Goten und Amaler, von einem Traditionskern?

Ermanarich wird von Reinhold Pallmann und Wolfram der zehnten Generation der Amaler zugeordnet. In der Reihe der Vorfahren Amalaswinthas wird er allerdings von Cassiodor nicht aufgeführt (Var. XI, 1, 19).

Ich habe gerade die Stammtafel der Amaler vor mir, H. Wolfram "die Goten" S.370-371
Dort ist Ermanarich (+375) einer der Vorfahren von Eutharich (dem Gatten der Theoderichtochter Amalasuintha)
Ermanarich wird als einer der Amaler geführt, und zwar als Bruder von Vultuulf (einer der direkten Vorfahren von Theoderich) und Ediulf und Ansila.

Sofern Wolframs Stammtafel richtig ist (woran ich keine Zweifel habe), zählt Ermanarich zu einem Seitenzweig der Amalersippe. Sie ist der Versuch, "die Konstruktion der Origo Gothica und Cassiodors und, soweit möglich, die geschichtliche Wirklichkeit darzustellen" (H. Wolfram)
 
Um die Anerkennung Konstantinopels musste er sich nicht groß bemühen, für die Oströmer war er willkommenes Mittel zum Zweck. Sie versuchten, ihn als Bedrohung zu neutralisieren und für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Seine Abstammung war den Oströmern vermutlich herzlich egal, was zählte, war, dass er ein Machtfaktor war, den sie entweder selbst nutzen oder gegen sich haben konnten.

Dafür, dass er sich nicht bemühen musste, hat er aber recht viele Gesandschaften dort hingeschickt, der Rest dürfte ja nur deine Interpretation sein.

Eine Legitimität als Herrscher der Westgoten brauchte er nicht, da er nicht ihr König war. Um als Regent für Amalarich fungieren zu können, reichten die Verwandtschaft und seine tatsächliche Macht.

Das ist Unsinn, er herrschte 15 Jahre über die Westgoten, ohne seine Autorität wäre Amalarich niemals König geworden. Und diese Autorität musste untermauert werden, sonst hätte der westgotische Adel das niemals akzeptiert.

Dass sich die Goten in "Dutzende" von Kleingruppen aufgelöst haben, ist außerdem nur Deine bzw. Heathers Theorie.

Meine und Heathers Theorie? Du stehst doch sonst so auf die antiken Quellen. Schon die nennen ein Gotenreich in Phrygien, mindestens zwei Gruppen auf dem Balkan, mehrere in Pannonien und eine Reihe von Gotischen Verbänden, die sich anderen Gruppen angeschlossen hatten.

Deine eigene Überlegung spricht dagegen, dass sich ein Haufen gotischer Kleingruppen in der Ukraine herumgetrieben habe statt eines großen Greutungenreiches.

Kann ich nur auf hessisch antworten: Häh?
 
Sofern Wolframs Stammtafel richtig ist (woran ich keine Zweifel habe)
...
Sie ist der Versuch, "die Konstruktion der Origo Gothica und Cassiodors und, soweit möglich, die geschichtliche Wirklichkeit darzustellen"

In seiner Schrift "Cassiodorus and the Rise of the Amals" (www.kroraina.com/.../pdfs/heather_Cassiodorus%20and%20the%20Rise%20of%20the%20Amals.pdf) hat Heather auf eine ganze Reihe von Ungereimtheiten in der Getica hingewiesen, gerade in der Abweichung von Ammianus. Dies zieht aber die gesamte Genealogie in Zweifel.
 
Zuletzt bearbeitet:
Dafür, dass er sich nicht bemühen musste, hat er aber recht viele Gesandschaften dort hingeschickt
Natürlich hat er das, schließlich unterhielt er rege Kontakte (teilweise auch zur Opposition). Aber das hatte doch nichts damit zu tun, ob er nun mit Ermanarich verwandt war oder nicht.

