Der Asen-/Vanenkampf spiegelt eigentlich nur den Kampf zwischen Fruchtbarkeitsgöttern und eher kriegerischen Göttern wieder. Natürlich kann man das mit den eindringenden Indogermanen erklären. Doch dies wäre ebenso durch spätere Konflikte germanischer Gesellschaften denkbar, in denen kriegerische Götter einen Aufstieg erfuhren, während eher friedliche abstiegen.
Dass es sich bei allem, was wir hier diskutieren, nur um Spekulationen handeln kann, ist völlig klar. Das gilt auch für den berühmten Wanenkrieg, der von einigen so gedeutet wird, wie ich das oben ausgeführt habe. Das alles hat natürlich nur Gültigkeit unter der Voraussetzung, dass man eine alteingesessene neolithische Bauernbevölkerung postuliert, die im 3. Jahrtausend v. Chr. von einer indoeuropäischen Population überschichtet wird, die man als halbnomadische kriegerische Hirten und Viehzüchter bezeichnen könnte. Schlüssig "beweisen" lassen sich derartige Hypothesen freilich nicht und natürlich gibt es auch andere Erklärungsmodelle für den Wanenkrieg.
Das es sich bei Asen und Vanen um zwei Familien/Göttergeschlechter handelt ist doch erst wikingerzeitlich überliefert. Im südgermanischen Raum ist mir das jetzt spontan nicht bekannt. Ebenso gut könnte man Zwerge/Dunkelelfen und Elfen und Riesen als ehemalige Götterfamilien deuten.
Wie weit wanische Gottheiten bzw. Fruchtbarkeitsgötter zurüchreichen, vermag niemand zu sagen. Der Zeitpunkt erster Erwähnung ist natürlich nicht mit dem Alter von Gottheiten identisch.
Ich war eigentlich immer ein Befürworter von Gimbutas und der Herkunft der Indogermanen aus dem Osten. Renfrews Idee einer Herkunft aus dem südlichen Kaukasusvorland fand ich befremdlich. Es gibt allerdings einige Punkte, die mich überlegen lassen, ob Renfrew nicht zumindest in Teilen Recht hat.
Zu Renfrew kann ich nur bereits gesagtes wiederholen:
Die Schwierigkeit bei Renfrews Spekulationen sind chronologische Probleme, die unauflösbar sind und die balticbirdy oben bereits ansprach. Hinzu kommen völlig unterschiedliche Gesellschaftsstrukturen bei den frühen Ackerbauern und den Indoeuropäern. Aus der hypothetisch erschlossenen indoeuropäischen Grundsprache und von historisch bezeugten indoeuropäischen Völkern wissen wir, dass die Indoeuropäer ein gegliedertes patriarchalisches Gesellschaftssystem hatten, das einen Adels- und Kriegerstand kannte. Zudem wird angenommen, dass sie Ackerbau nur rudimentär betrieben und eine halbnomadische Viehzucht hatten.
Demgegenüber lebten die frühen Ackerbauern, die sich seit dem 7. Jahrtausend v. Chr. vom Balkan aus über Europa ausbreiteten, in einer ungegliederten Gesellschaft, die in ihren kleinen Siedlungen lediglich Bauern und vermutlich einen Dorfältesten kannte. Zum Teil wird auch vermutet - soz.B. die bekannte amerikanische Archäologin Marija Gimbutas - dass diese Ackerbauern matrilinear ausgerichtet waren.
Gewicht hat schließlich ein archäologisches Argument: In Kleinasien gibt es keinerlei Funde, die auf ein indoeuropäisches "Urvolk" hindeuten, das dort im 7. Jahrtausend v. Chr. gelebt hätte.
Im Neolithikum breitete sich die Landwirtschaft von Kleinasien bis nach Mitteleuropa aus. Der westliche Teil Europas wird von diesen Wellen nicht berührt, gelangt erst mit der Urnenfelderkultur und der nachfolgenden Hallstatt stärker in den Einfluß dieser "donauländischen Bauernvölker".
