Feinde der Weimarer Republik

TEIL 2 SACHSEN

In Sachsen war es mit dem Antritt der Arbeiterregierung zum Machtkampf gekommen. Das Wehrkreiskommando der Reichswehr in Dresden spielte sich gegenüber der legalen Regierung als übergeordnete Behörde auf. Die Provokationen des Leiters des Wehrkreiskommandos, Generalleutnant Müller, datierten bereits aus einer Zeit, als die Kommunisten noch nicht im sächsischen Kabinett saßen. Als die Arbeiterregierung gebildet war, stellte Müller ein Ultimatum: Dr. Zeigner möge bis zum 18. Oktober um 11 Uhr zu den Ausführungen seines Ministers Böttcher Stellung nehmen, der in einer öffentlichen Rede vom 13. Oktober in Leipzig die Bewaffnung der Proletarischen Hundertschaften gefordert hatte. Da Dr. Zeigner überzeugt war, daß Sachsen ein parlamentarisch regierter Staat und keine Militärdiktatur war, reagierte er auf das Ultimatum nicht. In der Regierungserklärung am 17. 10. sagte er: »Wir sind dem Wehrkreiskommando keine Rechenschaft schuldig«.


Daraufhin setzte Müller sich mit dem Reichswehrminister Geßler in Verbindung. Dieser ließ ab 20. Oktober zur Verstärkung der in Sachsen stationierten Einheiten aus allen Teilen Deutschland vollbesetzte Züge mit Truppen nach Sachsen rollen, so daß sich bald 60000 Mann im Freistaat befanden. Am gleichen Tag teilte General Müller dem sächsischen Ministerpräsidenten offiziell mit: »Ich bin beauftragt, im Freistaat Sachsen mit den mir zur Verfügung stehenden und zur Verstärkung gestellten Machtmitteln verfassungsmäßige und geordnete Verhältnisse wiederherzustellen und aufrechtzuerhalten.«


Da sich die Regierung Zeigner auch durch die Anwesenheit von 60000 Mann Reichswehr nicht erpressen ließ, wurde sie am 27. Oktober 1923 vom Reichskanzler Stresemann ultimativ aufgefordert, zurückzutreten, was diese als verfassungswidrig entschieden ablehnte. Jetzt »bewährte« sich der Artikel 48 der Weimarer Verfassung, der den Reichskanzler ermächtigte, abweichend von den Grundsätzen der Reichsverfassung »Mitglieder der sächsischen Landesregierung und Gemeindebehörden ihrer Ämter zu entheben und andere Personen mit der Führung der Dienstgeschäfte zu beauftragen«. Weil Zeigner und seine Minister sich auch weiterhin standhaft weigerten, diese Amtsenthebung anzuerkennen, zogen Reichswehrtruppen vor die Ministerien und hinderten die Minister gewaltsam an ihrer Tätigkeit. Stresemann setzte seinen Parteifreund Dr. Heinze als Reichskommissar ein, der selbst die Einberufung des gewählten Landtages verbot.


Die bayrische Regierung, gegen die sich angeblich der Ausnahmezustand richten sollte, blieb unbehelligt. Sie hatte bereits am 18. Oktober 1923 die Beziehungen zu Sachsen abgebrochen und mitgeteilt: Sie sehe sich nicht in der Lage, einen neuen sächsischen Gesandten oder Geschäftsträger zu empfangen, solange die Kommunisten in der Regierung seien.