Das ist Unsinn, er herrschte 15 Jahre über die Westgoten, ohne seine Autorität wäre Amalarich niemals König geworden. Und diese Autorität musste untermauert werden, sonst hätte der westgotische Adel das niemals akzeptiert.
Amalarich war der legitime Sohn von Alarich II., Gesalech der illegitime. Aber Du hast schon recht, unproblematisch war es nicht, Amalarich als König durchzusetzen. Dazu musste Theoderich ein Heer schicken, das den Gesalech schlug und Amalarich mit Waffengewalt durchsetzte. Also nix mit Anerkennung wegen Legitimität durch (angeblich) gefälschten Stammbaum.

Kann ich nur auf hessisch antworten: Häh?
Du hast Dein Erstaunen darüber ausgedrückt, dass die Goten sich trotz äußerer Bedrohungen zersplitterten. Dann stellt sich die Frage, wieso Du trotz der von Dir ausgesprochenen Seltsamkeit und entgegen der Quellen behauptest, dass in der Ukraine nur einzelne gotische Kleingruppen herumhingen statt eines großen Greutungenreiches.

Gotenreich in Phrygien
Ich vermute, Du beziehst Dich auf die Sache mit Trigibild? Das war einfach ein ostgotischer Söldnerführer.
 
Zuletzt bearbeitet:
Natürlich hat er das, schließlich unterhielt er rege Kontakte (teilweise auch zur Opposition). Aber das hatte doch nichts damit zu tun, ob er nun mit Ermanarich verwandt war oder nicht.

Er hat versucht, seine Position als "Rex Italiae" vom Kaiser anerkennen zu lassen, und dazu mehrmals seine gehobene Position betont.

Amalarich war der legitime Sohn von Alarich II., Gesalech der illegitime. Aber Du hast schon recht, unproblematisch war es nicht, Amalarich als König durchzusetzen. Dazu musste Theoderich ein Heer schicken, das den Gesalech schlug und Amalarich mit Waffengewalt durchsetzte. Also nix mit Legitimität durch (angeblich) gefälschten Stammbaum.

Übrigens betont Wikipedia: "er [Theoderich] regierte dort als König in eigenem Namen, nicht als Vormund von Alarichs unmündigem Sohn Amalarich". Die Quelle weiß ich natürlich nicht.
Theoderich konnte sich nur gegen Gesalech durchsetzen, weil der Großteil des westgotischen Adels diesen nicht unterstützte.


Du hast Dein Erstaunen darüber ausgedrückt, dass die Goten sich trotz äußerer Bedrohungen zersplitterten. Dann stellt sich die Frage, wieso Du trotz der von Dir ausgesprochenen Seltsamkeit und entgegen der Quellen behauptest, dass in der Ukraine nur einzelne gotische Kleingruppen herumhingen statt eines großen Greutungenreiches.

Die Logik verstehe ich nicht. Da ich davon ausgehe, dass es kein Großreich gab, gab es auch nix zu zersplittern. Die Gruppen kamen wie sie waren an die Donaugrenze. Die Verfechter eines Großreiches müssten die Zersplitterung erklären.


Ich vermute, Du beziehst Dich auf die Sache mit Trigibild? Das war einfach ein ostgotischer Söldnerführer.

Odotheus wird als gotischer König genannt. Nach seinem Tod wurde seine Gefolgschaft in Phrygien angesiedelt, wo später Trigibild - ehemaliger General - die Führung übernahm.
 
In seiner Schrift "Cassiodorus and the Rise of the Amals" (www.kroraina.com/.../pdfs/heather_Cassiodorus%20and%20the%20Rise%20of%20the%20Amals.pdf) hat Heather auf eine ganze Reihe von Ungereimtheiten in der Getica hingewiesen, gerade in der Abweichung von Ammianus. Dies zieht aber die gesamte Genealogie in Zweifel.

