Die germanische Bezeichnung für 'Römer'

Meiner Ansicht nach konnten die "Germanen" die Römer von den Kelten sehr gut unterscheiden,

Und damit scheidet Walaha dann doch aus.

Bliebe noch Rumiska. Dazu lehne ich mich mal aus dem Fenster und behaupte, die überwiegende Mehrzahl der "Germanen" wusste im 1. Jahrhundert vor Chr. nicht, was das römische Bürgerrecht ist. Für die überwiegende Mehrheit der "Germanen" hätte 'rumisk' also 'aus der Stadt Rom kommend' bedeutet.
Wenn man sich das römische Heer zur Okkupationszeit aber mal anschaut stellt man fest, dass die überwiegende Mehrheit der Soldaten nicht aus der Stadt Rom kam, und auch nicht das römische Bürgerrecht hatte:

"Die Auxiliartruppen stellten laut Tacitus etwa die Hälfte der römischen Streitmacht, also wohl etwa 150.000 Soldaten. Exakte Angaben fehlen. In ihnen dienten hauptsächlich als Mannschaften Männer, die frei geboren waren, aber nicht das römische Bürgerrecht besaßen, wobei es vorkommen konnte, dass einzelne Einheiten als besondere Auszeichnung geschlossen das Bürgerrecht erhielten. Die reguläre Dienstzeit lag bei 25 Jahren (in der Flotte bei 26 Jahren). Die Soldaten erhielten zwar einen geringeren Sold als die Legionäre (die bereits römische Bürger waren), aber dafür nach dem ehrenvollen Abschied das Bürgerrecht (dokumentiert in den Militärdiplomen) für sich und ihre Nachkommen. Dies war der Hauptanreiz für einen Eintritt in die Truppe.
Auxiliareinheiten wurden in wesentlich kleineren Verbänden/Einheiten in der Fläche zur Befriedung und Überwachung der Provinzen eingesetzt ...
Über die Auxiliareinheiten erfolgte auch eine massive Romanisierung der Provinzen, da sich diese bald, bis auf wenige Ausnahmen, nicht weiter aus den Ursprungsgebieten der ersten Mitglieder rekrutierten, sondern vor Ort (wodurch die ursprüngliche Bindung an eine Ethnie rasch verloren ging)."

Auxiliartruppen ? Wikipedia

Für die Germanen stellten sich die römischen Soldaten also auch als polyethnischer Kriegerverband dar, dem teilweise sogar Germanen angehörten, und es wäre wohl keinem Germanen eingefallen, einen anderen Germanen als 'aus der Stadt Rom kommend' zu bezeichnen.
 
Das römische Reich begegnete den Bewohnern der Germania vermutlich wenn nicht als Händler zuerst als Militär, d.h. einer umfassenden Militärmaschinerie, die gleichzeitig administrative, logistische, wirtschaftliche und politische Funktionen erfüllte, vom Polizei - bis zum Postdienst, Bau-und Schanzarbeiten; der unübersehbare "historische" Kern waren die Legionen, die Schwere Infanterie, das Offizierskorps, damit die militärische Elite Roms - wenn Rom Geiseln forderte, Verträge aushandelte, Varus Recht sprach im Namen Roms, dann war das römische Reich jedem "germanischen" Bauern ein Begriff, sprachlich (die fremde Amts-und Verkehrssprache Latein), ökonomisch (Leitwährung römischer Denar) und kulturell (Sitten, Religion, Moden, Konsum). Das römische Reich umfasste einen politischen, kulturellen und ökonomischen Raum, in denen ethnische Zugehörigkeiten weniger bedeutsam waren als das römische Bürgerrecht -damit werden die Romani alle die, die diesem Raum zugehören, und nicht nur die Bewohner Roms. Die römische Armee war kein polyethnischer Kampfverband, sondern in der spätrepublikanischen und frühkaiserzeitlichen Phase ganz klar um die Eliteeinheiten die Legionen aufgebaut, unter der Befehlsgewalt eines hierarchischen Korps - Julius Cäsar war nicht der Heerkönig eines Stammesverbandes aus Kriegergefolgschaften wie sein Gegner Ariovist, sondern Führer eines einheitlich und standardisiert ausgebildeten, bewaffneten und organisierten Armee, von der Marsch - bis zur Schlachtordnung. Im Übrigen nervt es mich, dass du wenig auf die Argumentationen der Diskutierenden eingehst, sondern schon wieder das nächste Schwein durchs Historikerdorf jagst....
 
