Geschichte der Zensur

Warum konnte das passieren?

Weil trotz offensichtlichen Reizthemas von Seiten des Verlegers die Frage ob es aus Sicht der Jutiz zu beanstanden war nicht im Vorhinin proaktiv geklärt war.

Das hört sich zwar gut an, kann aber zum Bumerang werden, wenn sich der Zeitgeist ändert, weil Bilder, Filme, Bücher und Skulpturen, die Jahre oder Jahrzehnte als Kunst angesehen wurden, plötzlich den geänderten Gesetzen zum Opfer fallen können.

Das lässt sich ja vermeiden, indem man die Dinge vor der Veröffentlichung klärt und es nicht auf "wo kein Kläger, da kein Richter" ankommen lässt.

Es ist einfach so, dass jeder in diesem Land eine Anzeige gegen ihm Missliebiges erstatten kann, und wenn er einen Staatsanwalt findet, der die gleiche Meinung vertritt, dann passiert eben, dass die Polizei wegen angeblicher Gefahr in Verzug die Buchläden durchsucht und "missliebige" Kunst konfisziert.

Ja, dass passiert dann eben, hat aber nichts mit Zensur zun tun, denn weder der Staatsanwalt, noch die Polizei haben am Ende darüber zu befinden ob etwas tatsächlich verboten wird.

Die Praxis, dass schonmal Dinge bis zur weiteren juristischen Klärung aus dem Vertrieb genommen und konfisziert werden, lässt sich nicht beanstanden, so lange man nicht die Meinung vertritt, dass es erlaubt sein sollte schrankenlos alles zu veröffentlichen und zwar egal, ob dass die Rechte von irgendwem verletzt oder sonstige Schranken (Jugendschutz) o.ä. tangiert.
So lange man sich nicht auf den Standpunkt stellen möchte, dass es legal sein sollte, schrankenlos alles zu veröffentlichen, geht es ohne Exekutive, die den Vertrieb im Verdachtsfall zeitweilig unterbindet nicht, sonstigenfall würde ja auch der Vertrieb von Dingen, die juristische Schranken eindeutig überschreiten bis zum letzinstanzlichen Richterspruch weitergehen und dass kann nicht im Sinne des Erfinders sein.

Die Alternative dazu, wenn Einschränkugen dadurch nicht von vorn herein unwirksam werden sollen, wäre eine echte Zensur.
 
Die Praxis, dass schonmal Dinge bis zur weiteren juristischen Klärung aus dem Vertrieb genommen und konfisziert werden, lässt sich nicht beanstanden, so lange man nicht die Meinung vertritt, dass es erlaubt sein sollte schrankenlos alles zu veröffentlichen und zwar egal, ob dass die Rechte von irgendwem verletzt oder sonstige Schranken (Jugendschutz) o.ä. tangiert.
Du liest einfach nicht, was ich geschrieben und gehst dementsprechend auch nicht darauf ein, dass das Demoklesschwert des geänderten Zeitgeistes über allem schwebt, was Künstler schaffen und Verlage und Buchhandlungen herausbringen, denn auch etwas, was vor Jahrzehnten herausgebracht wurde, kann im Nachhinein beschlagnahmt und von Richtern als rechtens abgesegnet werden. Wie sollen die Betroffenen wissen, was in ein paar Jahren oder Jahrzehnten verboten wird? Das kann kein Jurist, ja nicht mal jemand mit der Glaskugel vorhersagen.

Mit dem von mir geschilderten tatsächlichen und von dir als legal bezeichneten Vorgehen wird Einschüchterung des Buchhandels, der Verlage und der Künstler betrieben – das ist der Punkt, den du nicht erkennst oder nicht erkennen willst.
 
Du liest einfach nicht, was ich geschrieben
Doch, aber davon wird es nicht richtiger.

Ich verstehe einfach nicht, worüber du dich beklagst.

