Der Erste Weltkrieg und seine Bedeutung in der heutigen Zeit.

Insgesamt sehe ich bei Clakr aber weniger einen fundamentalen Widerspruch zu Fischer, als viel mehr eine Einbettung von Fischers Erkenntnissen zu Deutschland in den gesamteuropäischen Kontext unter expliziter Ausklammerung der Schuldfrage.

Warum die Schuldfrage ausklammern? Wenn sich unsere Betrachtung vom 1. Weltkrieg ändert, dann auch vom 2. ???
 
Warum die Schuldfrage ausklammern? Wenn sich unsere Betrachtung vom 1. Weltkrieg ändert, dann auch vom 2. ???

Ich habe nicht gefordert, dass die "Schuldfrage ausgeklammert würde", sondern lediglich festgestellt, dass Clark dass in seinem Werk getan hat.

Wenn du meine persönliche Anschauung zur "Schuldfrage", oder nennen wir es Lieber Frage nach der Verantwortlichkeit hören möchtest, die lautet wie folgt:

Einen Teil der Schuld am 1. Weltkrieg trägt jede handelnde Regierung, die durch ein anderes Handeln diesen Krieg hätte verhindern können.

Das betrifft aus meiner Sicht:

Österreich-Ungarn: Wien hätte sich mit der serbischen Antwort auf das Ultimatum zufrieedengeben und den Rest im Rahmen einer Konferenz verhandeln können, angesichts des Umstands, dass man selbst in St. Petersbrug über das Attentat schockiert war, wären die Chancen, dass Wien seine Interessen auf Diplomatischem Wege hätte durchsetzen können, so schlecht nicht gewesen.

Serbien: Es hätte den Wiener Forderungen unter Protest nachgeben können. Überhaupt hätte es von sich aus Eigeninitiative zur Untersuschung der Angelegenheit an den Tag legen und unmäßigen Österreichisch-Ungarischen Forderungen damit vorbauen können.

Deutschland: Hätte Wien klar machen können, dass man sich wegen der Wiener Balkaninteressen nicht in einen Weltkrieg ziehen lassen würde, was Wien gezwungen hätte auf einen Krieg zu verzichten.

Russland: Hätte Serbien in der Sache die Unterstützung aufkündigen und es damit zwingen können auf die Österreichischen Forderungen einzugehen.

Frankreich hätte Russland die Unterstützung für diese Schritte eintiehen und damit St. Petersbrug zwingen können mäßigend auf Belgrad einzuwirken oder sich ganz heraus zu halten.


Alle diese Akteure hätten, ohne dass es noch das Eingreifen eines anderen Bedurft hätte, diesen Krieg durch Eigeninitiative verhindern können, wenn sie bereit gewesen wären die politischen Preis dafür zu bezahlen, nämlich an Einfluss auf dem Balkan zu verlieren (Österreich-Ungarn, Serbien Russland) oder einen Verbündeten zu verlieren (Frankreich/Deutschland).

Wie man Verantwortung unter diesen Akteuren nun gewichten möchte, da kann man viel diskutieren. Letztendlich gab es aber mindestens 5 Akteure, die die Notbremse hätten ziehen können, wozu keiner bereit war.

Über die Rolle Großbritanniens kann man streiten, weil hier nicht klar ist, on GB ein derartiges Gewicht in diesem Konflikt hatte, dass es einen der beiden Blöcke wirklich zum Einlenken hätte zwingen können, einfach weil es GB an Landstreitkräften fehlte um auf dem Kontinent kurzfristig ein sehr starker Faktor zu sein.

Vor Gericht würde man das Handeln aller genannten Akteure außer vielleeicht GB als "grob fahrlässiges Handeln/Unterlassen" einstufen, weil keiner von denen den Weltkrieg wirklich wollte, aber auch wirklich keiner Schritte unternahm um dem auszuweichen.
Stattdessen versuchte man wechselseitig über Eskalation den Gegner aus dem Konflikt herauszubluffen.
Ich für meinen Teil sehe keinen Sinn in der Suche eines "Hauptschuldigen", um ehrlich zu sein.

