Computerspiele mit historischem Inhalt

Dieses Thema im Forum "Geschichtsmedien und Literatur" wurde erstellt von Sledge, 24. Juni 2004.

  1. Ravenik

    Ravenik Aktives Mitglied

    Um die gesellschaftlichen und soziokulturellen Auswirkungen von Shootern geht es mir hier überhaupt nicht, da teile ich ohnehin Deine Ansichten, sondern nur darum, ob dieses Spiel ein angemessener und moralisch vertretbarer Umgang mit den Todesschüssen an der innerdeutschen Grenze ist. Was kommt als nächstes? Ein Adventure, in dem man als KZ-Wächter Gefangene misshandeln und töten soll?

    In gewisser Weise: Ja. Schließlich ist die Tötung gegnerischer Soldaten im Zuge von Kampfhandlungen auch im RL legal, das gezielte Töten von Zivilisten hingegen nicht.
     
  2. Lili

    Lili Neues Mitglied

    Ok, ich nicht. Ich spreche üblicherweise nicht über Dinge von denen ich keine Ahnung habe. Nachdem ich keine PC-Spiele spiele, halte ich mich in diesem Thread normalerweise raus. Wenn mein "Fach" berührt wird, so wie jetzt, nehme ich mir aber doch die Freiheit raus entsprechend zu ergänzen. Nachdem es hier aber im Sinne des Threads um PC-Spiele geht, habe ich nicht vor diesen OT zu schießen, um all zu ausführlich diverse Studien und Gutachten zu zitieren. TT kenne ich mich nicht aus und halte mich daher ab jetzt wieder raus, ob du das jetzt Panne findest oder nicht :p ;)
     
  3. Köbis17

    Köbis17 Gesperrt

    Und da steckt das Problem, ich bin nicht davon ausgegangen, daß die Bemerkung auf Dich selbst bezogen war, sondern fühlte mich indirekt angesprochen.
    Wenn Du Selbstkritik üben willst, dann doch vielleicht so, daß es die Leser hier auch so verstehen können.
     
  4. El Quijote

    El Quijote Moderator Mitarbeiter

    Darum ging es nicht. Nicht im Sinne von "künstlich" sondern von "künstlerisch" ist das zu verstehen. Das PC-Spiel soll eben nicht als Spiel begeistern, sondern es soll eine Zielgruppe ansprechen, die man sonst schwierig erreicht und diese zum reflektieren anregen

    Ich denke, die Intention sollte man bei einer Beurteilung genauso berücksichtigen, wie die adäquate Auswahl der Mittel (woran ja die meisten hier zweifeln, heiligt de Zweck die Mittel?) und das Ergebnis (welches wir nicht kennen).


    Gab es da nicht Studien der US-Militärs, die aussagten, dass seit der Verbreitung von Ego-Shootern die Bereitschaft der Soldaten zu töten höher geworden sei?
    Jedenfalls berichtete mir mal ein ehemaliger Arbeitskollege, Fan von Egoshootern, dass es im Netz eine Spiel kostenlos gebe, welches vom Pentagon angeboten würde. Ich weiß leider nicht mehr, wie es hieß, aber Wikipedia bestätigte damals seine Aussage. Das Spiel muss zum damaligen Zeitpunkt technisch auf der Höhe der Zeit gewesen sein, das Pentagon scheint also an derartige Zusammenhänge zu glauben und es für sinnvoll zu halten (oder damals gehalten zu haben), solche Spiele breiten Schichten legal und kostenfrei zugänglich zu machen.

    Das ist korrekt und gleichzeitig nicht korrekt, da es die Intention des Szenarioerstellers ignoriert. Wie oben schon geschrieben: Man kann zu dem Schluss kommen, dass der Szenarioersteller, sich suboptimale anstatt adäquater Mittel ausgesucht hat, um eine Diskussion anzustoßen. Wenn man aber z.B. annimmt, dass die Zielgruppe die Spieler von Egoshootern sind, dann hat er ein sehr adäquates Mittel ausgesucht, um genau seine Zielgruppe zu erreichen und zur Reflektion zu bewegen. Letztendlich ist uns aber nicht möglich zu beurteilen, ob das Ergebnis diese Reflektion ist, es sei denn, dass von Individuen aus der Zielgruppe entsprechende Äußerungen - z.B. in Internetforen - veröffentlicht werden.
     