Einerseits lehnst du eine generelle Vorab-Prüfung von Inhalten ab, da Zensur.
Andererseits beschwerst du dich aber darüber, dass im Nachhinein Dinge beanstandet werden können.

Was genau ist hier dein Standpunkt?

Wenn du sowohl eine vorab stattfindende obligatorische Prüfung, als Zensur ablehnst, als auch eine später eventuell stattfindende Prüfung mit entsprechenden Konsequenzen, wenn irgendjemand meint etwas zu beanstanden zu haben und den Rechtsweg geht, was schwebt dir dann vor?

Das es weder vor noch nach Veröffentlichung irgendwelcher Werke eine Möglichkeit gibt zu überprüfen ob die Inhalte irgendwelcher Bücher oder anderer Medien rechtskonform sind?
Vorher nicht, weil es Zensur wäre und nachher nicht wegen der Folgekosten?

Wie genau stellt du dir dann vor, dass die Durchsetzung bestehender rechtlicher Schranken, die es aus gutem Grund gibt, gewährleistet sein sollte?
Bitte beantworte mir das.
 
Wie genau stellt du dir dann vor, dass die Durchsetzung bestehender rechtlicher Schranken, die es aus gutem Grund gibt, gewährleistet sein sollte?
Die bestehenden rechtlichen Schranken widersprechen dem Grundgesetz.
Also müssen die Schranken weg oder der Artikel 5 Abs. 3 muss einen Zusatz erhalten, wie ihn der Abs. 1 im Abs. 2 erhalten hatte – etwa so: (4) Die Kunst findet ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

Denn faktisch passiert bei Kunst genau das, was ich hier im Punkt (4) geschrieben habe - ohne kodifiziert bzw. vom Grundgesetz dazu ermächtigt zu sein.
 
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
mir leuchtet nicht ein, warum danach noch
(4) Die Kunst findet ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
folgen sollte.
 
Die bestehenden rechtlichen Schranken widersprechen dem Grundgesetz.

Nein, tun sie nicht.

Vielleicht schenkst du mal dem Artikel 2 Grundgesetz etwas Beachtung:



Art. 2

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

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Bereits daraus ergibt sich dass es Einschränkungen da gibt, wo die Rechte anderer beginnen und da die Bestimmungen zur Freiheit der Kunst diesem Artikel nachgeordnet sind, auch, dass im Konfliktfall dieser beiden Ansprüche die persönlichen Rechte eines Anderen und deren Schutz höher gewichtet sind, als die Freihheit der Kunst.

Alle Einschränkungen, die es im Hinblick auf Publikationen gibt, laufen in irgendeiner Weise genau darauf hinaus. Auf den Schutz der Rechte anderer.

Beim Jugendschutz steht das bereits im Namen, bei Verletzung von Persönlichkeitsrechten in Publikationen eventuell geschmähter Personen o.ä. schlägt das in die gleiche Kerbe, ebenso, auch bei Publikationen, die den NS verherrlichen oder ähnliches lässt sich das Verbot, aus dem Schutz der Würde und der Rechte der Opfer des NS-Regimes heraus begründen.

Nein, das Verbot der Publikation bestimmter Inhalte zum Zweck des Schutzes des Staates oder der grundlegenden Rechte seiner Bewohner, ist ganz sicher nicht grundgesetzwidrig.



Und an dieser Stelle von mir nochmal die Frage:

Wenn du sowohl eine Vorzensur ablehnst, als auch die Möglichkeit Publikationen im Nachhinein auf deren Rechtskonformität zu überprüfen und sie gegebenenfalls so lange vom Markt zu nehmen, bis das entschieden ist, wie genau sollen deiner Ansicht nach geltende Gesetze betreffen der benannten Schranken durchgesetzt werden?

