Frühjahrsoffensive 1918 - verschenkte Chance oder aussichtsloses Unterfangen?

Die Verluste lagen ja an der Art des Einsatzes und hatten mit der Ausbildung wenig zu tun.

genau das meine ich ja. Egal wie diszipliniert man vorrückt oder wie schnell man schießen kann - im Niemandsland vor einem MG Nest ist das ergebnis fast das gleiche.

Schlägt sich denn das Enfield soviel besser als die deutschen Karabiner?

nein, das nicht. Aber die englische Ausbildung legte sehr großen Wert auf genaues UND schnelles Feuer. Das war aus der Zeit als das MG noch sehr selten und exotisch - weil schwer und unhandlich - war.

Der Abzug wird bei diesem Repetierschnellschießen mit dem Ringfinger gezogen, Zeigefinger und Daumen bleiben permanent am Repetierhebel. So kann eine Geschwindigkeit wie bei einem Halbautomaten erreicht werden.
 
Jein, aber der hat den leichtest gängigen Verschluß aller damals üblichen Standardgewehre, in den Händen der britischen Berufssoldaten war der in der Feuergeschwindigkeit tatsächlich etwas besser.
Der 98ger Verschluß ist dagegen schwerfälliger, konnte beides schon aus eigener Erfahrung feststellen.

Der Unterschied ist aber wirklich nur geringfügig.
 
Die theoretischen Angaben liegen bei 20 Schuß zu 15 Schuß/min, aber so groß fand ich den Unterschied nicht, jedoch bei ständiger Ausbildung, ich denke 2-3 Schuß mehr könnten drin sein.
 
wenn man "mad minute SMLE" auf youtube sucht, sieht man direkt das das schnelle schießen einen Gewissen Legendenstatus bei britischen/indischen streitkräften einnimmt.

Beim dem K98 ist die ergonomie schlechter, aber grundsätzlich ist es auch mit dieser Technik in der Lage sehr schnell zu schießen. Die deutsche Armee sah das schnelle Feuern allerdings nicht so wichtig an wie die britische.
 
Die Entente hätte zunächst erst einmal alle Hände zu tun, um ihren Verbündeten zu stützen. Weder London noch Paris hätten ein Interesse daran, das für die Mittelmächte eine Front weniger besteht.

Die Entente hätte einen Schutz ihres Verbündeten durch eine koordinierte Offensive in Ost und West erreichen können.
Es musste so schon zweifelhaft sein, ob Deutschland genug Reserven haben würde eine solche koordinierte Offensive abzuwehren, bei der ein Verschieben von Reserven zwischen den Fronten nicht möglich gewesen wäre.

Weitere Truppen nach Italien abzustellen, wo diese gebunden sein würden, hätte die deutsche Widerstandsfähigkeit gegenüber einer solchen Offensive noch herabgesetzt.

Eine Teildemobilisierung hätte vorausgesetzt, das die OHL auf ihren abenteuerlicher Kreuzzug im Osten verzichtet hätten.

Dazu hätte sie die zivile Reichsleitung mit beschleunigten Schritten auf einen Frieden hin durchaus zwingen können, vorausgesetzt der Kaiser hätte mitgespielt.
 
Eine koordinierte Offensive in Ost und West?
Wer hätte dann in Osten angreifen sollen?
Das Zarenreich war am Boden.
 
Caporetto war für Italien ein großer Schock. [...]

Caporetto war nicht nur ein großer Schock, die Italiener verloren dabei neben mehreren hundertausend Mann Mannschaften auch etwa ein Drittel ihres Artillerieparks der Feldarmee und der war für sie nicht zu ersetzen.

Hier hätte sich, wenn man gewollt hätte die Möglichkeit geboten mit einer gewaltigen Feuerüberlegenheit nachzustoßen, wenn man deutsche Artillerie und Bahnkapazitäten in größerem Stil dafür frei gemacht hätte.

Natürlich hätten die Briten und Amerikanern die Italienern in the long run unter die Armee greifen können, allerdings hätten sie dafür erstmal Artilleriekapazitäten freimachen und über die Alpen oder auf dem Seeweg einmal um Europa herum transportieren müssen um damit den Italienern effektiv zu helfen.
Das wäre nicht von jetzt auf gleich gegangen und bei einem wirklich forcierten Nachstoßen von Seiten der Zentralmächte in Italien wahrscheinlich nicht mehr zur rechten Zeit gekommen
 
Eine koordinierte Offensive in Ost und West?
Wer hätte dann in Osten angreifen sollen?
Das Zarenreich war am Boden.

Ich spreche von der Situation VOR der Brussilow-Offensive. Vielleicht reden wir hier etwas aneinander vorbei.
Diese Offensive endete erst am 20. September 1916.