Mich interessiert eher wie man so etwas in Zukunft vermeiden kann.



Warum sich dadurch in irgendeiner Form dadurch Betrachtungen des 2. Weltkriegs ändern sollten, ist mir schleierhaft.
Beim 2. Weltkrieg liegt dergestalt eine völlig andere Situation vor, als dass es sich um eine eindeutige deutsche Agression handelt, die von deutscher Seite über Jahre vorbereitet worden war und die im Grunde genommen auch schon im Märt 1938 mit dem militärischen Übergriff auf Österreich begann.

Das ist alles eindeutig dokumentiert und Anlass das oder die weiteren damit verbundenen Verbrechen in irgendeiner Form in Zweifel zu ziehen gibt es nicht.

Im Hinblick auf den 1. Weltkrieg sieht das von der Quellenlage aber einmal etwas anders aus, weil es dazu keine der "Hoßbach-Niederschrift" oder dem "Schmundt-Protokoll" vergleichbaren Dokumente gibt, die belegen würden, dass die politische Leitung des Kaiserreiches auf einen solchen Krieg tatsächlich längerfristig hingearbeitet hätte.

Man wird konstatieren können, dass die deutsche Position im Juli 1914 so aussah, dass man einen begrenzten Krieg auf dem Balkan zwischen Österreich-Ungarn und Serbien wollte um das als Hebel zu verwenden einen Keil zwischen Frankreich und Russland zu treiben um damit die Entente zu sprengen.
Den großen Krieg wollte man eigentlich nicht und war darauf auch nicht vorbereitet, tragischer Weise aber eben auch nicht bereit einen Rückzieher zu machen, als offenkundig wurde, dass man Frankreich nicht vom Tisch bluffen konnte.

Wäre es nach dem gegangen, was die deutsche Regierung im Juli 1914 wollte, hätte Frankreich zurückgezogen, damit Russland isoliert, was Russland gezwungen hätte Serbien fallen zu lassen und Österreich-Ungarn ermöglicht hätte mit Serbien anzustellen, was es wollte, ohne das Deutschland selbst über Mobilisierung hinausgehend aktiv hätte eingreifen müssen.
Das Ergebnis wäre eine Stärkung Österreich-Ungarns auf dem Balkan gewesen und idealer Weise das Ende der Französisch-Russischen Allianz, weil für Russland dieses Bündnis, wenn Frankreich sich weigerte dessen Balkanpolitik mitzutragen, wertlos geworden wäre.

Das sind die begrenzten Ziele auf die Berlin im Juli 1914 kurzfristig abzielte und das ist eine völlig andere Situation als die Politik, die Hitler seit 1935 kontinuierlich betrieb und vorbereitete.
 
Im Abi erzählen sie Mist??

In der Schule werden die Themen gezwungenermaßen extrem simplifiziet, alleine schon weil die Themen aus Zeitgründen wesentlich zügiger abgearbeitet werden müssen, als es für eine umfassende Betrachtung der Thematik hinreicheind wäre.

Die ist in allen ihren Fassetten so komplex, dass man damit ohne weiteres 2-3 aufeinanderfolgende Hauptseminare füllen könnte, das ist offensichtlich in 10-15 Stunden Schulunterricht (wenn es hoch kommt) zu dieser Thematik nicht zu leisten.
 
Also woran ich mich auch noch erinnere ist, dass Österreich völlig überzogene Forderungen stellte was die Beteiligung an der Aufklärung des Attentats anging.

Ja, daran könnte man jetzt die Frage stellen, was denn genau an einer Beteiligung an der Untersuchung eine so unmäßige Forderung war, es wurde ja nicht etwas beansprucht die Untersuchungen zu leiten oder das Recht zu haben über diese Untersuchung hinaus an den staatlichen Angelegenheiten in Serbien beteiligt zu werden.

