Die Außenpolitik im Kaiserreich: Vergleich Bismarck u. Wilhelm II

Glaubst du nicht, das die Flotte auch als Druckmittel gegen Großbritannien eingesetzt werden sollte, um beispielsweise Zugeständnisse in kolonialen Fragen zu erreichen oder um Bündisfähigkeit zu demonstrieren? Ich glaube, das auch der Gedanke eine Rolle spielte, das man als Weltmacht anerkannt wird.

Der von Dir zitierte Satz, bezog sich auf den Zeitraum vor 1890. Die Flottengründung in den Anfangsjahren hatte ganz andere Gründe, als sie nach 1900 weitergeführt wurde. Im Bezug auf Bismarck, ist zu nennen, daß das Kolonialkonzept von Bismarck darauf beruhte, keine staatliche Verwaltung von Kolonien zu betreiben, sondern die Handelsgesellschaften sollten dies übernehmen, wobei der Schutz dieser Ländereien in vorm eines Schutzbriefes von der deutschen Marine übernommen wurde. Somit lag es noch bis in die 90iger Jahre fern ab, eine Flotte zu bauen, die alleine dazu geschaffen wurde, die große Schlacht zu schlagen.
 
Es gibt zu den kolonialen Auseinandersetzungen eine wirklich lesenwerte Studie:
Fröhlich, Michael: Von Konfrontation zur Koexistenz - die deutsch-englischen Kolonialbeziehungen in Afrika zwischen 1884-1914, 370 Seiten, 1990, Arbeitskreis Deutsche England-Forschung Band 17

Danke für den Literaturtipp.:) Von Fröhlich besitze ich bereits "Imperialismus Deutsche Kolonial- und Weltpolitik 1880 - 1914:" Überlappen diese Werke sich möglicherweise?


Der von Dir zitierte Satz, bezog sich auf den Zeitraum vor 1890. Die Flottengründung in den Anfangsjahren hatte ganz andere Gründe, als sie nach 1900 weitergeführt wurde. Im Bezug auf Bismarck, ist zu nennen, daß das Kolonialkonzept von Bismarck darauf beruhte, keine staatliche Verwaltung von Kolonien zu betreiben, sondern die Handelsgesellschaften sollten dies übernehmen, wobei der Schutz dieser Ländereien in vorm eines Schutzbriefes von der deutschen Marine übernommen wurde. Somit lag es noch bis in die 90iger Jahre fern ab, eine Flotte zu bauen, die alleine dazu geschaffen wurde, die große Schlacht zu schlagen.

Dann formuliere ich etwas anders :): Du bist also nicht der Meinung, das die Vergrößerung der Flotte bzw. der forcierte Ausbau der Flotte mit Beginn der Ära Tirpitz / Bülow eben auch als Druckmittel gegen Großbritannien diente?
 
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Überlappen diese Werke sich möglicherweise?

Vermutlich, das Afrika-Thema ist seine Dissertation (Münster).


Zum "Ursprung" der Flotte:

die frühe Kolonialpolitik hatte bei einigen Gelegenheiten zB Samoa erwiesen, dass man ohne Flottenmacht und ein paar anständige Kreuzer etc. den Kürzeren zog.

Zur dann einsetzenden Spirale siehe oben.
Im übrigen glaube ich nicht, dass die Technologiesprünge damit viel zu tun haben. Ob nun 10-15 Dreadnaught-Typen oder eben 30-40 herkömmliche Linienschiffe, macht mE keinen Unterschied in den politischen Vorgaben. Allenfalls die Unterhaltungskosten, die bei größeren Schiffszahlen in der Folge schwer drücken, hätten den Unsinn und die Neubauten vielleicht früher beendet.
 
Allenfalls die Unterhaltungskosten, die bei größeren Schiffszahlen in der Folge schwer drücken, hätten den Unsinn und die Neubauten vielleicht früher beendet.

Die Kostenfrage nur für sich genommen, ist schon nicht ganz uninteressant.

