... den natürlichen Egoismus des Individuums erwähnen, wie ihn Adam Smith seinerzeit deklarierte. Demnach würden all unsere Handlungen ursprünglich darauf ausgerichtet sein, die für uns beste Situation zu erreichen.
Was hier (vermutlich) gemeint ist, erläutert Smith am Unterschied zwischen Sparsamkeit und Vergeudung (Der Wohlstand der Nationen, dtv-Ausgabe, S. 282):
Das Motiv zum Sparen liegt ... in dem Wunsch, die Lebensbedingungen zu verbessern, ein Verlangen, das uns zwar im allgemeinen ruhig und leidenschaftslos läßt, aber doch ein ganzes Leben lang begleitet, von der Geburt bis zum Tode. In dem Intervall zwischen beiden Ereignissen im menschlichen Leben gibt es wahrscheinlich nicht einen Augenblick, in dem jemand mit seiner Lage so uneingeschränkt und vollkommen zufrieden ist, daß er sich nicht wünscht, sie irgendwie zu ändern oder zu verbessern.
Das läuft ein wenig auf die vulgärpsychologische Formel zu, der Mensch als solcher sei "im Prinzip unersättlich". Aber - so schreibt Recktenwald in der Einführung zur o. g. Ausgabe (S. XLI) - bei Smiths Egoismus handelt es sich bereits um "einen geläuterten, einen aufgeklärten und einen sozialen und rechtlichen Regeln unterworfenen"! Drei Schranken nämlich seien hier wirksam: erstens das Mitgefühl oder Interesse für den anderen (Sympathie), zweitens das Bestreben, einem anderen etwas vorzuenthalten oder wegzunehmen (Gerechtigkeit), und drittens ein System positiver Gesetze bzw. gemeinsamer Einrichtungen (Staat).
Die Rolle der Erziehung hierbei war Smith sehr wichtig! Besonders merkwürdig sind die folgenden Sätze, die er im Zusammenhang mit dem Arbeitsteilungsprinzip formuliert (S. 18):
Der Unterschied in den Begabungen der einzelnen Menschen ist in Wirklichkeit weit geringer, als uns bewußt ist, und die verschiedenen Talente, welche erwachsene Menschen unterschiedlicher Berufe auszuzeichnen scheinen, sind meist mehr Folge als Ursache der Arbeitsteilung. So scheint zum Beispiel die Verschiedenheit zwischen einem Philosophen und einem gewöhnlichen Lastenträger, weniger als Veranlagung als aus Lebensweise, Gewohnheit und Erziehung entstanden. Bei ihrer Geburt und in den ersten sechs oder acht Lebensjahren waren sie sich vielleicht ziemlich ähnlich, und weder Eltern noch Spielgefährten dürften einen auffallenden Unterschied bemerkt haben. In diesem Alter etwa oder bald danach hat man begonnen, sie sehr verschieden auszubilden und zu beschäftigen. Nunmehr kommen die unterschiedlichen Talente zum Vorschein, prägen sich nach und nach aus, bis schließlich der Philosoph in seiner Überheblichkeit kaum noch eine Ähnlichkeit mit dem Lastenträger zugeben wird.
So weit die Theorie.