Mich interessiert besonders das Verhalten bei der 1.Abdankung, wæhrend der 100 Tage und danach.
Es ist schon interessant, wie unterschiedlich sie sich verhalten haben und was daraus resultierte.
Nun habe ich die Davout-Biografie [1] durch. Richtig zufrieden bin ich nicht, will sagen, ich habe schon wesentlich besseres gelesen.
Zu Davout selbst drängt sich mir der Eindruck auf, dass er ein typischer Militär war, der seinem Herrn mit Hingabe und Treue gedient hat und die politischen Entscheidungen nicht infrage gestellt hat.
Ohne Frage war er ein großer Taktiker und Organisator, ohne ihn - und auch andere - wäre so manche Schlacht für Napoleon nicht siegreich verlaufen, was im Grunde zeigt, dass Napoleon zwar der große - sicherlich geniale - Stratege war, im taktischen Bereich aber seine Schwächen hatte. Als Beispiele seines organisatorischen Talentes sollen sein Einsatz als Militärgouveneur von Warschau 1807 und die hervorragende Ausrüstung und Versorgung des 70000 Mann zählenden 1. Korps zu Beginn des Rußlandfeldzuges stehen.
Als Militär war Davout als gnadenlos bekannt, weniger wegen einer großen Anzahl von Erschießungen oder anderer Strafen, sondern wegen der teilweise übertriebenen Härte in Bezug zum Anlass. Gleichwohl erfüllten sie ihren Zweck, Davouts Truppen gehörten zu den diszipliniertesten, was auch daraus resulierte, weil Davout immer bestrebt war, seine Truppen gut zu versorgen.
Fragwürdig allerdings sein Einsatz in Hamburg 1813/14 als er mit aller Härte Hamburg zur Festung ausbaute als gelte es damit, das Empire zu retten. Zwar führte er Napoleons Befehl, Rache an den Hamburgern zu nehmen nicht aus, aber Kontributionen in zweistelliger Millionenhöhe zog er ein, zahllose Bauten wurden abgerissen, um Festungsbauten zu weichen, Tausende wurden obdachlos und später gnadenlos vor die Stadt getrieben, um zu verrecken ...
Zum Ende der 1814 Kampagne übergab er erst nach direktem Befehl Ludwig XVIII. die Stadt. Unter anderem ließ er vorher auf eine Bourbonenfahne schießen, weil er partout nicht einsehen wollte, bzw. niemandem glaubte, dass Napoleon abgesetzt war.
Die 1. Restauration verbrachte er auf Halbsold gesetzt auf seinen Gütern.
Während der 100 Tage war er Kriegsminister und zeigte wieder einmal sein organisatorisches Talent zur Aushebung und Ausrüstung von 100000en Soldaten.
Nach der Rückkehr Napoleon von Waterloo empfahl er ihm, die Kammern zu beurlauben und diktatorisch zu regieren bis die Feinde des Kaiserreiches besiegt werden. Napoleon lehnte ab.
Die Kammern, von La Fayette und Fouché bearbeitet, erklärten dann, dass Senat und Abgeordnetenhaus unauflösbar wären, eine Zuwiderhanlung als Hochverrat bestraft würde. Interventionen von Napoleon selbst und von Lucien blieben erfolglos, besser wurden abgeschmettert.
Es folgte die Bildung einer provisorischen Regierung unter Fouché, der die erneute Restauration der Bourbonen wünschte.
Unklar blieb die Rolle der Armee. Napoleon war nicht bereit, freiwillig das Feld zu räumen, forderte von Davout die Aufstellung neuer Truppen, was dieser rundweg ablehnte.
Davout sah, ähnlich wie Ney, Macdonald ... im Jahr zuvor die Gefahr eines Bürgerkrieges bzw. eines nicht gewinnbaren Krieges mit den Alliierten und verweigerte jetzt dem Kaiser die Gefolgschaft.
Für ihn stand jetzt fest, dass nur die Herrschaft der Bourbonen die Situation für das Vaterland retten könne. Er hielt die Armee neutral , sorgte für den Abzug aus Paris - sicherlich unter Bedingungen wie der Schonung der kompromitierten Marschälle etc. - übergab dann die Loirearmee und nahm seinen Abschied.
Davout hatte sich in dieser Situation für das Vaterland entschieden was für Napoleon Grund genug war, ihn von St. Helena aus als Verräter zu brandmarken:
"Er hat mich zum Schluss genauso verraten wie all die anderen. Als er meine Sache gefährdet sah und als er sie verloren glaubte, wollte er all die Ehren und alles, was er mir an Reichtümern verdankte, retten. Er hat mir schlecht gedient." (Seite 37)
So dreist kann wohl nur ein Napoleon lügen.
Grüße
excideuil
[1]
Felkel, Alain: Louis Nicolas Davout - Das Genie hinter Napoleons Siegen, Osburg Verlag, Hamburg, 2013