    Zuletzt bearbeitet: 15. Dezember 2010
  5. thanepower

    thanepower Aktives Mitglied

    zu 1. Kenne diese Studien nicht. Die Probanden, die untersucht werden, haben a priori eine sehr einseitige Disposition in Bezug auf die Nutzung von Waffen.

    Wichtig wäre sicherlich beispielsweise, wie die Kontrollgruppe aussah und wie man die erhöhte Bereitschaft zum Töten gemessen hat?

    Da bei der Bundeswehr im Prinzip für das Schießtraining, soweit ich weiss, mittlerweile auch eine Art Ego-Shooter genutzt wird, wäre es sicherlich interessant, ob er cross-nationale Einflüsse gibt, die in eine ähnliche Richtung zielen.

    zu 2. Ja das Spiel hat es gegeben. Soweit ich mich erinnere mußte man sich "ordentlich" anmelden, um es downloaden zu können. Und es basierte auf einer der gängigen Engines, soweit ich mich erinnern kann.

    zu 3. Und dann sind wir sicherlich schon bei der Intention des US-Army-Shooter. Der Hintergrund ist sicherlich auch die abnehmende Bereitschaft der Amerikaner, zur Army zu gehen.

    Der Shooter diente somit:
    - der PR für die Army
    - dem Generieren von Listen von potentiell interessierten Rekruten
    - als Basis für weitergehende Informationen, die die Interessierten
    erhalten sollten

    Ob es zusätzlich als Konditionierungsinstrument genutzt werden sollte, um "Killermaschinen", ich weiss ich übertreibe deutlich, auszubilden, halte ich eher für unwahrscheinlich.

    Eine normale Konditionierung in Bezug auf Feindbilder reicht da vermutlich völlig aus, leider.

    @Ravenik: Vor gar nicht so langer Zeit gab es ein Vietnam-Ego-Shooter und im Rahmen des "Gameplay" mußte/konnte man auch vietnamesiche Zivilisten töten. Gab um dieses Thema auch Dikussionen.

    In anderen WW2 Ego-Shootern läßt man per Sabotage Züge durch Explositionen entgleisen oder man sprengt sie auf einer Brücke in die Luft. Zumindest der Lokführer ist kein Combatant. Insofern ist der Unterschied zwischen Combatanten und Zivilisten schwer zu treffen.

    Ich verstehe durchaus Deine Absicht, einen Unterschied zu machen, dennoch ist er hin und wieder schwer zu erkennen.

    Ansonsten liegt es mir absolut fern, irgendjemand aus dem GF irgendwie zu kritisieren. Ich denke wir brauchen uns hier nicht gegenseitig unsere vernünftige Haltung zu diesem Genre unter Beweis stellen.
     
    Zuletzt bearbeitet: 15. Dezember 2010
  6. Lili

    Lili Neues Mitglied

    So, ok, jetzt kann ich nicht mehr anders... :D
    Du meinst vermutlich die militärpsychologischen Studie von Dave Grossman ("On Killing - The psychological cost of learning to kill in war and society"). Grundlage seiner Studie waren diverse Experimente, deren Ziel es war, mittels entsprechender Konditionierung die Tötungshemmschwelle bei Soldaten herab zu setzen. Unter anderem betrachtete er dabei auch die gesellschaftlichen Auswirkungen der Lightgun-Spielautomaten, die eigentlichen Vorläufer der heutigen Ego-Shooter. Mittlerweile hat er allerdings die Fronten gewechselt und wird auch gerne beim allgemeinen medialen Ego-Shooter-Bashing zitiert. Grossman kann aber seine Thesen weder auf der einen noch auf der anderen Seite im wissenschaftlichen Sinne belegen und neigt leider auch zu Verallgemeinerungen.

    Der wissenschaftliche kleinste gemeinsame Nenner, den man momentan zur Ego-Shooter-Diskussion hat:
    • es liegt nicht an den Shootern alleine, sondern an Gewaltdarstellung und Gewaltkonditionierung im Allgemeinen
    • eine gewisse Veranlagung und Prägung zur Aggression muss vorhanden sein, dann kann sie - muss aber nicht - durch Verstärkereffekte der Shooter gefördert werden

    Das stimmt, allerdings bietet das Pentagon zwei Spiele an, eins ist mehr so ein Missions-Simulations-Karriere-Dingens ("Soldiers") der Shooter nennt sich "Unreal Tournament".

    So wie das Spiel momentan diskutiert wird, würde es mich nicht wundern, wenn bald eine erste einschlägige Studie dazu gäbe.
     