Zuletzt bearbeitet:
Um herauszufinden, dass die Römer sich als "Romani" bezeichneten und ihr Obermotz in "Roma" residierte, benötigte kein Germane Kenntnisse über das römische Bürgerrecht...
 
Wenn man sich das römische Heer zur Okkupationszeit aber mal anschaut stellt man fest, dass die überwiegende Mehrheit der Soldaten nicht aus der Stadt Rom kam,
fein, nur sagt das ABSOLUT NICHTS über die germanischen Vokabeln im 1. Jh. aus!

Um mal den Spielverderber zu machen:
so lange keine Quellen zu germanischen Sprachen des 1. Jhs. vorliegen, ist das alles (hadu* = Kampfrömer) nur Sankt Spekulatius - und auf Dauer langweilig.

@LEG XVII
Sepiola hat dir doch wissenswertes über den Wortschatz der ältesten aufgezeichneten germanischen Sprache, nämlich dem Gotischen, mitgeteilt - warum äußerst du dich dazu eigentlich nicht?
 
Sepiola hat dir doch wissenswertes über den Wortschatz der ältesten aufgezeichneten germanischen Sprache, nämlich dem Gotischen, mitgeteilt - warum äußerst du dich dazu eigentlich nicht?

Vorsicht. Auf die Gefahr hin, dass das wieder in Hypothesen eingebaut wird, für die es sich nicht eignet: Vom Gotischen haben wir die ältesten germanischen Textzeugnisse. Es gibt aber noch ältere Schriftzeugnisse. Letztere geben uns aber auch nichts zur germanischen Bezeichnung für die Römer. Ich nehme ja an, dass man sie als
Arsazluka ūte sunþrą efþan westrą
bezeichnete. Aber Quellen habe ich dafür auch keine. :cool:
 
@LEG XVII
Sepiola hat dir doch wissenswertes über den Wortschatz der ältesten aufgezeichneten germanischen Sprache, nämlich dem Gotischen, mitgeteilt - warum äußerst du dich dazu eigentlich nicht?

Das hab ich doch schon getan. Das Wissen um eine ostgermanische Sprache die im 4. Jahrhundert im Schwarzmeerraum gesprochen worde ist gut und schön, wir bräuchten aber Informationen über westgermanische Sprachen, die im 1. Jahrhundert im Nordwesten Mitteleuropas gesprochen wurden, z. B. das von mir erwähnte Handbuch des Brukterischen aus dem 1. Jahrhundert v. Chr.

Des Weiteren sind die von Sepiola aufgeführten Wörterbücher unvollständig, die Übersetzung für Cherusker habe ich in keinem gefunden. So bleibt meine Frage aus #129 weiter unbeantwortet, ob sich in Cherusker eine Ortsangabe oder eine Eigenschaft verbirgt, und damit die prinzipielle Frage, ob germanische Stämme eher nach Orten oder eher nach Eigenschaften benannt wurde.

Auf Biturigos' Argument kann ich natürlich auch noch einmal eingehen, obwohl ich es genau im Post vorher schon gesagt hatte. Da die Germanen bis dato keinen Staat kannten, war Julius Cäsar für sie tatsächlich der Heerkönig einer Kriegergefolgschaft. Und die Germanen kamen eben nicht hauptsächlich mit den Legionen in Kontakt, sondern wie der Wikipedia Artikel es beschreibt mit den Hilfstruppen ("Auxiliareinheiten wurden in wesentlich kleineren Verbänden/Einheiten in der Fläche zur Befriedung und Überwachung der Provinzen eingesetzt ...").
 
Im Stammesnamen der Cherusker versteckt sich der Hirsch: Her(u)sk/Herut. Also weder Eigenschaft noch Ortsangabe.
 