Die vorhandenen Kräfte für eine Offensive gegen Italien umzugruppieren unter Konsolidierung der erreichten Positionen im Osten hätte wahrscheinlich in den November-Dezember 1916 hinein gedauert und das wäre kaum eine gute Zeit gewesen um eine Offensive in alpinem Gelände zu beginnen.

Im Frühjahr 1917 hätte man vielleicht daran denken können.
Für das Jahr 1916 sehe ich diesen Spielraum nicht. Größere Verbände an der italienischen Front zu binden, bevor die Russen ihre Karft verbraucht hatten, wäre Harakiri gewesen und danach wäre es bis zum Frühjahr wegen der klimatischen Bedingungen vermutlich nicht mehr möglich gewesen, weil man es bei eisigen Temperaturen und Schneefall nochmal weswentlich schwieriger gehabt hätte die Pässe und Bahnstrecken frei zu bekommen, um Material nach Italien hinein zu schaffen.
 
ch spreche von der Situation VOR der Brussilow-Offensive. Vielleicht reden wir hier etwas aneinander vorbei.
Diese Offensive endete erst am 20. September 1916.

In der Tat. Ich ging von 1918 aus.

Aber unter dem Strich brachte den Russen die Offensive nichts. Die Italiener hingegen profitierten durch das Eingreifen des Zarenreichs.
 
In der Tat. Ich ging von 1918 aus.

Dann war das jetzt wirklich etwas an einander vorbei, ich hatte mich auf deine Einlassungen hinsichtlich eines potentiellen Unterlassens von Falkenhayns "Blutmühle" bezogen.

Ob die in der Ausführung klug war, lässt sich sicherlich bezweifeln, aber die Franzosen unter Druck zu setzen und zu militärischen Schritten zu reizen, damit es nicht zu einer koodinierten Offensive der Entente kommen konnte, die ins Haus gestanden hätten, wären deutsche Offensiven unterlassen worden, war grundsätzlich richtig.

Insofern war vielleicht diese Schlacht in dieser Form vermeidbar, ob aber deutsche Verlusten in solchen Großenordnungen insgesamt vermeidbar waren, ist denke ich eine andere Frage.

Für ein effektives Vorgehen gegen Italien, hätte man andere Prioritäten gesetzt, würde ich ein Zeitfenster von Mitte 1917 bis Anfang 1918 ansetzen wollen, in dem man vielleicht wirklich etwas hätte erreichen können, allerdings mit der Hypothek, dass alleine wegen der Verkehrsschwierigkeiten Offensiven über die Wintermonate im Grunde ausfallen mussten.

Will heißen man hätte das 1917 vor Wintereinbruch mit einem schnellen Schlag schaffen müssen oder unmittelbar im Frühjahr 1918.

Ein Steckenbleiben der Offensive über den Winter hätte den anderen Entente-Partnern die Möglichkeit gegeben Italien effektiv materiell zu helfen und ab Sommer 1918 wäre die Überlegenheit der Entente wohl allmählich so groß geworden, dass das Abstellen weiterer Truppen für Italien kein größeres Problem dargestellt hätte.
 
Teildemobilisierung, Bahninstandsetzung (das bedeutet auch Neubau rollenden Materials, Produktion von Gleisen),
Requirierung! von Nahrungsmitteln, Abtransport, Verteilung,

Produktion von Gleisen und rollendem Material wäre nicht das große Problem gewesen, weil man die für die Versorgung der Front mit Nahrungsmitteln und Munition benötigten Feldbahnen für Versorgungszwecke hätte umfunktionieren können, wenn man einen Teil der Mannschaften nach Hause geschickt hätte.

Heißt man hätte durchaus die zivilen Transportkapazitäten ad hoc erhöhen können, man hätte nur die Gleise umverlegen müssen.

Neubau von rollendem Material hätte natürlich Zeit gekostet, andererseits waren die Industriekapazitäten ja durchaus vorhanden und mit Beendigung der Kampfhandlungen, sowohl im Osten, als auch perspektivisch im Süden wäre es möglich gewesen unmengen von Kriegsschrott (nutzlos gewordenes Beutegerät etc.) dafür einzuschmelzen, die Rohstoffe wären also vorhanden gewesen.
Auch hätten ja was das rollende Material angeht, nicht immer gleich ganze Wagons und Zugmaschinen neu gebaut werden müssen, sondern vor allem hätte es Wohl neue Achsen und Radreifen benötigt um das vorhandene Material wieder in Schuss zu bringen, so dass es für den Transport von Nahrungsmitteln langte.
Mit einem Teil der demobilisierten Soldaten hätte man die Belegschaften in den Fabriken aufstocken können um die Kapazitäten zu erhöhen einen anderen Teil hätte man als Arbeitskräfte für die Instandsetzung der Bahnen verwenden können.

