Historizität Jesu von Nazareth

Die Juden haben Jesus überhaupt nicht zur Kenntnis genommen, weshalb er auch in keiner ihrer Quellen auftaucht; entweder weil er ein kleiner für sie unbedeutender Wanderprediger war oder weil er nie existiert hat.

Wo habe ich behauptet, dass dies zu seinen Lebzeiten war???

Habe ich was falsches geschrieben.
 
Ein Internetzugang ermöglicht es, die Bibel online zu lesen.

Ja, die Sache mit dem Internet, da hätte ich auch selber draufkommen können.
Wie's scheint ist das auch für mich manchmal noch Neuland.;)


Kurzer Survey:

1.) Römerbrief, erstes Kapitel
2.) Römerbrief, drittes Kapitel
3.) Römerbrief, fünftes Kapitel
4.) Im 1. Korintherbrief, siebtes Kapitel, bezieht sich Paulus auf ein Herrenwort, welches er interpretierend ergänzt "gebiete nicht ich, sondern der Herr [...] den übrigen sage ich, nicht der Herr"
5.) 1. Korintherbrief, elftes Kapitel, letztes Abendmahl

Das sind nur ein paar Hinweise, die ich beim blättern in den ersten beiden Briefen gefunden habe, wobei ich den ersten nicht einmal zu Ende "surveied" habe.

Ich habe in den erwähnten Kapiteln eigentlich keine Formulierung gefunden die man nicht auch auf eine mythologische Jesus-Figur beziehen könnte, ausser vielleicht 1. Korinther 11:23-25. Eventuell müsste man sich da ja einmal den griechischen Originaltext ansehen, was aber meinen Bildungshorizont erheblich übersteigt.:huh:


Als methodische Schwäche ist fürderhin zu kritisieren, dass er hier nicht philologisch** argumentiert sondern rein auf der Ebene des vorliegenden Textes.

Das Mister Doherty das NT im (altgriechischen ) Original gelesen hat, davon kann man sicher ausgehen, schließlich ist er nicht nur Historiker sondern auch Sprachwissenschaftler. An einigen Stellen in seinem Buch bietet er sogar eigene Übersetzungen bestimmter Bibelpassagen an.

Um nochmal auf dieses Internet zurückzukommen. Ich hab' da eine englische Kurzfassung seines Buches gefunden.
The Jesus Puzzle--Doherty
Ich hoffe dadurch müssen jetzt nicht mehr alle Gedankengänge des Herrn Doherty von einem Laien wie mir erklärt werden.:winke:
 
Was mich wundert ist, dass wir alle glauben zu wissen wie Jesus ausgesehen hat. Hat jemand eine Ahnung woher unser Jesus-"Bild" kommt?

(Falls die Frage schon irgendwo im Thread beantwortet wurde: Bitte nicht kreuzigen! :D Ich habe gerade keine Zeit die 65 Seiten genau durchzulesen.)
 
Was mich wundert ist, dass wir alle glauben zu wissen wie Jesus ausgesehen hat. Hat jemand eine Ahnung woher unser Jesus-"Bild" kommt?
Das wird ganz nach Kultur- und Zeitgeschmack gehandhabt. In Äthiopien hat Jesus die typischen Afrohaare und großen dunklen Augen, auf persischen Miniaturen sitzt er mit Bart und Turban herum.
 
(insgesamt ist die Historizität von Göttern und Gottessöhnen eine heikle Angelegenheit) :)

Ich argumentiere auch nicht dafür die historische Existenz eines Gottessohnes anzunehmen sondern die historische Existenz des Menschen Jesus von Nazareth, von den Eltern Josef und Maria, aus dem Dorf Nazareth welcher gekreuzigt wurde zur Zeit als Pontius Pilatus Stadthalter von Judea war.
 
sehr pointiert!
ich muss gestehen, dass ich gar nicht weiß, ob und wann und welcher Rabbiner gegen Jesus bzw. den christlichen Glauben argumentiert hat (ja, eine Schande, diese Bildungslücke... ich kenn da nur Heines satirische "Disputation")

...aber dann... die altvorderen Kirchenväter, die u.a. auch mit der Missionierung der heidnischen Horden befasst waren, hatten nie Zweifel an der Existenz von Wodan, Thor, Freia etc. geäußert, sondern diese vielmehr zu bösen Dämonen degradiert, denen man abschwören müsse (forsahhitu uuodan uws. im sächsischen Taufgelöbnis) -- wenn nun aber die altvorderen Kirchenväter nie gesagt haben, dass Wodan nicht gäbe, ist das dann streng genommen wirklich ein Beweis für die Existenz Wodans?