Ich persönlich fand es z.B. in der Schule immer ein bisschen Skurril, dass die selbe Lehrerin, die mir erzählt hat, dass dies eine unannehmbare Forderung gewesen sei, weil das irgendwo in die Souveränität Serbiens eingegriffen hätte, mir auf der anderen Seite aber erzählen wollte, dass etwa der Versailler Vertrag, der wesentlich stärker in die Souveränität Deutschlands eingriff, als es eine Erfüllung des Wiener Ultimatums in Serbien getan hätte, durchaus annehmbar gewesen sei.

Das sind dann die kleinen aber feinen Widersprüche des Schulunterrichts.


Natürlich war das Wiener Ultimatum eine Provokation, die ganz klar darauf hinauslief das Serbien entweder anerkannte, dass es nicht in der gleichen Klasse als Großmacht mitspielen konnte, wie Österreich-Ungarn oder es zum Krieg kommen würde.

Wie du aus den vorherigen Beiträgen entnehmen kannst, bin ich auch durchaus nicht der Ansicht, dass Wien darauf bestehen musste, weil es in dieser Konstellation sicher auch auf diplomatischem Wege viel erreichen konnte.

Als "unannehmbar" allerdings, würde ich das nicht einstufen, zumal es keinen dauerhaften Eingriff in die Souveränität Serbiens bedeutet hätte.
Da sind gerade in Zeiten des Hochimperialismus Verträge an der Tagesordnung gewesen, die ganz andere Dinge zumuteten, wenn man sich z.B. anschaut, wie die europäischen Großmächte mit China umsprangen, oder wie in Teilen auch das Osmanische Reich, im Besonderen von Russland behandelt worden war.
 
Ja. Denkst du dann bitte auch an die englische Haltung in den Faden Bismarck?

In der Sitzung des CID im Dezember 1912 führte Lloyd George das Folgende aus:
"Aufgrund er geographischen Lage der Niederlande und Belgien würde deren Haltung in einem Krieg zwischen den Britischen Empire gemeinsam mit Frankreich und Rußland auf der einen Seite gegen den Dreibund auf der anderen Seite von ungeheurer Bedeutung sein. Wenn sie neutral blieben und ihre Neutralität akzeptiert würde, dann wären wir nicht in der Lage wirkungsvollen wirtschaftlichen Druck auf sie auszuüben. Es wäre aber entscheidend, dass wir dies täten."

Am Ende der Konferenz kam man zu folgendem Schluss:

"Um den größtmöglichen Druck auf Deutschland auszuüben, ist es entscheidend dass die Niederlande und Belgien sich uns gegenüber uneingeschränkt freundlich verhalten, und in diesem Fall sollten wir ihren Überseehandel begrenzen, oder das sie definitiv unsere Feinde sind, in dem Falle sollten wir die Blockade auf ihre Häfen ausdehnen."

Also, hätte Deutschland nicht die Neutralität Belgien missachtet, dann würde diese England getan haben.
 
"Um den größtmöglichen Druck auf Deutschland auszuüben, ist es entscheidend dass die Niederlande und Belgien sich uns gegenüber uneingeschränkt freundlich verhalten, und in diesem Fall sollten wir ihren Überseehandel begrenzen, oder das sie definitiv unsere Feinde sind, in dem Falle sollten wir die Blockade auf ihre Häfen ausdehnen."

Also, hätte Deutschland nicht die Neutralität Belgien missachtet, dann würde diese England getan haben.
Demzufolge hätte England ja auch die Neutralität der Niederlande nicht achten dürfen. Hat es aber.
 
Der Nachfolger des russischen Außenminister Sasonow, Pokrowski, der auch der letzte Außenminister des Zaren sein sollte, schrieb über Russlands Motiv zum Eintritt in dem Weltkrieg das Folgende:

„Das der Krieg von 1914 für das kaiserliche und bürgerlich Russland ein Krieg um Konstantinopel, ein Krieg um das“ türkische Erbe“ war, mußte auch nur einigermaßen hellsehende Leute von vornherein klar sein. Ander konnte es gar nicht sein, denn die ganze Politik des russischen Imperialismus seit Nikolaus I. wenn nicht schon seit Katharina II. ging dahin.“
 
Demzufolge hätte England ja auch die Neutralität der Niederlande nicht achten dürfen. Hat es aber.