Nun, um den Kampfrömer endlich aus der Welt zu bringen:

Bei Germanens war es üblich, das gewappnete auftauchten und nach deren Abzug zwar noch ein paar Leute lebten aber das komplette Essen sich mit den Gewappneten entfernte.
Also die Römer waren in der Beziehung als streitsüchtiges Volk eher die milde Form.

Wenn es denn überhaupt eine Gesamtbezeichnung für "die Römer" gab, dann sowas wie "Roman...", Ansonsten eben "Varus "Leute" usw. Oder eben den Legionsnamen/Beinamen. Alles andere macht ja garkeinen Sinn
 
Das hab ich doch schon getan. Das Wissen um eine ostgermanische Sprache die im 4. Jahrhundert im Schwarzmeerraum gesprochen worde ist gut und schön, wir bräuchten aber Informationen über westgermanische Sprachen, die im 1. Jahrhundert im Nordwesten Mitteleuropas gesprochen wurden, z. B. das von mir erwähnte Handbuch des Brukterischen aus dem 1. Jahrhundert v. Chr.

Wir müssen mit den Quellen arbeiten, die vorhanden sind.

Die Sprache der Goten bezeugt immerhin, dass Germanen, die mit Römern zu tun hatten, auch keine Probleme hatten, die Eigenbezeichnung der Römer ("Romani") in ihre Sprache einzubauen ("rumoneis").


Mit erfundenen Handbüchern und erfundenen Wortbedeutungen kann man nicht argumentieren.

Da die Germanen bis dato keinen Staat kannten, war Julius Cäsar für sie tatsächlich der Heerkönig einer Kriegergefolgschaft. Und die Germanen kamen eben nicht hauptsächlich mit den Legionen in Kontakt
Unsinn.
Als die Germanen sich mit Caesar kloppten, hatte er sehr wohl seine Legionen mit dabei.
Schlacht im Elsass ? Wikipedia


sondern wie der Wikipedia Artikel es beschreibt mit den Hilfstruppen ("Auxiliareinheiten wurden in wesentlich kleineren Verbänden/Einheiten in der Fläche zur Befriedung und Überwachung der Provinzen eingesetzt ...").
Z. B. gab es etliche Raetorum Vindelicorum cohortes; ein Grabstein für einen Angehörigen dieser Einheiten hat sich in Mainz erhalten:
Epigraphische Datenbank Heidelberg
UBI ERAT LUPA - Römische Steindenkmäler

Raetorum Vindelicorumque et Gallicae cohortes waren laut Tacitus (ann 2,17) unter Germanicus gegen Arminius im Einsatz.

Falls die Germanen diese Auxiliareinheiten als Kelten identifizieren konnten, dann könnten sie sie auch mit dem Wort für "Kelten" bezeichnet haben:

Walaha-***, Walahaz***, Walha-***, Walhaz***, germ., st. M. (a): nhd. Kelte, Welscher, Fremder; ne. Celt, Welsh (M.), foreigner; RB.: got., an., ae., as., ahd.; Q.: PN? (4. Jh.); E.: aus lat.-kelt. Volca; W.: s. got. *wal-a- (1), Adj. (a), welsch?; W.: s. got. *walh-s?, Adj. (a), welsch, ausländisch; W.: an. Val-ir, st. M. (i) Pl., Einwohner Nordfrankreichs, Welsche, Kelten, Unfreie, Sklaven; W.: ae. *wal?, st. M. (a), Welscher, Kelte; W.: ae. wealh (1), st. M. (a), Welscher, Kelte, Brite, Waliser, Fremder, Sklave; W.: as. *walh?, st. M. (a), Welscher, Kelte; W.: ahd. Walah* 8, st. M. (a), Welscher, Fremder, Romane, Römer, Rutuler, Nichtdeutscher; mhd. Walch, st. M., sw. M., Welscher, Romane, Italiener, Franzose; L.: Falk/Torp 403, Kluge s. u. Walnuß; Son.: Schönfeld, Wörterbuch der altgermanischen Personen- und Völkernamen, 1911, 250 (Walagothi)

Einen Grund, erfundene Wortbedeutungen einzuführen, sehe ich nicht.
 
