Geschichtsbetrachtung, Forschung, Erkenntnis und Nutzen

manganite schrieb:
Wertungen, wie "der war ein grosses Schwein", der war "dumm", "gut" und "boese" oder sonstiges, haben in einer wissenschaflichen Betrachtung nix verloren.

Ich würde da differenzieren, zwischen der Geschichtswissenschaft und dem Historiker. Die Wissenschaft nennt uns die Zahlen, die der Historiker in Relation setzt. Die Wissenschaft ist ziellos und sinnfrei. Erst die Historiker geben ihr einen Sinn. Am Anfang und am Ende eines wissenschaftlichen Erkenntnisprozesses steht immer ein Mensch. Dazwischen mag er Roboter sein, um der Wissenschaft ganz zu genügen. Aber danach muss er wieder Mensch werden, und uns als MENSCH erzählen, was er als WISSENSCHAFTLER herausgefunden hat.
 
Pope schrieb:
Ich würde da differenzieren, zwischen der Geschichtswissenschaft und dem Historiker. Die Wissenschaft nennt uns die Zahlen, die der Historiker in Relation setzt. Die Wissenschaft ist ziellos und sinnfrei. Erst die Historiker geben ihr einen Sinn. Am Anfang und am Ende eines wissenschaftlichen Erkenntnisprozesses steht immer ein Mensch. Dazwischen mag er Roboter sein, um der Wissenschaft ganz zu genügen. Aber danach muss er wieder Mensch werden, und uns als MENSCH erzählen, was er als WISSENSCHAFTLER herausgefunden hat.

Ich dachte immer Historiker waeren Geschichtswissenschaftler...:confused:
 
manganite schrieb:
Ich dachte immer Historiker waeren Geschichtswissenschaftler...:confused:

Hast Du es wirklich nicht verstanden??

Im Labor kann man Affen und Mäusen den Schädel spalten oder ihnen Krebs, AIDS und die Pocken verabreichen. Warum und mit welchen Mitteln man das macht, entscheidet nicht die "Wissenschaft". Der Wissenschaft ist das doch egal, ob Auswirkungen von Krankheiten an Affen, Ratten, Quallen oder Menschen getestet wird. Darf es dem Wissenschaftler egal sein?
 
Pope schrieb:
Der Wissenschaft ist das doch egal, ob Auswirkungen von Krankheiten an Affen, Ratten, Quallen oder Menschen getestet wird.

Ich habe mich aus dieser Diskussion eigentlich schon lange gedanklich verabschiedet, weil ich den philosophischen Betrachtungen nicht mehr folgen kann oder will.:S :rotwerd:

Aber das da oben ist definitiv falsch, wie dir sicher klar ist. Ein Medikament wirkt an Ratten oder Quallen nicht gleich.
 
Pope schrieb:
Hast Du es wirklich nicht verstanden??

Im Labor kann man Affen und Mäusen den Schädel spalten oder ihnen Krebs, AIDS und die Pocken verabreichen. Warum und mit welchen Mitteln man das macht, entscheidet nicht die "Wissenschaft". Der Wissenschaft ist das doch egal, ob Auswirkungen von Krankheiten an Affen, Ratten, Quallen oder Menschen getestet wird. Darf es dem Wissenschaftler egal sein?

Aber du kannst doch nicht Wissenschaft vom Wissenschaftler trennen.
Ohne jemanden der sie betreibt ist sie nicht existent ergo du kannst es nicht trennen.


Und über die Moralische rechtfertigung für wissenschaftliche Methoden, die aber letzendlich nur von Wissenschaftler ausgeführt werden lässt sich trefflich streiten:

Sprich es gibt nicht "Die Moral" und "Die Ethik".
Das gibt es in so vielen Auführungen wie es Menschen gibt.
 
M.A. Hau-Schild schrieb:
Sprich es gibt nicht "Die Moral" und "Die Ethik".
Das gibt es in so vielen Auführungen wie es Menschen gibt.

Naturschutz und Denkmalpflege im Dritten Reich 1934-1936.

Schönes Forschungsfeld, nicht? Für einen Historiker 1937 wohl ganz legitim und unbeschwert. Heute? Angesichts der Vernichtungsmaschinerie, die dieser Staat in Bewegung setzte, erwarte ich von einem Historiker, der dieses Thema heute zu erforschen erwägt, dass er sich mehrmals täglich ohrfeigt.

Einfach so.
 
Pope schrieb:
Hast Du es wirklich nicht verstanden??

Im Labor kann man Affen und Mäusen den Schädel spalten oder ihnen Krebs, AIDS und die Pocken verabreichen. Warum und mit welchen Mitteln man das macht, entscheidet nicht die "Wissenschaft". Der Wissenschaft ist das doch egal, ob Auswirkungen von Krankheiten an Affen, Ratten, Quallen oder Menschen getestet wird. Darf es dem Wissenschaftler egal sein?