Hätte man sich im Westen ruhig verhalten, dass wirklich schlagkräftige Material nach Italien und an die Mazedonische Front geschafft und angefangen im Osten wo es effektiv keine Bedrohung mehr gab, und eine Million Mann ohne wirkliche Aufgabe schlecht ausgerüstet in der Gegend herum standen (die aber versorgt werden mussten) hätte man hier bereits Anfang 1918, als der Friedensschluss mit den Bolschewiki greifbar wurde, eigentlich überflüssige Kapazitäten abzubauen und zurück zu führen.

Italien hätte man wenn überhaupt ohnedies nur mit einem schnellen Schag in die Knie zwingen können, der so schnel hätte geführt werden müssen, dass die Entente nicht mehr hätte aushelfen können.
Das hätte also im März-April 1918 allerhöchstens Mai 1918 geschafft werden müssen.
Wäre das geschafft worden hätte man noch einige Monate gehabt sich in irgendeiner Form auf den Winter vorzubereiten, vor allen Dingen hätte man dann lediglich eine kritische Phase im Winter 1918-1919 überstehen müssen mit der Aussicht, dass es danach deutlich aufwärts gegangen wäre, was die Versorgung angeht.

Da wären natürlich keine Wunderdinge passiert und wahrscheinlich hätte die Bevölkerung der Zentralmächte noch einmal einen Winter wie 1916/1917 ertragen müssen und es wäre die Frage gewesen ob sie den ertragen hätte.

Wenn sie den ertragen hätte wäre es militärisch möglicherweise durchaus noch drinn gewesen zu einem militärischen Patt zu kommen, wäre nur eine große Front in Europa verblieben.
 
Nein, denke ich nicht, was ist mit Bulgarien, der Türkei und ÖU?
Diese Drei Verbündeten waren schon Ende 1917 in desolaten Zustand, Bulgarien kämpfte ja schon seit 1912, die Türkei
konnte ihre Soldaten kaum noch versorgen, weder mit Uniformen, Schuhwerk, Lebensmitteln und Mun, Sold kam auch kaum an. Ohne die deutschen Truppen als Korsett wäre bald Schluß gewesen.
Der KuK Monarchie ging es fast genauso schlimm, in den Bergen wurde gehungert, Ungarn hat nur seine Leute versorgt, in den anderen Nationalitäten kriselte es, die Armee war kaum noch handlungsfähig ( außer gegen Italien).
Die haben doch in ihrer Not sogar deutsche Lebensmitteltransporte auf der Donau aufgehalten und einkassiert.

Die Moral der deutschen Bevölkerung war nach der gescheiterten Westoffensive am Ende, da haben die meisten erst begriffen wie es wirklich steht.
Die Soldaten haben bei der Offensive volle Lebensmittellager gefunden, aber man hat ihnen erzählt, der Feind leidet wegen der U-Boot angriffe genauso wie sie.
Im August nahm die Fahnenflucht rapide zu, glaubst Du wirklich, das die Soldaten weitergekämpft hätten?
Das kann niemand im Ernst glauben, der sich mit der Situation der "kleinen" Soldaten und ihrer Familien zu Hause beschäftigt hat.
In der Werftindustrie konnten die Arbeiter nur durch Extrarationen zur Arbeit gebracht werden und das auch nur widerwillig.
 
Nein, denke ich nicht, was ist mit Bulgarien, der Türkei und ÖU?

Das Osmanische Reich hätte man sehr wahrscheinlich abschreiben müssen, allerdings hätte eine Besetzung allein des europäischen Teils und Istanbuls verhindert, dass von Seiten der Entente von dort aus Zugriff auf den Balkan gegeben gewesen wäre.

Im Hinblick auf Bulgarien sprach ich oben doch recht eindeutig davon, dass man auch die mazedonische Front hätte liquidieren müssen.
Das wäre aber durch die Heranführung einiger vernünftig ausgerüsteter deutscher Formationen sehr wahrscheinlich zu machen gewesen, weil die Truppen der Entente, die sich dort festgesetzt hatten, im Prinzip kein Hinterland zur Verfügung hatten, in das sie sich hätten zurückziehen können und auch ihre Truppenstärke dort nicht signifikant hätte erhöhen können, weil die Hafenkapazitäten für eine Versorgung beliebig größerer Verbände einfach nicht vorhanden waren.
Wäre Italien aus dem Krieg ausgeschieden hätte man diesen Brückenkopf mit Teilen der in Italien freiwerdenden Truppen sicherlich relativ schnell überrennen können oder bereits vorher mit anderswo abgelösten Truppen.
 
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