Ging das Römische Reich einst bis zur Elbe?

rolo

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Im dtv-Geschichtsatlas habe ich ein wenig durch die Karten geblättert und habe sehr interessiert einen Umriss des Römischen Reiches aus der Zeit von 27 v.Chr. - 14 n.Chr. entdeckt, in dem es offenbar eine kaiserliche Provinz "Germania" gab, und zwar von 12 v.Chr. - 9 n.Chr.
Diese erstreckte sich laut Karte auf fast das gesamte heutige Deutschland, eben bis an die Elbe (Grenze). Die südliche Grenze bildete die Donau bis zum Bodensee, südlich lagen Raetia und westlich Belgica.
Wer weiß mehr über dieses mich etwas verwundernde Phänomen?
Wie konnte es sein, dass sich eine doch ziemlich große Anzahl von Germanenstämmen im Römischen Reich zu einer Provinz zusammenfassen ließen?
Oder war das der Grund, weshalb diese Provinz nur ganz kurz existierte, eben weil die Germanen ziemlich kontraproduktiv und feindsinnig waren?:kratz:
 
Ob diese Provinz wirklich existiert hat ist ziemlich strittig. Tatsache ist auf jeden Fall dass sie wenn sie existiert haben sollte mit der Niederlage des Varus zu Ende war.
Auf jeden Fall hat es sich hierbei nicht um eine gesicherte Provinz gehandelt, sondern eher von einem Provinzgedanken.
 
Hallo, das angesprochene "Thema" mit der Elbeexpansion ist wohl nur ein Beitrag gewesen. Das mit der Varusschlacht hilft mir schonmal weiter. Davon habe ich schonmal gehört. Auf der von mir angesprochenen Karte im dtv-Geschichtsatlas sieht es auch so aus, als wären eher die Bereiche im heutigen Westdeutschland gesichert und die im heut. Ostdeutschland lose gewesen. Das diese Provinz existiert hat, könnte man sich noch vorstellen, um Christi Geburt war die Expansion des Römischen Reiches ja enorm.
Da es sich aber, wenn, "nur" um einen Zeitraum von 21 Jahren handelt, gab es wohl keine festen römischen Niederlassungen dort?? Jedenfalls habe ich davon noch nicht gehört, z.B. Beweise durch Funde.
 
Es gibt einige, vor allem in jüngster Zeit entdeckte Hinweise auf eine "dauerhafte" Anwesenheit auf rechtsrheinischem Gebiet.
Da wäre allem voran Waldgirmes zu nennen. Diese Siedlung wird aber noch erforscht und scheint nach Varus schlagartig verlassen worden zu sein.

Es gab zu keinem Zeitpunkt eine etablierte Provinz Germania, aber es gibt Theorien rund um den Gedanken einer solchen Provinz bzw. dem Versuch eine solche einzurichten. Vor allem beiläufige Kommentare, wie etwa die Rechtssprechung des Varus dienen dabei als Hinweise darauf. Der DTV Atlas geht in dem Zusammenhang von der größtmöglichen Fläche römischen Einflußes aus.

Nach der Varusschlacht gab es einige Rachefeldzüge, und etliche Jahre später bemühten sich Kaiser wie Domitian und weitere die römische Macht wieder auszudehnen, militärisch mit mehr oder weniger Erfolg, politisch gesehn jedoch erfolglos, bis auf wenige Grenzbegradigungen u.ä.
 