Falls die Germanen diese Auxiliareinheiten als Kelten identifizieren konnten, dann könnten sie sie auch mit dem Wort für "Kelten" bezeichnet haben

Hier habe ich eine Zwischenfrage:

Gab es bei "den Germanen" überhaupt ein Bewusstsein für so etwas wie "die Kelten"? Gab es dieses Bewusstsein bei den Galliern selbst? Gab es also überhaupt ein Wort für "Kelten"?

Die Bezeichnung "Gallier" ist doch ebenso eine römische Klassifizierung wie die Bezeichnung "Germanen" für die Bewohner jenseits des Rheins.

Im Selbstverständnis der so bezeichneten Gruppen gab es diese Kategorien doch kaum, zumal die Übergänge fließend waren, man den einen Nachbarn sprachlich besser, den anderen schlechter verstehen konnte.
 
Bei Germanens war es üblich, das gewappnete auftauchten und nach deren Abzug zwar noch ein paar Leute lebten aber das komplette Essen sich mit den Gewappneten entfernte.
Also die Römer waren in der Beziehung als streitsüchtiges Volk eher die milde Form.

Wilfried, versuch das bitte aus der Sicht eines einfachen Feld-Wald-und-Wiesen Germanen zu betrachten. Für den waren römische Legionäre nicht die üblicher Gewappneten die ab und zu mal auftachten. Für den waren das Kampfmaschinen aus der Zukunft. Der war davon genau so beeindruckt wie wir das heute von einem imperialen Kampfläufer wären. Wie die Rebellen gezeigt haben kann man so einem Kampfläufer natürlich doch irgendwie beikommen, aber relativ betrachtet ist die imperiale Technik der unseren natürlich genauso um Jahrhunderte voraus wie das die Technik der Römer im 1. vorchristlichen Jahrhundert gegenüber der Technik der Germanen auch war. Und da ist meine Meinung eben, dass dieser Kulturschock auch in die Bezeichnung für die Römer eingeflossen ist.

Imperiale Kampfläufer auf dem Nordgrat:
 

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Aber gut, ich gebe auf, ich möchte ja auch niemandem auf die Nerven gehen.
Als die 'Kämperischen' oder die 'Kriegerischen', basierend auf den nordwesteuropäischen Wortstämmen 'hathu' oder 'catu', sind die römischen Soldaten im 1. Jahrhundert v. Chr. nicht bezeichnet worden. Wahrscheinlich sind die römischen Soldaten schon zu diesem Zeitpunkt mit Bezug auf den Herkunftsort Rom als 'Rumonais' bezeichnet worden.

Ich hoffe ich habe das Ergebnis unserer Diskussion damit korrekt wiedergegeben. Danke für die spannende Diskussion.
 
Das wird ja immer abstruser. Wir wissen nicht, wie die Germanen die Römer zur Okkupationszeit bezeichnet haben. Villeicht als rumoneis oder Walaha. Vielleicht als "kleine Menschen, die in Metall steckten":rofl:. Mit Ockhams Rasiermesser präferiere ich rumoneis oder vielleicht auch Walaha.





Vorsicht. Auf die Gefahr hin, dass das wieder in Hypothesen eingebaut wird, für die es sich nicht eignet: Vom Gotischen haben wir die ältesten germanischen Textzeugnisse. Es gibt aber noch ältere Schriftzeugnisse. Letztere geben uns aber auch nichts zur germanischen Bezeichnung für die Römer. Ich nehme ja an, dass man sie als
Arsazluka ūte sunþrą efþan westrą
bezeichnete. Aber Quellen habe ich dafür auch keine. :cool:

Was heißt das?:grübel:
 
Als die 'Kämperischen' oder die 'Kriegerischen', basierend auf den nordwesteuropäischen Wortstämmen 'hathu' oder 'catu', sind die römischen Soldaten im 1. Jahrhundert v. Chr. nicht bezeichnet worden.
Wobei immer noch die Frage offen geblieben ist, wie im Hochmittelalter aus einem deutschen Hadu- ein keltisches kat(tu) geworden sein soll, zu einer Zeit, als das Keltische in die westeuropäischen Randlagen auf den britischen Inseln und der Bretagne verdrängt war, in einer Region, in der es von den Toponymen her keine bekannten keltischen Spuren gibt...
 
