Die Erben von Byzanz heute

Vielleicht Rache für das Scheitern des Konzils von Florenz. Dort scheiterte 1439 eine Union von West- und Ostkirche am Widerstand des orthodoxen Klerus. Dieser verhängte den Kirchenbann über alle unierten, orthodoxen Christen, also jene die das Primat des römischen Papstes anerkannten.
Im Falle eine Einigung (also Unterordnung der Ostkirche unter dem Papst) versprach das Abendland militärische Hilfe gegen die Türken. Dies blieb nun folglich aus und Konstaninopel wurde vom Abendland offiziell im Stich gelassen.

Als "Türkengefahr" galt in Westeuropa die Bedrohung Österreichs und Süditaliens durch die Osmanen, nicht aber die Bedrohung der orientalischen Schismatiker. Das Oströmische Reich wurde ja nicht erst seit der frühen Neizeit von den Türken bedroht.
 
Zuletzt bearbeitet:
Vielleicht Rache für das Scheitern des Konzils von Florenz. Dort scheiterte 1439 eine Union von West- und Ostkirche am Widerstand des orthodoxen Klerus. Dieser verhängte den Kirchenbann über alle unierten, orthodoxen Christen, also jene die das Primat des römischen Papstes anerkannten.
Im Falle eine Einigung (also Unterordnung der Ostkirche unter dem Papst) versprach das Abendland militärische Hilfe gegen die Türken. Dies blieb nun folglich aus und Konstaninopel wurde vom Abendland offiziell im Stich gelassen.

Als "Türkengefahr" galt in Westeuropa die Bedrohung Österreichs und Süditaliens durch die Osmanen, nicht aber die Bedrohung der orientalischen Schismatiker. Das Oströmische Reich wurde ja nicht erst seit der frühen Neizeit von den Türken bedroht.

Ganz so einfach ist es eben nicht; und das hatten wir auch schon mehrfach:
http://www.geschichtsforum.de/166735-post92.html
http://www.geschichtsforum.de/226378-post205.html
http://www.geschichtsforum.de/286404-post21.html
 
Das soll wohl ein Witz sein? Das Vordringen der "ungläubigen" muslimischen Türken wurde in Europa mit Schrecken und Argwohn betrachtet.

Wikipedia schreibt dazu:

Obgleich Venedig sich schnellstmöglich mit den neuen Machthabern in Konstantinopel einigte und den "friedlichen" lukrativen Handel vorzog.
Oder Ragusa und auch Genua die im ersten osmanisch-venezianischen Krieg von 1423-1430 den Osmanen gegen die Venezianer beistanden und am Vorabend des 29.05.1453 schon Wohnbezirke in Konstantinopel hatten und diese auch unter Mehmet dem Eroberer behalten durften.

So furchterregend und schrecklich können die Osmanen also nicht gewesen sein, zumal die Front von Mitteleuropa noch sehr weit entfernt war und selbst die Ungarn es nicht für nötig hielten Konstantinopel zu entsetzen
 
Obgleich Venedig sich schnellstmöglich mit den neuen Machthabern in Konstantinopel einigte und den "friedlichen" lukrativen Handel vorzog.

Venedig konnte seinen Besitzstand nur durch eine Schaukelpolitik gegenüber der Pforte wahren, was sogleich klar wird, wenn man sich die entsprechende Geschichtskarte anschaut: Die Türken standen praktisch vor Venedigs Terra Ferma, die Gebiete an der dalmatinischen Küste waren vom Osmanischen Reich umschlossen. Dennoch focht die venezianische Flotte in ungezählten Seeschlachten gegen die Türken, was einer der Gründe für einen öfters nahen Staatsbankrotts war - besonders am Ende des MA und zu Beginn der Neuzeit.


Die winzige aristokratische Handelsrepublik Ragusa war völlig von osmanischem Territorium umschlossen und konnte ihre nominelle Souveränität nur wahren, indem sie - wie einige andere - ein tributärer Staat wurde.

Zutreffend ist freilich, dass europäische Staaten im Verlauf der Geschichte aus taktischem Kalkül mit sem Sultan paktierten. Besonders Frankreich tat sich hier hervor, was ihm aber Schmähungen von allen Seiten des Abendlands eintrug.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wenn wir nur ein kleines bischen Konstruktives aus dem Post von Emirkan herausziehen wollen, dann sollten wir vor allem erst einmal differenzieren, für wen die Osmanen Angst einflößend waren, und über welche Zeit wir reden.

