Gandolf
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Der Deutsch-Dänische Krieg (1864) endete mit dem Frieden von Wien. Darin musste Dänemark die drei Herzogtümer Schleswig, Holstein und Lauenburg an Österreich und Preußen abtreten. Preußens Grenze verschob sich an die Königsau. Damit gab es in Preußens Bevölkerung neben einer polnischsprachigen eine dänischsprachige Minderheit.
Zunächst verhielt sich Preußen in seiner Politik gegenüber der dänischsprachigen Minderheit zurückhaltend. In seiner Sprachpolitik beschränkte es sich 1864 darauf, die prodänischen Sprachregelungen aus dem Jahr 1850 aufzuheben und die vorherigen Zustände wiederherzustellen. Bis 1850 sah eine Verfügung des dänischen Königs vor, die Schul-, Kirchen- und Gerichtssprache der Volkssprache anzupassen. In Nordschleswig (von der Königsau bis zur heutigen deutsch-dänischen Grenze) war das Dänische Volkssprache mit Ausnahme der vier Städte Apenrade, Sonderburg, Hadersleben und Tondern, die Inseln deutscher Volkssprache waren. Im restlichen Teil von Schleswig wurde überwiegend Deutsch gesprochen. In Reaktion auf die gescheiterte schleswig-holsteinische Erhebung leitete die dänische Regierung 1850 eine prodänische Sprachpolitik ein. Die vier genannten deutschsprachigen Städte Nordschleswigs sowie das ganz überwiegend deutschsprachige Mittelschleswig erhielten dänischsprachigen Schulunterricht mit Ausnahme von vier Deutschstunden. 1864 stellte Preußen zunächst die Verhältnisse aus der Zeit vor 1850 wieder her.
1866 wurde den Nordschleswigern zur Lösung der Minderheitenfrage sogar eine Volksabstimmung in Aussicht gestellt:
Literaturtip zur preußischen Sprachpolitik: Thomas Peter Petersen, Preußens Sprachpolitik in Nordschleswig, 1995.
Zunächst verhielt sich Preußen in seiner Politik gegenüber der dänischsprachigen Minderheit zurückhaltend. In seiner Sprachpolitik beschränkte es sich 1864 darauf, die prodänischen Sprachregelungen aus dem Jahr 1850 aufzuheben und die vorherigen Zustände wiederherzustellen. Bis 1850 sah eine Verfügung des dänischen Königs vor, die Schul-, Kirchen- und Gerichtssprache der Volkssprache anzupassen. In Nordschleswig (von der Königsau bis zur heutigen deutsch-dänischen Grenze) war das Dänische Volkssprache mit Ausnahme der vier Städte Apenrade, Sonderburg, Hadersleben und Tondern, die Inseln deutscher Volkssprache waren. Im restlichen Teil von Schleswig wurde überwiegend Deutsch gesprochen. In Reaktion auf die gescheiterte schleswig-holsteinische Erhebung leitete die dänische Regierung 1850 eine prodänische Sprachpolitik ein. Die vier genannten deutschsprachigen Städte Nordschleswigs sowie das ganz überwiegend deutschsprachige Mittelschleswig erhielten dänischsprachigen Schulunterricht mit Ausnahme von vier Deutschstunden. 1864 stellte Preußen zunächst die Verhältnisse aus der Zeit vor 1850 wieder her.
1866 wurde den Nordschleswigern zur Lösung der Minderheitenfrage sogar eine Volksabstimmung in Aussicht gestellt:
- Nach dem Preußisch-Österreichischen Krieg (1866) trat Österreich-Ungarn im Prager Frieden seine Rechte an der gemeinsamen Beute von 1864 an Preußen ab. § 5 des Friedensvertrages lautete: „Seine Majestät der Kaiser und König überträgt auf seine Majestät den König von Preußen alle seine im Wiener Frieden von 30.10.1864 erworbenen Rechte auf die Herzogtümer Holstein und Schleswig mit der Maßgabe, dass die Bevölkerung der nördlichen Distrikte von Schleswig, wenn sie durch eine Abstimmung den Wunsch zu erkennen gibt, mit Dänemark vereinigt zu werden, an Dänemark abgetreten werden solle.“
- Der Friedensvertrag von Prag wurde am 20.9.1866 dem preußischen Landtag vorgelegt. In dieser Debatte äußerte sich Preußens Ministerpräsident Otto von Bismarck zur Nordschleswigschen Frage wie folgt: „Ich bin stets der Auffassung gewesen, dass eine Bevölkerung, die dauernd und im zweifellos manifestierten Willen zu erkennen gibt, dass sie nicht preußisch und nicht deutsch sein will, die im zweifellos manifestierten Willen, einem unmittelbar angrenzenden Nachbarstaat ihrer Nationalität angehören will, keine Stärkung der Macht bedeutet, von welcher sie sich zu trennen bestrebt ist. Wir haben die Bestimmung übernommen, und Preußen muss sie halten; aber wir werden sie so zur Ausführung bringen, dass über die Abstimmung, auf deren Grund wir verfahren, über deren Freiwilligkeit und Unabhängigkeit und über den definitiven Willen, der dadurch kundgegeben wird, kein Zweifel bleibt.“
- 1877 beantragte der Abgeordnete Krüger im Deutschen Reichstag mit Unterstützung aus dem Zentrum, die Regierung aufzufordern, „sofort Vorkehrungen dahin zu treffen, dass durch den § 5 des Prager Friedens den Nordschleswigern gewährte Recht der freien Meinung über die staatsrechtliche Angehörigkeit derselben baldigst verwirklicht werde.“ In der Debatte des Reichstages vom 19.04.1877 erklärte der Staatssekretär von Bülow als Bevollmächtigter des Bundesrates, dass die von Bismarck geführte Reichsregierung dieselbe Auffassung habe wie der Preußische Ministerpräsident Bismarck vor elf Jahren. Doch der Reichstag lehnte den Antrag ab. Der Fraktionsvorsitzende des Zentrums Windhorst hielt diese Frage für zu delikat. Über sie solle besser zu einem späteren Zeitpunkt entschieden werden. Abgeordnete aus dem rechten Spektrum des Reichstages behaupteten gar, dass die Nordschleswiger sich in den letzten zehn Jahren gewandelt hätten und die Nordschleswigsche Frage infolge dieser Wandlung hinfällig geworden sei.