Ich frage mich nämlich, ob eine der Prämissen, auf die Tirpitz seine Überlegungen basierten, nämlich das Deutschland sich die forcierte Flotterüstung überhaupt leisten kann, so dauerhat zutreffend waren. Beispielsweise ging es im Jahre 1907 doch mit der deutschen Konjunktur ziemlich bergab, so das man schon fast von einer Depression sprechen kann. Genau zu dieser Zeit wurde aber der Bau von den ersten deutschen Dreadnoughts begonnen. Nur war hierfür nicht mehr genügend Geld vorhanden und eine Reform der Finanzen scheiterte ebenfalls. Und das Heer hat ja auch ein bisschen was gekostet.

Wenn man also eine reine Kosten-Nutzen-Analyse bezüglich der deutschen Flotte anstellt, muss man konstatieren, das hier ein grandioses Scheitern der deutschen Bemühungen vorliegt.
 
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Weiterhin ist der Blick nach innen, weniger auf die außenpolitischen Folgen der Flottenrüstung lohnend:


Heer und Marine standen 1900 bei bereits arg strapaziertem Staatsaushalt in Konkurrenz. Noch 1900 fielen beim Zweiten Flottengesetz die beantragten 6 Auslandskreuzer (zum Schutz der Kolonien) durch das Raster der Streichungen mangels Finanzierbarkeit.

Die einsetzende Propaganda (Flottenverein) führte zu Resonanz und einem Flottenenthusiasmus gerade beim Bürgertum. Neben rationalen Begründungsversuchen wurde dabei - und das ging beim Heer so nicht in gleicher Weise, da Schwerpunkt Personalausgaben - auf volkswirtschaftliche Produktivitätsrechnungen gesetzt: Flottenrüstung als Motor der Industrie. Diese Öffentlichkeitsarbeit wurde somit von Umsatzinteressen gestützt, die Unternehmen lassen sich identifizieren:
1. Werften:
Schichau (Elbing und Danzig), Vulcan (Stettin und Hamburg), Weser AG (Bremen), Germania (Kiel), Howaldt (Kiel), B&V (Hamburg) sowie die kaiserlichen Werften Kiel, Danzig und Wilhelmshaven).
2. Panzerplatten: Syndikat Krupp/Dillinger Hütten
3. Schiffsartillerie: Krupp
4. Stahl: Schiffsbaustahlvereinigung
6. Elektro- und Motorenindustrie: AEG, Siemens&Schuckert, Siemens und Halske, MAN

Witt bezeichnet sie als Movens der Flottenpläne, Kriegsschiffsbau als Wiederbelebung von Handel und Industrie, der Börsenkurse steigen lassen würde und eine Marktkonsolidierung erlaube. Das politisch-strategische Umfeld spielte bei dem Ausgabegerangel eher eine nachgeordnete Rolle.

1906 wurden dann die zunächst 6 gestichenen Auslandskreuzer und das Dreiertempo (p.a.) im Großkampfschiffsbau bewilligt.

Witt, Die Finanzpolitik des Deutschen Reiches von 1903 bis 1913.


EDIT: @ turgot

die o.a. wirtschaftliche Begründung liefert dann auch den Zusammenhang von wirtschaftlichen Problemen bei gleichzeitig forcierter Flottenrüstung.
 
Bis zum Jahre 1908/09 waren die Schuldes des Reiches auf enorme 4,5 Milliarden Mark geklettert. Nur für Zinsen waren pro Jahr schon 160 Millionen Mark zu zahlen (1). Das waren für damalige Verhältnisse gewaltige Beträge. Das Scheitern der Reichsfinanzreform hat Bülow doch auch letzlich den Job gekostet, denn den wichtigen Rückhalt bei Wilhelm hat er seit der Dailey-Telegraph-Affäre 1908 verloren gehabt.


(1) Mommsen, Bürgerstolu und Weltmachstreben, S.265, Berlin 1995
 
Dann formuliere ich etwas anders :): Du bist also nicht der Meinung, das die Vergrößerung der Flotte bzw. der forcierte Ausbau der Flotte mit Beginn der Ära Tirpitz / Bülow eben auch als Druckmittel gegen Großbritannien diente?

Na so war das von mir noch weniger formuliert, ich bezog mich dabei auf den Zeitraum vor 1890, also im Bezug auf die Zeit der 70iger und 80iger Jahre und der Außenpolitik Bismarcks.

Diesen Zeitraum der Entwicklung der Seemacht der einzelnen Nationen sowie die außenpolitischen Beziehungen untereinander würde ich nicht mit der Zeit kurz vor dem 1.WK vergleichen.