Reden wir von den Herrscherhäusern, oder reden wir von einem einfachem Bauern? Reden wir von Materialien, die besonders nach dem Buchdruck im Umlauf gebracht wurden, um die Moral und den Verteidigungswillen zu stärken? Oder reden wir von realen Erfahrungen dieseits und jenseits der Militärgrenze zwischen Habsburg und den Osmanen? usw.
 
Das sind völlig falsche und unhistorische Behauptungen!
Die Türkengefahr war für das Abendland sprichwörtlich und zwar sowohl in christlich-religiöser als auch machtpolitischer Hinsicht.
Kann es sein, daß Ihr hier zeitlich aneinander vorbeiredet?

Für die Zeit der Eroberung Konstantinopels könnte ich mir schon vorstellen, daß es in Westeuropa auch die von Emirkan beschriebenen hämischen Reaktionen gab. Schließlich war das Verhältnis zwischen Westeuropa und Byzanz lange Zeit von Rivalität und Mißtrauen geprägt.

Wobei Emirkan das allerdings noch näher belegen sollte, mir waren solche Reaktionen bisher nicht bekannt.

Die Zeit der "Türkengefahr" lag aber dann doch deutlich später, auch die Bedrohung der venezianischen terra firma - da waren die Osmanen ein gutes Stück näher gerückt, da liegen doch Generationen dazwischen, in denen sich auch die Reaktionen geändert haben.
 
Kann es sein, daß Ihr hier zeitlich aneinander vorbeiredet?

Sicherlich war die "Türkengefahr" mal höher und mal geringer, vor und auch nach dem 29.05.1453.

R.A. schrieb:
Für die Zeit der Eroberung Konstantinopels könnte ich mir schon vorstellen, daß es in Westeuropa auch die von Emirkan beschriebenen hämischen Reaktionen gab. Schließlich war das Verhältnis zwischen Westeuropa und Byzanz lange Zeit von Rivalität und Mißtrauen geprägt.

Im Vatikan war es mit Sicherheit nicht nur Häme sondern auch Schadenfreude über die "vermeintliche Ausschaltung" eines Rivalen.

R.A. schrieb:
Wobei Emirkan das allerdings noch näher belegen sollte, mir waren solche Reaktionen bisher nicht bekannt.

Nach der Union von Florenz 1439 und deren Ablehnung der griechischen Bevölkerung, liegt diese Vermutung von Emirkan nahe! D.h. hochnäsige Katholiken einigen sich nicht mit eingebildete Griechen!

R.A. schrieb:
Die Zeit der "Türkengefahr" lag aber dann doch deutlich später, auch die Bedrohung der venezianischen terra firma - da waren die Osmanen ein gutes Stück näher gerückt, da liegen doch Generationen dazwischen, in denen sich auch die Reaktionen geändert haben.

Kommt darauf an wie man Westeuropa und deren Türkenangst definiert? Zählt man das historische Ungarn zu Westeuropa, war die Türkengefahr schon 1389 mit der Niederlage der Slawen auf dem Amselfeld allgegenwärtig. Und auch die Schlacht gegen die Ungarn und Franzosen 1396 bei Nikopolis, sowie die Schlacht bei Warna 1444 - um nur zwei Beispiele aufzuzeigen - sind wohl wegen der Türkengefahr geschlagen worden. Einige ewig gestrige behaupten sogar die Türkengefahr wäre heute aktueller denn je.

In diesem Sinne und das Ihr mir keinen Türken baut

Seldschuk
 
"Türkengefahr" (...) Westeuropa und deren Türkenangst definiert?

Was ist denn unter "Westeuropa" jener Zeit zu verstehen, mein Lieber? Diesen Terminus halte ich für etwas unglücklich. Meinst du das (katholische) Abendland? Selbstverständlich ist Ungarn hier dazuzuzählen! Wenn du innereuropäische Unterteilungen für jene Zeit vornehmen möchtest, macht imho nur die Grenze des Schismas einen Sinn. :)

Einige ewig gestrige behaupten sogar die Türkengefahr wäre heute aktueller denn je.

