Fürstenhäuser vor 1918

Kleiner Nachtrag zu einer Diskussion in Berlin:

Die Landgrafschaft Hessen-Kassel wurde im Reichsdeputationshauptschluss von 1803 in ein Kurfürstentum erhoben, das Land ging aber dann im Königreich Westfalen auf.

Nach der Wiederherstellung durch den Wiener Kongress 1814 führte der Herrscher den Titel Kurfürst bis 1866 weiter obwohl es wegen des Ende des alten HRR 1806 nix mehr zum küren gab.
1866 wurde Kurhessen nach der Schlacht bei Königgrätz Preussen angegliedert.

Und das sagt Wikipedia dazu...
 
So denken Einige...

Na, ich möchte nicht wissen, wie viele Nachkommen von Karl dem Großen in deutschen Parlamenten sitzen.
Soweit ich diese Gesetzgebung verstehe, handelt es sich um die 1918 regierenden Personen. Alle anderen Nachkommen, die nach 1918 geborenen sind, sind ja nie Fürsten, Prinzen u. ä. gewesen. Jegliche Adelsprädikate waren nur noch modischer Beischmuck und hatten keine relevante Bedeutung mehr.
So ist der in den Medien gern genannte Prinz von Hannover gar kein Prinz. Er heißt nur einfach "Von Hannover" oder "Hannover".

Andere wissen wohl, daß die adlige oder edle Geburt nicht durch einen einfachen Staatsstreich oder Vertrag ausgelöscht werden. Meine Familiengschichte läßt sich dokumentarisch anhand meines Familientitels einwandfrei bis ins Jahr 1039 zurückverfolgen. Das wäre ohne Adel nicht möglich, und einen König oder Prinz oder Grafen oder Freiherrn oder oder oder als "nur von" zu betrachten zeugt vielleicht vom jetzigen Stand der Gesetze aber nicht von Wissen, verständnis oder Geschichtskenntnisse außer der der neueren Zeit. Des Weiteren nehme ich an, daß der Autor sich verbissen an die alte Legende "wir sind alle Gleich" und "der Adel wurde erfolgreich abgeschafft" hält.

Ein kurzer Blick auf die Renaissance der inzwischen wiederbeantragten Titel und "vons" und der angeeigneten seit der Wende zeigt, daß die meisten Deutschen gerne wieder zum Adel gehören, gehören würden und wollen.
 
... die adlige oder edle Geburt...
Hier ist sicher nicht der Ort, an dem man eine Diskussion hierüber führen sollte - schon gar nicht am Beispiel von Ernst August oder Ferfried oder sonstiger (adeliger) Lieblinge des Boulevards...

... die alte Legende "wir sind alle Gleich" und "der Adel wurde erfolgreich abgeschafft"...
Hiermit ist wieder sicherer historischer Boden erreicht (siehe auch den guten Artikel Adel ? Wikipedia).

In der Tat gibt es manchmal Mißverständnisse ob des Gehalts des Art. 109 Abs. 3 Satz 2 WRV: "Adelsbezeichnungen gelten nur als Teil des Namens und dürfen nicht mehr verliehen werden." In der Interpretation des Reichsgerichts (RGZ Bd. 103, S. 194) bedeutet und bewirkt er,
daß vormals adelige Namen nicht mehr nach Adelsrecht, sondern nach dem BGB übertragen werden, also auch durch uneheliche Geburt von einer adeligen Mutter, durch Annahme an Kindes Statt seitens eines adeligen Wahlvaters, durch Ehelichkeitserklärung auf Antrag des adeligen Erzeugers und durch Namenserteilung seitens eines adeligen Ehemannes an das voreheliche Kind seiner Frau".
Das "dürfen nicht mehr verliehen werden" war an die bisher Verleihungsberechtigten, nämlich die Regierungen der Länder und des Reichs, gerichtet.

Anders die Situation in Österreich, wo durch das Adelsaufhebungsgesetz ? Wikipedia der Adel als solcher aufgehoben wurde - so weit wollte die Weimarer Nationalversammlung nicht gehen.