Wenn du postulierst, dass weder eine Vorzensur, noch eine im Nachhinein erfolgende Überprüfung statthaft wären und gleichzeitig auch noch postulierst Einschränkungen jeglicher Art seinem grundgesetzwidrig (was sie nicht sind, sie sind sogar qua Grundgesetz dringend geboten), tust du ja nichts anderes, als dich darüber zu empören, dass sich der Staat und seine Organe dazu "erdreisten", die Einhaltung der hier gültigenn Gesetze auch zu kontrollieren.
Mit anderen Worten, wenn du das tatsächlich vertrittst bestreitest du dem Staat per se das Recht geltende Bestimmungen durchzusetzen.

Sorry, aber das kann unmöglich dein Ernst sein.
 
Alle Einschränkungen, die es im Hinblick auf Publikationen gibt, laufen in irgendeiner Weise genau darauf hinaus. Auf den Schutz der Rechte anderer.
Hast du dich mal gefragt, warum es im Artikel 5 zum Absatz 1 (Meinungsfreiheit) einen Absatz 2 gibt, der diese Meinungsfreiheit einschränkt, beim Absatz 3 (Freiheit der Kunst) diese Einschränkung aber fehlt? Die Antwort ist klar: Man wollte verhindern, dass der Staat durch die Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre die Kunst einschränkt.

Oder anders gesagt: Hätten sie 1949 bei der Abfassung des Grundgesetzes gewollt, dass die Kunst den gleichen Einschränkungen wie die Meinungsfreiheit unterliegt, hätten sie das auch hingeschrieben. Aber sie haben das nicht getan.

Allgemeine Gesetze, darunter fallen auch Strafparagraphen, kann der Bundestag mit einfachen Mehrheiten beschließen, und würde Kunst durch GG nicht geschützt sein, könnten Regierungen/Bundestag auch der Kunst Schränken auferlegen. Das wollte man verhindern damals, im Jahr 1949. Aber die Geschichte zeigt, dass man sich gegen das Verbot, Kunst zu beschränken, bald hinwegsetzte, denn schon 1954 wurden ersten Tarzan-Comic-Hefte, zweifellos Kunstprodukte, auf den Index gesetzt - Zitat aus einer Publikation der Bundesprüfstelle aus dem Jahr 2013:

Die erste Sitzung, bei der über Indizierungsanträge entschieden wurde, fand am 9. Juli 1954 statt. Die ersten beiden Werke, die von der Bundesprüfstelle indiziert wurden, waren „Tarzan“-Comics. Sie würden auf Jugendliche „nervenaufpeitschend und verrohend wirken“ und sie „in eine unwirkliche Lügenwelt versetzen“, so die Begründung. Derartige Darstellungen seien „das Ergebnis einer entarteten Phantasie“.


Und da ist, 9 Jahre nach dem II. Welkrieg, in dem die Nazidiktatur unterging, wieder das Wort: entartet. Dem Grundgesetz zum Trotz.
 
Und da ist, 9 Jahre nach dem II. Welkrieg, in dem die Nazidiktatur unterging, wieder das Wort: entartet. Dem Grundgesetz zum Trotz.
@Dion jetzt gut festhalten und nicht vor Wut platzen...
entartet' Geschlecht,
unwert der Ahnen!
Fortissimo Sopran (sic!) in einem greulichen Machwerk, welches die Fachpresse als "von noch nie dagewesener Brünstigkeit" beharkte... Du errätst sicher, wer das verzapft hat, was vor 33 und nach 45 etliche solche wie Callas, Nilsson usw geschmettert hatten :D
Warum dieser abwegige Hinweis? Damit die Zensur darauf aufmerksam wird? Nein, eher als Denkanstoß, dass das Verb entarten, das Substantiv Entartung eine etwas längere Geschichte als das tausendjährige Reich hatte und dass man in dem, was du zitierst, nicht zwingend notwendig "Nazisprech" unterstellen muss.
 
Was du da sagst, @dekumatland, ist alles richtig und das habe ich in meinen bisherigen Ausführungen nirgendwo in Abrede gestellt. Aber die Nazis haben das Worte "entartet" auf die Kunst angewandt – und 9 Jahre später sprechen die Zensoren in der Bundesprüfstelle wieder von entartet, ebenfalls auf Kunst angewandt.