Oh, es wurde schon beträchtlicher Druck auf die Niederlande ausgeübt. London trug dafür Sorge, das die Niederländer keine Lieferungen mehr durch ihr Land nach Deutschland gelangen ließen. Das war ja gerade für Moltke das eigentliche Motiv, die Niederlande im Sommer 1914 nicht zu anzugreifen, um diese als "Luftröhre" für Deutschland zu erhalten.
 
London trug dafür Sorge, das die Niederländer keine Lieferungen mehr durch ihr Land nach Deutschland gelangen ließen. Das war ja gerade für Moltke das Motiv, die Niederland nicht zu anzugreifen, um diese als "Luftröhre" für Deutschland zu erhalten.
Das widerspricht sich aber. Entweder die Engländer ließen Handel über die Niederlande nach Deutschland nicht zu oder aber sie liessen ihn zu. Dann würde Moltkes "Luftröhre" auch Sinn ergeben.
 
Ich kann dir nur mitteilen, was tatsächlich geschehen war.:D
Die Engländer habe nicht gleich zu Beginn des Krieges die "Luftröhre" gesperrt. Das geschah erst im August 1917. Die Deutschen transportierten beispielsweise Baumaterial für die Westfront durch die Niederlande, was den Briten nun gar nicht gefiel. Deshalb auch im Augst 1917 dieser Druck. Die Deutschen übten ebenfalls erheblichen Druck aus. Die Engländer kappten beispielsweise diverse niederländische Telegraphenkabel, was eigentlich schon ein kriegerischer Akt war.

Und dann gab es ja noch die Blockade.
 
Zuletzt bearbeitet:
Also, hätte Deutschland nicht die Neutralität Belgien missachtet, dann würde diese England getan haben.

Nun stellte eine Erörterung auf der Plattform des Committee of Imperial Defense allerings keinen bindenden Beschluss im Rahmen einer außenpolitischen Leitlinie oder einer handfesten militärischen Planung dar.

Außerdem verstehe ich das hier etwas anders:

"Aufgrund er geographischen Lage der Niederlande und Belgien würde deren Haltung in einem Krieg zwischen den Britischen Empire gemeinsam mit Frankreich und Rußland auf der einen Seite gegen den Dreibund auf der anderen Seite von ungeheurer Bedeutung sein. Wenn sie neutral blieben und ihre Neutralität akzeptiert würde, dann wären wir nicht in der Lage wirkungsvollen wirtschaftlichen Druck auf sie auszuüben. Es wäre aber entscheidend, dass wir dies täten."

Das impliziert für mich, dass von einem Szenario ausgegangen wird, bei dem sich GB bereits mit dem Dreibund im Krieg befindet, ohne das Belgien involviert ist, was möglicherweise bei einem unprovozierten Angriff Deutschlands auf Frankreich oder Russland der Fall hätte sein können (vor allem letzteres, da man um die deutschen Westplanungen ja recht gut im Bilde war).

Und somit wäre es auf den Juli/August 1914 eigentlich nicht übertragbar, weil sich GB zunächst nicht im Krieg mit dem Dreibund befand, sondern den deutschen Angriff auf Belgien als Casus Belli auffasste.

Von dem her würde ich deiner Schlussfolgerung, dass wenn Deutschland Belgien nicht angegriffen hätte, Großbritannien das getan hätte, nicht zustimmen wollen.

Zum einen weil eine Erörterung im Rahmen des CID keine bindende Leitlinie gewesen ist, zum anderen, weil die Vorbedingung, eines Kriegszustands zwischen GB und dem Dreibund möglicherweise nicht gegeben gewesen wäre, wäre die Invasion Belgiens ausgeblieben.

Ist aber sicherlich ein interessantes Thema das mal auszuleuchten, um sich ein Bild davon zu machen, ob es bei einem Schwerpunkt Ost möglicherweise machbar gewesen wäre GB aus dem Krieg heraus zu halten.
 
