im Russischen aber wirst Du die Endung -ov, außer eben bei Nachnamen, nicht finden.

Drittens: Die russischen Personennamens- bzw. genauer Familiennamensendungen -ow und -jew (der Vollständigkeit halber ist noch die Endung -in zu nennen) sind linguistisch vergleichsweise junge Namensbildungen (entstanden im 16./17. Jh.). Auch aus diesem Grund ist eine Vergleichbarkeit bzw. Ähnlichkeit mit dem lateinischen -us und dem (alt-)griechischen -os so nicht gegeben...

Viertens: Es handelt sich bei diesen Endungen im Russischen ursprünglich um den Genitiv Plural männlich hart, aus dem diese auf Basis von Vornamen (z.B. Iwanow), aber auch von Berufen (z.B. Lekarjew) und von Tiernamen (z.B. Wolkow) abgeleitet worden sind. Auf das Lateinische übertragen müßte die entsprechende Gleichung demnach zu -rum bzw. -um führen und im Griechischen (und das unabhängig, ob Alt-, Mittel- oder Neugriechisch) zu -on.



Ich bitte darum, die Diskussion ungeachtet dieser Ergänzungen fortzuführen... :fs:
 
Zuletzt bearbeitet:
Zurück
Oben