Das spricht für eine Kontinuität des Denkens in Nazikategorien, obwohl wir inzwischen eine Verfassung hatten und immer noch haben, die im Artikel 5 Absatz 3 die Benutzung solcher Kategorien vom Staat in Bezug auf Kunst ausschließt.

Ich dachte, ich hätte das schon bisher deutlich gemacht, aber solche Einwürfe von dir und @Shinigami lassen mich langsam verzweifeln, ob ich euch mit Gesagtem je erreichen werde.
 
Hast du dich mal gefragt
[...]
Das Werfen mit Nebelkerzen kannst du dir sparen.
Ich hatte dich auf Art. 2 GG hingewiesen.


Ich werde mich in keine Diskussion darüber einlassen, ob es unangemessen sei, Darstellungen/Inhalte/Handlungen, die in die schützenswerten Rechte andere eingreifen und deswegen aus gutem Grund strafbewehrt sind, zu verfolgen, nur weil jemand "Kunst" darnnschreibt.
Das ist lachhaft.

Wo kämen wir da hin? Dahin, dass dann z.B. jeder einen Freifahrsschein hätte in Hetzpamphleten zu Straftaten aufzurufen, wenn er nur oben drüber noch das "Haus vom Nikolaus" krakelt und drannschreibt "dies ist ein Kunstwerk"?
Ist jetzt etwas überspitzt, aber genau das wäre ja die Konsequenz von dem, was du postulierst.

Und sry, in die Diskussion lasse ich mich nicht weiter ein, empfehle dir aber dringend kalt zu duschen, wenn das dein Ansinnen ist.
 
Aber die Nazis haben das Worte "entartet" auf die Kunst angewandt – und 9 Jahre später sprechen die Zensoren in der Bundesprüfstelle wieder von entartet, ebenfalls auf Kunst angewandt.
@Dion du äusserst da lediglich einen Verdacht. Weder das Verb, noch das Substantiv sind aus unserer Sprache verschwunden (google es einfach mal)

Der Verdacht scheint naheliegend, wenn man an die Weiterbeschäftigung von Nazis in der Juristerei der Nachkriegszeit denkt - aber hast du für diesen Fall einen Beweis oder nur diesen Verdacht?
 
Der Verdacht scheint naheliegend, wenn man an die Weiterbeschäftigung von Nazis in der Juristerei der Nachkriegszeit denkt - aber hast du für diesen Fall einen Beweis oder nur diesen Verdacht?
Das ist kein Verdacht, schließlich habe ich in #47 aus einer Publikation über die erste Entscheidung der Bundesprüfstelle zitiert.

Auch Der Spiegel zitiert im Jahr 2009 das mit "entartet" in der Begründung der allerersten Entscheidung der Bundesprüfstelle.

Der Fall ist völlig klar und ich weiß wirklich nicht, was du mit diesem Herumreiten auf dem Begriff "entartet" bezwecken willst.
 
Was erzählst du da?
Der Spiegel-Artikel, den du verlinkt hast, erwähnt mit keinem Wort deinen Verdacht und suggeriert auch nicht in diese Richtung:
Als Erster sollte "Der kleine Sheriff" dran glauben. CDU-Bundesinnenminister Gerhard Schröder empfand die Abenteuer des Comic-Helden der fünfziger Jahre als "nervenaufpeitschend und verrohend". Die Zeichnungen seien das "Ergebnis einer entarteten Phantasie", sie könnten Jugendliche in eine "unwirkliche Lügenwelt" versetzen und "förderten die geistige Trägheit".
Schröder beantragte daher ein Verkaufsverbot der Hefte an Jugendliche und wandte sich dazu an eine Behörde, die zu diesem Zweck gerade erst geschaffen worden war: die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften. "Der kleine Sheriff" und zwei "Tarzan"-Comics wurden im Juni 1954 ihre ersten Fälle. Der Verlag des Revolverhelden wehrte sich vehement gegen das drohende Verbot und verwies auf die Freiheit der Kunst.
aus https://www.spiegel.de/geschichte/verbotene-klassiker-a-948132.html

zum CDU-Politiker https://de.wikipedia.org/wiki/Gerhard_Schröder_(Politiker,_1910)
 