Aber Seldschuk, wir wollen doch nicht tagespolitisch werden. :p
 
Was ist denn unter "Westeuropa" jener Zeit zu verstehen, mein Lieber? Diesen Terminus halte ich für etwas unglücklich. Meinst du das (katholische) Abendland? Selbstverständlich ist Ungarn hier dazuzuzählen! Wenn du innereuropäische Unterteilungen für jene Zeit vornehmen möchtest, macht imho nur die Grenze des Schismas einen Sinn. :)

Wir sehen doch alles aus unserer heutigen Sicht, d.h. europäischen Sichtweise. Westeuropa ist in der Tat ein schlecht gewählter Begriff meinerseits, das katholische Abendland ist treffender, da hast Du sicherlich recht.

Für die Ungarn, die mal den Habsburgern und mal den Osmanen zugetan waren, war die Türkengefahr wohl nicht mehr akut, da sie sich mit den neuen Machthabern arrangierten. Erst als der "Befreiungskampf" der Habsburger nach der Niederlage am Kahlenberg begann, vergaßen die Ungarn ihre mißliche Behandlung durch die Habsburger und nahmen am Befreiungskampf gegen die Osmanen teil.
 
Für die Zeit der Eroberung Konstantinopels könnte ich mir schon vorstellen, daß es in Westeuropa auch die von Emirkan beschriebenen hämischen Reaktionen gab. Schließlich war das Verhältnis zwischen Westeuropa und Byzanz lange Zeit von Rivalität und Mißtrauen geprägt..

Das sehe ich nicht so, sondern bin sicher, dass die Eroberung Konstantinopels durch dieTürken das Abendland erschütterte. Ich bin dabei ganz der Meinung von Tante Wiki, die sagt:

In Westeuropa wurde der Fall Konstantinopels mit großem Entsetzen aufgenommen. Auch wenn das Byzantinische Reich bereits seit einiger Zeit keine nennenswerte Rolle unter den europäischen Mächten spielte, hatte Konstantinopel doch einen nach wie vor hohen symbolischen Stellenwert im christlichen Selbstverständnis. Der Sieg des Osmanischen Reichs schien nicht nur die Überlegenheit dieser noch jungen islamischen Macht zu illustrieren. Vor allem das Modell der christianitas, der Idee, dass alle christlichen Mächte zur Eroberung des Heiligen Lands und zur Verbreitung des christlichen Glaubens zusammenstehen sollten, schien endgültig den realpolitischen Machtinteressen geopfert worden zu sein.

http://de.wikipedia.org/wiki/Belagerung_von_Konstantinopel_(1453)
 
Dann schau dir mal an, was Tante Wiki noch alles weiß!;)
Den historischen Auslöser der programmatischen antitürkischen Propaganda bildete der Fall Konstantinopels im Jahr 1453 und der türkische Vorstoß nach Otranto in Süditalien. Verstärkt instrumentalisiert wurde sie aber erst nach dem Zusammenbruch Ungarns in der Schlacht bei Mohács und dem türkischen Angriff auf Wien 1529.
Interessanterweise gab es neben der Türkenfurcht auch eine Türkenhoffnung, Hoffnung auf eine weniger feudale, dafür aber tolerante Herrschaft.
Agricola bezichtigte 1538 die "unwissenden und dummen Bauern, die den Türken als ihren Herrn ersehnten" verdächtiger "Sympathien für den Reichsfeind", und auch Georgewitsch (Türcken-Büchlin, 1558) kritisierte jene christlichen "Leute, die lieber unter den Türken denn unter dem Kaiser leben wollen". Zu den sozialen Hoffnungen der gerade erst im Bauernkrieg blutig unterworfenen Bauern gefährdete auch die religiöse Toleranz bzw. relative Religionsfreiheit der Türken die katholische Ordnung sowie den Universalanspruch von Papst bzw. Kaiser und stellte somit die Einheit der Christenheit in Frage. Simon Wolder (New Türckenbüchlin, 1558) befürchtete deshalb, "daß der Türke uns damit am meisten schaden wird, daß er jederman glauben läßt, was er will, wenn er nur seinen Tribut zahlt".
 