Die Besetzung Sachsens und Thüringens war das Ergebnis eines zwischen Reichsregierung und Reichswehr abgestimmten militärischen Plans zur Sicherung der Herrschaft des Kapitals und zur Unterdrückung des werktätigen Volkes. Am 21.Oktober 1923, als die Reichswehr bereits in Sachsen einmarschierte, um die sozialdemokratisch-kommunistische Regierung gewaltsam zu beseitigen, begann in Chemnitz eine noch von der sächsischen Regierung einberufene Konferenz mit Vertretern der Gewerkschaften, der Betriebsräte und der Kontrollausschüsse Sachsens. Der Vorschlag des Vorsitzenden der KPD und derzeitigen Ministerialdirektors in der Sächsischen Staatskanzlei, Heinrich Brandler, den Generalstreik auszurufen, wurde von dem sozialdemokratischen Minister Georg Graupe brüsk und ultimativ abgeblockt und in eine paritätische Kommission von SPD und KPD verwiesen. Diese Kommission sollte bei einer weiteren Verschärfung der innenpolitischen Lage mit der sächsischen Regierung, den Arbeiterparteien und den Gewerkschaften über die Ausrufung des Generalstreiks verhandeln. Dazu kam es aber nicht mehr, die Ereignisse überstürzten sich.
 
lieber Strupanice,

du hast inzwischen so viel geschrieben, dass ich nicht mehr auf alles eingehen kann und mich deshalb auf ein paar kernpunkte beschränke.

ich weiß nicht, wie du dazu kommst, die kpd der weimarer republik als heilsbringer darzustellen. schon 1918/19 verweigerten sich die kommunisten der zusammenarbeit mit den demokratischen parteien inklusive der spd und versuchten über die arbeiter- und soldatenräte einfluss zu gewinnen. in münchen kam es ja dann auch zu einem kurzen intermezzo einer räterepublik, die, wenn man die wahlergebnisse dieser zeit betrachtet, nie für die mehrheit der bevölkerung sprach. und auch an der wahl zur nationalversammlung beteiligten sich die kommunisten/spartakisten nicht!

was verstehst du eigentlich unter "unschädlichmachung der verantwortlichen" des 1. weltkriegs? ich hoffe nicht dass, was später darunter verstanden worden ist. und wie sollte das gehen, in deutschland, nach dem, von allen parteien so empfundenen,"diktat von versailles? oder, wei du an rüdiger geschrieben hast
wenn es um die Fragen der Enteignung der Kriegsgewinnler und die Entwaffnung der kaiserlichen Reichswehr, die Entflechtung des alten Beamtenapparates, die Bestrafung der Kriegsverbrecher, wenn es um die Gleichstellung der Frauen, die Beteiligung aller Deutschen am erarbeiteten Volksvermögen usw. ging, dann hast du schon recht, daß die KPD eine andere Republik wollte
das erinnert mich stark an das vorgehen in der SBZ nach 1945. und zur gleichstellung der frauen, an der für damalige verhältnisse fortschrittlichen verfassung wirkte die kpd ja nicht mit.

aber zurück zu deiner these, das, wenn die spd eine andere politik gemacht und mit der kpd koaliert hätte, wäre es nicht zum untergang der weimarer republik gekommen. sorry, aber das ist für mich originalton marxistisch-leninistische geschichtsbetrachtung. selbst wenn die spd gewollt hätte, kamen beide parteien zusammen nie in die nähe einer absoluten mehrheit (http://de.wikipedia.org/wiki/Reichstagswahl). und eine volksfront-minderheits-regierung wäre nie vom zentrum als dritter kraft unterstützt worden, ganz geschweige vom rest der im parlament vertretenen parteien. es bestand also nicht einmal die theoretische möglichkeit einer zusammenarbeit beider parteien auf regeierungsebene. dass dies unweigerlich zu einem putsch der reichswehr geführt hätte, wie thüringen gezeigt hat, erwähne ich nur der vollständigkeit halber.

wer sagt denn, dass die kpd mit der spd zusammengehen wollte, den "sozialfaschisten"? man bekämpfte die spd doch bis zum schluss mehr als die nsdap, auch weil man die selbe klientel vertreten wollte.

die kpd war auch beileibe keine pazifistische partei, auch wenn es vielleicht den einen oder anderen pazifisten dort gab. zur erlangung ihrer ziele war sie sehr wohl bereit zu den waffen zu greifen, nur eben nicht für kaiser und vaterland. ein kleiner, aber wie ich finde wichtiger unterschied.