Biblisch sind Rabbis zwar seit dem Babylonischen Exil belegbar, zuerst bei Esra 7 (Angabe ohne Gewähr), und auch Jesus wird als Rabbi angeredet. Das rabbinische Judentum im eigentlichen sinne ist aber aus der Pharisäerbewgung erst nach Zerstörung des Tempels 70 hervorgegangen. Im NT erscheinen die Pharisäer oft als Gegner Jesu, aber Kranke am Sabbat zu heilen und andere Taten Jesus von Nazaret widersprachen eigentlich nicht pharisäischen Traditionen. die ersten Christen waren Juden, und Titel, die Jesus gegeben wurden, sind nur im jüdischen Kontext verständlich.
als Rabbi reden ihn auch Pharisäer an.
Als Prophet bezeichnet sich Jesus selbst.
Falschen Propheten nannten ihn die Sadduzäer.
Als Elias oder wiedergeborener Elias,
als Sohn Davids.
Grundbegriffe der Lehre wie Nächstenliebe, Vergebung, Sühne, Gerechtigkeit stammen aus dem Tanach.

Als sich das Christentum nach 70 immer stärker auf Mission von Nichtjuden konzentrierte und jüdische Reinheits- und Speisegebote aufgab (in der Apg wird ein Traum des Petrus erwähnt, der Spanferkel erlaubt und Beschneidung nicht fordert) wurde das Christentum 95 auf dem Sanhedrin von Jamnia für unvereinbar mit jüdischen Traditionen erklärt.

Im babylonischen Talmud von 200 wird Jesus gar nicht erst namentlich genannt von "diesem Mann" heißt es nur, er sei ein unehelicher Sohn eines Legionärs gewesen, ein falscher Prophet der vor dem Pessach gehängt wurde und nur wenige Anhänger hatte und Zauberei praktizierte, womit klar war, dass er kein Prophet sein konnte.

Von Origines hat sich eine Streitschrift "Contra Celsus" erhalten, der als Jesus Vater einen Legionär Panthera angibt. Jesus habe auch starke Neigung zu Prostituierten gehabt, und als Prasser und Trinker wurden er und seine Jünger auch zuweilen von Gegnern in den Evangelien angefeindet.

Von den Kirchenvätern des 3. -8. Jahrhunderts ist mir keiner bekannt, der bis in nordische Nebel vorgedrungen ist. Augustinus musste allerdings erleben, dass die Vandalen seinen Bischofssitz Hippo Regius belagerten.

Wenn Thor Wodan und Konsorten sich in einer Götterdämmerung den Tod holen und dahingerafft werden, braucht man ihnen auch nicht abzuschwören, und wenn ein irischer Mönch wie Bonifatius die Donareiche bei Fritzlar fällen konnte, ohne vom Blitz oder Thors Hammer erschlagen zu werden, ist das zwar kein Gottesbeweis, aber zumindest ein Argument, dass die monotheistische Importgottheit dauerhafter sein könnte. Manche wikinger ließen sich ganz gerne taufen, denn da gab es meist etwas von einem Bischof als Paten geschenkt.
 
ist es nicht eher so, dass wir nur Zitate aus dieser gegen die Christen gewendeten Streitschrift des Celsus aus Origines´ Reaktion contra Celsum kennen?

Genauso ist es, und so hatte ich es auch gemeint, denn Celsus Pamphlet ist nicht erhalten, und vom Inhalt desselben sind nur durch Origines Streitschrift Contra celsum Informationen erhalten.
 
die berühmteste Quelle vermeldet erhebliche Zweifel an der Vaterschaft des erwähnten Josef, wohingegen der lateinische Satz mater semper certa est bzgl. Maria in besager Quelle nicht angezweifelt wird ;):D

Nun gut wenn das Ziel der Jungfrauengeschichte das hat einen außerehelichen Verkehr zu vertuschen und nicht als Zeichen Gottes gedeutet zu werden.

Sein sozialer Vater war er sicher.
 
Nun gut wenn das Ziel der Jungfrauengeschichte das hat einen außerehelichen Verkehr zu vertuschen und nicht als Zeichen Gottes gedeutet zu werden.
Das ist eine vulgäre Lesart einer Gesellschaft die oversexed und underfucked ist, die der Quellengattung (und auf die habe ich als Historiker zu achten!) nicht gerecht wird. Es geht nicht um "Vertuschung", es geht darum, die Geburt aus dem Rahmen des natürlich bekannten herauszuheben und dabei noch die Geburt des Täufers, die ja auch schon eigentlich unmöglich war (Alter Elisabeths) noch zu übertreffen. Die Jungfräulichkeit ist sozusagen der Superlativ.
 
Naja ich wollte genau dies ausdrücken das die Jungfrauengeburt ein Wunder ist um Jesus Sonderrolle zu unterstreichen und nicht Maria reinzuwaschen (die wohl zur Aufschrift kaum noch gelebt hat).
 
