Ich finde es ja auch seltsam, wie ihr auf meine Kritik anspringt. Niemand redet von Diskussionsverboten.
Von sinnvoller Kritik habe ich von deiner Seite hier noch nicht viel gelesen.
Aber eben, da es ein GeschichtsFORUM ist, nehme ich mir auch mein Recht heraus zu sagen, was ich von solchen Sandkasten-Kriegsplänen halte.
1. Die Frage, ob Moltke realistische andere Planungsoptionen hatte um einen Krieg gegen nötigenfalls alle 3 Entente-Mächte vorzubereiten und wie diese hätten aussehen können, ist bedeutsam für die Bewertung Moltkes und des Handels des übrigen Generalstabs und über die verhängnisvolle Rolle, die der Schlieffenplan realiter spielte (greifen der militärischen Logiken mit der russischen Mobilmachung und faktische Zuspitzen der politischen Situation durch die nach der Logik dieses Plans handelnden Militärs), im weiteren ebenfalls bedeutsam, für das Verständnis und die Bewertung der Kriegsursachen.
Denn sollte man zu dem Schluss kommen dass Moltke gar keine andere realistische Möglichkeit der Planung hatte, weil die materielle Ausstattung des Heeres es nicht hergab, müsste man sich darüber unterhalten, wie große Anteile an diesem Hausgemachten Problem, dass wie die Geschichtsschreibung herausgearbeitet hat im Juli '14 ohne Zweifel krisenverschärfend wirkte, eventuell über die einseitige Politik der Marinerüstung, gegenüber der Landrüstung, auf die zivile Politik entfallen.
Teil des Problems der falschen Rüstungsprioritäten waren sicherlich konservative Kreise innerhalb des Militärs, die längere Zeit keine größeren Heeresvermehrungen wollten, weil das den sozialen Charakter der Armee verändert hätte (mehr bürgerliche Offiziere, mehr sozialdemokratisch eingestellte Mannschaften = Ein Heer, dass sich potentiell sehr viel schwieriger gegen politische Unruhen im Inneren hätte einsetzen lassen), Teil des Problems war aber auch, dass der Reichstag gerne Mittel für die Marine, als Prestigeprojekt und Domäne des Bürgertums innerhalb der Streitkräfte bewilligte, bei der für die Verteidigung wichtigeren Finanzierung des Heeres allerdings deutlich zurückhaltender aggierte.
Wenn man es zuspitzen wollte, könnte man das auf die Frage bringen, ob eine Art Klassenkampf oder Kulturkampf des Bürgertums (nicht der Arbeiterschichten, sondern des Bürgertums) und der alten aristokratischen Eliten damals Deutschlands Landesverteidigung aushöhlten, weil das Resultat dessen die politische Verschlechterung der Beziehungen zu Großbritannien (Kolonial-Phantasien, Flottenwettrüsten), bei gleichzeitiger Vernachlässigung der eigentlichen Landesverteidigung in Form der Auftüchtigung des Heeres war?
Wenn nämlich, es sich so verhalten sollte, dass die außenpolitische Situation, im Besonderen die unnötigen Spannungen mit England durch die von Bürgertum und Reichtsg protegierte Flotte, Moltke in planerischer Hinsicht matt setzten, müsste man sich sehr viel mehr über die Rolle des Parlaments beim Zustandekommen der zerfahrenen Gesamtsituation unterhalten, als das vielfach bisher getan wurde.
Das sind durchaus relevante historische Fragestellungen, die als solche legitimer Diskussionsgegenstand in einem Geschichtsforum sind.
Das Durchdenken, welche Optionen Moltke gehabt hätte, gehört da nicht minder dazu.
Selbstverständlich hast du ein Recht das aus weltanschaulichen Gründen scheiße zu finden.
Wobei sich mir die Logik ehrlich gesagt nicht erschließt. Denn eigentlich müsste man ja angesichts dessen, wohin die weitere Geschichte geführt hat, sowohl im Ersten Weltkrieg, als auch darüber hinaus, Nachdenken über Dinge, die man anders hätte machen können und Diskussionen über Ursachen für die problematischen Entwicklungen, die folgten, grundsätzlich für legitim halten, wenn man die Folgen der realen historischen Entwicklung missbilligt.
Ob du hingegen ein Recht darauf hast, hier aus weltanschaulichen Gründen herumzupoltern, müsstest du mit der Moderation klären, wenn ich recht informiert bin, hast du dass mit deiner Erklärung auf weltanschauliche Bekenntnisse zu verzichten, die du bei der Anmeldung abgegeben hast, sozusagen an der Gaderobe abgegeben, aber das ist nicht mein Problem.