Um die Zeitenwende war Germanien bis zur Elbe (der Feldherr Drusus ist 12 v Chr. sogar in der Elbe ertrunken) eine Provinz im Aufbau: Varus hielt schon über Germanen Gericht und trieb Steuern ein, zog sich im Herbst aber immer wieder in Winterlager an der Lippe (Haltern) und im Rheinland zurück. Nördlich von Haltern ist kein jedenfalls winterfester Legionsstandort bekannt, wie Tiberius richtig schrieb. In den letzten Jahren wurde bei Hedemünden im Landkreis Göttingen ein römisches Lager entdeckt, es soll aber ein Nachschublager gewesen sein. Näheres steht wohl noch nicht fest.
Nach den römischen Berichten gab es in allen Teilen Germaniens römische Vorposten, die aber wohl auch im Herbst stets abzogen. Beim Aufstand im Jahre 9 wurden alle jedenfalls niedergemacht. Nach der Niederlage in der Schlacht im Teutoburger Wald (vermutlich nördlich von Osnabrück) versuchten die Römer es mit einigen mehr oder minder erfolglosen Feldzügen unter Germanicus, dann legten sie das Thema mit der Provinz ad acta. Der Aufwand rechtfertigte wohl nicht den möglichen Ertrag.
 
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Sorry, da hat mich meine Erinnerung getrogen: Drusus der ältere ist 9 v. Chr auf dem Rückweg von der elbe zum Rhein vom Pferd gestürzt, an den Folgen im alter von 29 Jahren gestorben. Er war Adoptivsohn von Augustus.. jedenfalls soll er die Elbe bei Mageburg erreicht haben... dort soll er - der Sage nach - eine Erscheinung gehabt haben, die ihn vom weiteren Vormarsch abhielt..
 
Bei den Römern hatte der Begriff "provincia" mehrere Bedeutungen. Zum einen bedeutete "provincia" eben "Provinz, Amtsbereich etc", zum anderen bedeutete es aber auch "Aufgabenbereich". Das heißt eine "provincia" konnte auch erst erobert werden. Dies gilt wohl für für das rechtsrheinische Germanien.

Allerdings darf man sich Germanien nicht als frei und unbesetzt vorstellen. Römische Siedlungen und vor allem Militärstützpunkte waren bis tief nach Germanien vorgebaut. Dies gilt besonders für den Mainbereich/Wetterau, Friesland aber auch für den Lippe/Ruhr-Bereich. Sicherlich sind eine Reihe von weiteren Festungen bzw. Militärlagern noch nicht entdeckt. Alarich weist hierauf schon hin.
Die Karte im dtv-Atlas ist daher sicherlich falsch, wenn sie Germanien bis zur Elbe als normale Provinz Roms bezeichnet. Der linkselbische Raum war jedoch sehr stark römisch dominiert.
 
Römische Provinz Germania?

Ab den Jahr 12 v. Chr. begannen die Römer unter Drusus mit Feldzügen nach Germanien. Diese werden wohl zuerst als Vorfeldsicherung für Gallien zu verstehen sein. Drusus Nachfolger Tiberius scheint dann Germanien weitesgehend befriedigt zu haben (8 u. 7 v. Chr.). Erst um Christi Geburt berichten die römischen Schriftsteller wieder über einen "gewaltigen Krieg" in Germanien den Tiberius dann durch mehrere Feldzüge schnell beendete (4 u. 5 n. Chr.). Erst ab diesen Krieg scheint es bei den Römern den Plan einer Provinz Germania gegeben zu haben. Städte wurden gegründet (Waldgirmes) und ein großes militärisches Verwaltungszentrum angelegt (Haltern). Auch gab es im ganzen Land römische Wachtposten. Wirtschaflich genutzt haben die Römer Germanien mindestens ab dieser Zeit auch. Die Provinz Germania nahm aber schon nach kurzer Zeit (9 n. Chr.) mit der Varusschlacht ihr Ende. Die Germanen hatten es sich nicht gefallen lassen, dass die Römer Steuern einnehmen und Gerichsprechen wollten.
 
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Das der gewaltige Krieg schnell beendet wurde steht aber nirgends, es ist nur eine Vermutung. Wenn man sich die folge Geschichte anschaut könnte man daran echt zweifeln vieleicht war die Zeit von 4 - 9 auch nur die Vorbereitung zum Gegenschlag.
 
In der Tat ist vieles auf diesem Gebiet Spekulation.
Sicher ist doch eigentlich nur, dass es bei den Römern ein zweitweiliges Bestreben gab Germanien zur Provinz zu machen.
 
