Ich hätte da denn doch noch ein paar Fragen, so z. B.
@ RINGKRIEGER, der schrieb:
„Ja die schönste Stadt Deutschlands, Hildesheim fällt mit dem Gründungsjahr 815 n. Chr. auch in diese Zeit.
So wie alle Karolingischen Gründungen.
Aber zum Glück, halten unsere Grabungsbefunde dagegen“
Gegründet 815 n. Ztr.? Von wem? Erbitte Nachhilfe, weil die früheste Nennung Hildesheims – dieser ach so wunderschönsten Stadt Deutschlands – die ich finde, bezieht sich auf die Weihung des Hildesheimer Doms durch Bischof Altfried im Jahre 872, wovon sich noch etwas (Grundriß, Mauerwerk) erhalten haben soll. Denn finde ich noch einen Hinweis auf eine Ummauerung, die ein Bischof Bernward um diese karolingische Basilika und die wohl nahegelegenen Bauten des Klerus.
@ BEORNA, der einwarf:
„Das besagt aber nicht, daß es diese Zeiten nicht gegeben hat, nur die Geschichten sind falsch. Im Falle der mittelalterlichen Phantomzeit haben wir aber Schriften, Urkunden, Bauwerke, Münzen etc. Hier geht es nicht darum, daß zu Luthers Zeiten die Jahre 613 bis 911 falsch rekunstuiert wurden, sondern daß Papst und Kaiser einen weltumspannenden Betrug organisiert hätten. Hier verquickt man wieder alles mögliche miteinandern, was nicht miteinander verquickt“
Daß einiges verquickt wird, was eigentlich nicht verquickt gehört, dieser Fall scheint durchaus vorzuliegen. Illig versucht verzeifelt zu entquicken – ich lasse dahingestellt sein, ob erfolgreich oder nicht. Auch HYOKKOSE sprach schon die planmäßige Fälschung an, du sprichst von einem organisierten Betrug. Das legt die Idee einer Verschwörungstheorie nahe. Manches erscheint in der Chronologiekritik auch mir etwas salopp als Tatsache ausgegeben, was eigentlich nur eine Hypothese ist, wenn Illig z. B. konkrete Namen angibt. So wenig schon die Vorstellung einer Phantomzeit allein auf Illig zurückzugeführt werden kann, um so mehr macht er sie populär. Hier wäre z. B. zu nennen Niemitz, als der Freund, mit dem er im Gespräch denn auch die Karolingerzeit in den Focus nahm. Dann wurden im Zuge seiner Überlegungen aus etwa 300 Jahren Phantomzeit plötzlich seine konkrete Eingrenzung, wobei Illig selbst ihre Länge (nicht die Zeitangabe) einem anderen Kollegen (Topper) zu verdanken hat. Schließlich sammelte er Indizienbeweise für seine fundamentale These; und daraus kann nur folgen: Im Zweifel für den Angeklagten. Also, es lebe nicht nur Karl der Große! Damit kann ich mich denn nicht zufrieden geben.
Entquickung tut not. Daher ein Vorschlag anhand eines Fragebeispieles (welches wohl ...), auf das vielleicht der eine oder andere aufgrund spezifischer Kenntnisse eingehen könnte, wobei ich allerdings davon ausgehen muß, daß ihr mit Wunstorf nicht so viel anfangen könnt; ich bin auch dankbar für Beantwortung anhand anderer Beispiele (Orte, Bauten, etc.) :
In Absehung der gennanten Baugeschichtlichen Fragen des Wunstorfer Stifts, zitiere ich die Urkunde: „Quapropter comperiat omnium fidelium nostrorum praesantium praesantium scilicet et futurorum sollertia, qualiter Theodricus sanctae Mindonensis ecclesiae Episcopus construxit per nostram licentiam ex sua hereditate in honore sancti Petri, Ancillarum Christi Monasterium quod dicitur Uonheresthorpe ... Signum domini Hludouuici regis serenissimi.“
Woher weiß ich nun, daß tatsächlich Ludwig der Deutsche gemeint ist?