Aber die Geschichte zeigt, dass man sich gegen das Verbot, Kunst zu beschränken, bald hinwegsetzte, denn schon 1954 wurden ersten Tarzan-Comic-Hefte, zweifellos Kunstprodukte, auf den Index gesetzt - Zitat aus einer Publikation der Bundesprüfstelle aus dem Jahr 2013:

Die erste Sitzung, bei der über Indizierungsanträge entschieden wurde, fand am 9. Juli 1954 statt. Die ersten beiden Werke, die von der Bundesprüfstelle indiziert wurden, waren „Tarzan“-Comics. Sie würden auf Jugendliche „nervenaufpeitschend und verrohend wirken“ und sie „in eine unwirkliche Lügenwelt versetzen“, so die Begründung. Derartige Darstellungen seien „das Ergebnis einer entarteten Phantasie“.


Und da ist, 9 Jahre nach dem II. Welkrieg, in dem die Nazidiktatur unterging, wieder das Wort: entartet. Dem Grundgesetz zum Trotz.
(...)
BPJM-Aktuell 4/2014
9
Bereits mit den ersten Entscheidungen wird also deutlich, dass keineswegs alles, was zurIndizierung beantragt wird, vom Gremium als jugendgefährdend eingesstuft wird, die Meinungen zwischen Antragstellern und Bundesprüfstelle zuweilen auseinander gehen. Das Comic-Heft Der kleine Sheriff Nr. 12 - Verwegene Jagd hingegen wurde in der dritten Entscheidung der ersten Sitzung antragsgemäß auf die Liste jugendgefährdender Schriften gesetzt.
Es ist damit das erste Objekt, das vom 12er-Gremium indiziert wurde. Grund der Indizierung von Der Kleine Sheriff Nr. 12 waren die Darstellungen von Gewalt. Begründet wurde die Listenaufnahme nicht, wie es bei Wikipedia
aktuell nachzulesen ist, weil der Inhalt des Comic-Heftes auf Jugendliche „nervenaufpeitschend und verrohend wirken“ und sie „in eine unwirkliche Lügenwelt“ versetzen würde. Auch nicht, weil die Hefte der Reihe „die geistige Trägheit“ Jugendlicher förderten. Dies brachte das Bundesministerium des Innern in seinem Antrag hervor (E 03 vom 9.7.1954, S. 2).
Das 12er-Gremium begründete die Indizierung mit einer sittlichen Gefährdung und stellte darauf ab, dass in
fast allen Heften der Reihe „der Kampf als Selbstzweck dargestellt ist“ (ebd., S. 11). Eine besondere Gefahr sah
das Gremium zudem darin, dass die Reihe „in der Schuljugend besonders stark“ verbreitet ist und „der kleine
Sheriff noch ein Knabe sei, mit dem der jugendliche Leser sich identifizieren könne“ (ebd., S. 13).
Darstellungen von Gewalt waren auch der Grund für die Indizierung des ersten Buches,
das ebenfalls bereits in der ersten Sitzung der Bundesprüfstelle verhandelt wurde. Es handelt sich um den Kriminalroman Die Rache ist mein von Mickey Spillane (E 04 vom 9.7.1954), der sein Geld zuvor auch als Comictexter verdiente. Nach Meinung des 12er-Gremiums fiel diese Schrift mit einer zynischen Brutalität der aneinandergereihten Verbrechen und den grob-sexuellen, zum Teil sadistischen Schilderungen weit aus dem Rahmen dessen, was man
zu dieser Zeit von Kriminalromanen gewohnt war
https://docplayer.org/77159784-60-jahre-bundespruefstelle-fuer-jugendgefaehrdende-medien.html S.9
 
Unter der Voraussetzung, dass https://www.uni-erfurt.de/philosoph...munikationswissenschaft/personen/hajok-daniel korrekt recherchiert hatte, ist an der ersten Indizierung durch die Bundesprüfstelle keine sozusagen naziideologische Begründung nachweisbar. Das zweite Zitat im vorigen Beitrag ist von Hajok.
Natürlich muss man Indizierungs-Anträge unterscheiden vom Ergebnis der Prüfung. Im Fall von "Der kleine Sheriff Nr.12" ist die Begründung dargestellt.
 