Hallo

Hmm, ich gehe grad einer ähnlichen Frage nach, aber eher, warum dehnten sich die Römer NICHT weiter nördlicher der Elbe aus? Also dem heutigen Schleswig-Holstein und Skandinavischen Gebieten. Was war der genaue Grund? Waren die Nachschublinien nicht mehr gewährleistet? Sagte man "bis hierhin und nicht weiter", oder hatte man vor den nördlich der Elbe liegenden Stämmen und Völkern zuviel "Angst", bzw. "Respekt" gehabt?
 
Hallo

Hmm, ich gehe grad einer ähnlichen Frage nach, aber eher, warum dehnten sich die Römer NICHT weiter nördlicher der Elbe aus? Also dem heutigen Schleswig-Holstein und Skandinavischen Gebieten. Was war der genaue Grund? Waren die Nachschublinien nicht mehr gewährleistet? Sagte man "bis hierhin und nicht weiter", oder hatte man vor den nördlich der Elbe liegenden Stämmen und Völkern zuviel "Angst", bzw. "Respekt" gehabt?
Nun, wenn man die Quellen der Römer studiert, dann kann man tatsächlich davon ausgehen, daß "die Germanen" den Römern tatsächlich etwas unheimlich waren. Das zeigt schon der ehrenvolle Titel "Germanicus" für Feldherren, die sich im Kampf gegen einen germanischen Stamm augezeichnet hatten. Das ändert nichts an der Tatsache, daß sie auch - oder gerade deswegen - versuchten, auch die Germanen zu unterwerfen, weil sie dem Reich gefährlich werden konnten. Militärisch war es wohl Anfangs nicht möglich, weiter vorzudringen, als bis zur Elbe. Dieses Gebiet mußte nun erst einmal "zivilisiert" werden, und zwar nach Römischen Vorbild. Darum wurde Köln gegründet, das direkt am Rhein lag und den Germanen durch seine monumentale Bauweise die Überlegenheit Roms demonstrieren sollte. Es wurde inzwischen aber auch eine römische Stadt im Landesinneren ausgegraben, bei der es eindeutig ist, daß sie kein römisches Militärlager war, sondern in der Zivilisten wohnten - sowohl römische als auch germanische und die auch friedlich zusammen lebten.
Für mich gibt es keinen Zweifel, daß sich das Römische Reich auch noch weiter augedehnt hätte, wenn nicht der Aufstand unter Arminius die Römer zum Rückzug gezwungen hätte.
 
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Für mich gibt es keinen Zweifel, daß sich das Römische Reich auch noch weiter augedehnt hätte, wenn nicht der Aufstand unter Arminius die Römer zum Rückzug gezwungen hätte.

Das passt ganz gut zum spekulieren. Wie sähe die Geschichte der Römer in Germanien aus, wenn der Feldzug gegen Marbod nicht wegen des Pannonischen Aufstandes hätte aufgegeben werden müssen? :grübel:
 
Es gab keine festen Grenzen in der Zeit vor dem Limes zwischen Rhein und Elbe.
Die Germanenstämme (waren untereinander erbittert verfeindet) waren tributpflichtig den Römern um Ruhe vor ihnen zu haben, deshalb kann man das Römische Gebiet auch bis zur Elbe bis kurz nach der Varus-Schlacht karthographisch ausdehnen.

Zu Schleswig-Holstein:
Warum sollte man ohne Rast bis ans Ende der Welt ohne Nachschubwege und -plätze marschieren?
Rom hatte sich durch seine bisherige Expansionspolitik ja eh schon weit übernommen! Und musste über Vasallenpolitik ein Haufen "Barbaren" assimilieren. Man versuchte schon einigermaßen den eigenen Möglichkeiten zeitgemäß das Reich auszudehnen und nicht in Blitzkriegtaktik.
 
