Wien wollte sich ja auch nicht zu einer Beistandspflicht für einen Angriff Frankreichs verstehen.
Wäre angesichts der Kräftepotentiale Deutschlands und Frankreichs auch nicht notwendig gewesen, zumal die sich im Zeitablauf ja noch reichlich auseinander entwickelten.
Auf der anderen Seite unterstreicht doch gerade aber die Tatsache, dass Bismarck bereit war dieses Bündnis auch ohne dezidierte Beistandspflicht Österreichs im Falle eines nur von Frankreich vorgetragenen Angriffs einzugehen doch, dass es gerade nicht um französische Revanchepotentiale ging, sondern darum Paris die Option zu verbauen zusammen mit Wien ein gegen Deutschland gerichtetes Bündnis auf die Beine zu stellen.
Denn wenn Bismarck vor der französischen Militärmacht allein wirklich Angst gehabt hätte, hätte er diese Bedingungen nicht akzeptiert und auf österreichische Beistandspflicht bestanden.
Ich darf also Gortschakow nicht bemühen
Du darfst natürlich bemühen wen du willst, mir geht es einfach nur darum, dass die deutsch-russischen Beziehungen ja nicht 1878 stehenblieben.
Das hast du Bismarck falsch verstanden.
Wenn ich Bismarck da falsch verstanden habe, warum ging er deiner Meinung nach das Bündnis mit Österreich ein, wenn er es nicht zum Beistand gegen Frankreich (allein) verpflichten konnte?
Das würde wenig Sinn ergeben.
Waldersee berichtet nach einem Besuch in Paris, das war 1878, das ab 1882 mit einem Revanchekrieg zu rechnen sei. Leider wird er in seinen Erinnerungen nicht sehr präzise.
Der selbe Waldersee der gerne mit seinen Präventivkriegsideen den 1. Weltkrieg schon ein Bisschen früher herbeigeführt hätte?
Nen bisschen fragwürdiger Gewährsmann, für die Stimmung in Paris.
Jedenfalls hatte die französische Armee schon 1878 gute Fortschritte der Erholung gemacht gehabt.
Das schon, aber wie sieht es mit der internationalen Lage aus?
Im St. Petersburg und London hat man der Reichseinigung sicherlich keinen Beifall geklatscht, aber handfeste Unterstützung für ein Revanche-Projekt hätte Frankreich da nicht zu erwarten gehabt.
Die Macht auf die Frankreich am Ehesten hätte setzen können, wäre Österreich gewesen (weswegen Bismarck diese Bündnisoption für Frankreich blockieren musste).
Sicher, Frankreich erhohlte sich finanziell und militärisch, es war aber auch zu diesem Zeitpunkt schon klar, dass mehr als militärische Parität mit Deutschland für Frankreich nicht drinn sein würde, somit ein Krieg im Alleingang ein ganz erhebliches Risiko gewesen wäre, der wenn er fehlgegangen wäre die Großmachtstellung hätte kosten können und zwar vollständig, zumal Italien, dass schon 2 mal Profieur einer Anlehnung an Berlin war, eine völlig unberechenbare Größe darstellen musste
Die Lage war für Frankreich für eine Revanchenahme nicht günstig, wenn es nicht Österreich dafür gewinnen und Deutschland in einen Zweifrontenkrieg verwickeln und gleichzeitig Italien ruhig halten konnte.
Ob die Franzosen gegen Italien marschiert wären; sicher nicht als der Dreibund in Kraft trat.
Und hochwahrscheinlich nicht ohne dem, weil das die französischen Truppen in Italien gebunden hätte und gleichzeitig Deutschland hätte herausfordern können, Frankreich erneut zurecht zu stutzen und wenn Deutschland da Bündnis oder nicht, einem angegriffenen Italien zur Hilfe geeilt, Frankreich also der Agressor gewesen wäre hätten weder London noch St. Petersburg einen Finger gerührt um Frankreich zu helfen.
Nein. Nochmal, bei Zweibund ging es in der Abmachung mit Österreich mit Sperrspitze gegen Russland.