selbst wenn es zu regionalen regierungsbeteiligungen der kpd kam, zeigt dies doch nicht die demokratische gesinnung der gesamtpartei, die gegen ende hin immer mehr stalinistische züge annahm. das wäre so, als würde man in der regierungsbeteiligung der nsdap in thüringen (!) vor 33 auch den nachweis der demokratischen haltung dieser partei sehen.

und noch ein wort zu den arbeiter- und soldatenräten. die deputierten haben sehr wohl zur demokratie gefunden, schliesslich hat der reichskongress der räte die wahl zur nationalversammlung ausdrücklich beschlossen. ich kann mir sehr gut vorstellen, dass dies gegen die stimmen der kommunistischen räte geschah. aus dieser "niederlage" in den räten ist die kpd ja erst entstanden.
 
Strupanice schrieb:
...

Die Besetzung Sachsens und Thüringens war das Ergebnis eines zwischen Reichsregierung und Reichswehr abgestimmten militärischen Plans zur Sicherung der Herrschaft des Kapitals und zur Unterdrückung des werktätigen Volkes.
(hervorhebung durch mich)

könntest du bitte für deine ausführungen eine quelle benennen?
 
Die Ausdrucksweise, die du dick unterstrichen hast, ist auf meinem Mist gewachsen. Man hat halt so seine Redewendungen, um ein bisschen die Meinung anderer herauszulocken. Hört sich doch gut nach DDR-Propaganda an, oder ? Das war auch mehr als Gegenstück zur damals staatsoffiziellen Beurteilung des Einmarsches
der Reichswehr gedacht, die in etwa so lautete "zur Sicherung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und zur Niederhaltung eines kommunistischen Aufstandes, der unter dem Deckmantel einer Volksfront-Regierung geplant wurde".
 
Muß man nicht unterscheiden zwischen Parteibasis und Parteiführung?
Die Bereitschaft zur Zusammenarbeit war bei den Werktätigen selbst, die ja der "großen Poitik da draußen" vom Verständnis her eher fern standen, sicher noch eher vorhanden als bei denen, die politisch unmittelbar beteiligt waren.
Noch war ja die Idee, den Sozialismus schrittweise auf parlamentarischem Weg zu verwirklichen, selbst innerhalb der MSPD nicht unumstritten, und die Zeiten, in denen die Abgeordneten der SPD, damals noch Vertreter einer universalen Arbeiterbewegung, vom Staatsoberhaupt als "vaterlandslose Gesellen" bezeichnet wurden, waren noch relativ präsent.
Doch was die politische Umsetzung der Ziele der Arbeiterschaft anbelangt, entstanden zu dieser Zeit nun einmal zwei vollkommen unterschiedliche Strömungen, und bei allen sicher vorhandenen Unterschieden hat die KPD mitsamt ihren Anhängern doch wohl eher mit dem- unter Lenin ja noch verhältnismäßig humanen- bolschewistischen System in Rußland sympathisiert als mit der parlamentarischen Demokratie in Deuschland.
 
Strupanice schrieb:
Nun gut, Heinz, das kann man so sagen, um einem Schulkind in der 7. Klasse die unterschiedlichen Strömungen im allgemeinen erst einmal nahezubringen. Genauer betrachtet ist dies aber so verallgemeinert, daß es den tatsächlichen Vorgängen kaum entspricht.
Die Kommunisten in Deutschland sind aus einer langen und erfahrenen sozialdemokratische Tradition hervorgegangne, wärend die russischen Kommunisten kaum andere Erfahrungen sammeln konnten, meist aus feudalen Abhängigkeitsverhältnissen stammten. Deutschland war eine Industrienation, Russland ein vorwiegend ein Agrarland.

Was die heutige SPD und ihr Verhältnis zum heutigen Grundgesetz mit der Weimarer Republik zu tun hat, weiß ich allerdings nicht.
Alle in Deutschland zugelassenen Parteien stehen auf dem Boden des Grundgesetzes.

