Es war das christliche Bild und die Türken waren eine Geißel des "christlichen Gottes", zweifelsohne. Und genau dieses christliche Bild galt es aufrecht zu erhalten, damit die Kirche und der Kaiser ihre "Schäflein" nicht verloren. Wie in den Links von lynxxx beschrieben, gab es eine große Anziehungskraft des Osmanischen Staates auf die einfachen christlichen Bauern, welche an die Scholle gebunden waren und auch Frondienste leisten mussten...
Dem möchte ich ganz vorsichtig entgegenhalten, daß die Osmanen um 1565 auf Malta keineswegs Anziehungskraft entfalten konnten, obwohl nach dieser Argumentation das Gegenteil hätte der Fall sein müssen: der sizilianische Adel, der die Insel einst beherrscht hatte, zeichnete sich gewiß nicht dadurch aus, daß er den einfachen Menschen mehr Privilegien gestattete als anderswo, die Ritter des Johanniterordens, die neuen Herren, waren - aus Sicht der Malteser - offenbar vollkommen uninteressiert und separierten sich in Türmen, Festungen und Palästen, und auch sie zeigten sich nicht geneigt, den Menschen mehr Privilegien o. dgl. zu gestatten.
Dennoch aber bemühten die Osmanen bei ihrer Belagerung sogar die Sprachenkarte (Maltesisch ist ja eine semitische Sprache und dem Arabischen nächstverwandt), um bei den Maltesern Verbundenheit - über die arabischen Untertanen des Sultans - zu gewinnen, damit diese nicht Seite an Seite mit den Ordensrittern kämpften.
Ein Grund dafür ist recht simpel und zeigt, daß wir bei historischen Kontexten oftmals eben nicht einfach sagen können "die Türken waren schrecklich" oder "die Türken waren eigentlich gar nicht schrecklich": noch bis einige Jahrzehnte vorher war Malta von nordafrikanischen Korsaren regelmäßig überfallen worden, welche diejenigen Malteser, derer sie habhaft wurden, als Sklaven an die Osmanen verkauften. Daß "die Türken" also durchaus als reales Übel wahrgenommen wurden, hatte auch ganz praktische Gründe - mögen diese "Sklavengeschichten" auch in schrecklichen Farben gemalt und unbotmäßig überhöht worden sein...
... die einfachen christlichen Bauern, welche an die Scholle gebunden waren und auch Frondienste leisten mussten, was bei den Osmanen erst in deren Spätzeit aufkam...
Die Bauern im O.R. waren keine Leibeigene, sie waren personenrechtlich frei. Dies waren grundlegende Unterschiede zu den Bauern im christlichen Europa.
Das ist aber zu stark verallgemeinert, denn derart generalisierte Aussagen lassen sich nicht einmal treffen, wenn wir nur das westliche Europa betrachten:
http://www.geschichtsforum.de/372322-post81.html
Wir müssen uns bei dieser Debatte also immer vor Augen halten, dass die Anziehungskraft nur gegeben war, als sich das O.R. auf dem Höhepunkt seiner Macht befand und die beiden herrschenden Klassen dies zu verhindern suchten.
Wir sollten dabei v.a. mehr differenzieren - siehe oben.
@Alle Mitdiskutanten
Eine grundsätzliche Anmerkung: Ich wäre
allen außerordentlich verbunden, wenn mehr inhaltlich und sachlich und v.a. weniger emotional diskutiert würde.
Außerdem frage ich mich, was diese Diskussion noch mit dem ursprünglichen Thema zu tun hat... :grübel:
feif::fs:
PS: Noch einige andere Dinge, um zu versuchen, den Bogen zurück zur byzantinischen Thematik zu schlagen...
1. Daß der Vatikan bzw. der Papst bzw. die römische Kirche bei der Eroberung Konstantinopels 1453 Schadenfreude über die "vermeintliche Ausschaltung" eines Rivalen empfunden habe, entbehrt jeglicher historischen Grundlage - vgl. dazu nochmals:
http://www.geschichtsforum.de/166735-post92.html
http://www.geschichtsforum.de/226378-post205.html
http://www.geschichtsforum.de/286404-post21.html
2. Daß Venedig sich mit den Osmanen einigte und ausgesprochen guten Handel führte, ist in der Geschichte dieser Seemacht nichts Ungewöhnliches, sondern sogar etwas Normales gewesen. Die Osmanen waren nicht der erste Feind, mit dem man nach kriegerischen Auseinandersetzungen trotzdem friedlichen Handel betrieb. Was ab dem 14. Jh. bei Venedig dabei hinzukommt und dies mit Sicherheit verstärkt, ist der Fakt, daß ein früherer starke Waffenbruder - nämlich der Templerorden - nicht mehr existierte, so daß die Venezianer bspw. auch Stellvertreterkriege/-fehden wie noch Mitte des 13. Jh. im Heiligen Land nicht mehr führen konnten.
Anm.: Genua konnte bspw. einerseits offen mit den Osmanen friedlich handeln und andererseits verdeckt von der Kaperung osmanischer Galeeren profitieren, denn einer seiner Verbündeten aus dem Heiligen Land existierte mit dem Johanniterorden noch.
3. Daß "Ragusa und auch Genua die im ersten osmanisch-venezianischen Krieg von 1423-1430 den Osmanen gegen die Venezianer beistanden", kann man nur vor dem Hintergrund der stetigen Streitigkeiten zwischen den italienischen Seemächten, insbesondere Venedig und Genua, sowie den unter 1. verlinkten Hintergründen verstehen...