Der Spiegel-Artikel, den du verlinkt hast, erwähnt mit keinem Wort deinen Verdacht und suggeriert auch nicht in diese Richtung:
Natürlich nicht, denn nicht ich habe ich vom Verdacht gesprochen, sondern du:
@Dion du äusserst da lediglich einen Verdacht.
Dazu habe ich gesagt:
Das ist kein Verdacht, schließlich habe ich in #47 aus einer Publikation über die erste Entscheidung der Bundesprüfstelle zitiert.
und jetzt stellst du die Sache so dar, als ob ich einen Verdacht geäußert hätte, dabei war das eine Unterstellung deinerseits.

Unter der Voraussetzung, dass https://www.uni-erfurt.de/philosoph...munikationswissenschaft/personen/hajok-daniel korrekt recherchiert hatte, ist an der ersten Indizierung durch die Bundesprüfstelle keine sozusagen naziideologische Begründung nachweisbar.
Ob der Honorarprofessor Hajok korrekt recherchiert hat, weiß keiner. Jedenfalls habe ich daran starke Zweifel, denn sein Beitrag ließt sich wie eine Lobeshymne auf die Bundesprüfstelle; es hat sicher korrekt zitiert, sofern diese in Anführungszeichen stehen, aber ob er weitere mögliche Zitate einfach nicht gebracht hat, weil sie ein ungünstiges Licht auf die Prüfstelle werfen könnten, weiß nur er und vielleicht die anfangs erwähnten Angestellten der Prüfstelle, die ihm im Archiv zur Hand gingen. Der Objektivität dieser Angestellten kann man nicht sicher sein - Hajok sagt ja, er und sie hätten gemeinsam alle 20.000 Entscheidungen bis 2003 durchgesehen, was einer alleine nur in jahrelangen Arbeit schaffen könnte.

Ich habe hier das Buch „Ab 18 – Zensiert, Diskutiert, Unterschlagen“ von Roland Seim, in dem er das Ergebnis seiner Doktorarbeit zum Thema zusammenfasste. Er kommt, im Unterschied zu Hajok, zu kritischeren Ansichten über die Arbeit der Bundesprüfstelle.

Jetzt habe ich keine Zeit, aber morgen oder übermorgen werde ich auf das Thema weiter eingehen.
 
und jetzt stellst du die Sache so dar, als ob ich einen Verdacht geäußert hätte, dabei war das eine Unterstellung deinerseits.
eine Unterstellung???
Lies, was du geschrieben hast:
Und da ist, 9 Jahre nach dem II. Welkrieg, in dem die Nazidiktatur unterging, wieder das Wort: entartet. Dem Grundgesetz zum Trotz.
Was du da sagst, @dekumatland, ist alles richtig und das habe ich in meinen bisherigen Ausführungen nirgendwo in Abrede gestellt. Aber die Nazis haben das Worte "entartet" auf die Kunst angewandt – und 9 Jahre später sprechen die Zensoren in der Bundesprüfstelle wieder von entartet, ebenfalls auf Kunst angewandt.
Das spricht für eine Kontinuität des Denkens in Nazikategorien, obwohl wir inzwischen eine Verfassung hatten und immer noch haben, die im Artikel 5 Absatz 3 die Benutzung solcher Kategorien vom Staat in Bezug auf Kunst ausschließt.
Das ist kein Verdacht, schließlich habe ich in #47 aus einer Publikation über die erste Entscheidung der Bundesprüfstelle zitiert.
Auch Der Spiegel zitiert im Jahr 2009 das mit "entartet" in der Begründung der allerersten Entscheidung der Bundesprüfstelle.
Kannst du den Inhalt deiner eigenen Beiträge erklären? Ich verstand es so, als würdest du die erste Indizierung der BPJM als eine "Kontinuität des Denkens in Nazikategorien" (deine Worte!) darstellen, und das ist eine deutliche Verdächtigung. Und für diese bringst du keinen Beweis.
 