Offen gesagt, ich glaube Du hast da einiges nicht verstanden... Was hast Du denn fuer ein Bild von Wissenschaft und Wissenschaftlern?

Pope schrieb:
Naturschutz und Denkmalpflege im Dritten Reich 1934-1936.

Schönes Forschungsfeld, nicht? Für einen Historiker 1937 wohl ganz legitim und unbeschwert. Heute? Angesichts der Vernichtungsmaschinerie, die dieser Staat in Bewegung setzte, erwarte ich von einem Historiker, der dieses Thema heute zu erforschen erwägt, dass er sich mehrmals täglich ohrfeigt.

Einfach so.

Was soll denn das? Kannst Du mir sagen, warum sich ein Historiker damit nicht beschaeftigen soll bzw. warum er sich im Falle des Falles dafuer ohrfeigen sollte? Das macht nun wirklich keinen Sinn...
 
Pope schrieb:
Naturschutz und Denkmalpflege im Dritten Reich 1934-1936.

Schönes Forschungsfeld, nicht? Für einen Historiker 1937 wohl ganz legitim und unbeschwert. Heute? Angesichts der Vernichtungsmaschinerie, die dieser Staat in Bewegung setzte, erwarte ich von einem Historiker, der dieses Thema heute zu erforschen erwägt, dass er sich mehrmals täglich ohrfeigt.

Einfach so.

ALso irgendwie verstehe ich auch nicht worauf du hinaus willst.
 
M.A. Hau-Schild schrieb:
ALso irgendwie verstehe ich auch nicht worauf du hinaus willst.

Ich denke, Pope will darauf hinaus, dass es einerseits eine kuehle, rein sachliche Wissenschaft gibt, die an keinerlei Ethik gebunden ist und nur ihren Zielen verpflichtet ist. Andererseits aber den Wissenschaftler, der als Mensch natuerlich einer Ethik unterliegt und daher eben nicht alles tun darf/kann, was den wissenschaftlichen Zielen dient.
 
manganite schrieb:
Ich denke, Pope will darauf hinaus, dass es einerseits eine kuehle, rein sachliche Wissenschaft gibt, die an keinerlei Ethik gebunden ist und nur ihren Zielen verpflichtet ist. Andererseits aber den Wissenschaftler, der als Mensch natuerlich einer Ethik unterliegt und daher eben nicht alles tun darf/kann, was den wissenschaftlichen Zielen dient.
Dann hätte ich es aber eher verstanden wenn er den ersten Teil meines Postings ziziert hätte, aber mal davon ausgehend das es so korrekt ist wie du es interprätiert hast:

Wie gesagt, Wissenschaft ist ohne Wissenschafter nicht existent, sprich jemanden der das ganze ausführt.

Eine kuehle, rein sachliche Wissenschaft, gibt es also erst wenn man einen Forscher hat der so vorgeht.
Da die bisher bekannten Forscher jedoch alle Menschen waren ist dies vollends auszuschließen.
 
manganite schrieb:
Was soll denn das? Kannst Du mir sagen, warum sich ein Historiker damit nicht beschaeftigen soll bzw. warum er sich im Falle des Falles dafuer ohrfeigen sollte? Das macht nun wirklich keinen Sinn...

Ich wünsch es mir aber. Genauso, wie jemand, der Hindenburgs Biographie 1934 enden läßt.

manganite schrieb:
Ich denke, Pope will darauf hinaus, dass es einerseits eine kuehle, rein sachliche Wissenschaft gibt, die an keinerlei Ethik gebunden ist und nur ihren Zielen verpflichtet ist. Andererseits aber den Wissenschaftler, der als Mensch natuerlich einer Ethik unterliegt und daher eben nicht alles tun darf/kann, was den wissenschaftlichen Zielen dient.

:hoch:
 
M.A. Hau-Schild schrieb:
Eine kuehle, rein sachliche Wissenschaft, gibt es also erst wenn man einen Forscher hat der so vorgeht.
Da die bisher bekannten Forscher jedoch alle Menschen waren ist dies vollends auszuschließen.

Aha! Es gibt also garkeine Objektivität, weil es keine objektiven Wissenschaftler gibt...
 
Pope schrieb:
Aha! Es gibt also garkeine Objektivität, weil es keine objektiven Wissenschaftler gibt...

Jep so isses.

Objektivität ist eine Wunschvorstellung.
Ein absoluter Wert, und ein absoluter Wert ist praktisch nicht umsetzbar.