Dann gebt doch mal "Butter bei die Fische":
Wie viele militärische und zivile Opfer hätte denn eure Zangenbewegung im Osten gefordert?
Möglicherweise kein Einziges.
Die Frage, ob eine alternative Kriegsplanung möglich und realistisch war, zielt ja in erster Linie auf die weiterführende Frage, ob es eine realistische Option gab den krisenverschärfenden Logiken des Schlieffenplans in der Julikrise zu entkommen.
Wenn die militärischen Implikationen des Schlieffenplans als Zwang nicht gegriffen hätten, weil ein Alternativplan vorhanden gewesen wäre, der keinen Präventivschlag-West gegen Frankreich beeinhaltet hätte, hätte das der deutschen zivilen Politik Ende Juli und Anfang August '14 mehr Spielräume gegeben Vernunft anzunehmen, aus der Eskalationsspirale auszubrechen und die Krise doch noch im Rahmen einer Konferenzlösung abzuräumen.
Wäre ein Kriegsplan vorhanden gewesen, der eine realistische Alternative geboteten hätte, wäre dass möglicherweise ein Weg aus der politischen Sackgasse gewesen, in die sich die Regierung Bethmann-Hollweg mit ihrem außenpolitischen gambling gebracht hatte.
Es stellt sich daher durchaus die Frage:
Hatte die zivile Politik diese Spielräume nicht, auf Grund von Inkompetenz und Selbstherrlichkeit eines Militärs, dass nicht anders wollte?
Oder fehlten ihr diese Spielräume, weil sie selbst und das Parlament dem Heer nicht genügend Mittel verschafft hatte um realistisch anders planen zu können?
Wie viele junge Russen, Polen, Galizier, Deutsche wären denn dort "ehrenhaft" im Felde geblieben?
Wenn du der Meinung bist, diese Variante wäre verlustreicher gewesen, als andere Kriegspläne, dann steht dir jederzeit offen das zu begründen. Im Übrigen übernimmst du gerade die Rechtfertigungslogiken des Schlieffenplans, der ja auch immer damit verteidigt wurde, dass er eine schnelle Beendigung des Krieges und damit möglichst wenig Opfer gefordert hätte.
Letztendlich wünscht sich niemand, der sie noch alle beisammen hat einen Krieg, tritt er ein, wird es sich demgegenüber nicht vermeiden lassen, dass dabei Menschen ums Leben kommen.
Was hätte die Zivilbevölkerung zu ertragen gehabt? Massaker an Ukrainern statt an Belgiern?
Was die Zivilbevölkerung in einem industrialisierten Krieg zu ertragen gehabt hätte, kann man noch heute auf den Schlachtfeldern der Westfront besichtigen, die erheblichen Kriegseinwirkungen zeichnen die Landschaft ja teilweise bis heute.
Da solche Zerstörungen bei einem industrialisierten Krieg aber abzusehen waren, muss klar sein, dass im Grunde ein Interesse daran bestehen musste, ihn möglichst nicht auf dem eigenen Terrain zu führen.
Nun war die Westgrenze relativ stark befestigt, so dass Vordringen der Franzosen nach Deutschland schwierig und die Zivilbevölkerung im Westen relativ sicher war. Nicht so im Osten, mit seiner wesentlich längeren, wesentlich weniger stark befestigten Grenze.
Es konnte also durchaus auch der Wunsch die eigene Bevölkerungen vor den Zerstörungen des Krieges zu schützen dafür sprechen, den Schwerpunkt eher nach Osten zu legen.
Wie, das kommt in euren Spielchen nicht vor, das blendet ihr aus?
Ich glaube wir blenden hier wesentlich weniger aus, als du.
Z.B. blenden wir den Umstand nicht aus, dass im Zeitalter des Imperialismus und unter den europäischen Großmächten, die allesamt daran gewöhnt waren ihren Einfluss und ihre Macht mit militärischen Mitteln auszuweiten jemand der versucht hätte pazifistischen Logiken zu folgen, ziemlich schnell unter die Räuber gefallen wäre.
Ich denke, Ereignisse, wie die Kongo-Konferenz, der gemeinsame Raubzug der europäischen Großmächte gegen China, die diversen ventilierten Ideen zur Aufteilung des Osmanischen Reiches etc. dürften einen Eindruck davon vermitteln, was in dieser Zeit Akteuren blühte, die nicht bereit oder fähig waren, sich auf einen Krieg vorzubereiten.