Interessanterweise gab es neben der Türkenfurcht auch eine Türkenhoffnung, Hoffnung auf eine weniger feudale, dafür aber tolerante Herrschaft.

Logischerweise mußte die Kirche und der Kaiser gegen die Osmanen polemisieren, drohte doch der "aufgeklärte" Bauer zum Türken überzulaufen. Die Ansicht, dass die größte Türkenangst bei den beiden herrschenden Klassen vorhanden war, ist wohl kaum zu widerlegen, während die dritte Klasse wohl ohne zu zögern zum Osmanen geworden wäre, aufgrund der Vorzüge auf osmanischem Boden, die es für den Bauern zweifelsohne gegeben haben muss, auch wenn wir uns hier auf die Blütezeit der Osmanen beschränken müssen.
 
Zuletzt bearbeitet:
... während die dritte Klasse wohl ohne zu zögern zum Osmanen geworden wäre, aufgrund der Vorzüge auf osmanischem Boden, die es für den Bauern zweifelsohne gegeben haben muss, auch wenn wir uns hier auf die Blütezeit der Osmanen beschränken müssen.

Dass wage ich doch arg zu bezweifeln. Im christlichen Abendland des Mittelalters waren auch die einfachen Leute von Gottesfurcht durchdrungen und der festen Überzeugung, dass Gott als Weltenherrscher die Geschicke der Menschen bestimmt und es am Jüngsten Tag ein göttliches Weltgericht geben würde, das Endpunkt und Ziel der menschlichen Geschichte sei.

In diesem christlichen Weltbild waren die Türken eine Geißel Gottes, die Furcht erregte und wie die Pest als Prüfung angesehen wurde. Gerade also diie kleinen Leute hatten Schreckensvorstellungen vor den herandrängenden muslimischen Horden, von denen sie glaubten, dass Mord, Plünderung und Vergewaltigung mit ihnen einfallen würden.
 
Dass wage ich doch arg zu bezweifeln. Im christlichen Abendland des Mittelalters waren auch die einfachen Leute von Gottesfurcht durchdrungen und der festen Überzeugung, dass Gott als Weltenherrscher die Geschicke der Menschen bestimmt und es am Jüngsten Tag ein göttliches Weltgericht geben würde, das Endpunkt und Ziel der menschlichen Geschichte sei.

In diesem christlichen Weltbild waren die Türken eine Geißel Gottes, die Furcht erregte und wie die Pest als Prüfung angesehen wurde. Gerade also diie kleinen Leute hatten Schreckensvorstellungen vor den herandrängenden muslimischen Horden, von denen sie glaubten, dass Mord, Plünderung und Vergewaltigung mit ihnen einfallen würden.


Dem würde ich beipflichten wollen. Ein interessantes Schlaglicht auf damalige Vorstellungen werfen Berichte von Gaunern, die sich darauf spezialisierten, sich als angebliche Türkenopfer auszugeben und Kollekten für Angehörige zu sammeln, die aus der Sklaverei auszulösen waren. Vom 16. bis in die ersten Dekaden des 18. Jhds gab es viele solcher "Türkensklaven". Als im Verlauf des 18. Jhds der osmanische Einfluß schwand und von keiner Bedrohung mehr die Rede sein konnte, nahmen auch solche Gauner ab.

Zigeuner wurden jahrhundertelang verfolgt, und ihre Verfolgung wurde häufig damit begründet, dass man sie verdächtigte, für die Osmanen zu spionieren.
 
@Dieter: Gerade also diie kleinen Leute hatten Schreckensvorstellungen vor den herandrängenden muslimischen Horden, von denen sie glaubten, dass Mord, Plünderung und Vergewaltigung mit ihnen einfallen würden.
Die "kleinen Leute" oft genug Gelegenheit zu erleben, dass an diesen Vorstellungen auch was dran war. Und damit es auch der letzte tief im Reich mitbekam, wurde entsprechende Flugschriften verbreitet, die auch ein Analphabet verstand.
 

Anhänge

  • türk.jpg
    türk.jpg
    4,3 KB · Aufrufe: 593
In diesem christlichen Weltbild waren die Türken eine Geißel Gottes, die Furcht erregte und wie die Pest als Prüfung angesehen wurde. Gerade also diie kleinen Leute hatten Schreckensvorstellungen vor den herandrängenden muslimischen Horden, von denen sie glaubten, dass Mord, Plünderung und Vergewaltigung mit ihnen einfallen würden.