Das widerspricht sich aber. Entweder die Engländer ließen Handel über die Niederlande nach Deutschland nicht zu oder aber sie liessen ihn zu. Dann würde Moltkes "Luftröhre" auch Sinn ergeben.

Es dauerte etwas bis die Blockade effektiv griff, da sie zunächst nur Kriegsgüter betraf und erst sukzessive auf dual-use und zivile Güter ausgeweitet wurde.
Bis ca. 1916 funktionierte die "Luftröhre", sofern es nicht unmittelbar Kriegesgüter betraf ganz gut.
 
In Commitee of Imperial Defence saßen auch Regierungsmitglieder, denn es war gewissermaßen ein Organ der Regierung; eine Art von Ausschuss, welcher Fragen zu untersuchen hatte, welche die Militärstrategie betrafen. Beispielsweise wurde dort auch intensiv die angebliche Invasionsgefahr durch die Deutschen geprüft. Also dieses Organ hatte schon Einfluss, aber die Entscheidung wurde, wie korrekt anmerkst, woanders getroffen.

Und somit wäre es auf den Juli/August 1914 eigentlich nicht übertragbar, weil sich GB zunächst nicht im Krieg mit dem Dreibund befand, sondern den deutschen Angriff auf Belgien als Casus Belli auffasste.

Die englische Kriegserklärung erfolgte am 04.August 1914. Es waren also nur Tage.

Von dem her würde ich deiner Schlussfolgerung, dass wenn Deutschland Belgien nicht angegriffen hätte, Großbritannien das getan hätte, nicht zustimmen wollen.

Spekulativ, aber ich glaube auch nicht an einer Kriegserklärung. Aber an einen wie oben beschriebenen erheblichen Druck, der Brüssel eigentlich zwingen sollte, im Sinne der Entente zu agieren.

Ist aber sicherlich ein interessantes Thema das mal auszuleuchten, um sich ein Bild davon zu machen, ob es bei einem Schwerpunkt Ost möglicherweise machbar gewesen wäre GB aus dem Krieg heraus zu halten.

Das sehe ich auch so.
 
- Die Bevorratung an Munition 1914 reichte in Deutschland bei Kriegsausbruch für knapp drei Monate und dass der Krieg danach überhaupt weitergeführt werden konnte, war einer unglaublichen Energieleistung im Bereich der Rüstungs- und Ersatzwirtschaft geschuldet, die durchaus nicht selbstverständlich war. Man sollte meinen, hätte Deutschland auf den Krieg hingearbeitet, hätte es rechtzeitig dafür gesorgt genügend Munition zu horten.

Es wurden nicht nur keine hinreichenden Munitionsvorräte angelegt. Das galt auch für die Rohstoffe, Futter und Lebensmittel.

Von der deutschen Gesamteinfuhr entfielen 45,2 % auf Rohstoffe. Wichtig waren Rohstoffe für Textilien und Metalle. An Wolle wurde beispielsweise 1912 218.000 t und 1913 197.000 t eingeführt. Der Rückgang des deutschen Schafbestandes ermöglichte nur eine Eigendeckung von eben mal 5%.

Für Stahlhelme benötigte man Nickel, Kobalt, Mangan etc., die zum größten Teil importiert werden mussten. Der Verbrauch an Kupfer stieg permanent an, aber die Eigenproduktion stagnierte. Aluminium und Zinn gab es in Deutschland nicht. Nickel nur in geringen Mengen. Zink konnte der Eigenbedarf gedeckt werden.

Ebenfalls stand starker Einfuhrbedarf bestand an den Materialien für Schwefelsäure, Stickstoff und Salpetersäure.

Ebenfalls wurde Holz in einem Volumen von ca. 30-40% des Gesamtbedarfs importiert.

Der naheliegende Gedanke staatlicher Vorratsbildung wurde in der Vorkriegszeit verworfen, da es die Trennung von Staat und Wirtschaft aufgehoben hätte; so die Anhänger der Freihandelslehre.