... die alte Legende "wir sind alle Gleich" und "der Adel wurde erfolgreich abgeschafft"...
Das ist natürlich eine Legende! Nur "vor dem Gesetz" sind alle Menschen gleich (Art. 3 Abs. 1 GG) - aber das ist ja auch schon etwas im Vergleich zu der Zeit vor 1919.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die regierenden deutschen Fürsten haben alle samt und sonders 1918 auf ihre Throne verzichtet, was auch verfassungsrechtlich zwangsläufig war, da der Kaiser als "oberster Lehnsherr" als erster abgedankt hatte.
Der Kaiser war keineswegs der oberste Lehnsherr der deutschen Fürsten, er war nur der Deutsche Kaiser, nicht der Kaiser von Deutschland.

Das ist natürlich eine Legende! Nur "vor dem Gesetz" sind alle Menschen gleich (Art. 3 Abs. 1 GG) - aber das ist ja auch schon etwas im Vergleich zu der Zeit vor 1919.
Aber würde das nicht Sonderrechte ausschließen, wie etwa die Wehrpflicht nur für Männer? Oder heißt das: "außer den im GG genannten Ausnahmen"?
 
Zuletzt bearbeitet:
Der Kaiser war keineswegs der oberste Lehnsherr der deutschen Fürsten, er war nur der Deutsche Kaiser, nicht der Kaiser von Deutschland.
Dazu mal was aus Tante Wiki

König Wilhelm I. hatte sich gegen die Annahme des Titels zunächst vehement gesträubt, da er sich primär als Preußen, nicht als Deutschen sah. Kaiserwürde und -titel nahm Wilhelm erst nach Zustimmung aller Bundesfürsten an, blieb aber in erster Linie König von Preußen. Er hätte die Titulierung als Präsident oder Kaiser von Deutschland bevorzugt. Ersteres war aber aus protokollarischen Gründen nicht opportun, da die süddeutschen Könige von Bayern und Württemberg sich nur dem Träger eines höherrangigen Titels unterzuordnen bereit waren. Letzteres hätte dagegen Konflikte mit Österreich-Ungarn heraufbeschworen, das zwar nach seiner Niederlage gegen Preußen im Jahr 1866 aus dem Deutschen Bund ausgeschieden war, sich mit seinen österreichischen Landesteilen aber immer noch Deutschland zugehörig fühlte. Otto von Bismarck drängte König Wilhelm daher zur Annahme des Kompromiss-Titels des Deutschen Kaisers.
 
Laut der Doku die kürzlich im TV lief ("Geschichte der Deutschen" glaub ich), waren es nicht die Österreicher sondern die andern Reichsfürsten die einen "Kaiser von Deutschland" nicht akzeptieren wollten.
 
El Mercenario

Genau, so ist auch mein Wissensstand.

Der König steigt die Marmortreppe hinauf, kommt außer Atem. Er ist 73 Jahre alt ... In den offenen blauen Augen steht Unmut. Er verstärkt sich, als ihn sein Schwiegersohn, Großherzog Friedrich von Baden, anspricht. Er soll das Hoch auf den neuen Kaiser ausbringen. Aber er ist über die Formel im Zweifel. Soll er den König von Preußen als "Kaiser von Deutschland" ausrufen, wie dieser es wünscht? Oder als "Deutschen Kaiser", wie es Bismarck mit den Fürsten vereinbart und dem Großherzog noch auf dem Wege zum Spiegelsaal eingeschärft hat? Dies erzählt er dem Schwiegervater. Wilhelm schimpft über den Kanzler und schnautz: "Du kannst das machen, wie Du willst, ich werde mich später doch nur so nennen, wie ich es will, nicht, wie Bismarck es bestimmen will". Der Großherzog hat eine salomonische Lösung gefunden. ... "Seine Kaiserliche und Königliche Majestät, Kaiser Wilhelm, lebe hoch! hoch! hoch!"
Aus "Anno 70/71" von Franz Herre

Ein "Kaiser von Deutschland" hätte bedeutet, dass Wilhelm Herrscher über die anderen Fürsten gewesen wäre. Das haben die Deutschen Landesfürsten vehement verweigert. Wilhelm sollte nur "prior inter pares" sein. Ein "Präsident von Deutschland" erscheint mir abenteuerlich. Wir wissen ja, wie wenig Wilhelm vom Parlamentarismus hielt. Solch ein Titel hätte er meines Erachtens abgelehnt.
 
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