Und vorher mussten Hereros und Namas ihr Land auf Druck der Deutschen verlassen. Die Profiteuere sind diejenigen, die danach Landbesitz an sich bringen konnten und heute die Regierungsmehrheiten in Namibia stellen.
Dann frage ich jetzt einfach mal ganz dreist, was die von den deutschen Truppen vertriebenen Herero daran gehindert hatte, nachdem die Deutschen gehen mussten und Namibia mit Südafrika administrativ verbunden wurde, in ihre frühere Heimat zurück zu kehren und das Land und das Land für sich zu beanspruchen?
Es geht hier nicht um irgendwelche Bekannte von mir. Was soll denn diese alberne Unterstellung?
Es geht darum, dass die Bundesregierung eine Versöhnung versucht, ohne dass die Nachkommen der zu Versöhnenden am Versöhnungsabkommen in irgendeiner Weise beteiligt sind und jegliche Bereitschaft zur Aussprache mit Hereros und Namas von deutscher Seite verhindert wird. (Daher gibt es ja auch diesen Faden über die Herero-Prozesse in New York) Stattdessen versucht man es mit "Entwicklungshilfe" auf staatlicher Ebene. Das ist das Gegenteil von Wiedergutmachung sondern der gönnerhafte Weg. Daher ist es auch vorprogrammiert, dass Steinmeier in Namibia auf Protest stossen wird.
Ja, dann möchte ich dem ganz deutlich entgegen halten, dass ich auch nicht weiß, was der Deutsche Staaat, d.H. die deutsche Bevölkerung als ganze gut zu machen habe.
Rechtlich ohnehin nicht, Täter wie Opfer leben nicht mehr und auch moralisch sehe ich das nicht.
Wie gesagt, Deutschland hatte damals keine demokratisch gewählte, dem Deutschen Volk verantwortliche Regierung, die dieses Massaker zu verantworten hätte.
Wenn man heute aber den deutschen Staat als solchen verantwortlich machen wollte und von diesem Entschädigungen wollte, müsste man genau dieses Volk belangen wollen, aus dessen Steuermitteln Reparationen dann aufzubringen wären, denn der Deutsche Staat selbst hat ja keine anderen Einnahmen, als die Steuern und Abgaben seiner Bewohner und die Möglichkeit Anleihen aufzunehmen, deren Zinslast und Rückzahlung dann natürlich wieder auf die Besteuerung also die Bewohner zurückfallen würden.
Ich treibe das jetzt einfach mal auf die Spitze:
Dem deutschen Staat zuzumuten Reparationen zu bezahlen, würde ihm zumuten, den in den 1970er Jahren eingewanderten Kohlekumpel aus Anatolien, der weder hier geboren, noch selbst Deutscher ist, schärfer besteuern zu müssen, um davon die Herero in Südafrika und Botswana zu "entschädigen".
Darf ich dich fragen, ob das deine Vorstellung von Gerechtigkeit ist?
Oder sollen wir das Modell der Steuergerechtigkeit aufgeben und eine Sondersteuer für deutsche Staatsbürger oder solche, die es bis zu einem bestimmten Stichtag waren, einführen, um zu verhindern, dass da auch Einwanderer behelligt werden müssen, die mir den Geschehnissen schonmal überhaupt nichts zu tun hatten?
Natürlich ist die Entwicklungshilfe der
gönnerhafte Weg.
Es kann aber auch gar keinen anderen Weg geben, als diesen gönnerhaften Weg, denn jede Form von Entschädigung setzt, wenn wir mal an die Acquise der Mittel dafür denken, erstmal voraus, dass man Menschen, die an diesen Verbrechen weder beteiligt waren, noch profitiert haben und das auch nicht verhindern konnten, weil sie damals noch nicht mal auf der Welt waren, in die Tasche greift um einen, wie auch immer gearteten Ausgleich zu finanzieren.
Heißt man müsste her erstmal weiteres Unrecht schafffen.
Und wenn sich diejenigen, die es im Endeffekt dann bezahlen sollen, nämlich sämtliche Bewohner Deutschlands, gefallen lassen, dann
ist das gönnerhaft, denn eine persönliche justiziable oder moralische Schuld daran was damals passiert ist, hat aus der heutigen Bevölkerung keiner mehr.
Verhandeln kann man das allenfalls noch unter dem Schlagwort der politischen Verantwortung.
Es leben jeweils etwa 100.000 Herero und Nama in Namibia. In Namibia leben etwa 2,1 Mio Menschen die keine Herero und Nama sind. Wenn, wie im "Versöhnungsabkommen" vorgesehen in den nächsten Jahren etwa 1 Mrd Euro von Deutschland nach Namibia fließt, werden davon die 2,1 Mio nicht-Herero und nicht-Nama genauso profitieren wie die Nachkommen der Betroffenen. Und deshalb ist eine Differenzierung sinnvoll, wenn es sich um Entschädigungen für den Genozid handeln soll. Wenn es einfach nur um Entwicklungshilfe geht, ist das ja ok. Nur sollte man das eben nicht mit Entschädigungen für den Genozid verknüpfen. Ansonsten hätten wir potentiell 2,1 Mio Betrugsfälle von Entschädigungen in Namibia.