Die Militärverwaltung hegte schon seit den 80zigern kein Zweifel an einen gestiegenen Bedarf an Futter- und Getreidemittel. Hier war noch in der Amtszeit Moltkes d.Ä. der Generalstabschrittmacher in der kriegswirtschaftlichen Diskussion. In der Amtszeit Schlieffens hingegen, kam das Thema fast zum Erliegen. Erst nach seinem Ausscheiden aus dem Amt, wurden sich wieder vermehrt Gedanken zum Thema gemacht. Moltke d.J. war den kriegswirtschaftlichen Erfordernissen gegenüber erheblich aufgeschlossener, da er nicht zu den „kriegsverkürzenden“ Wirkung der Operationsplan Schlieffens hatte.

Am Ende hatte das Heer zwar ein paar Verträge mit dem Ausland, wurde aber schnell auf das Innenland verwiesen.
Die Rohstoffversorgung wollte niemand vor Sicherstellung der Ernährungslage angehen.
Amtliche Überlegungen blieben Stückwerk; erst 1911 und dann 1912 drang die Fragestellung den Beteiligten so langsam ins Bewusstsein. Es hatte ja ausreichend schwere Krisen gegeben.
 
Warum? Also ich hab dann das Gefühl das Deutschland eine riesen Ungerechtigkeit angetan wurde. Das kann man nutzen um die rechte Politik danach zu verharmlosen. Bin ich wirklich der Einzige der diese Gefahr sieht?

Eine Ungerechtigkeit kann nicht durch eine andere wieder gut gemacht werden. Daher funktioniert so eine Argumentation nicht. Racheethik und Heilsehre sind mittelalterliche Vorstellungen, die in der Neuzeit in "der westlichen Welt" überwunden wurden. Teile der Rechten versuchen diese Vorstellungen wieder zu erwecken, weil jedeNation irgendwann mal ungerecht behandelt wurde. Und in Russland ist die Heilsehre, in den USA die Racheethik nie ganz überwunden worden, weshalb sie immer wieder nach West- und Mitteleuropa überschwappen. Beides steht gegen das Grundgesetz. Nötig ist, immer wieder zu erklären, dass und warum diese Vorstellungen falsch sind.

Darüber hinaus entschuldigt eine bloße Erklärung das erklärte Verhalten nicht. Im Gegenteil ist es nicht nur gefährlich aus politischen Gründen Erklärungen auszuschließen, es würde auch die Geschichtswissenschaft ausschließen und nur Lügenpropaganda übrig lassen.

Abgesehen davon kannst du niemandem erklären, dass es z.B. gerecht war, Gebiete vom Reich abzutrennen, obwohl die Bewohner für einen Verbleib darin gestimmt hatten. Und da gibt es weitere Punkte. Wird das unter den Tisch gekehrt, ist es eine Steilvorlage für die extreme Rechte, dass da gelogen wird. Ein gerechter Vertrag nach einem Krieg? Gibt es das? Lies mal den Anfang von Carl von Clausewitz, Vom Kriege.
 
Die Vorstellung, dass andere die Ehre verletzen können und diese wiederhergestellt werden muss, sei es durch ein Duell oder eine Wiedergutmachung. Ethisch wird das schon dadurch sinnlos, dass der Wille allein den ethischen Wert einer Handlung oder eines Erleidens begründen kann. Zufälliges kann ja kein Gut sein.

Auch die moderne Vorstellung der Ehre als Respekt vor der Würde Anderer und vor der eigenen Würde zeigt wie absurd das ist.

Wird das klar vertreten, entfallen viele Konflikte.

Das ist natürlich verkürzt ausgedrückt.
 
Warum? Also ich hab dann das Gefühl das Deutschland eine riesen Ungerechtigkeit angetan wurde. Das kann man nutzen um die rechte Politik danach zu verharmlosen. Bin ich wirklich der Einzige der diese Gefahr sieht?

Und darf man auch fragen, worin dieese Ungerechtigkeit bestanden haben sollte?

