Fund-Diverses aus römisch-germanischen Kontakten etc.

Das Gebiet um Merseburg mausert sich immer mehr zur Fundgrube. So konnte ich seit den Osterfeiertagen eine weitere Fundstelle lokalisieren. Diese liegt nur 1000 m Luftlinie zum Fundplatz des Thekenbeschlages (Sichtbereich!) und der Schleuderbleie am Saalehochufer. Diesmal fand ich einen abgegriffenen Denar des Trajan, das Fragment eines Ortbandes für einen Pugio vom Typ Künzing (2./3. Jh. n. Chr.), einen Riemenbeschlag (3. Jh. n. Chr.), das Fragment einer Schwertscheidenklemme, eine gebrochene kobaltblaue Glasperle, ein größeres Fragment einer römischen Bronzefigur sowie einen handgeschmiedetene silbernen Fingerring.

Einen schönen Sonntag noch an alle.
 

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Hallo Hermundure, gute Arbeit, Respekt. Mich wundert es nur in welch gutem Zustand die Objekte in Merseburg aus dem Boden kommen, restauriert scheinen sie ja nicht zu sein. Wie ist denn die Geologie vor Ort bei der Fundstelle?
 
Hallo LEG XVII,

die Funde sind von mir teilweise nur gereinigt, teilweise aber auch schon restauriert. Bronzemünzen werden je nach Verschmutzung nur mit lauwarmen Wasser Zahnstochern und Skalpell bearbeitet oder bei starker Verkrustung per Elektrolyse. Bei dem römischen Riemenbeschlag musste ich nicht viel mit dem Skalpell arbeiten (siehe Foto). Um Merseburg haben wir Lössböden.

Grüße
 

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@LEG XVII

ich gehe mittlerweile davon aus, dass die Römer im 3. Jh. n. Chr. reges Recruiting direkt vor Ort betrieben haben. Bei Bemmann steht ein für mich nicht zu unterschätzender Satz, welcher sich vor allem für diese Zeit in den Funden um Merseburg sehr deutlich abzuzeichnen scheint:

"Der intensive direkte Kontakt konnte zum einen während der 20- bis 25jährigen Dienstzeit im römischen Heer geschehen, worauf zuletzt insbesondere Rausing (1987) aufmerksam machte. Der Germane "might enter the auxilia as a barbarian but he left it, a full Roman citizen, with twenty years experience of literacy and numeracy in Latin and with twenty years vocational training in a very wide range of trades" (Rausing 1987, 130). Er konnte ab der Regierungszeit Septimius Severus und Caracalla die römische Staatsbürgerschaft erlangen und seine Söhne wurden automatisch römische Bürger, auch wenn sie in der Gerrnania magna geboren wurden. Sie konnten dann in den Legionen Dienst tun."

Cassius Dio schreibt über Soldzahlungen und Herodian sogar von Hilfsvölkern und Leibwächtern Kaiser Caracallas. Da im übrigen Deutschland nicht einmal annähernd so viele Militariafunde gemacht wurden wie in Mitteldeutschland (J. Bemmann 2003) liegt der Fall eindeutig auf der Hand. Das zeigt auch die Verbreitungsschwerpunkt provinzialrömischer Äxte, Schildbuckel, Schnallen, Sporen und Schwertscheidenbeschlägen. Diese Funde fehlen fast gänzlich in der restlichen Germania Magna (J. Bemmann, S. 88 Abb. 3).

Grüße
 
Hallo LEG XVII,

die Funde von römischer Militaria des 2./3. Jh. n. Chr. konzentrieren sich zwischen dem Saale-Elster-Raum, Südharz und Thüringer Wald. Die restlichen Funde in der Germania Magna sind Einzelfunde. Die Karte von Bemmann (2003) muss mittlerweile aber gründlich ergänzt werden, da man mittels Detektor viele Neufunde hat. Gestern fand ich einen Riemenverteiler vom Pferdegeschirr (rechtes Bild). Als Vergleich habe ich ein ähnliches Stück mal nebenan gestellt. Die Ärmchen meines Stückes sind unterschiedlich lang und noch komplett genietet. Das Stück ist ungereinigt.