Die Linearbandkeramiker haben Westeuropa - d.h. die Britischen Inseln, Westfrankreich und Spanien - nie berührt. Dort entwickelten sich mit der Seine-Marne-Oise-Kultur, der El-Argar-Kultur und der Food-Wessel-Kultur ganz eigernständige Formen, die von den aus Kleinasien über den Balkan nach Mitteleuropa vordringenden bäuerlichen Kulturen unberührt blieben. Die westeuropäischen Kulturen erhielten vermutlich Anregungen aus Nordafrika, was freilich kontrovers diskutiert wird.
Erst die keltischen Wanderungen und das Imperium Romanum führen das westliche Europa dem indogermanischen Sprachkreis zu. Nun könnten wir für diese "donauländischen Bauernvölker" einen anatolischen Herkunftsraum annehmen und ihnen eine eigene Sprachfamilie zuweisen. Diese Sprachfamilie wäre dann von den indogermanischen Hirtenkriegern hinweggefegt worden. Letztere hätten dann aber über die westlichen Völker lange keinen Einfluß gewonnen.
Das sehe ich auch so, falls ich dich richtig verstanden habe!
Die ersten Ackerbauern auf europäischem Boden werden Mitte des 7. Jahrtausend v. Chr. mit der Sesklo-Kultur im Raum Thessalien fassbar, wo es reichhaltiges archäologisches Material u.a. in Nea Nikomedia, Sesklo und anderswo gibt. Das ergrabene Fundgut deutet so eindeutig auf eine aus Kleinasien stammende bäuerliche Bevölkerung hin, dass die Herkunft unbestritten ist. Die weitere Ausbreitung nach Norden erfolgte über die Starcevo- und Vinca-Kultur hin zur LBK-Kultur (Linearbandkeramischen Kultur), die Mitteleuropa 5500 v. Chr. erreichte.
Der Einbruch der Indoeuropäer erfolgte wohl in mehreren Wellen und wird allgemein ins 3. Jahrtausend gelegt. Hier handelt es sich um eine eindeutig patriarchalische Gesellschaft mit rudimentärem Ackerbau und einer starken viehzüchterischen Komponente, die verschidentlich auch mit kriegerischen Hirten gleichgesetzt wird. Diese halbnomadische indoeuropäische Population tritt einer gesellschaftlich ungeschichtet bäuerlichen Bevölkerung entgegen, überschichtet sie und zwingt ihr - vermutlich kraft ihrer Dominanz - ein indoeuropäisches Idiom auf.
Nach Westeuropa gelangen Indoeuropäer erst in der Urnenfelderzeit. Dabei ist anzunehmen, dass Frankreich und Nordwestspanien lange vor der keltischen Expansion von indoeuropäischen Stämmen überschichtet wurden. Welche das gewesen sind, entzieht sich natürlich völlig unserer Kenntnis.
Meine Frage ist deshalb, wenn die Indogermanen von Osten einfielen, warum stimmt ihre westliche Sprachgrenze in etwa mit der der "donauländischen Bauernvölker" überein?
Die Sprachgrenze stimmt keineswegs mit derjenigen der frühen neolithischen Bauern überein. Die Bandkeramiker stießen im Westen bis etwa zur Rheingrenze vor, danach war Schluss. Weiter westlich begannen die oben angeführten autonomen westeuropäischen Kulturen. Im übrigen verschwanden die bekannten neolithischen Bauern spätestens Ende des 3. Jahrtausends und machten der bronzezeitlichen Hügelgräberkultur, Aunjetitzer-Kultur und Urnenfelderkultur Platz. Das muss zu einer derartigen Völkermühle in Europa geführt haben, dass etwaige Sprachgrenzen neolithischer Völker völlig irreal sind.