Wenn man in Ablehnung von Fischer annehmen wollte, dass eine "Hauptschuld" Deutschlands am Krieg sich nicht nachweisen lasse, ist das ja durchaus kein Freispruch, denn bei der gegebenen Faktenlage, wird man nicht umherkönnen Deutschland mindestens eine Teilverantwortung für diesen Weltkrieg zu attestieren.

Wohlbemerkt: Für den Weltkrieg an und für sich.

Denn im Gegensatz zum Kriegszustand mit der Entente, für den man einen Teil der Verantwortung auch bei der letzteren sehen kann (auch diese ist dem Krieg nicht ausgewichen), wird man schwerlich einen Grund finden den deutschen Überfall auf Luxemburg und Belgien zu relativieren, der ohne jegliches "Wenn und Aber" ein Akt der Agression war.
Darüber hinaus, wenn man Deutschland auch vielleicht als weniger schuldig am Ausbruch des Krieges betrachten möchte, als Fischer dies getan hat, entschuldigt dies natürlich auch nicht, was von deutscher Seite INNERHALB dieses Krieges getan wurde.

Angesichts dessen sehe ich da keine große Ungerechtigkeit, ehrlich gesagt.

Der Kriegsschuldartikel des Versailler Vertrags hatte vor allem den Zweck eine Basis für die Reparationsforderungen der Entente und Assoziierten Mächte zu schaffen, deswegen stand er im Rahmen der Verhandlungen zur Abwickelung der Reparationen 1932 in Lausanne auch zur Debatte.

Im Hinblick auf Frankreich, wird man sicherlich darüber debattieren können, ob eine solche Festschreibung angemessen war, mindestens im Bezug auf Belgien und Luxemburg aber, wird man das nicht bestreiten können.
Und hinsichtlich der Reparationsfrage wird kein vernünftiger Mensch umhinkommen anzuerkennen, dass die Forderungen Frankreichs und im Besonderen des unprovoziert überfallenen Belgiens (Luxemburg blieb ja von Kämpfen weitgehend verschohnt) Mittel für den Wiederaufbau der verwüsteten Gebiete bereitzustellen, durchaus nicht unmäßig war.

Ich wüsste nicht, worin hier eine Basis zur Verharmlosung rechter Politik oder gar des Nationalsozialismus zu suchen sein sollte.

Tja, Gefühle spielen in der Politik aber auch eine Rolle.

Mit Politik beschäftigen wir uns hier aber nicht, sondern mit Geschichte und diese wiederrum kann sich nicht freiwillig für politische Zwecke instrumentalisieren lassen.
 
Es wurden nicht nur keine hinreichenden Munitionsvorräte angelegt. Das galt auch für die Rohstoffe, Futter und Lebensmittel.

Sicherlich, wobei das natürlich Güter waren, die zunächst nicht so sehr ins Gewicht fielen, weil man sie über die Neutralen beziehen konnte, im Gegensatz zu dezidierten Kriegsgütern, die sich nicht ohne weiteres über den Weltmarkt substituieren ließen.

Der naheliegende Gedanke staatlicher Vorratsbildung wurde in der Vorkriegszeit verworfen, da es die Trennung von Staat und Wirtschaft aufgehoben hätte; so die Anhänger der Freihandelslehre.

Nunja, inwiefern es eine solch dezidierte Trennung von Staat und Wirtschaft gab, müsste man dann noch mal gesondert diskutieren.
Angesichts dass Unternehmen wie Krupp oder die Werften in Norddeutschland in der Phase unmittelbar vor dem Krieg einen Großteil ihrer Gewinne mit Rüstungsgütern, sprich Staatsaufträgen machten.

In der Amtszeit Schlieffens hingegen, kam das Thema fast zum Erliegen.
Wobei man da in letzter Konsequenz vor dem Hintergrund des russisch-japanischen Krieges wahrscheinlich auch mit guten Gründen davon ausgehen konnte, dass es unwahrscheinlich sein würde, dass Deutschland in einen Krieg verwickelt würde, der so lange andauerte, dass dies wirklich ins Gewicht fallen könnte.
 
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