Hurvinek schrieb:
Zu Schleswig-Holstein:
Warum sollte man ohne Rast bis ans Ende der Welt ohne Nachschubwege und -plätze marschieren?
Na ja, ich weiß nicht ob man das tatsächlich so als "Ende der Welt" bezeichnen könnte. Denn nördlich der Elbe war es doch quasi nur noch eine Art "Zipfel", dass praktisch zunächst übrig bleiben würde. Aber mit fehlenden Nachschubwegen- und Plätzen erscheint am ehesten logisch. Und nach der Varus-Schlacht waren demnach ja auch ohnehin die Möglichkeiten dafür vertan. Aber hätten die Römer, selbst wenn Nachschub vorhanden wäre, überhaupt ein Interesse weiter gen Norden zu marschieren? Da denke ich mal eher hat Barbarossa recht, dass sie einfach zu viel "Angst/Respekt" hatten weiter vorzudringen.
 
Da denke ich mal eher hat Barbarossa recht, dass sie einfach zu viel "Angst/Respekt" hatten weiter vorzudringen.

Die Römer waren den Germanen in offenen Feldschlachten derart überlegen, dass ihr Respekt vor den großen Barbaren bestimmt nicht ihre Eroberungspläne behindert hätten. Ich stimme den schon genannten Argumenten zu. Wichtiger war es ersteinmal die neu eroberten Völker zu romanisieren. Ohne vernünftige Straßen und Nachschub macht es wirklich absolut keinen Sinn weiter zu ziehen.

Was für einen letzten Zipfel hätten sie denn noch erobern sollen? Bis an die Weichsel oder gleich noch Skandinavien? Letztentlich war doch gerade das große Reich und die zur Sicherung fehlenden Soldaten für den Untergang des römischen Reiches verantwortlich.
 
Die Römer waren den Germanen in offenen Feldschlachten derart überlegen, dass ihr Respekt vor den großen Barbaren bestimmt nicht ihre Eroberungspläne behindert hätten. Ich stimme den schon genannten Argumenten zu. Wichtiger war es ersteinmal die neu eroberten Völker zu romanisieren. Ohne vernünftige Straßen und Nachschub macht es wirklich absolut keinen Sinn weiter zu ziehen.
Ich glaube es war weniger ein Problem des Nachschubs - zumindest, was die Versorgung der römischen Legionen anging, denn die Römer hatten zwischen Rhein und Elbe ja eine Reihe von Stämmen unterworfen, die ihnen nun Tributpflichtig waren und die die Söldner nun zu verpflegen hatten. Aber das ganze Gebiet war für die Römer äußerst unwegsam, weil stark bewaldet und das einzige, was sie als Transportwege (z. B. für Truppentransporte) benutzen konnten, waren die Flüsse, denn Straßen wie im Reich gab es hier nicht.

Was für einen letzten Zipfel hätten sie denn noch erobern sollen? Bis an die Weichsel oder gleich noch Skandinavien? Letztentlich war doch gerade das große Reich und die zur Sicherung fehlenden Soldaten für den Untergang des römischen Reiches verantwortlich.
Nö, das hast du wohl falsch (oder gar nicht) verstanden. Starlord meinte natürlich Jütland. Das wäre aber aus den von mir bereits genannten Gründen nicht zu kontrollieren gewesen und so machte man an der Elbe halt, da sie eine gute natürliche Grenze darstellte.
 
Na ja, ich weiß nicht ob man das tatsächlich so als "Ende der Welt" bezeichnen könnte. Denn nördlich der Elbe war es doch quasi nur noch eine Art "Zipfel", dass praktisch zunächst übrig bleiben würde.
Als Kieler solltest Du die Entfernungen doch etwas kennen - von der Elbe bis zum Ende Jütlands sind es noch über 400 km. Das ist für damalige Verhältnisse kein unbedeutender Zipfel.

Vor allem ist Jütland ja nun keine sehr fruchtbare oder attraktive Gegend - aber sehr gefährdet durch Überfälle von den Inseln oder aus Richtung des heutigen Schweden.

Wenn die Römer das südliche Germanien bis zur Elbe hätten halten können (d.h. Varus hätte gesiegt), dann wären sie m. E. maximal bis in die Gegend der heutigen deutsch-dänischen Grenze vorgedrungen und hätten dort einen Querwall wie in Schottland gebaut.
 
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