Und Tirpitz sein größtes Problem bei Ausbau der Flotte war immer das mangelnde Geld.
Die geplanten großen Kreuzer wurden auch nicht gebaut, weil sie für die strategische Ausrichtung der deutschen Flotte in den Augen Tirptzes ein unsinniger Schiffstyp waren. Das man dadurch noch Kosten sparen konnte, war ein toller Nebeneffekt.

Das die Ausrichtung der Flotte nach 1900 in Richtung Großbritannien zielte, kann wohl kaum geleugnet werden. Wurde es doch von Tirpitz selbst in Worte gefasst.
 
Die geplanten großen Kreuzer wurden auch nicht gebaut, weil sie für die strategische Ausrichtung der deutschen Flotte in den Augen Tirptzes ein unsinniger Schiffstyp waren. Das man dadurch noch Kosten sparen konnte, war ein toller Nebeneffekt.

Das sehe ich anders,

war die Streichung nicht die Voraussetzung für das Passieren des Reichstags. Wie das dann hinterher begründet wird, ist natürlich eine andere Frage.

Gestrichen wurde eine "Konzeption": Große Auslandskreuzer. Ansonsten waren über ein Dutzend Große Kreuzer projektiert, eben für die Nord-/Ostseeflotte.

noch ein Hinweis:
http://webdoc.gwdg.de/edoc/p/fundus/4/duehrkohp.pdf
 
Das sehe ich anders,

war die Streichung nicht die Voraussetzung für das Passieren des Reichstags. Wie das dann hinterher begründet wird, ist natürlich eine andere Frage.

Gestrichen wurde eine "Konzeption": Große Auslandskreuzer. Ansonsten waren über ein Dutzend Große Kreuzer projektiert, eben für die Nord-/Ostseeflotte.

Natürlich, wenn man den Flottenplan vor der Tirpitzära nimmt, den der Kaiser und Hollmann Mitte der 90iger vorlegten, war klar abzusehen, dass dieser nicht genehmigt werden würde ( 30 große Kreuzer vom Typ Victoria Luise !!!)


Da Tirpitz ein klares Konzept vorlegte, was den Ausbau der deutschen Flotte anbelangte, konnte er natürlich auch die finanziellen Mittel dafür besser verteilen.
Ach und wenn es nach Tirpitz gegangen wäre, hätte es gar keine großen Kreuzer gegeben. Übringens immer mit einem Bösen Auge vom Kaiser Wilhelm, denn der Stand voll auf große Kreuzer.;)
Der Vorreiter der Flottengesetzte ist die Dienstschrift IX, in der Tirpitz den neuen Weg der Flotte darlegte.
 
Köbis17 schrieb:
Das die Ausrichtung der Flotte nach 1900 in Richtung Großbritannien zielte, kann wohl kaum geleugnet werden. Wurde es doch von Tirpitz selbst in Worte gefasst.

Auf nichts anderes wollte ich hinaus.

Turgot schrieb:
Glaubst du nicht, das die Flotte auch als Druckmittel gegen Großbritannien eingesetzt werden sollte, um beispielsweise Zugeständnisse in kolonialen Fragen zu erreichen oder um Bündisfähigkeit zu demonstrieren? Ich glaube, das auch der Gedanke eine Rolle spielte, das man als Weltmacht anerkannt wird.


Der von Dir zitierte Satz, bezog sich auf den Zeitraum vor 1890. Die Flottengründung in den Anfangsjahren hatte ganz andere Gründe, als sie nach 1900 weitergeführt wurde. Im Bezug auf Bismarck, ist zu nennen, daß das Kolonialkonzept von Bismarck darauf beruhte, keine staatliche Verwaltung von Kolonien zu betreiben, sondern die Handelsgesellschaften sollten dies übernehmen, wobei der Schutz dieser Ländereien in vorm eines Schutzbriefes von der deutschen Marine übernommen wurde. Somit lag es noch bis in die 90iger Jahre fern ab, eine Flotte zu bauen, die alleine dazu geschaffen wurde, die große Schlacht zu schlagen

Der Flottenbau vor der Ära Tirpitz / Bülow war eigentlich auch gar nicht Gegenstand meiner Ausführungen.