Das übersetze ich jetzt nicht, aber probiers doch mal selber aus:
germ

Schauen wir mal:

Arsazluka ist ein Kompositwort aus Arsaz und luka, ersteres heißt Gesäß, letzteres bezeichnet eine Öffnung. Sollte das etwa ****** heißen?:red::autsch:

ūte heißt "aus"
sunþra heißt "Süden"

efþan heißt "oder"

westra heißt "Westen"

"Die Gesäß-Öffnungen aus dem Süden oder Westen"=)
 
Gab es bei "den Germanen" überhaupt ein Bewusstsein für so etwas wie "die Kelten"? Gab es dieses Bewusstsein bei den Galliern selbst? Gab es also überhaupt ein Wort für "Kelten"?

Die Fragen sind gut, hängen aber nicht unmittelbar zusammen.


Eine Fremdbezeichung hat nichts damit zu tun, ob die Bezeichneten ein Gruppenbewusstsein hatten.
Wenn das deutsche Wort "Welsche" sowohl Italiener wie auch Franzosen bezeichnet, folgt ja nicht daraus, dass sich Italiener und Franzosen als Angehörige eines "welschen Volks" fühlten.


Die Bezeichnung *Walha- dürfte ziemlich alt sein und mit dem Volksstamm der Volcae zusammenhängen. Die Bedeutung hat sich im Lauf der Zeit zu "Kelto-Romanen" erweitert bzw. verschoben.
In Britannien ist die Bezeichnung an den keltischen Walisern hängengeblieben.
Auf dem Festland wurden die keltischen Nachbarn der Germanen romanisiert, hier ist die Bezeichnung an den Romanen hängengeblieben.
 
LEG XVII, ich teile mit dir, dass die römische Militärmaschinerie, die immerhin den ersten Brückenschlag über den Rhein machte (zur Erinnerung, es dauerte nach den Römern bis ins 19. Jahrhundert, bis das wieder ingenieurtechnisch möglich war), Erstaunen und Beeindrucktsein auslöste. Nur war die "erste Begegnung" keine solche plötzliche Überraschung, wie das Erscheinen außerirdischer Kampfmaschinen. "Rom" war sicher bekannt, gefürchtet, berüchtigt, lange vor der Okkupationszeit - natürlich ist dann die erste reale Begegnung zum Beispiel mit römischer Artillerie (beschreibt Cäsar in Britannien) trotzdem entsetzlich und trifft viele unvorbereitet.
Doch nach dieser ersten Begegnung gibt es ein Danach, ein Leben an der Grenze, in der Grenzprovinz. Ich stelle eine Dissertation ein, die das wirtschaftliche Leben der Grenzprovinz Nordengland beschreibt, durch neue Schriftquellen wurde dies meiner Ansicht nach sehr lebendig: uns begegnet das römische Militär als Wirtschaftsfaktor, und der Legionär auch als privater Käufer und wirtschaftlich Handelnder. "Rom" war eben mehr als Krieg, alleine am Importaufkommen von Olivenöl und Wein ist erkennbar, dass es auch eine Lebensweise ist, eine ursprünglich mediterrane Kultur, deren Träger ihre Bedürfnisse auch im hohen Norden befriedigen wollen. Ob als Münzbild, übernommene Begriffe oder Rechtsformen aus dem Latein, auch für den "Wald - und Wiesengermanen" bekommt Rom ein lebendigeres Gesicht (das sicher nicht immer sympathisch ist). https://kobra.bibliothek.uni-kassel.de/bitstream/urn:nbn:de:hebis:34-1061/1/dis2710_05.pdf
 