Lieber Strupanice,
das wurde von mir so erklärt, um sich allgemein verständlich auszudrücken. Tatsache bleibt doch, dass es in Berlin bei der Parteizentrale der KPD Slogans gab: "Sowjetrussland heute, Sowjetdeutschland morgen." Was Du über die Sowjetunion schreibst, hätte Ernst Thälmann wissen müssen, bevor er Plakate mit solchen Aufdrucken erlaubte. :(
Auch wenn die Kommunisten aus der SPD hervorgingen, so ist doch der Unterschied, dass Sozialdemokraten immer versuchten und versuchen sich gesatzeskonform zu verhalten. Die Verfassungstreue in Weimar und heute ist ein wichtiger Aspekt sozialdemokratischer Politik.
Ob und warum nicht alle Parteien auf dem Boden des Grundgesetzes stehen, kannst Du mit mir, wenn Du willst in einer PN erörtern.
 
Heilsbringer ist ja hier nicht gefragt gewesen. Es ging um die Parteien (von denen du u.a. auch den Begriff "andere demokratische Parteien" verwendest, die alle samt die Republik angeblich erhalten wollten. Die Unsicherheiten in der SPD in Fragen, wie man eine Republik gestaltet sollte man der KPD auch zusichern können. Das es hier auch zu dramatischen Fehlentscheidungen seitens der immer mehr Moskau orientierten KPD-Führung kam ist, ist unbestritten. Die Kontakte an der Basis von SPD und KPD waren damit aber bei weitem besser, als die der Führungen.
 
ich bitte dich, mich korrekt wiederzugeben, ich sprach von "den demokratischen parteien inkl. der spd", um deutlich zu machen, dass die kpd keine demokratische partei war.

eigentlich kann man nur von drei parteien sprechen, die die republik wenigstens einigermassen unterstützt haben, auch wenn es andere strömungen innerhalb dieser parteien gab:
die spd, das zentrum und die ddp

zumindest hat auch die dvp (Stresemanns partei) sich in das unvermeidliche gefügt und die republik bis zu seinem tod unterstützt.

nsdap, dnvp und eben auch die kpd, kann man mit fug und recht als staatsfeindlich betrachten, da sie eine andere staatsform wollten. und im fall der kpd ging es nicht um nuancen, wie man die bestehende republik verändern könnte, sondern um die einführung des sowjetischen modells
 
Zuletzt bearbeitet:
Dabnke für die Antworten. Besonders für die Erklärungen wieso die SPD sich von den mittleren Parteien und zwischenzeitlich der Regierung zurückhielt.
 
heinz schrieb:
Lieber Strupanice,
das wurde von mir so erklärt, um sich allgemein verständlich auszudrücken. Tatsache bleibt doch, dass es in Berlin bei der Parteizentrale der KPD Slogans gab: "Sowjetrussland heute, Sowjetdeutschland morgen." Was Du über die Sowjetunion schreibst, hätte Ernst Thälmann wissen müssen, bevor er Plakate mit solchen Aufdrucken erlaubte. :(
Ich denke, er musste das nicht wissen. Natürlich wissen wie heute, dass schon in den Zwanziger Jahren Millionen Sowjetbürger umkamen, in der Hauptsache durch Hungersnöte. Doch das wurde vor der Weltöffentlichkeit weitgehend verheimlicht bzw. als antikommunistische Propaganda hingestellt. Auf Arte kam einmal eine Dokumentation, die im wesentlichen auf die kommunistischen Parteien in Frankreich und Italien einging und diese Täuschung und in gewisser Weise auch Selbsttäuschung der Kommunisten in Westeuropa aufzeigte.

Ein entscheidender Bruch in der Entwicklung der Weimarer Republik war zweifellos der frühe Tod (an einem Blinddarmdurchbruch) von Friedrich Ebert 1925. Mit ihm hatte die Republik einen überzeugten Demokraten an der Spitze. Seinen Nachfolger Hindenburg kann man dagegen getrost als "Feind der Republik" bezeichnen.
 
