Die Shoa als Rechtfertigung

Ich habe beim Bundesamt für politische Bildung einen interessanten Artikel gefunden, bei dem es genau um das Thema geht.

In Israel habe es zunächst wenig Interesse an der Opferrolle gegeben. Den Holocaust-Überlebenden wurde vorgehalten, dass sie schwach waren und nicht gekämpft haben. Der Schwerpunkt des Gedenkens lag daher nicht auf der Auschwitzbefreiung, sondern auf den Aufstand im Warschauer Ghetto.
Die Shoa habe anfangs auch nicht als Rechtfertigung gedient.

Das entspricht auch dem, was ich bei Giordano gelesen habe:

In Israel war es lange so, dass es verschiedene sehr ambivalente Gruppen mit unterschiedlichem Ansehen gab.

Da waren zunächst einmal die europäischen Juden, die z.T. beriets vor der Shoa gekommen waren, z.T. auch erst als Überlebende danach und die meist europäischstämmigen amerikanischen Juden. Diese kann man wohl zunächst als Elite des israelischen Staats bezeichnen, wobei sie sich auch differenzierte: Wer nicht bereits früher nach Israel kam oder Veteran der Aufstände gegen die Deutschen war, also ein "normaler" Holocaustüberlebender, war auch in Israel nicht immer besonders beliebt. Das waren die Leute, die kein Bsp. für die Wehrhaftigkeit des jungen Staates waren. Das beobachtete Ralph Giordano noch um 1990 (Israel! Um Himmels Willen! Israel!).

Die Sepharden haben sich inzwischen auch des Themas angenommen. Dass wahrscheinlich nur ein geringer Prozentsatz der Israelis tatsächlich von Shoa-Überlebenden abstammt, spielt offensichtlich keine Rolle.
Die Sepharden sind ja zunächst einmal die Nachkommen der aus Spanien vertriebenen Juden (Safarad = Spanien, Safardit = Spanisch, ani medaber safardit - ich spreche Spanisch). Diese hatten Zentren in Nordafrika, Hamburg, Amsterdam, Saloniki, Istanbul. Ein Großteil der im Holocaust ermordeten Juden des Balkans, Griechenlands und eben Amsterdams, aber auch der besetzten französischen Kolonien in Nordafrika waren sephardische Juden, die Ladino sprachen. Insofern ist es nicht weiter verwunderlich, dass auch sephardische Juden um im Holocaust ermordete Verwandte trauern. In Istanbul wird bis heute eine judenspanische Zeitung herausgegeben.
 
Zurück
Oben