Dann formuliere ich etwas anders :): Du bist also nicht der Meinung, das die Vergrößerung der Flotte bzw. der forcierte Ausbau der Flotte mit Beginn der Ära Tirpitz / Bülow eben auch als Druckmittel gegen Großbritannien diente?


Köbis17 schrieb:
Na so war das von mir noch weniger formuliert, ich bezog mich dabei auf den Zeitraum vor 1890, also im Bezug auf die Zeit der 70iger und 80iger Jahre und der Außenpolitik Bismarcks.

Ich habe doch gar nicht auf den Flottenbau vor 1890 verwiesen, deshalb habe ich einfach nochmals meine Frage hinsichtlich der Funktion als Druckmittel gegen Großbritannien gestellt. Aber wahrscheinlich gilt::ichdoof:
;)
 
Na son quatsch turgot, Du bist doch nich doof.....:S

Wir haben halt klassisch aneinander vorbei geredet.

Ich bin halt der Meinung, daß die deutsche Flottenpoltik vor 1899 vollkommen unterschiedlich war, zu derer dannach.
 
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Was schwer verständlich ist, wenn schon die forcierte Flottenrüstung gegen England als Druckmittel dienen sollte, warum wurde in den Planungen und Überlegungen des Reichsmarineamts nicht dann auch die Möglichkeit mit einkalkuliert, das Großbritannien diesen Druck nicht nachgeben würde? Im Prinzip war das Gegenteil der Fall. Großbritannien hat sich mit anderen großen Seemächten wie den USA und Japan arrangiert und auch mit Frankreich und Russland seine Spannungen erfolgreich abgebaut, so das man in der Lage war, in der Nordsee seine Flottenstärke in der Nordsee erhöhen konnte.

Des Weiteren war Großbritannien in der Lage ein sehr hohes Bautempo mit, technisch auf dem neusten Stand, fortschrittlichen Schiffen hinzulegen.

1908 meinte man dann bis 1912, trotz akuter Finanzprobleme, jährlich vier Dreadnoughts fertig stellen wollte. Des Weiteren wurde die Laufzeit der Schiffe auf zwanzig Jahre verkürzt. Nach dem Scheitern der Haldane-Mission sollte dann noch ein fünftes Geschwader aufgestellt werden. Hat man da dann immer noch nicht bemerkt, dass das Projekt gescheitert war?

Auch steht für mich die Frage in Raum, weshalb Tirpitz als Admiral nicht die Möglichkeit einer britischen Fernblockade, wie im Ersten Weltkrieg dann auch geschehen, und das Vermeiden einer großen entscheidenen Seeschlacht durch Großbritannien nicht in sein Kalkül mit einbezog.
 
Zuletzt bearbeitet:
Zum Thema Grundgedanke der deutschen Flotte folgendes:

In Deutschland, vielleicht noch mehr als irgendeinem anderen Land, wurde die Begründung, die Mahan, der Expansionspropagandist, anführte, um die Notwendigkeit einer großen United States Navy zu rechtfertigen, als eine Beschreibung der weltpolitischen Realitäten genommen. Die Überzeugung, daß nur Seemacht die politische und wirtschaftliche Zukunft des Reiches sichern könne, verdrängte das Abwägen potentieller Bedrohungen und militärischer Fähigkeiten auf der Basis der operativen Doktrin. Die Konzepte der Dienstschrift IX blieben die Grundlage des operativen Denkens, aber sie wurden zunehmend zur Leerformel, als die Logik der imperialen Expansion Deutschland diktierte, seine Aufmerksamkeit von der Bedrohung durch den Zweibund abzuwenden und auf Widerstand zu lenken, den überwältigende britische Seemacht dem überseeischen Einflußgewinn des Reiches entgegenzusetzen schien.
Quelle: Maritimer Imperialismus; Rolf Hobson S.224

Zum Thema Blockade:
Tirpitz strategische Ausrichtung der Flotte, lag einzig und allein auf der alles entscheidenden großen Schlacht.
So wurde das Konzept und die folgenden Flottenprogramme dannach ausgerichtet. Erneuert wurden in diversen Novellen nur die Anzahl sowie das eingehen auf technische Neuerungen. Die Flotte sollte also nie gegen Sicherungskräfte vorgehen, sondern die britsiche Navy in einer großen Schlacht vernichten und so die Herrschaft über die Nordsee gewinnen.
 