Strupanice schrieb:
Heilsbringer ist ja hier nicht gefragt gewesen. Es ging um die Parteien (von denen du u.a. auch den Begriff "andere demokratische Parteien" verwendest, die alle samt die Republik angeblich erhalten wollten. Die Unsicherheiten in der SPD in Fragen, wie man eine Republik gestaltet sollte man der KPD auch zusichern können. Das es hier auch zu dramatischen Fehlentscheidungen seitens der immer mehr Moskau orientierten KPD-Führung kam ist, ist unbestritten. Die Kontakte an der Basis von SPD und KPD waren damit aber bei weitem besser, als die der Führungen.

Lieber Strupace,
Thälmann war mehr als ein Heilsbringer der KPD, er war dessen Führer. Ob die anderen demokratischen Parteien alle die Republik erhalten wollten. weiß ich nicht. Sie waren jedenfalls zu Koalitionsregierungen bereit. Solange man seitens der KPD nicht für ein parlamentarishes Regime und für eine Räterepublik war konnte es keine gemeinsame Grundlage geben. Dass sich die "kleinen Leute" von KPD und SPD besser verstanden, das kann wohl sein. Entscheidend ist aber die Ausrichtung der KPD nach Moskau. :(
 
Hallo,

meines Erachtens nach ist eigentlich alles gesagt, und deswegen habe ich mich hier auch nicht mehr geäußert.

Da sich zudem zeigt bzw. gezeigt hat, daß die einen - incl. ich selbst - die Kommunisten als Feinde der Weimarer Republik ansehen und Strupanice eine andere Meinung hat, finde ich, wir sollten auf beiden Seiten den jeweiligen Standpunkt des anderen akzeptieren, was ja nicht heißt, diesen zu billigen oder zu übernehmen. Auch das gehört IMHO zum demokratischen Selbstverständnis :cool:

Kurz möchte ich aber noch auf folgendes eingehen...

Strupanice schrieb:
... die Kontakte an der Basis von SPD und KPD waren damit aber bei weitem besser, als die der Führungen...

heinz schrieb:
... dass sich die "kleinen Leute" von KPD und SPD besser verstanden, das kann wohl sein...

Da ich unter den älteren Leuten meiner direkten und erweiterten Verwandtschaft beinahe alle "Coleur" der Parteienzugehörigkeit hatte, kann ich mich diesbezüglich gut an Erzählungen erinnern, wonach es SPD Mitglieder gab (man muß sogar sagen "vom linken Flügel der SPD"), welche Wert darauf legten, nicht mit den "Rabauken von der KPD" in eine Reihe gestellt zu werden. Anm.: die Betreffenden waren übrigens sehr nahe miteinander verwandt und verstanden sich persönlich sehr gut!
Da ich dies aus Jugenderinnerungen wiedergebe und die Betreffenden leider nicht mehr leben, ist dieser Ausdruck zwar keine wortwörtliche Überlieferung, aber zumindest sinngemäß richtig.
Fazit: inwieweit sich SPDler und KPDler an der Basis politisch miteinander konnten, war wohl von Fall zu Fall verschieden.

In diesem Sinne

Timo
 
timotheus schrieb:
Hallo,
Da ich unter den älteren Leuten meiner direkten und erweiterten Verwandtschaft beinahe alle "Coleur" der Parteienzugehörigkeit hatte, kann ich mich diesbezüglich gut an Erzählungen erinnern, wonach es SPD Mitglieder gab (man muß sogar sagen "vom linken Flügel der SPD"), welche Wert darauf legten, nicht mit den "Rabauken von der KPD" in eine Reihe gestellt zu werden. Anm.: die Betreffenden waren übrigens sehr nahe miteinander verwandt und verstanden sich persönlich sehr gut!
Da ich dies aus Jugenderinnerungen wiedergebe und die Betreffenden leider nicht mehr leben, ist dieser Ausdruck zwar keine wortwörtliche Überlieferung, aber zumindest sinngemäß richtig.
Fazit: inwieweit sich SPDler und KPDler an der Basis politisch miteinander konnten, war wohl von Fall zu Fall verschieden.
Timo