Ungereimtheiten gibt es sowohl in der Stammtafel, welche wohl auch einzelne mythische Namen enthält (Gapt/Gaut, Hisarna), und natürlich gibt es vergleichbare Ungereimtheiten in der Origo Gothica - das allerdings hindert ja nicht, herauszuschälen, was an historischem dennoch enthalten ist; und es hindert nicht daran, sich Gedanken über die Absicht einer im frühen 6. Jh. konstruierten Familientradition/Sippentradition zu machen. Folglich findet sich darin beides, Aufgabe einer quellenkritischen Untersuchung ist, zwischen beidem zu unterscheiden - und das hat Wolfram gemacht. Wirksam immerhin scheint diese, von bzw. für Theoderich "zurechtkorrigierte" Genealogie gewesen zu sein: das Prestige der theoderichschen Amaler war sehr hoch.

Natürlich lassen sich die mythischen Vorzeitahnen nicht historisch bestätigen - das ist bei vielen Genealogien der Spätantike der Fall, wie sich auch so manche primordiale Tat einer Origo Gentis nicht immer nachweisen lässt.

Ansonsten verstehe ich den Zusammenhang der gewiß nicht eindeutig verifizierbaren Amalergenealogie mit dem Verdacht, es habe kein recht großes südrussisches Gotenreich (Ermanarich) gegeben, noch nicht so recht.
 
Die Logik verstehe ich nicht. Da ich davon ausgehe, dass es kein Großreich gab, gab es auch nix zu zersplittern. Die Gruppen kamen wie sie waren an die Donaugrenze. Die Verfechter eines Großreiches müssten die Zersplitterung erklären.
Die Zersplitterung ergab sich doch als Folge der Zerschlagung des Großreiches. Ein Teil der Greutungen wurde von den Hunnen unterworfen, der Rest floh, z. B. Vidirich mit Alatheus und Saphrax zu den Terwingen oder Odotheus ins römische Reich.

Übrigens betont Wikipedia: "er [Theoderich] regierte dort als König in eigenem Namen, nicht als Vormund von Alarichs unmündigem Sohn Amalarich". Die Quelle weiß ich natürlich nicht.
Theoderich konnte sich nur gegen Gesalech durchsetzen, weil der Großteil des westgotischen Adels diesen nicht unterstützte.
Toll, dass Du Wikipedia den Quellen vorziehst ...
Aber gut, bleiben wir bei Wikipedia: In der englischen Version des Artikels Gesalec - Wikipedia, the free encyclopedia heißt es: "Theodoric acted as regent for Gesalic's half-brother, Amalaric, until Amalaric was old enough to take the throne."

Aber widmen wir uns lieber den Quellen. Prokopios (Kriegsgeschichte 5,12) schreibt: "Nachdem Giselich aus dem Weg geschafft war, übertrug er die Herrschaft der Visigoten seinem Tochtersohne Amalarich, über welchen er die Vormundschaft führte, weil er noch ein Knabe war, nahm alle Schätze, welche in der Stadt Carcassonne lagen, mit sich und ging eiligst nach Ravenna zurück."
Auch Iordanes schreibt in der Getica 58 lediglich davon, dass Theoderich für Amalarich gesorgt und ihn beschützt habe - dabei hätte doch Iordanes noch am ehesten Grund gehabt, Theoderich zum Westgotenkönig zu deklarieren, um ihn zu verherrlichen.
 
Dafür, dass er sich nicht bemühen musste, hat er aber recht viele Gesandschaften dort hingeschickt, der Rest dürfte ja nur deine Interpretation sein.
Natürlich hat er das, schließlich unterhielt er rege Kontakte (teilweise auch zur Opposition). Aber das hatte doch nichts damit zu tun, ob er nun mit Ermanarich verwandt war oder nicht.
Er hat versucht, seine Position als "Rex Italiae" vom Kaiser anerkennen zu lassen, und dazu mehrmals seine gehobene Position betont.
Dass Theoderich mit dem jeweiligen byzantinischen Kaiser regen Kontakt unterhielt, war völlig normal. Schließlich wurde er von Byzanz nach Italien geschickt (die Gründe jetzt mal außen vorgelassen) und er hatte den offiziellen Auftrag, so lange an des Kaisers Statt in Italien über die Römer zu herrschen, bis dieser selbst käme.