  7. balticbirdy

    balticbirdy Ehemaliges Mitglied

    Gibt es eigentlich etwas Ähnliches mit Sponsoring hierzulande?

    Wo anstatt eines öden "Game over" der Werbeslogan "Lerne wie man es richtig macht, bewirb dich bei der Bundeswehr!" erscheint?
     
  8. Sheik

    Sheik Neues Mitglied

    Also ich kenn nur ein spiel das vom Militär direkt vertrieben wird und das wäre Americas Army. Qualitativ sicherlich kein Meilenstein und für "Spieler" eher weniger interessant. Die Intention dahinter hatte ich allerdings eher als eine Werbung für die Army aufgefasst, die ja scheinbar verstärkt um Rekruten werben muss. Eine Beteiligung des Pentagons bei den von dir genannten Spielen ist mir dagegen nicht bekannt.
    Diese Diskussion ändert auch nichts daran, dass uns die Intention des Spiels nicht bekannt ist, also ob es nur zur Unterhaltung dienen oder auch zum Nachdenken anregen soll. Ob man aber mit Verbrechen, die man nachspielen kann, ein Nachdenken erreichen kann und soll, stell ich mal in Frage.

    Für BB: http://www.kultboy.com/werbespiele/37/
     
    Zuletzt bearbeitet: 15. Dezember 2010
  9. Loudon

    Loudon Neues Mitglied

    "Unreal Tournament" ist von Epic Games, ein kommerzielles Spiel.
    Das vom Pentagon ist "Americas Army".
     
  10. Lili

    Lili Neues Mitglied

    Ich sags ja, TT hab ich keine Ahnung :red: Danke! Also der Shooter ist "Americas Army" stimmt wenigstens das andere?
     
  11. El Quijote

    El Quijote Moderator Mitarbeiter

    Ich sehe mich gerade etwas unfreiwillig in die Rolle des advocatus' dieses Projekts gesetzt, aber ohne den Zusatz diaboli.*
    Ich weiß nicht, ob man die Auswahl der Mittel als adäquat bezeichnen kann, doch mir erscheint es so, als würde ein wichtiger Punkt nicht berücksichtigt: Im Egoshooter erhält man Punkte, teilweise umgerechnet in "Leben", bis zum Game Over. Das ist für den Spieler positiv.
    In dem hier besprochenen Fall spanisch-afrikanische Grenze/innerdeutsche Grenze endet das Spiel aber - sofern man den Mauerschützen spielt - mit einer Verurteilung, was für den Spieler negativ ist. Nun wäre es naiv zu glauben, dass das einen Spieler wirklich treffen könnte. Aber ich denke, dass man damit durchaus einzelne Spieler erreichen kann, die dadurch vielleicht auch mal über die geschichtlichen Zusammenhänge ihres Computerspiels nachdenken.
    Desweiteren hat man, wenn ich richtig informiert bin (dass ich mir die ZDF-Seite dazu durchgelesen habe ist schon etwas länger her) auch die Möglichkeit den (unbewaffneten) Flüchtling zu spielen.




    *Das liegt vor allem daran, dass mir die Kritik an dem Projekt zu einseitig erscheint, das Szenario wird so behandelt, als handele es sich um einen normalen Egoshooter. Die Worte die ich jetzt verwende, werden meist von Zynikern verwendet, gerne auch von Neonazis. Ich bin weder das eine, noch weniger bin ich das andere und doch möchte ich vor einem allzu gutmenschlichen Empörungsreflex warnen! (Btw: ich halte sehr viel von den viel gescholtenen Gutmenschen und hoffe selber einer zu sein!)

    Edit: Wer 2:05 Minuten Zeit hat, der kann sich mal den Beitrag aus der ZDF-Mediathek ansehen und hören, was der Szenarioersteller selber dazu sagt. Wer die Zeit nicht hat, kann sich diesen gerafften Artikel dazu durchlesen: Mauer, Stacheldraht, Schießbefehl - ein Spiel - heute.de Nachrichten.
     

    Anhänge:

    Zuletzt bearbeitet: 15. Dezember 2010
  12. Lili

    Lili Neues Mitglied

    Hat das Spiel denn hier schon jemand ausprobiert, oder sprechen wir hier alle wie die Blinden vom Licht? Insbesondere was die Verurteilung betrifft, wäre es mal interessant zu wissen, wie das denn nun genau abläuft. Die Hauptkritik an den Ego-Shootern ist ja der positive Verstärkereffekt von aggressivem Verhalten. Wird hier aber Aggressivität negativ verstärkt, ists ja nun wieder was anderes. Allerdings würde ich dann die Zielgruppenaffinität nochmal hinterfragen wollen... :still:
     
  13. El Quijote

    El Quijote Moderator Mitarbeiter

    Dies wäre dann die Schwäche des Spiels, die möglicherweise nicht adäquate Wahl der Mittel.
     