Grüße
 

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Hallo Hermundure,

Gestern fand ich einen Riemenverteiler vom Pferdegeschirr (rechtes Bild). Als Vergleich habe ich ein ähnliches Stück mal nebenan gestellt. Die Ärmchen meines Stückes sind unterschiedlich lang und noch komplett genietet. Das Stück ist ungereinigt.
Grüße

ein vergleichbareres Modell Deines Riemenverteilers scheint auch schon in Ostwestfalen gefunden worden zu sein. (Seite34)
http://www.gefao.de/bilder/publikation/AIO12-PDF/AiO 12 - Inhalt.pdf

Gruß
jchatt
 
Guten Morgen,


jetzt wird es richtig interessant. Habe in Merseburg bronzene Fragmente eines Helms vom Typ Niederbieber 3. Jh. n. Chr. gefunden. Einen kegelförmigen Niet und einen Teil von der Kalotte mit Ansatz zum Nacken. Desweiteren fand ich noch einen Doppelknopf, den Rest einer Kasserolle und einen weiteren Riemenbeschlag. Leider kann ich jetzt nicht mehr auf das Feld - schade. Der Mais ist die letzten Tage stark gewachsen. Bis zum Herbst kann ich aber warten.

https://kelten-roemer-ev.de/museum/militaerische-ausruestungsteile/helmbestandteile.html

http://www.romancoins.info/MilitaryEquipment-Helmet-niederbieber.html
 

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@Divico

hier Fragmente vom Nackenschutz mit 2 Nietköpfen vom Harzhorn (siehe Anhang aus Wiki Harzhornereignis).
 

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Guten Morgen,

nach Auswertung einiger Fundmünzdaten (augusteisch/severisch) bin ich über eine unregelmäßige Anlage mit Grubenkomplex gestoßen, welche so gar nicht römisch aussieht. Jedoch weist diese, man glaubt es kaum, ein Titulum (!) auf (siehe Ausschnitt linkes Bild - rechts als Vergleich das Römerlager Bönighardt). Einen Münzfund (Lesefund) aus den Jahren 1950/55 gibt es ebenfalls von dort - einen rep. Denar des L. Memmius (109 v. Chr.). Die Anlage weist im Südwesten keinen Graben auf, da der Bachlauf beim Bau mit berücksichtigt wurde. Südlich des Baches fand man in einigen hundert Metern Entfernung beim Umgraben im Jahr 1955 einen Sesterz des Septimus Severus (193 n. Chr.). Es ist eine kleine Anlage von ca. 2,5 ha. Sollte es eine germanische Anlage sein, wovon ich erst einmal ausgehe, wäre es die erste die ein Titulum vorweisen kann. Die rechteckig umzäunte Siedlung von Nauen-Bärhorst (Havelland) besaß sogar ein Clavicula-Tor (rekonstruierte Zeichnung in Pilotstudien, S. 193, 2003).

Jetzt wo die Felder geerntet sind, werde ich mir die Sache in ein paar Wochen nach dem Pflügen mal genauer ansehen.
 

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Guten Morgen,

im Moment habe ich wenig Zeit. Es gibt viele neue laténezeitlich/kaiserzeitliche Funde (u.a. wieder eine kaiserzeitl. Bleiplombe) von meinem Hauptplatz an der Luppe (Handelsplatz - Emporion?). Das Ziegelfragment hat noch Grasabdrücke vom Trocknen bevor dieser damals gebrannt worden ist. Zudem veröffentliche ich jetzt meinen aufgefundenen Thekenbeschlag (Messerfutteral eines römischen Offiziers) von Merseburg aus 2017 (Einzelfund), da der neue Ausstellungsraum "Barbarenmacht" gestern in Halle für die Öffentlichkeit eröffnet wurde. Es ist bisher das erste und einzige Stück auf Sachsen-A. Boden. Nur in Thüringen (Frienstedt), West-Sachsen (bei Dölzig an der Luppe) und auf dem Schlachtfeld Harzhorn wurden weitere Stücke gefunden.

Grüße
 

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Hallo,

bei Ermittlungen eines bei Halle/Saale begangenen Mordes wurden durch reinen Zufall auch zwei antike Schleuderbleie entdeckt. Weitere Begleitfunde blieben bisher aus. Jedoch fand man in unmittelbarer Nähe des Tatortes schon früher römische Münzen. Ich muss mal in meiner Literatur nachsehen, welche Stücke damals gefunden wurden.

Grüße
 
Bei einem meiner Hot-Spots um Merseburg bin ich erneut vor kurzem fündig geworden. Es handelt sich dabei um einen Dupondius des Marcus Aurelius sowie einem kleinen Riemenbeschlag vom Pferdezaumzeug. Letztere wurden in den Grenzkastellen Obergermaniens und Raetiens des öfteren schon aufgespürt.
 