Theoderich hat niemals eine Position als Rex Italiae beansprucht und sich niemals so genannt. Er nannte sich nicht einmal rex Gothorum! Sein offizieller Titel lautete „Flavius Theodericus rex“ und als dieser herrschte er über seine Goten und die Römer. Du verwechselst das mit Odoaker, der nannte sich König Italiens.
 
Er selbst scheint den Titel nicht geführt zu haben, aber er wurde 493 nach der Einnahme Ravennas und Odoakers Ermordung von seinen Truppen zum König ausgerufen (Anonymus Valesianus II,12). Da er seit dem Tod seines Vaters bereits König seiner Ostgoten war, kann sich diese Erhebung nur auf seine Herrschaft über Italien beziehen. Nicht er selbst, aber seine Truppen sahen ihn also offenbar als König Italiens.
 
Er selbst scheint den Titel nicht geführt zu haben, aber er wurde 493 nach der Einnahme Ravennas und Odoakers Ermordung von seinen Truppen zum König ausgerufen (Anonymus Valesianus II,12). Da er seit dem Tod seines Vaters bereits König seiner Ostgoten war, kann sich diese Erhebung nur auf seine Herrschaft über Italien beziehen. Nicht er selbst, aber seine Truppen sahen ihn also offenbar als König Italiens.
Das ist richtig und es geschah noch vor der Anerkennung durch den byzantinischen Kaiser. Es war seitens seiner Ostgoten auch folgerichtig, Theoderich war ihr Heerkönig. Aber den offiziellen Titel hat er nie geführt; es wäre diplomatisch unklug gegenüber Byzanz gewesen.
 
Nur so nebenbei: Einen kleinen diplomatischen Fehlgriff leistete sich Theoderich, als er den oströmischen Gegenkaiser Vitalianus (wahrscheinlich ein gebürtiger Gote) bei dessen Usurpation gegen Kaiser Anastasius unterstützte. Im Zuge von Religionsstreitigkeiten wurde er 513 von einer Partei zum Kaiser ausgerufen. Er stieß mit seinem Heer drei Mal gegen Konstantinopel vor, konnte die Stadt jedoch nie erobern. 515 wurde er besiegt, überlebte jedoch und konnte untertauchen. Der neue Kaiser Iustinus I. lockte ihn nach Konstantinopel, indem er ihn zum Heermeister und Konsul für 520 machte. Trotzdem ließ er ihn 520 in den Palast locken und dort ermorden. (Angeblich war dessen Neffe, der spätere Kaiser Iustinianus I., der wahre Drahtzieher.)
 
Um noch mal auf die Ausgangsdiskussion zu den Amalern zurück zu kommen:

Das ganze Bestreben Heathers die Bedeutung der Amaler für die östlichen Goten (generell vor Theoderich dem Großen) zu relativieren wirkt doch arg gekünstelt.

Was wirkt daran gekünstelt? Selbst wenn Ermanarich der Herrscher eines bedeutenden Großreiches gewesen wäre - zum "Amaler" wird er nur durch Jordanes, vermutlich beruhend auf Cassiodor gemacht. Von vielen Ungereimtheiten im Amalerstammbaum des Jordanes abgesehen, scheint es hier doch eindeutig politische Absichten bei der Erstellung des Stammbaumes zu geben.

Gekünstelt wirkt da eher der Versuch, hier eine Tradition zu betonen, die in dieser Form bis dahin gar nicht vorhanden war. Ein ziemlich auffälliges Indiz ist da auch die Namensgebung der Theoderichsippe. Amalafrida, Amalasuntha, Amalarich, Amalaberga, Amalafrid - Namen, denen wir bis dahin bei den Goten nicht begegnen. Keiner dieser ach so ruhmreichen Sippe hatte es bis dahin nötig gehabt, seine Zugehörigkeit derart zu betonen.