Zuletzt bearbeitet:
Kannst du den Inhalt deiner eigenen Beiträge erklären?
Du unterschlägst, dass ich in dem Beitrag, in dem ich über die Kontinuität des Denkens in Nazikategorien schreibe, auf einen Beitrag von dir antwortete, in dem du mit dem Verweis auf die Geschichte des Wortes "entartet" versuchtest, vom Eigentlichen abzulenken. Hier geht es nicht um die Geschichte dieses Wortes, sondern um seine Verwendung in Bezug auf Kunst: Es taucht jedenfalls in mehreren Publikationen auf, die sich mit der Zensur in den 1950er Jahren beschäftigen.

Wer nun das Wort "entartet" in diesem Zusammenhang als erster verwendete, ist, das gebe ich zu, nicht ganz klar – ich meine: Entweder das Innenministerium in seiner Anzeige an die Bundesprüfstelle oder die Bundesprüfstelle selbst in ihrem Urteil.

Dazu bedarf es weiterer Forschung, die ich derzeit nicht in der Lage bin zu leisten – weil ich aktuell dafür keine Zeit entbehren kann. Aber ich werde dranbleiben.
 
Du unterschlägst, dass ich in dem Beitrag, in dem ich über die Kontinuität des Denkens in Nazikategorien schreibe, auf einen Beitrag von dir antwortete, in dem du mit dem Verweis auf die Geschichte des Wortes "entartet" versuchtest, vom Eigentlichen abzulenken.
jeder kann nachlesen, dass ich
a) weder irgendwas unterschlagen habe,
noch dass ich
b) von irgendetwas abgelenkt habe.

weiterhin kann jeder nachlesen, dass und welchen Verdacht du geäussert hast.

Nun gut, wenn du Forschung in diese Richtung betreibst, dann kann das verifizierbare Ergebnis deiner Forschung mit Spannung erwartet werden.
 
Eines vorweg: Ich habe noch keine Zeit gefunden, @dekumatland, über das Wort "entartet" in Bezug auf Kunst zu recherchieren. Sorry.

Derweil habe ich als Nebenprodukt meiner Recherchen zu Kaiser Ferdinand II. im Buch "Die Habsburger" (2. Auflage 1993, herausgegeben von Brigitte Vacha), geschrieben von Walter Pohl und Karl Vocelka, u.a. gelesen, dass Ferdinand – noch als junger Erzherzog von Innerösterreich – Bücher hat verbrennen lassen – Zitat (S. 197):

"In Graz kam es zu Bücherverbrennungen, vor der Antoniuskirche wurden etwa – um nur ein Beispiel zu nennen – am 8. August 1600 acht Wagenladungen evangelischer Bücher verbrannt. Im Zuge der brutalen Durchführung der Gegenreformation wurden nicht nur Bücher, sondern auch Menschen vernichtet – getötet, nur aus dem Grund, weil sie die „falsche“ Religion hatten."


Und später wird Ferdinand auch Bilder verbrennen lassen – Zitat (S.198):

„Seine Frömmigkeit und Bigotterie waren auch mit großer Prüderie verbunden, so ließ Ferdinand als anstößig oder unzüchtig empfundene Gemälde aus dem Sammlung Rudolfs II. – mythologische Szenen, in denen Nacktheit und Erotik sehr zum Wohlgefallen des gar nicht prüden Kaisers Rudolf II. dargestellt wurden – verbrennen.“
 
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