Ein zweites Problem ist auch, daß eine Reihe von Archäologen die These eine östlichen Ursprungs der indogermanischen Schnurkeramiker als zumindest zweifelhaft ansieht, eher auf eine mehr oder weniger kontinuierliche Entwicklung setzt. Als Reste einer vorindogermanischen Bevölkerung gelten die sogenannten Pelasger. Es mehren sich die Stimmen, die deren Sprache(n) zumindest in die Nähe der Indogermanen stellen.
Es sind ja keineswegs nur die Schnurkeramiker, die eine Einwanderung indoeuropäischer Stämme anzeigen. Hinzugezählt werden muss die nordische Streitaxtkultur, die osteuropäische Fatjanowo-Kultur sowie die südosteuropäische-südrussische Ockergrab- und Katakombenkultur.
Erst wenn man diese verschiedenartigen und dennoch untereinander sachlich und chronologisch verbundenen Kulturen betrachtet, erschließt sich einem die räumliche Weite einer postulierten indoeuropäischen Einwanderung, die man sich zudem in mehreren Wellen vorstellen muss.
Selbstverständlich gibt es noch lange nach der Indoeuropäisierung Europas beträchtliche Teile einer vorindoeuropäischen Bevölkerung, die man gern als "Alteuropäer" bezeichnet. Dazu zählen u.a. die Iberer, Ligurer, Etrusker, vermutlich auch die ominösen Pelasger als eine vorindoeuropäische mittelmeerische Bevölkerung Griechenlands. Hier gibt es aber auch Stimmen, die die Pelasger schon als Indoeuropäer betrachten und sie ab etwa 2000 v. Chr. von Proto-Griechen überschichtet sehen wollen.
Doch wann kamen diese Gruppen. Kamen sie schon vor 40.000 Jahren? Kamen sie erst vor dem letzten Optimum der letzten Eiszeit, also vor 20.000 Jahren? Sind die "Basken" vielleicht schon vor 20.000 Jahren nach Westen abgedrängt worden, als Folge er Eiszeit, während im Osten andere Völker langsam vorstießen? Wir wissen es nicht.
Es gibt die brachtenswerte Hypothese, dass die Basken ein letzter Rest der mesolithischen (oder sogar paläolithischen) europäischen Urbevölkerung sind. Es ist ja auch absurd anzunehmen, Völker seien immer "von woanders her" gekommen. Es muss die Meinung erlaubt sein, dass eine Bevölkerung einmal am Ort verblieben ist und dort ihre Ethnogenese erfolgte.
Warum sollten die Indogermanen nicht Träger einer neolithischen Kultur gewesen sein, die vor 9.000 Jahren sich nach Europa langsam vorschob.
Das können sie aus all den Gründen nicht gewsen sein, die ich bereits aufgezählt habe. Zweifelsfrei und unbestritten haben die Indoeuropäer eine geschichtete patriarchalische Gesellschaftsform gehabt, waren nach ihrer schnurkeramischen Hinterlassenschaft (auch Streitaxtkultur usw.) eine Viehzüchtergesellschaft mit rudimentärem Ackerbau (usw. usw.). Die hypothetisch erschlossene Grundsprache hat den Indogermanisten und Archäologen hier wertvolle Aufschlüsse über kulturelle Besonderheiten der Indoeuropäer vermittelt, die mehrheitlich unbestritten sind.
Von all dem waren die neolithischen Bauernvölker das genaue Gegenteil, nämlich sesshafte bauern in einer ungeschichteten Gesellschaft, die nach Ausweis der Archäologen keine Häuptlinge, Häuptlingsgräber, Waffenarsenale oder ähnliches kannten. Sie hatten vermutlich einen Dorfältesten (oder gar eine Dorfälteste, eine "weise Frau"?) und waren nach mancher Meinung sogar matrilinear ausgerichtet.
Und jetzt mache vor lauter Erschöpfung erst mal Schluss!!