Und zufälligerweise "beweist" dann dieser Stammbaum nicht nur die Abstammung der Amalasuntha von Walarawans, sondern auch noch die Abstammung ihres Gatten, des Westgoten Eutharich, von Walarawans berühmtem Bruder Ermanarich, so dass also das "Traumpaar" für die gemeinsame Herrschaft über West- und Ostgoten gefunden war.

Nach Geschichtsschreibung klingt das aber eher nicht, mehr nach Tagespolitik um 515.
 
Theoderichs Halbschwester Amalafrida erhielt ihren Namen zu einer Zeit, als Theodemir und seine Brüder mit ihren Ostgoten noch am Balkan herumhingen. Vom Aufstieg zur Großmacht und einer Herrschaft über Italien konnten sie da nur träumen, und natürlich war das noch lange vor Cassiodor und Iordanes. Außerdem kennen wir für die Zeit vor Theodemir und seinen Brüdern nur wenige Namen der Amalersippe, wir wissen also nicht, ob es da noch Männer und Frauen mit "Amala"-Namen gab, von denen nichts überliefert wurde. Später erhielten schließlich auch nur einige wenige Familienmitglieder "Amala"-Namen, andere hießen Theoderich, Theodemund, Athalarich, Mataswintha, Thiudigotho, Ostrogotho, Theodahad, Theodigisklos etc.
Amalarich passt insofern nicht in Deine Auflistung, als sein Vater Alarich II. als Balthe keinen Grund und wohl auch kein Interesse hatte, einen Namen extra so zu wählen, dass die Zugehörigkeit seines Sohnes zu einer anderen Sippe speziell betont wird.

Was Deine Argumentation mit Amalaswintha und Eutharich betrifft: Dass zwei verschiedene Linien einer verzweigten Dynastie miteinander durch Heirat verbunden werden, kommt doch häufiger vor. Ich verweise nur auf die Heiraten zwischen spanischen und österreichischen Habsburgern.
 
Uii, hallo Ravenik gut rescherschiert allerdings gibt es hier keinerlei genealogische Beweise
lediglich die Geschichtsschreiber haben hier genealogien zu ihrem/bzw. ihrem Herrn mal angefangen zu schreiben.
Alarich darf man mit der bezeichnung Balthe nicht in die lettische schiene drängen was zu ihm als erwiesen gilt ist, das er nie herzog war....................du bist gut, hast du gewußt, dass ordoarkar eigentlich ein Keltischer Stammesfürst war???????????????
 
Alarich darf man mit der bezeichnung Balthe nicht in die lettische schiene drängen was zu ihm als erwiesen gilt ist, das er nie herzog war....................du bist gut, hast du gewußt, dass ordoarkar eigentlich ein Keltischer Stammesfürst war???????????????

die gotische Adelssippe der Balthen hat nichts mit dem Baltikum (Estland, Lettland etc.) zu tun

dass Odoakar ein keltischer Stammesfürst war, ist mir neu - welche keltischen Stämme traten denn im späten 5. und frühen 6. Jh. als Kriegsmächte auf?
 
Es gibt ja nun so einiges an Schriften, die sich mit den politischen Motivationen des Cassiodor bei der Abfassung seiner Schriften beschäftigen.

Es gibt hierbei eine Reihe von Aspekten.

Theoderich:

Theoderich bemühte sich sowohl um die Anerkennung durch die römische Senatorenschicht, als auch um Anerkennung durch Konstantinopel. Daher war er sehr bemüht, sich selbst als Abkömmling eines uralten, immer schon mächtigen Königsgeschlechtes darzustellen, gleichzeitig die übrigen mächtigen Gotensippen zu marginalisieren.
Hierbei muss man auch berücksichtigen, dass Theoderich einen multiethnischen Haufen nach Italien geführt hatte, nicht etwa ein gefestigtes, einheitliches Königtum. Über seine Position zu den übrigen Adelssippen wissen wir nur wenig, zu beachten ist hierbei unter anderem, dass ein erheblicher Teil "seiner" Goten nicht zu Theodemirs Gefolgschaft in Pannonien, sondern zu den Balkangoten des Theoderich Strabo gehört hatte. Herrschaftsrechtfertigung war also für Theoderich ein wichtiges Thema.