- 18 Monate später erklärten das Deutsche Reich und Österreich-Ungarn im Vertrag vom 11.10.1878 die Nordschleswig betreffende Bestimmung in dem § 5 des Prager Friedens für aufgehoben. Rein formal betrachtet war durch diesen juristischen Winkelzug das Recht der Nordschleswiger über ihre Staatszugehörigkeit in einer Volksabstimmung frei zu entscheiden aufgehoben worden. Doch inhaltlich betrachtet haben Bismarck, Pressen und das Deutsche Reich das den Nordschleswigern ursprünglich gegebene Versprechen gebrochen.
- Das Geschäftssprachengesetz von 1876 sah Deutsch als Geschäftssprache für Verwaltung und Gerichte in ganz Preußen vor. Immerhin ermächtigte es die preußische Staatsregierung, in Nordschleswig durch Verordnung auf höchstens 20 Jahre Ausnahmen zu Gunsten dänischsprachiger Versammlungen gemeindlicher und kreislicher Selbstverwaltungskörperschaften zuzulassen. Entsprechende Verordnungen ergingen 1876 und 1881; allerdings nur mit einer Geltungsdauer von fünf Jahren. Danach war es illegal in den Gemeinderäten und Kreistagen dänisch zu sprechen.
- § 186 des Reichsgerichtsverfassungsgesetzes stellte den Grundsatz der deutschen Gerichtssprache auf. Es sah aber Ausnahmen zugunsten fremder Sprachen vor.
- Besonders deutlich wurde die härtere Gangart im schulischen und kirchlichen Bereich: Die Anweisung für den Unterricht in den nordschleswiger Volksschulen vom 18.12.1888 sah die allgemeine deutsche Unterrichtssprache mit Ausnahme von vier dänischsprachigen Religionsstunden vor. Die Provinzialregierung war sogar bestrebt den Religionsunterricht zu verdeutschen. Selbst die Gottesdienstsprache wurde im Einzelfall aus nationalen Gründen auch gegen die Mehrheit des jeweiligen Kirchenvorstandes verdeutscht.
- 1908 schrieb das Reichsvereinsgesetz, die deutsche Versammlungssprache vor. Fremde Versammlungssprachen sollte in Landteilen mit mehr als 60 % fremdsprachiger Bevölkerung zugelassen werden. Betroffen waren vor allem öffentliche Versammlungen dänischgesinnter Flensburger.
- Im Ersten Weltkrieg ergingen ungezählte Sprachverbote an nordschleswiger Soldaten.
- Das Deutsche Reich hatte in seinem Waffenstillstandsersuchen Wilsons Vierzehn Punkte als Grundlage für den künftigen Frieden anerkannt und somit auch das von Wilson proklamierte Selbstbestimmungsrecht der Völker. Die dänischen Abgeordneten wandten sich daraufhin an die Siegermächte und baten diese um Durchführung, der 1866 versprochenen Volksabstimmung. Infolgedessen gestand der Versailler Vertrag vom 28.6.1919 den Nordschleswigern zu, über ihre Staatsangehörigkeit abzustimmen.
- Den Verlust Nordschleswigs durch die kommende Volksabstimmung vorausahnend, versuchte die deutsche Seite durch großzügigere Sprachregelungen die antideutsche Stimmung zu wenden. Seit dem 6.2.1918 konnten Schüler vom deutschsprachigen in den dänischsprachigen Religionsunterricht wechseln, und seit dem 19.4.1919 wurde der dänischsprachige Religionsunterricht wieder an den Schulen aufgenommen, aus denen er verdrängt worden war. Dänischer Sprachunterricht wurde seit dem 21.4.1919 erteilt. Die §§ 186 bis 193 des Gerichtsverfassungsgesetzes wurden großzügiger zugunsten der dänischen Sprache ausgelegt. Die Weimarer Reichsverfassung vom 11.8.1919 gewährte den fremdsprachigen Volksteilen Schutz und löste die Kirche vom Staat.
Literaturtip zur preußischen Sprachpolitik: Thomas Peter Petersen, Preußens Sprachpolitik in Nordschleswig, 1995.
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