Bliebe noch Rumiska. Dazu lehne ich mich mal aus dem Fenster und behaupte, die überwiegende Mehrzahl der "Germanen" wusste im 1. Jahrhundert vor Chr. nicht, was das römische Bürgerrecht ist. Für die überwiegende Mehrheit der "Germanen" hätte 'rumisk' also 'aus der Stadt Rom kommend' bedeutet.
Wenn man sich das römische Heer zur Okkupationszeit aber mal anschaut stellt man fest, dass die überwiegende Mehrheit der Soldaten nicht aus der Stadt Rom kam, und auch nicht das römische Bürgerrecht hatte:
[...]
Für die Germanen stellten sich die römischen Soldaten also auch als polyethnischer Kriegerverband dar, dem teilweise sogar Germanen angehörten, und es wäre wohl keinem Germanen eingefallen, einen anderen Germanen als 'aus der Stadt Rom kommend' zu bezeichnen.
Die Germanen werden die römischen Soldaten, die ihnen begegneten, nicht unbedingt nach ihrer Herkunft gefragt haben. Pauschalierungen sind ohnehin gang und gäbe, man denke nur an das in der Umgangssprache gebräuchliche "Russen" für alle Einwohner der Sowjetunion mit ihren Dutzenden Ethnien. Außerdem, wieso sollten die Germanen die Bezeichnung für die Römer überhaupt an der Stadt Rom festgemacht haben? "Römer", das können auch einfach die Leute der römischen Heerführer bzw. Untertanen des Kaisers gewesen sein.

Überhaupt ist mir nicht klar, wieso die Germanen die Römer mit einem vom Wort für "Kampf" abgeleiteten Namen bezeichnet haben sollten. Wie nannten sie dann zur Unterscheidung Kämpfer anderer Stämme?

Wilfried, versuch das bitte aus der Sicht eines einfachen Feld-Wald-und-Wiesen Germanen zu betrachten. Für den waren römische Legionäre nicht die üblicher Gewappneten die ab und zu mal auftachten. Für den waren das Kampfmaschinen aus der Zukunft. Der war davon genau so beeindruckt wie wir das heute von einem imperialen Kampfläufer wären. Wie die Rebellen gezeigt haben kann man so einem Kampfläufer natürlich doch irgendwie beikommen, aber relativ betrachtet ist die imperiale Technik der unseren natürlich genauso um Jahrhunderte voraus wie das die Technik der Römer im 1. vorchristlichen Jahrhundert gegenüber der Technik der Germanen auch war. Und da ist meine Meinung eben, dass dieser Kulturschock auch in die Bezeichnung für die Römer eingeflossen ist.
Das halte ich doch für arg übertrieben. Die Germanen waren doch keine halbnackten Wilden, die noch nie einen ordentlich gerüsteten Mann zu Gesicht bekommen hatten. Es mag für sie ungewohnt gewesen sein, dass die römischen Legionäre einheitlich ausgerüstet waren, aber Rüstungen und verschiedene Angriffswaffen waren auch den Germanen und Kelten durchaus bekannt. Tacitus schreibt in der Germania (6. Kap.) zwar, dass nur wenige germanische Krieger Körperpanzerung oder Helme trugen - manche aber eben doch. Von den Chatten (30. Kap.) schreibt er außerdem, dass sie im Krieg diszipliniert und organisiert gewesen seien, also auch dieses Merkmal der Römer war den Germanen nicht unbekannt. Laut Plutarch (Marius 25) trugen die Kimbern Brustpanzer und Helme.
Außerdem, dafür dass die Germanen von den Römern angeblich so beeindruckt gewesen sein sollen, waren sie reichlich wenig zimperlich, wenn es um Überfälle auf Römer ging. Die Einfälle der Sugambrer in Gallien z. B., für die es keinerlei militärische Notwendigkeit gab, zeugen von reichlich wenig Respekt vor dem Gegner.
Umgekehrt, würdest Du aus Jux und Tollerei einen Imperialen Kampfläufer angreifen?
 
Wobei immer noch die Frage offen geblieben ist, wie im Hochmittelalter aus einem deutschen Hadu- ein keltisches kat(tu) geworden sein soll
=)=)=)
...also dafür bleibt als Erklärungsmodell wohl nur noch die Zeitreise übrig (ist zwar science fiction, aber aus der cineastischen Variante dieses Genres wurden ja schon "beweiskräftige" Bilder gepostet...)
 
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