Du sagst es Dieter! Es war das christliche Bild und die Türken waren eine Geißel des "christlichen Gottes", zweifelsohne. Und genau dieses christliche Bild galt es aufrecht zu erhalten, damit die Kirche und der Kaiser ihre "Schäflein" nicht verloren. Wie in den Links von lynxxx beschrieben, gab es eine große Anziehungskraft des Osmanischen Staates auf die einfachen christlichen Bauern, welche an die Scholle gebunden waren und auch Frondienste leisten mussten, was bei den Osmanen erst in deren Spätzeit aufkam. Zudem oblag den Bodeninhabern (Timarioten) nicht die Gesetzbarkeit über die Bauern, diese lag ausschließlich in den Händen der Kadis. Die Bauern im O.R. waren keine Leibeigene, sie waren personenrechtlich frei. Dies waren grundlegende Unterschiede zu den Bauern im christlichen Europa.

Wir müssen uns bei dieser Debatte also immer vor Augen halten, dass die Anziehungskraft nur gegeben war, als sich das O.R. auf dem Höhepunkt seiner Macht befand und die beiden herrschenden Klassen dies zu verhindern suchten.
 
Es war das christliche Bild und die Türken waren eine Geißel des "christlichen Gottes", zweifelsohne. Und genau dieses christliche Bild galt es aufrecht zu erhalten, damit die Kirche und der Kaiser ihre "Schäflein" nicht verloren. Wie in den Links von lynxxx beschrieben, gab es eine große Anziehungskraft des Osmanischen Staates auf die einfachen christlichen Bauern, welche an die Scholle gebunden waren und auch Frondienste leisten mussten...

Dem möchte ich ganz vorsichtig entgegenhalten, daß die Osmanen um 1565 auf Malta keineswegs Anziehungskraft entfalten konnten, obwohl nach dieser Argumentation das Gegenteil hätte der Fall sein müssen: der sizilianische Adel, der die Insel einst beherrscht hatte, zeichnete sich gewiß nicht dadurch aus, daß er den einfachen Menschen mehr Privilegien gestattete als anderswo, die Ritter des Johanniterordens, die neuen Herren, waren - aus Sicht der Malteser - offenbar vollkommen uninteressiert und separierten sich in Türmen, Festungen und Palästen, und auch sie zeigten sich nicht geneigt, den Menschen mehr Privilegien o. dgl. zu gestatten.
Dennoch aber bemühten die Osmanen bei ihrer Belagerung sogar die Sprachenkarte (Maltesisch ist ja eine semitische Sprache und dem Arabischen nächstverwandt), um bei den Maltesern Verbundenheit - über die arabischen Untertanen des Sultans - zu gewinnen, damit diese nicht Seite an Seite mit den Ordensrittern kämpften.

Ein Grund dafür ist recht simpel und zeigt, daß wir bei historischen Kontexten oftmals eben nicht einfach sagen können "die Türken waren schrecklich" oder "die Türken waren eigentlich gar nicht schrecklich": noch bis einige Jahrzehnte vorher war Malta von nordafrikanischen Korsaren regelmäßig überfallen worden, welche diejenigen Malteser, derer sie habhaft wurden, als Sklaven an die Osmanen verkauften. Daß "die Türken" also durchaus als reales Übel wahrgenommen wurden, hatte auch ganz praktische Gründe - mögen diese "Sklavengeschichten" auch in schrecklichen Farben gemalt und unbotmäßig überhöht worden sein...

... die einfachen christlichen Bauern, welche an die Scholle gebunden waren und auch Frondienste leisten mussten, was bei den Osmanen erst in deren Spätzeit aufkam...
Die Bauern im O.R. waren keine Leibeigene, sie waren personenrechtlich frei. Dies waren grundlegende Unterschiede zu den Bauern im christlichen Europa.

Das ist aber zu stark verallgemeinert, denn derart generalisierte Aussagen lassen sich nicht einmal treffen, wenn wir nur das westliche Europa betrachten: http://www.geschichtsforum.de/372322-post81.html

Wir müssen uns bei dieser Debatte also immer vor Augen halten, dass die Anziehungskraft nur gegeben war, als sich das O.R. auf dem Höhepunkt seiner Macht befand und die beiden herrschenden Klassen dies zu verhindern suchten.