Zum Thema Grundgedanke der deutschen Flotte folgendes:

In Deutschland, vielleicht noch mehr als irgendeinem anderen Land, wurde die Begründung, die Mahan, der Expansionspropagandist, anführte, um die Notwendigkeit einer großen United States Navy zu rechtfertigen, als eine Beschreibung der weltpolitischen Realitäten genommen. Die Überzeugung, daß nur Seemacht die politische und wirtschaftliche Zukunft des Reiches sichern könne, verdrängte das Abwägen potentieller Bedrohungen und militärischer Fähigkeiten auf der Basis der operativen Doktrin. Die Konzepte der Dienstschrift IX blieben die Grundlage des operativen Denkens, aber sie wurden zunehmend zur Leerformel, als die Logik der imperialen Expansion Deutschland diktierte, seine Aufmerksamkeit von der Bedrohung durch den Zweibund abzuwenden und auf Widerstand zu lenken, den überwältigende britische Seemacht dem überseeischen Einflußgewinn des Reiches entgegenzusetzen schien.
Quelle: Maritimer Imperialismus; Rolf Hobson S.224


Herzlichen Dank für diese Info.


Zum Thema Blockade:
Tirpitz strategische Ausrichtung der Flotte, lag einzig und allein auf der alles entscheidenden großen Schlacht.
So wurde das Konzept und die folgenden Flottenprogramme dannach ausgerichtet. Erneuert wurden in diversen Novellen nur die Anzahl sowie das eingehen auf technische Neuerungen. Die Flotte sollte also nie gegen Sicherungskräfte vorgehen, sondern die britsiche Navy in einer großen Schlacht vernichten und so die Herrschaft über die Nordsee gewinnen.

Das habe ich verstanden. Nur weshalb sah Tirpitz sein Konzept nicht einfach auch die Möglichkeit vor, das Großbritannien ihm eben nicht den Gefallen einer großen Seeschlacht tun würde, sondern sich auf eine verhältnismäßig risikoärmere und sehr effektive und dazu noch "billigere" Fernblockade verlegen könnte. Galt hier das Prinzip, was nicht sein darf, ist auch nicht?
 
Das habe ich verstanden. Nur weshalb sah Tirpitz sein Konzept nicht einfach auch die Möglichkeit vor, das Großbritannien ihm eben nicht den Gefallen einer großen Seeschlacht tun würde, sondern sich auf eine verhältnismäßig risikoärmere und sehr effektive und dazu noch "billigere" Fernblockade verlegen könnte. Galt hier das Prinzip, was nicht sein darf, ist auch nicht?

Grundsätzlich würde ich sagen ja. Gründlicher deutscher Bürokratismus gepaart mit Scheuklappen.

Getreu dem Motto: Die Flotte hat ihren Grundgedanken und dadurch die Daseinsberechtigung. Sie stellt die Risikoflotte dar, und keine Angriffsflotte.
Das sich das Konzept nie änderte sieht man an den Konstruktionen, die z.B. nie einen hohen Fahrbereich hatten. Wozu auch, die Schlacht würde in der Nordsse geschlagen. Aber leider falsch gedacht.
In seiner typisch Deutschen gradlinigen und starren Haltung, hat man sich selbst benachteiligt.
 
[Nur weshalb sah Tirpitz sein Konzept nicht einfach auch die Möglichkeit vor, das Großbritannien ihm eben nicht den Gefallen einer großen Seeschlacht tun würde, sondern sich auf eine verhältnismäßig risikoärmere und sehr effektive und dazu noch "billigere" Fernblockade verlegen könnte.

"Und was machen wir jetzt"?
(Reaktion auf die Umstellung der britischen Strategie auf eine Fernblockade 1912/13)

Man könnte darauf hinweisen, dass die maritime Vorstellungskraft im kontinental orientierten Deutschen Reich wohl dafür nicht ausreichte. Entscheidungsschlachten zu Land sind aus vielfältigen Gründen erzwingbar. Zu See geht das eben aus technischen Gründen nicht ohne weiteres.