Eines seiner größten Probleme stellte die Nachfolgeregelung dar. Er hatte keinen eigenen Sohn und musste nach anderen geeigneten Kandidaten Ausschau halten. Zunächst einmal war er um die Anerkennung seines Schwiegersohnes Eutharich durch die ostgotische Führungsschicht bemüht. Aus diesem Grund wurde dieser kurzer Hand zum Amaler "befördert", und als Nachkomme des semi-mytischen Königs Ermanarich proklamiert.
Interessant ist dabei auch die Aussage (wo?), dass Cassiodor Dinge überliefert haben soll, die "selbst die Erzählungen der Alten nicht mehr wussten". Bezeichnenderweise wurde dann nach Eutharichs vorzeitigem Tod kein weiterer Amaler bei den Westgoten "entdeckt".

Amalasuntha:

Nach dem Tod des unbestrittenen Herrschers wurden die Nachfolgeprobleme offensichtlich. Theoderichs Enkel Athalarich wurde 10-jährig zum Nachfolger proklamiert, seine Mutter fungierte als Regentin. In der Folge kam es zu massiven Auseinandersetzungen mit dem gotischen Adel, vor allem um die Erziehung des Athalarich, und damit um die Ausrichtung der gotischen Herrschaft. Amalsuntha ließ ihren Sohn römisch erziehen, wohl auch im Sinne ihres Vaters. Man sah sich als römische Herrscher gotischer Abstammung.
Demgegenüber gab es eine starke Partei, die das Gotentum in den Vordergrund stellte, vermutlich verbunden mit eigenen Machtansprüchen. Amalasuntha war daher noch stärker als ihr Vater um Untermauerung ihres Machtanspruches bemüht, noch mehr, als sie nach Athalarichs Tod die Alleinherrschaft anstrebte. Damit wurde es besonders wichtig, die eigene, überlegene Abstammung zu betonen.

Vor diesem Hintergrund fällt es schwer, Cassiodors Werk als Geschichtsschreibung zu sehen, um so mehr, wie wir nicht wissen, wie sehr letztlich Jordanes das ganze noch überarbeitet hat.
 
Bei Theoderich übersiehst Du eine Kleinigkeit: Dass er Amaler war, war doch unzweifelhaft, er musste also nicht seine Zugehörigkeit zur Sippe betonen. Wenn überhaupt, dann musste er betonen, dass er mit Ermanarich verwandt war. Wenn er etwas manipulieren wollen hätte, dann hätte er dem Ermanarich eine Verwandtschaft mit "Amala-"-Namen andichten müssen, um zu "beweisen", dass Ermanarich auch Amaler war, oder er hätte dafür sorgen müssen, dass in seiner Familie wieder der Name Ermanarich verwendet wird.
 
Bei Theoderich übersiehst Du eine Kleinigkeit: Dass er Amaler war, war doch unzweifelhaft, er musste also nicht seine Zugehörigkeit zur Sippe betonen.

Er musste die Wichtigkeit der Sippe betonen. Ich hatte auch nur geschrieben, dass Euthanarichs Zugehörigkeit mehr als zweifelhaft ist.

Wenn überhaupt, dann musste er betonen, dass er mit Ermanarich verwandt war. Wenn er etwas manipulieren wollen hätte, dann hätte er dem Ermanarich eine Verwandtschaft mit "Amala-"-Namen andichten müssen, um zu "beweisen", dass Ermanarich auch Amaler war, oder er hätte dafür sorgen müssen, dass in seiner Familie wieder der Name Ermanarich verwendet wird.

Ein Ur-Ur-Großvater Ermanarichs mit Namen Amala taucht ja schon mal auf.
 
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