Es gibt immer etwas was uns beeinflusst.
Das einzige was man kann, ist zu versuchen es möglichst sachlich anzugehen.
Dies ist ein immer währendes bestreben dies zu erreichen, bei der Wissenschaft, vollends ist dies aber schlicht und ergreifend nicht möglich.
 
M.A. Hau-Schild schrieb:
Objektivität ist eine Wunschvorstellung.
Ein absoluter Wert, und ein absoluter Wert ist praktisch nicht umsetzbar.

Es gibt immer etwas was uns beeinflusst.
Das einzige was man kann, ist zu versuchen es möglichst sachlich anzugehen.
Dies ist ein immer währendes bestreben dies zu erreichen, bei der Wissenschaft, vollends ist dies aber schlicht und ergreifend nicht möglich.
M.A. Hau-Schild schrieb:
Objektivität ist eine Wunschvorstellung.
Ein absoluter Wert, und ein absoluter Wert ist praktisch nicht umsetzbar.

Es gibt immer etwas was uns beeinflusst.
Das einzige was man kann, ist zu versuchen es möglichst sachlich anzugehen.
Dies ist ein immer währendes bestreben dies zu erreichen, bei der Wissenschaft, vollends ist dies aber schlicht und ergreifend nicht möglich.
Sicher, aber dies bedeutet nicht, dass man dann schlicht den Versuch der Objektivität aufgibt, sondern man versucht ihn gemeinsam zu erarbeiten, gewollt oder nicht. Dafür sorgen dann Kollegen in ihrer Korrespondenz oder eigenen Publikationen.

Themen der jüngsten Geschichte haben natürlich eine ganz andere Präsenz, und hier ist eine rein nüchterne Betrachtung auch nicht gewünscht oder sinnvoll.
Der 2. Wk oder Vietnam sind heiße Eisen, bei denen auch die Historiker auf die Ungeheuerlichkeit hinweisen und sich durchaus emotionaler Elemente bedienen. Aber auch hier gilt, was ich vorher schrieb und der Mißbrauch ist oftmals offensichtlich.
Pathos und die Gefahr der Entschuldigungsversuche aus allen Richtungen sind sichtbar, die ZDF History zu diesen Themen setzt auf derartige Beeinflußung um Zuschauer zu binden und nur schwerlich wird nach und nach so manches Klischee zugunsten einer möglichst nüchternen und damit sinnvollen Vermittlung verbannt.
Als Beispiel können wir da glaube ich getrost Arnes Lieblingsfeld, die Kolonien zur Hand nehmen und ihre erstmals bessere Aufbereitung in der nun vergangenen Serie.

Oder eine hier schonmal angesprochene Thematik, Spartakus. Die Darstellung in einer Folge des ZDF war derart heroisierend, dass ich mich teilweise an Bücher aus Ostblockzeiten erinnert fühlte.

Es ist das eine zu wissen, dass jeder Historiker auch nur ein Mensch ist, aber etwas anderes dies einfach stehen zu lassen oder ihm das eigene Wertesystem als zwingenden Analyserahmen vorzugeben.
 
Tib. Gabinius schrieb:
Sicher, aber dies bedeutet nicht, dass man dann schlicht den Versuch der Objektivität aufgibt, sondern man versucht ihn gemeinsam zu erarbeiten, gewollt oder nicht. Dafür sorgen dann Kollegen in ihrer Korrespondenz oder eigenen Publikationen.

Zustimmung für den gesamten Text von dir.

Etwas anderes wollte ich auch nicht behaupten.
Es ist klar das man auch wenn etwas nicht erreibar ist man trotzdem danach streben sollte. :)
 
(tut mir leid ning, dass wir jetzt etwas im Wald herumfahren ... nächste Auffahrt - versprochen!)

1. Objektivität oder Intersubjektivität ist kein Ziel von Wissenschaft, es ist eine Grundvoraussetzung.

2. Wissenschaftler, die sich für objektiv halten, halte ich für gefährlich.

3. Was objektiv richtig ist, ist nicht immer recht.
 
Dann an der Stelle noch ein kurzer Zwischenruf von meiner Seite... :winke:

Natürlich gibt es die absolute Objektivität nicht - genausowenig wie die absolute Wahrheit und die absolute Erkenntnis allen Wissens. Da ich gewissermaßen nicht ganz unschuldig an diesem Diskussionspunkt bin, möchte ich noch einmal betonen, daß ich dies mit meinem Beitrag auch keineswegs behaupten wollte.

Tib hat es so schön und treffend dargelegt: zumindest den Versuch einer relativen Objektivität dürfen wir doch an der Stelle nicht aufgeben. Also relative Objektivität durch möglichst weitgehenden Ausschluß so vieler subjektiver Sichtweisen als nur möglich - um diesen Gedanken in meinem Sinne etwas weiterzuverfolgen. Richtig, keiner kann von sich selbst dann behaupten, wirklich objektiv zu sein, weil sich eben gewisse subjektive Faktoren nicht ausschalten lassen (weil wir eben Menschen und als solche grundsätzlich subjektiv sind), aber zumindest sollte es uns doch möglich sein, uns um gewisse Objektivität zu bemühen.
 