Zwei Anmerkungen:
- wieso sollte fest eingeplant gewesen sein, die britische Home Fleet entscheidend zu schlagen?
- das Konzept der verschärften Flottenrüstung ist von der Etatisierung und dem Bau zu trennen, wieso sollte also die verschärfte "Flottenrüstung" um 1900 bereits "Druckmittel" sein? Hobson ist mE eher so zu interpretieren, dass maritim gerüstet/geplant wurde mit einem politischen Tunnelblick.
 
Zwei Anmerkungen:
- wieso sollte fest eingeplant gewesen sein, die britische Home Fleet entscheidend zu schlagen?

Na das liegt doch klar auf der Hand, wenn eine Seeschlacht dann gegen England. Das zeigt allein schon die Konzentration der Hochseeflotte in der Nordsee.
Und im Bereich der Nordsee gab es auch nur die britsiche Flotte als Gegner. Frankreich konzentrierte seine Marine im Mittelmeer und Russland hatte nach dem russisch-japanischen Krieg praktisch keine Flotte mehr.
Allerdings war die britische Marine nicht immer das Hauptziel gewesen. Darum Meine ich auch, das die deutsche Flottenrüstung in drei Zeiten einzuteilen ist.
Der Aufbau bis zu den 90iger Jahren,
Das Hochrüsten bis zum 1.WK und die Zeit während des 1.WK.

- das Konzept der verschärften Flottenrüstung ist von der Etatisierung und dem Bau zu trennen, wieso sollte also die verschärfte "Flottenrüstung" um 1900 bereits "Druckmittel" sein? Hobson ist mE eher so zu interpretieren, dass maritim gerüstet/geplant wurde mit einem politischen Tunnelblick.

Ho, ich würde hier aufpassen, denn auch in Deutschland war man sich schon vor 1900 der politischen Tragweite einer großen Marine bewußt, nur der Einsatz als politisches Druckmittel war wohl so nicht vorgesehn, oder doch?
 
Zwei Anmerkungen:
- wieso sollte fest eingeplant gewesen sein, die britische Home Fleet entscheidend zu schlagen?


Möglicherweise weil die deutsche Flotte in der Lage sein sollte, die erwartete Nahblockade so zu durchbrechen, das diese dann auch unwirksam werden würde. Aber beide Voraussetzungen von Tirptiz sein Kalkül, die Nahblockade und die damit vergundene Seeschlacht, sind nicht eingetreten. Und weiter, hätte Deutschland hierzu nicht dann eine Flottenstärke benötigt, die annäherend der britischen Home Fleet entsprach?
 
Das habe ich verstanden. Nur weshalb sah Tirpitz sein Konzept nicht einfach auch die Möglichkeit vor, das Großbritannien ihm eben nicht den Gefallen einer großen Seeschlacht tun würde, sondern sich auf eine verhältnismäßig risikoärmere und sehr effektive und dazu noch "billigere" Fernblockade verlegen könnte.

"Sehr effektiv"? Die Fernblockade hat das Deutsche Reich von den Weltmeeren abgeschnitten, konnte aber jenseits davon weder kriegsentscheidend wirken noch dem Deutschen Reich eine Bedrohung sein.

Na das liegt doch klar auf der Hand, wenn eine Seeschlacht dann gegen England. Das zeigt allein schon die Konzentration der Hochseeflotte in der Nordsee.

Wo sonst als in den heimischen Gewässern wäre den solch eine große Flotte sicher zu stationieren und instande zu halten?

Und im Bereich der Nordsee gab es auch nur die britsiche Flotte als Gegner. Frankreich konzentrierte seine Marine im Mittelmeer und Russland hatte nach dem russisch-japanischen Krieg praktisch keine Flotte mehr.

Kriegsmarinen sind ja nicht nur dazu da andere Kriegsmarinen zu bekämpfen, sondern auch das Heer zu unterstützen, feindliche Küstenanlagen zu zerstören, feindliche Handelsschiffe aufzubringen usw..

Und weiter, hätte Deutschland hierzu nicht dann eine Flottenstärke benötigt, die annäherend der britischen Home Fleet entsprach?

Nicht wenn man die Flotte taktisch klug führt und alle Vorteile die einem die heimischen Küste bietet (Minen, Küstenbatterien usw.) ausnutzt.
 
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