Lieber Timotheus,
Du hast recht, das wird von Fall zu Fall verschieden gewesen sein. Aus der Siedlung in Kassel-Bettenhausen, wo ich herkomme, konnten Nazis und Kommubisten gut miteinander. Die Nazis betrachteten sich als Edelkomministen. Mein Großvater väterlicherseits war bei der Post und Sozialdemokrtat, er versuchte sich aus den Konflikten zwischen Nazis und Kommunisten rauszuhalten. :(
 
Die Bandbreite der Anhängerschaft der Nazis und der Kommunisten war sicher fließend in ihrem Übergang. D.h. aber nicht, daß die Interessen und Methoden ähnlich waren. In Berlin kam es schon in den 20er Jahren vorwiegend durch SA-Horden und deren Vorgängerorganisationen zu Angriffen auf "ganz normale Leute". Festveranstaltungen von "Sozis" und "Kommunisten" wurden regelmäßig gestört. Daher kam es zwingend zu "Selbsthilfegruppen" bei SPD und KPD und natürlich auch bei anderen Gruppen. Während die SPD-Oberen sich nicht zu einem zentralen Aufruf zur Bildung von Schutzmechanismen durchringen konnten, wurde unter den Mitgliedern der KPD ein mehr oder weniger effektives Informationsnetz aufgebaut, um geplante Aktionen der Nazis zu verhindern, oder zumindest zu stören. Das dies nicht mit "gut Zureden und Überzeugen" ging, mag wohl jedem klar sein.
Das dies das bürgerliche Lager und auch große Teile der SPD nicht billigten und sozusagen beide als Randalierer kriminalisierten, war typisch für diese Zeit, da die "Gefahr" des Bolschewismus in Deutschland als akuter, vor allem in Wirtschaftskreisen, angesehen wurde, als irgendein anderes Abkippen der Republik. Erst als viele Sozialdemokraten und auch einige Bürgerliche am eigenen Leib spürten, daß die Gefahr und der Straßenterror ursächlich fast durchweg von den Nazis ausging, und auch vermehrt Vertreter dieser Gruppen Opfer der Schlägertrupps wurden, war es schon fast zu spät. Nach 1933 machten die Nazis dann vor keinem Andersdenkenden mehr Halt.
 
Lieber Strupanice, natürlich wurde die Gefahr durch die Nazis unterschätzt und die Gefahr durch den Kommunismus überschätzt. Es gab einfach in der Zeit der Weimarer Republik zu wenige Demokraten, welche diese Republik unterstützen wollten. :(
 
lieber strupanice,

du tust ja gerade so, als seien die kommunisten nur die opfer gewesen, die sich zurecht gewehrt haben. als hätte es zum beispiel die bülowplatz-morde an zwei polizisten nie gegeben, für die erich mielke als einer der täter 60 jahre später rechtskräftig verurteilt wurde.
und war denn nur die SA der gegner, haben sich die Rotfront-Kämpfer nie mit denen vom Reichsbanner geprügelt?
 
Unschuldig und gewaltlos war damals niemand. Die weimarer Republik war gekennzeichnet von einer Vielzahl paramilitärischer Verbände. So gab es neben den Rotfrontkämpferbund die SA, den Stahlhelm und Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold.
1930 hatte Rotfrontkämpferbund (bestand 1924-1929) 100.000 Mitglieder, Stahlhelm ca. 400.000 bis 500.000, SA ca. 90.000, Reichsbanner ca. 3,5 Mio. Mitglieder. Weiterhin gab es auch die Landvolkbewegung.