Pope schrieb:
1. Objektivität oder Intersubjektivität ist kein Ziel von Wissenschaft, es ist eine Grundvoraussetzung.

Das ist so nicht richtig. ICh bin sicher nicht immer objektiv bei meiner Arbeit, sondern hinterdem was ich tue, stecke oft ganz subjektive Entscheidungen, die manchmal auch gar nichts direkt mit meiner Arbeit zu tun haben, aber trotzdem meine Entscheidungen beeinflussen. Und so ist es bei anderen auch.
2. Wissenschaftler, die sich für objektiv halten, halte ich für gefährlich.

Da verknotest Du dich jetzt aber selbst. Erst erklaerst Du Objektivitaet zur Grundvorrausetzung, dann ist sie gefaehrlich. Alle Wissenschaft ist also gefaehrlich?

Oder ist das jetzt nur ein Spruch, der sich irgendwie toll anhoeren soll?

3. Was objektiv richtig ist, ist nicht immer recht.

Das ist eine Binsenweisheit ohne Wert...

Etwas allgemeiner gesagt, ich finde es faszinierend, was manche Leute fuer Vorstellungen von Wissenschaft und Wissenschaftlern haben. Ehrlich gesagt, dahinter steckt viel weniger, als manche zu denken scheinen...:rolleyes:
 
(Dritter Anlauf ... mein Laptop macht mir ernste Sorgen :motz: )

manganite schrieb:
Das ist so nicht richtig. ICh bin sicher nicht immer objektiv bei meiner Arbeit, sondern hinterdem was ich tue, stecke oft ganz subjektive Entscheidungen, die manchmal auch gar nichts direkt mit meiner Arbeit zu tun haben, aber trotzdem meine Entscheidungen beeinflussen. Und so ist es bei anderen auch.

Kommt mitunter auf deinen Job an.

manganite schrieb:
Da verknotest Du dich jetzt aber selbst. Erst erklaerst Du Objektivitaet zur Grundvorrausetzung, dann ist sie gefaehrlich. Alle Wissenschaft ist also gefaehrlich?

Der Unterschied zwischen Theorie und Praxis ist Dir aber geläufig?

manganite schrieb:
Oder ist das jetzt nur ein Spruch, der sich irgendwie toll anhoeren soll?

Nicht nur, sondern auch.

manganite schrieb:
Das ist eine Binsenweisheit ohne Wert...

Dass es Menschen gibt, die annehmen, dass ihre Sicht der Dinge objektiv ist? Dass man als Wissenschaftler nicht wirklich immer objektiv sein kann? Tut mir leid, aber für mich ist das mehr als nur eine Binsenweisheit.

manganite schrieb:
Etwas allgemeiner gesagt, ich finde es faszinierend, was manche Leute fuer Vorstellungen von Wissenschaft und Wissenschaftlern haben. Ehrlich gesagt, dahinter steckt viel weniger, als manche zu denken scheinen...:rolleyes:

Ich bin nicht so blauäugig, wie Du es vielleicht jetzt denkst. Ich habe nur den Widerspruch aufzeigen wollen, der hinter Anspruch und Wirklichkeit steht. Hindenburgs Grab mit Blumen zu belegen, dagegen gibt es Objektiv nichts einzuwenden. Man muss moralisch werden.
 
Kommt mitunter auf deinen Job an.
Nenne mir einen wo es nicht so ist.

Dass es Menschen gibt, die annehmen, dass ihre Sicht der Dinge objektiv ist? Dass man als Wissenschaftler nicht wirklich immer objektiv sein kann? Tut mir leid, aber für mich ist das mehr als nur eine Binsenweisheit.
Das hast du nicht gesagt.
Du sagtest
Was objektiv richtig ist, ist nicht immer recht.
und das erläuterst du hiermit

Ich bin nicht so blauäugig, wie Du es vielleicht jetzt denkst. Ich habe nur den Widerspruch aufzeigen wollen, der hinter Anspruch und Wirklichkeit steht. Hindenburgs Grab mit Blumen zu belegen, dagegen gibt es Objektiv nichts einzuwenden. Man muss moralisch werden.

Pope schrieb:
Man muss moralisch werden.

Und eben da stößt du genau auf das große Problem.

Deine Moral kannst du nicht als die aller anderen Ansehen.
Was du für richtig oder falsch hälst gilt nun einmal nicht für jeden.

Moralvorstellungen sind von Grund auf oder sagen wir lieber zu 99% subjektiv
 
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