Wir sollten dabei v.a. mehr differenzieren - siehe oben.



@Alle Mitdiskutanten

Eine grundsätzliche Anmerkung: Ich wäre allen außerordentlich verbunden, wenn mehr inhaltlich und sachlich und v.a. weniger emotional diskutiert würde.
Außerdem frage ich mich, was diese Diskussion noch mit dem ursprünglichen Thema zu tun hat... :grübel::pfeif::fs:



PS: Noch einige andere Dinge, um zu versuchen, den Bogen zurück zur byzantinischen Thematik zu schlagen...
1. Daß der Vatikan bzw. der Papst bzw. die römische Kirche bei der Eroberung Konstantinopels 1453 Schadenfreude über die "vermeintliche Ausschaltung" eines Rivalen empfunden habe, entbehrt jeglicher historischen Grundlage - vgl. dazu nochmals:
http://www.geschichtsforum.de/166735-post92.html
http://www.geschichtsforum.de/226378-post205.html
http://www.geschichtsforum.de/286404-post21.html
2. Daß Venedig sich mit den Osmanen einigte und ausgesprochen guten Handel führte, ist in der Geschichte dieser Seemacht nichts Ungewöhnliches, sondern sogar etwas Normales gewesen. Die Osmanen waren nicht der erste Feind, mit dem man nach kriegerischen Auseinandersetzungen trotzdem friedlichen Handel betrieb. Was ab dem 14. Jh. bei Venedig dabei hinzukommt und dies mit Sicherheit verstärkt, ist der Fakt, daß ein früherer starke Waffenbruder - nämlich der Templerorden - nicht mehr existierte, so daß die Venezianer bspw. auch Stellvertreterkriege/-fehden wie noch Mitte des 13. Jh. im Heiligen Land nicht mehr führen konnten.
Anm.: Genua konnte bspw. einerseits offen mit den Osmanen friedlich handeln und andererseits verdeckt von der Kaperung osmanischer Galeeren profitieren, denn einer seiner Verbündeten aus dem Heiligen Land existierte mit dem Johanniterorden noch.
3. Daß "Ragusa und auch Genua die im ersten osmanisch-venezianischen Krieg von 1423-1430 den Osmanen gegen die Venezianer beistanden", kann man nur vor dem Hintergrund der stetigen Streitigkeiten zwischen den italienischen Seemächten, insbesondere Venedig und Genua, sowie den unter 1. verlinkten Hintergründen verstehen...
 
timo: 1. Daß der Vatikan bzw. der Papst bzw. die römische Kirche bei der Eroberung Konstantinopels 1453 Schadenfreude über die "vermeintliche Ausschaltung" eines Rivalen empfunden habe, entbehrt jeglicher historischen Grundlage - vgl. dazu nochmals:

Wie denn auch, da denke man doch nur mal logisch und realpolitisch nach.
Das byzantinische Reich war doch in gewisser Hinsicht eine tolle Kompensation, wieso sollte man da froh sein, wenn so ein Polster zerrissen wird?
 
1. Daß der Vatikan bzw. der Papst bzw. die römische Kirche bei der Eroberung Konstantinopels 1453 Schadenfreude über die "vermeintliche Ausschaltung" eines Rivalen empfunden habe, entbehrt jeglicher historischen Grundlage -

Anzunehmen, das Papsttum sei glücklich über die muslimisch-türkische Eroberung von Byzanz gewesen, ist in der Tat eine wüste Spekulation.

Bekanntlich vollzog Kaiser Johannes VIII. Palaiologos auf dem Konzil von Ferrara-Florenz 1439 sogar in eigener Person die Union mit Rom und erkannte den Primat des Papstes an. Außer Vorwürfen in Konstantinopel brachte ihm das allerdings wenig.

Zudem brach auf päpstliche Initiative hin ein letztes Kreuzfahrerheer gegen die Osmanen auf, das allerdings 1444 bei Varna das Schicksal seiner Vorgänger erlitt. Aus dem Abendland war danach für Konstantinopel keine Hilfe mehr zu erwarten.
 
Zurück
Oben