Ich bin kein Lateiner, aber es wird doch kein Datum genannt (zumindest nicht in der Form, wie das Zitat vorliegt)? Wenn ich die Urkunde einsehen würden wollte, weiß jemand, woher die Leute, die das Dokument identifzierten, übersetzten und so weiter, daß sie das Datum mit 14. Oktober 871 übersetzen mußten? Oder ist da eventuell nichts zu übersetzen. Weiß also jemand, wie die Karolinger formelhaft datierten?
Aus Wunstorf habe ich ein anderes Datum, nur eine Jahreszahl, die am Ende einer Urkunde genannt wird, in der sich der lokale Adel zu Bürgern der Stadt erklären: „[... ] Dith is gheschen Na Godes borth Dusent ynd der hundert Jar In dem Achteden ynde vifteghesten Jahre an der Hochtidt tho Pinkesten.“ = 1358 n. Chr. Geb. ?
@ HYOKKOSE, der antwortete:
„Daß die Altgermanistik auch lateinische Texte auswertet, sofern diese althochdeutsche Passagen oder Einsprengsel enthalten, braucht wohl nicht eigens erwähnt werden.“
Von den Straßburger Eiden wußte ich das. Es sind ja nur ein paar in einem lateinischen Dokument. Aber gibt es diese Einsprecngsel auch im lateinischen Gesetz für die Sachsen? Wie auch immer, ich wollte gerne mal wissen: kannst du die Datierung der Straßburger Eide aus der Urkunde zitieren oder kennst du jemanden der das kann ...
@ STRUPANICE, der antwortete:
„Wie du siehst gibt es schon Widersprüche in der historischen Überlieferung, gerade der Sachsen, die aber, je mehr Klarheit in die Sache kommt, keinen Zeitensprung erkennen lässt.
Die Verhältnisse des 7. Jh. und des 10. Jh. lassen sich einfach nicht nahtlos aneinanderfügen, es sei denn bei einer angeblichen Fälschung wäre auch die Überlieferung vor der "Lücke" frei erfunden, sprich Frühmittelalter und Antike.“
Es ist schon so eine Sache mit Überlieferungen, sei es die Bibel, der Gilgameš-Epos, Die Geschichtsschreibung Gregor von Tours oder eben auch bei den Sachsen. Ruodolf führte im 9. Jh. die Herkunft der Sachsen von den agelischen Britanniern her,
Widukind kannte diese Herleitung hundert Jahre später aber gar nicht, sondern nennt als unterschiedliche Ansichten: eine dänisch-normannische und eine griechische Herkunft. schließlich die phantastisch anmutende Herleitung aus Alexanders Heer, wo auch das Land Prutzen (Preußen) und Ruyan erwähnt werden. Entsprechen sie alle einem Zeitgeist oder kommt eine vielleicht doch realen Begebenheiten nahe?
@ ders.:
„Die Ereignisse um 630 beziehen sich auf die Ostgrenze des fränkischen Reiches, bei der es um die Abwehr der abtrünnigen Slawen geht, die sich dem Samo-Reich angeschlossen hatten und jetzt mehrfach in das Frankenreich einfielen. Die Bezeichnung "Sachsen" in diesem Zusammenhang ist irritierend, da hier die Bevölkerung im zwar nicht näher genannten Gebiet aber doch östlich und südlich vom Harz bis zum Mittelgebirge gewohnt haben muß, wo die Einfälle der Slawen stattfanden. Die Slawen nördlich dieser Gebiet hatten sich nicht dem Samoreich angeschlossen.“
Ich wüßte zwar nicht ad hoc mit welchem Merowinger ich den zuvor genannten, fränkischen Rex identifzieren sollte, aber mir erscheint die Ansiedlung von Sachsen – einer der Merowinger wußte denn auch von „jütischen Sachsen“ – im thüringerschen Lande gar nicht unwahrscheinlich, zudem später auch der Harzgau denn auch zum sächsischen Herzogtum gehörte. Aber ich gebe ja schon zu, die Phantomzeitthese Illigscher Provenienz ich nicht haltbar; nichts desto weniger halte ich eine Chronologiekürzung für wünschenswert. Aber das gehört dann wohl nicht mehr in diese Rubrik?