Ich weiß jetzt nicht, ob ich zum besseren Verständnis erst nach "persönlichen Bekannten" suchen muss, damit eingesehen werden kann, dass Hereros und Namas eben nicht die Gesamtheit aller "Schwarzen in Namibia" sind.
Wo ist das Problem dabei, wenn andere in Namibia lebende Gruppen ebenfalls profitieren?
Haben die nicht unter der deutschen Kolonialherrschaft gelitten? Hat man denen nicht genau so die Menschlichkeit aberkannt und sie in einer Weise in ihrer Lebensführung eingeschränkt und ihnen eine in jeder Form menschenunwürdige Behandlung zukommen lassen?
Dann müsste man sich vielleicht mal die Frage stelllen, ob entschädigungswürdige Verbrechen erst beim Genozid anfangen, denn genau das würde man ja postulieren, wenn man mit den Herero und Nama und sonst niemandem verhandeln würde. Da bin ich absolut dagegen.
Wenn Deutschland Verantwortung übernimmt (und da bin ich absolut dafür, um das hier ganz klar zu machen), dann muss es die Verantwortung nicht nur für den Genozid übernehmen, sondern für sämtliche Kolonialverbrechen und auch nicht nur in Namibia, sondern auch in den übrigen Kolonien.
Wenn man an Versöhnung tatsächlich interessiert ist, verbietet es sich, sich auschließlich mit den Herero und Nama an einen Tisch zu setzen und die berechtigten Interessen der anderen Gruppen damit zu ignorieren. Sonst schafft man nämlich nicht Versöhnung, sondern nur Konkurrenz der Opfergruppen untereinander.
Mal abgesehen davon:
Wenn man sich versöhnen wollte, dann doch wohl mit allen betroffenen Gruppen, die im Rahmen kolonialer Verbechen mal Opfer deutscher Politik geworden sind und nicht nur mit verschwindend kleinen Teilgruppen?
Ich kann völlig nachvollziehen, dass man bei den Herero und Nama oder jedenfalls Teilgruppen davon wert auf die Würdigung der eigenen Geschichte legt.
Nur müssten diese Gruppen sich dann bitte auch mal in die andere Seite hinein versetzen und begreifen, dass sie da Forderungen, wegen Verbrechen letztendlich an Menschen herantragen, die an diesen Verbrechen keine persönliche, wie auch immer geartete justiziable oder moralische Schuld haben.
Und dass man auf diesem Weg nichts erreichen wird.
Du hast hier versucht mit dem Beispiel von Forderungen wegen dem Holocaust und mit der Entschädigungspraxis der Maori in Neuseeland argumentiert.
Beides geht in diesem Fall ins Leere.
Beim Holocuast wird man finden können, dass durchaus substanziellle Teile des deutschen Volkes für das Hitler-Regime direkt dadurch, dass sie die Nazis wählten oder indirekt, in dem sie es dadurch ermöglichten DNVP und KPD zu wählen, mitverantwortlich gemacht werden können und dass von diesen Verbrechen, durch die "Arisierungen" etc. auch nicht wenige Deutsche oder Bewohner Deutschlands auch tatsächlich profitiert haben.
Außerdem, als diese Forderungen wirksam aufkamen, lebten die Verantwortlichen noch.
Hier konnte man von einer Verantwortlichkeit substanzieller Teile der lebenden Bevölkerung Deutschlands sprechen, im Übrigen auch dadurch, was das Aualand betrifft, dass der deutsche Staat sich damals ja leistete deutsche Staatsbürger generell nicht auszuliefern, auch nicht an internationale Gerichte, womit potentielle Täter natürlich auch geschützt wurden.
Den Kaiser oder v. Throtha hatte aber niemand gewählt. Noch gab es Arisierungen vergleichbare Aktionen, von denen Millionen von Deutschen profitiert hätten, noch Nachrichtenwege, die es der Bevölkerung in Deutschland auch nur ermöglicht hätten, so zeitnah von den Massakern zu erfahren, dass man noch irgendetwas dagegen unternehmen hätte können.
Hier mordeten und/oder profitierten ein paar 10.000 Menschen. Von denen lebt heute keiner mehr, dafür sollen aber Millionen belangt werden, die in ihrer ganz überwiegenden Mehrheit weder gemordet, noch profitiert haben, noch auch nur Nachfahren von entsprechenden Mördern und/oder Profiteuren sind.
Im Hinblick auf das Beispiel der Maori und Neuseeland, wie gesagt, da da hat man es mit einem völlig anderen Extremfall zu tun, nämlich damit, dass aus der Bevölkerung heute für die Verdrängung der Maori zwar nichts mehr kann, auch die Generation liegt längst unter der Erde, während diese Bevölkerung aber durchaus noch von der kolonialen Landnahme und ihren Folgen persönlich profitiert.
Da das der Fall ist, kann man eine Entschädigung für die Maori, wenn auf der anderen Seite als Gegenleistung garantiert wird, die Besitzverhältnisse in Neuseeland intakt zu lassen, sicherlich irgendwie vermittelt werden, weil so beide Seiten etwas davon haben.
Das ist aber am Beispiel Deutschlands und der Herero und Nama so nicht der Fall und wäre es in diesem Ausmaß auch nicht einmal vor 100 Jahren gewesen.