Als einziger dieser Organisationen wurde 1929 nach Ausschreitungen bei den verbotenen Maidemos der Rotfrontkämpferbund verboten.
Die Aufgabe der 1930 rund 90000 SA-Männer, vor allem Jugendliche und Arbeitslose, war nach Hitlers Konzeption nicht die Kriegführung, sondern innenpolitischer Terror bis hin zum politischen Mord. So gab es allein von Mitte Juni 1932 bis zum 18. Juli 1932 in hauptsächlich durch die Nationalsozialisten zu verantwortenden Saal- und Straßenschlachten 99 Tote und 1125 Verletzte. Für den damaligen Stabschef der SA, dem ehemaligen Hauptmann Ernst Röhm, war die SA die Keimzelle eines Volksheeres im zukünftigen NS-Staat.

Am Sonntag dem 10. Juli kam es zu einer offenen Straßenschlacht zwischen SA-Angehörigen und Mitgliedern des Reichsbanners. Diese konnte nur unter Einsatz der Reichswehr beendet werden. Ergebnis: 27 Tote, 181 Schwerverletzte. Am 17. Juli folgte der "Blutsonntag von Altona". Hier provozierten eindeutig Nationalsozialisten, indem sie offen in einem kommunistischen Wohnviertel aufmarschierten. Daraus entwickelte sich eine Straßenschlacht, die 19 Tote und 285 Verletze forderte.


http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/berlin/430824.html
 
Strupanice schrieb:
Unschuldig und gewaltlos war damals niemand. Die weimarer Republik war gekennzeichnet von einer Vielzahl paramilitärischer Verbände. So gab es neben den Rotfrontkämpferbund die SA, den Stahlhelm und Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold.
1930 hatte Rotfrontkämpferbund (bestand 1924-1929) 100.000 Mitglieder, Stahlhelm ca. 400.000 bis 500.000, SA ca. 90.000, Reichsbanner ca. 3,5 Mio. Mitglieder. Weiterhin gab es auch die Landvolkbewegung.

Als einziger dieser Organisationen wurde 1929 nach Ausschreitungen bei den verbotenen Maidemos der Rotfrontkämpferbund verboten.
Die Aufgabe der 1930 rund 90000 SA-Männer, vor allem Jugendliche und Arbeitslose, war nach Hitlers Konzeption nicht die Kriegführung, sondern innenpolitischer Terror bis hin zum politischen Mord. So gab es allein von Mitte Juni 1932 bis zum 18. Juli 1932 in hauptsächlich durch die Nationalsozialisten zu verantwortenden Saal- und Straßenschlachten 99 Tote und 1125 Verletzte. Für den damaligen Stabschef der SA, dem ehemaligen Hauptmann Ernst Röhm, war die SA die Keimzelle eines Volksheeres im zukünftigen NS-Staat.

Am Sonntag dem 10. Juli kam es zu einer offenen Straßenschlacht zwischen SA-Angehörigen und Mitgliedern des Reichsbanners. Diese konnte nur unter Einsatz der Reichswehr beendet werden. Ergebnis: 27 Tote, 181 Schwerverletzte. Am 17. Juli folgte der "Blutsonntag von Altona". Hier provozierten eindeutig Nationalsozialisten, indem sie offen in einem kommunistischen Wohnviertel aufmarschierten. Daraus entwickelte sich eine Straßenschlacht, die 19 Tote und 285 Verletze forderte.

das bestreitet doch niemand, aber du hattest die kpd und den rotfrontkämpferbund als unschuldsengel dargestellt, als opfer, die sich nur gewehrt hätten. übrigens war ja auch die sa, wenn auch nur sehr kurz, verboten.

es wäre übrigens schön, wenn du deine quellen offenlegen würdest und damit lass ich es hier für gut sein.
 
Lieber Strupanice,
es nützt garnichts, wenn wir die Untaten der einzelnen Verbände aufzählen und immer der Gegenseite die Schuld geben.
Ich versuche auch die Fehler der Sozialdemokraten zu sehen, trotzdem ein Teil meiner Familie in dieser Tradition steht. Es bringt garnichts, aus welchen Gründen auch immer die Schlachten der Vergangenheit nochmal zu schlagen. Was über Deutschland dann gekommen ist, haben so sicherlich noch nicht einmal die Nazis gewollt. :(
 
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