  14. balticbirdy

    balticbirdy Ehemaliges Mitglied

    Lieber @El, dein obiges Statement sei dir unbenommen. Die Sache ist für mich, egal ob ich im Spiel vor Gericht lande oder selbst in die Flüchtlingsrolle schlüpfe, einfach nur ein geschmackloser Griff ins Klo. Und das hat nichts mit "reflexartiger Gutmenschenreaktion" zu tun, ich bin in der DDR aufgewachsen und habe seinerzeit mögliche Szenarien des Abhauens oft genug gedanklich durchgespielt.

    Die Sache lässt sich auch nicht so einfach aus der Welt schaffen, wie den Protest irgendwelcher depperter Radikaltierschützer, denen man einfach ein eigenes Spiel gab.
    Die Rache der Moorhühner - Golem.de
     
  15. Melchior

    Melchior Neues Mitglied

    Solche "Ballerspiele" gibt es und solange sie nachgefragt werden, wird es auch entsprechende Entwicklungen geben, daß da Grenzen in Bezug auf Geschmacklosigkeit häufig überschritten werden, ist uns allen doch auch klar.

    Nur dieses Spiel kommt uns geographisch und zeitlich sehr nah. Daher vllt. die Emotionalität der Diskussion.

    Köbis17 hat in einem Posting im Thread "Grenztruppen der DDR" das Ohnmachts- und Haßgefühl bei dem Anblick der Grenze beschrieben. Vllt. stand ich da gerade hinter dem Stacheldraht. Es gibt bei einer MPI drei Einstellungen, "Gesichert", "Einzelfeuer" und "Dauerfeuer" aber nicht die Einstellung "game over".

    Das sollten die Kids begreifen und m.E brauchts dafür keine psychologisch- und soziologischen Studien.


    M. :winke:
     
  16. El Quijote

    El Quijote Moderator Mitarbeiter

    Das ist völlig in Ordnung. Damit, dass du bei deiner Bewertung die zweite Seite des Spiels (Übernahme der Flüchtlingsrolle/Gerichtsverhandlung) berücksichtigst, ist das keine reflexartige Gutmenschenreaktion mehr. Diese ist es nur, wenn man nicht alle Aspekte des "Spiels" und vor allem seine Intention miteinbezieht und am medialen Aufhänger (Skandal! Computerspiel für Mauerschützen!) hängen bleibt.
    Eine solche Bewertung hätte mich niemals zu einer Gegenreaktion animiert.
     
  17. Ravenik

    Ravenik Aktives Mitglied

    @ Lili:
    Ich kann jetzt nur für mich sprechen, aber ich kann nur immer wieder betonen, dass es mir nicht darum geht, dass das Spiel ein Shooter ist (zumal ich gegen Shooter erstens nichts habe und zweitens selbst schon drei gespielt habe), sondern dass ich die Art, wie hier mit den traurigen Ereignissen an der innerdeutschen Grenze umgegangen wird, für völlig daneben halte. Ob Shooter Aggressivität verstärken oder reduzieren, ist für diese Frage belanglos.
    Und nein, ich werde dieses Spiel ganz bestimmt nicht spielen, weil es einfach nicht gespielt werden sollte. Ich verspüre auch nicht im geringsten den Wunsch, auf fliehende Zivilisten zu ballern.
     
  18. El Quijote

    El Quijote Moderator Mitarbeiter

    Der Thread hat mich inzwischen reichlich neugierig gemacht: Wenn ich die Engine hätte, würde ich es mir runterladen und in drei Szenarien spielen.
    a) der böse Grenzsoldat
    b) der gute Grenzsoldat
    c) der Flüchtling
     
  19. balticbirdy

    balticbirdy Ehemaliges Mitglied

    Wer will, braucht ja nur mal die Suchmaschine mit "Mauer + Shooter" zu füttern.
     
  20. El Quijote

    El Quijote Moderator Mitarbeiter

    Das reicht nicht. Das eigentliche Spiel ist ja notwendig, um das Szenario zu spielen. Das Spiel habe ich aber nicht und will es auch nicht wirklich haben.
     

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