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Zitat: "Dagegen konnte bei der Anlage von Beuna (Saalekreis) anhand des zahlreichen Fundmaterials eine Datierung in die römische Kaiserzeit bestätigt werden, auch wenn sich darunter auch eine slawische Scherbe befand. Das germanische Material verweist in den Umkreis der spätkaiserzeitlichen Haarhauser Keramik."

http://www.lda-lsa.de/forschung/kooperationen/germanische_siedlungen_in_sachsen_anhalt/

Meinerseits gemachte Funde der letzten Jahre wie Münzen, Fibelfragmente sowie Ausrüstungsteile des römischen Militärs (Post oben und Bilder unten) aus dem näheren Umfeld und unmittelbar bei der kastellartigen Anlage nach römischem Vorbild (siehe Luftbild LDA Halle aus 1997; in "Pilotstudien" R. Schwarz) bestätigen die Datierung in die hohe bzw. späte Kaiserzeit. Das Interessante daran ist, dass die Größe, die Bauweise (nachgewiesener Spitzgraben durch einen Schnitt im Jahr 1998 im Zuge des Baues der A38) und die Lokalität der Anlage der eines Burgus entspricht. Die kleinen Kastelle (castellum parvulum) wurden von den römischen Truppen laut Vegetius zur Verteidigung des Wassersvorrates zwischen zivilen Siedlungen und der Quelle errichtet (siehe Anhang). Eine baugleiche Anlage wie in Beuna habe ich auch an der Bode entdecken können. Es zeigt sich meines Erachtens, dass sehr wahrscheinlich die Germanen der Elbe-Saale-Region mit der römischen Bauweise und Funktion der Burgi vertraut waren.
 

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Hier nun der Beschlag mit einem Vergleichsstück vom Niederrhein. Beide sind in Größe und Gewicht bis auf wenige Millimeter so gut wie identisch. Ich habe es auf meiner Münzspur entlang einer ehemaligen Heer- und Handelsroute gefunden. Zudem habe ich einen kleinen römischen Zirkel aus Bronze aufspüren können. Zu Letzterem habe ich ebenfalls ein Vergleichsstück, nämlich aus dem Salzkammergut. Fotos folgen...
 

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Guten Morgen,

nach Auswertung einiger Fundmünzdaten (augusteisch/severisch) bin ich über eine unregelmäßige Anlage mit Grubenkomplex gestoßen, welche so gar nicht römisch aussieht. Jedoch weist diese, man glaubt es kaum, ein Titulum (!) auf (siehe Ausschnitt linkes Bild - rechts als Vergleich das Römerlager Bönighardt). Einen Münzfund (Lesefund) aus den Jahren 1950/55 gibt es ebenfalls von dort - einen rep. Denar des L. Memmius (109 v. Chr.). Die Anlage weist im Südwesten keinen Graben auf, da der Bachlauf beim Bau mit berücksichtigt wurde. Südlich des Baches fand man in einigen hundert Metern Entfernung beim Umgraben im Jahr 1955 einen Sesterz des Septimus Severus (193 n. Chr.). Es ist eine kleine Anlage von ca. 2,5 ha. Sollte es eine germanische Anlage sein, wovon ich erst einmal ausgehe, wäre es die erste die ein Titulum vorweisen kann. Die rechteckig umzäunte Siedlung von Nauen-Bärhorst (Havelland) besaß sogar ein Clavicula-Tor (rekonstruierte Zeichnung in Pilotstudien, S. 193, 2003).

Jetzt wo die Felder geerntet sind, werde ich mir die Sache in ein paar Wochen nach dem Pflügen mal genauer ansehen.
Gratuliere! Da verstehe ich sehr gut, dass Aken eine Enttäuschung war. Im Bild 1 ist offenbar eine spätere Nachnutzung des Grabens zu erkennen, denn die Toröffnung wurde verfüllt.
Bei der Annahme einer germanischen Herkunft ergibt sich die Frage, gegen wen sich diese denn eigentlich zu dieser Zeit schützen sollten. Hier muss noch viel Forschungsarbeit betrieben werden.
In Aken geht es jetzt um das Problem, wie dieses östlichste Lager dem Tourismus erschlossen werden kann. Ich hoffe immer noch auf einen Grabenschnitt.
Grüße
 
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