De facto war das von Wiener Seite her die conditio um ein Bündnis mit Deutschland einzugehen.
Ich denke man sollte sich aber die Frage stellen, ob der Zweibund geschlossen wurde, weil Bismarck unbedingt ein antirussisches Bündnis wollte oder ob er aus der Einsicht geschlossen wurde, weil klar sein musste, dass sich Österreich durch die Russischen Aktionen am Balkan dermaßen in der Defensive sah, dass zu erwarten war, dass falls kein Bündnis mit Deutschland zustande kommt, es sich Paris an den Hals werfen würde, zumal beide potentielle Sicherheitsinteressen im Bezug auf Italien verband und möglicherweise Revancheinteressen im Bezug auf Deutschland.
Österreich war bezüglich eines französischen Angriffes gegen Deutschland zur Neutralität verpflichtet. Immerhin hatte man so den Rücken frei
Und das ist der eigentliche Grund für den Zweibund, jedenfalls von Berliner Seite her.
aber die Beziehung entwickelte sich so, das an ein Zusammengehen Österreich mit Frankreich gar nicht mehr gedacht wurde.
An ein Zusammengehen mit Österreich war von französischer Seite selbstredend nicht mehr zu denken, weil die Hauptmotivation dafür die Perspektive auf ein antideutsches Bündnis gewesen wäre, mit Italien konnte Frankreich wenn es darauf ankam alleine fertig werden.
Diese Perspektive war natürlich mit dem Zweibund entfallen und das ist der eigentliche Wert des Zweibunds für Berlin gewesen, weder die einseitige militärische Sicherung gegen Frankreich noch die Eindämmung von Russlands Balkaninteressen, letzteres ist für Wien wichtig gewesen, aber nicht für Berlin.
Aha, Deutschland, genauer dessen industrielle Leistungsfähigkeit und demographische Entwicklung, hatte also diese "unnatürliche" Bündnis zwischen französischer Republik und russischer Monarchie ins Leben gerufen
Deutschlands demographischer Zuwachs und seine zunehmende industrielle Leistungsfähigkeit mussten das Gewicht zwischen beiden sukzessive zu Gunsten Deutschlands und gegen Frankreich verschieben.
Die normale Reaktion die Paris darauf hätte zeigen können, wäre zu versuchen einen Block mit Italien und oder Österreich gegen Deutschland aufzubauen um dessen Vormacht einzuhegen.
Das war allerdings durch den Dreibund, der ein Vorgehen Österreichs oder Italiens gegen Deutschland ausschloss unmöglich und erhöhte wegen der Italienischen Territorial- und Kolonialwünsche noch den Handlungsdruck auf Frankreich, weil der Dreibund so wie er war für Frankreich immer die Perspektive eines Zweifrontenkrieges gegen Deutschland und Italien beeinhalten musste, den es totsicher krachend verloren hätte.
Warum meinst du denn, lässt sich Frankreich die Zusicherung der italienischen Neutralität 1902 so viel kosten, obwohl klar war, dass Italien allein Frankreich ohnehin nichts anhaben konnte?
Weil die italienischen Territorialwünsche das Gefahrenpotential eines Krieges mit dem militärisch überlegenen Deutschland in sich trugen, darum.
Und aus genau dem gleichen Grund bleib Paris in dieser Kostellation auch gar nichts anderes übrig, als in Peterspurg Klinken putzen zu gehen und sich die russische Landmacht als Rückversicherung zu verpflichten.
Hätte man das in Paris bei dieser Konstellation nicht versucht, wäre das wohl sicherheitspolitisch eine Harakiri-Aktion gewesen.
Der Effektivste Weg diese Blockbildung zu vermeiden, wäre von deutscher Seite her gewesen der Entwicklung Rechnung zu tragen, den auf Paris lastetenden Druck zu registrieren und durch Abbau der Beziehungen zu den Dreibundpartnern sukzessive die Machtpotentiale in Europa auszugleichen.
Das hätte das russich-französische Bündnis und die ganze unseelige Blockbildung nämlich ziemlich sicher vermieden.