Nachtrag zu EKuR
Warum muss immer der anerkannte Historiker mit dem Romanschreiber verknüpft sein? Ich würde das mal weitgehend trennen. Dahn hatte beim Roman schreiben den Vorteil, historische Details zu kennen und die brachte er genügend ein; ansonsten würde ich ihm zugestehen, Phantasie ausgelebt, historische Probleme personifiziert zu haben. Ich müsste tief wühlen, ich habe „Eine ägyptische Königstocher“ auch mal gelesen; mir ist nach den vielen Jahren im Gegensatz zu E.K.u.R. nichts in Erinnerung geblieben, außer dass ich es trocken fand.
Wenn ich mich mit exaktem Fachwissen auseinander setzen will, lese ich reine Fachbücher. In Romanen steckt nun einmal Phantasie. Egal von wem sie geschrieben sind, ich erwarte da keine 100%ig genaue Fakten. Dahn kannte sie und er setzte sie nicht 100%ig ein. Na und? Der Erfolg seiner Auflagen hat ihm Recht gegeben.
Und wer noch auf der Schiene „Germanen-Idealisierung“ ist, der hat natürlich nicht unrecht. Den Punkt „Kind seiner Zeit“ hatten wir aber schon. Trotzdem noch Hinweise dazu: die Langobarden sind auch Germanen und werden dort keineswegs idealisiert, wo hingegen z. B. Garizo, der Bajuware als Gegner der Ostgoten durchaus positiv wegkommt.
Als Basis für übersteigertes Nationalbewusstsein einer gewissen Epoche lässt sich das Werk aber nicht unbedingt missbrauchen. In Isak, dem jüdischen Torwächter von Neapolis (ein verantwortungsvoller Posten) dokumentiert Dahn die Toleranzpolitik Theoderichs d. Gr.; zusammen mit seiner Tochter Miriam also reine Sympathieträger. Auch wenn es mit Jochem eine Negativ-Figur dazu gibt, dürfte das einem gewissen Herrn mit Bürstenbart (der den Roman angeblich gelesen hat) nicht gefallen haben, es sei denn, er hat den Hintergrund nicht begriffen.
Dahn hat sich auch nicht gescheut, seinem Helden Teja ein überhaupt nicht germanisches Aussehen mitzugeben: dunkle Augen, schwarze Haare. Gerade auch am Roman-Schicksal von dessen Eltern kann man gut ein Stück Religionspolitik jener Zeit wiederfinden: die Kirche entscheidet, obwohl sie Goten sind, denn sie sind katholisch, nicht arianisch. Das erinnert an Cassiodors „Epistulae Theodericianae (II., 4)": Papst Gelasius schrieb ungehalten 495 n. Chr. an Graf Teja (evtl. der Großvater des späteren Königs?), dieser möge sich nicht in Dinge einmischen, die ihn nichts angehen, sonst würde er ihn beim König „verpfeifen“. Graf Teja hatte sich zu einem Fall geäußert, der seiner Meinung nach vor das Bischofs- und nicht vor das Papst-Gericht gehörte.
Das sind z. B. solche Dinge, die ich mit Vergnügen beim Lesen vergleichen kann.