Um die jüdische Polemik von Jesus als dem "Sohn des Pantheras", wie sie in der jüdischen Quelle des Celsus und ansatzweise auch im Talmud auftaucht, nochmal mit der Hypothese Dohertys in Verbindung zu bringen:

Mir scheint, als ließe sich nur schwer entscheiden, ob die jüdische Polemik der unehelichen Herkunft Jesu eine Reaktion auf die ältere christliche Erzählung von der Jungfrauengeburt Jesu war oder ob vielmehr die Berichte des Matthäus- und des Lukasevangeliums eine Reaktion auf eine frühe jüd. Behauptung der unehelichen Herkunft Jesu war.

Der zweite Fall würde Dohertys Hypothese schon beinahe widerlegen. Denn Doherty geht ja davon aus, dass am Anfang des Christentums (also zu Paulus' Zeiten und so) lediglich ein Glaube an eine rein geistige Größe, einen Gottessohn namens Jesus, nicht aber an einen histor. Jesus von Nazareth bestand (vllt. vergleichbar mit der allegorischen Gestalt Sophia aus dem AT), und dass erst die Evangelien als Glaubensromane eine pseudo-histor. Gestalt ins Spiel brachten. Das kann kaum der Fall gewesen sein, falls die Jungfrauengeburts-Geschichten der Evangelisten eine Reaktion auf die jüdische Ansicht gewesen wäre, dass Jesus unehelich gewesen sei. Denn in solchem Fall hätten ja die Juden schon vor den Evangelisten mit Jesus einen konkreten histor. Menschen im Sinn gehabt.

Falls aber jene Polemik erst als jüdische Reaktion auf den christl. Jungfrauengeburts-Glauben aufzufassen ist, wie er in den beiden Evangelien formuliert wird (was ich eher vermute), dann müsste Doherty zumindest die Frage beantworten, wie es sein kann, dass ein innovativer Glaubensroman mit ganz neuartigen Ideen und Behauptungen über einen Menschen Jesus von Nazareth den bisherigen christlichen Glauben an einen rein geistigen Gottessohn ziemlich schlagartig nicht nur bei den Christen, sondern auch bei den Juden gänzlich vergessen machen konnte. Warum nahmen nicht nur Christen, sondern auch Juden jenen „Romanhelden“ für bare Münze und versuchten die Umstände seiner Herkunft und Geburt zu erklären, womit sie ihn als histor. Persönlichkeit akzeptierten? Man hätte doch aus der Erfahrung wissen müssen, dass dieser Jesus von Nazareth nur eine literarische Glaubensfigur ist und stattdessen Jesus im ursprünglichen Kern eine rein geistige Glaubensgröße war. Warum argumentierten die Juden nicht theologisch gegen solch einen mystischen Gottessohn Jesus, sondern nur gegen seine vermenschlichte Variante in den Glaubensromanen der Evangelisten?
Ich habe Dohertys Buch nicht gelesen. Vielleicht liefert es ja sogar eine Erklärung dazu?
 
Celsus ist ja deutlich jünger als die Evangelien. Hätten die Evangelisten das Problem einer unehelichen Geburt gehabt, dann hätten sie es sinnvollerweise verschwiegen.
Es ist nicht die Aufgabe der Historiker religiöse Dogmen zu verteidigen und genauso wenig ist es ihre Aufgabe, religiöse Dogmen durch den Dreck zu ziehen. Mit unserem praktischen Welterfahrungswissen können wir die Historizität der Jungfrauengeburt ausschließen und in den Glaubensbereich verweisen, der die Theologen und nicht die Historiker interessiert. Die Historiker interessiert der Narrativ (also z.B. warum eine Geschichte erzählt wurde) oder die Wirkung eines religiösen Dogmas auf die Gläubigen bzw. Entwicklung der Religion.
Also, warum die Erzählung der jungfräulichen Geburt? Zunächst einmal gibt es dazu eine Stelle im AT, welche die jungfräuliche Geburt des Messias vorhersagt. Die jungfräuliche Geburt ist also die Legitimation Christi einmal aus dem AT heraus, zum anderen aber auch durch ihren wunderhaften Charakter, der die Geburt Johannes', die ja auch schon wunderhaften Charakter hat, noch übertrifft.

Viel eher eine Reaktion auf irgendwelche Anschuldigungen scheint mir das Protoevangelium des Jakobus zu sein, welches eine schlecht interpolierte Variante des Lukasevangelium ist, einschließlich grammatischer Wechsel.
 
Mir ging es auch nicht darum, Überlegungen anzustellen, was historisch am ehesten zugetroffen haben mag (Jungfrauengeburt, Joseph als Vater, röm. Soldat als Vater oder sonst wer als Vater), sondern mir ging es nur darum, die Tatsache festzuhalten, dass all diese damals kursierenden Erklärungen zur Herkunft Jesu (egal, ob christliche oder jüdische) von einem Jesus ausgehen, der einstmals als Mensch im Land der Juden gelebt hat. Das scheint mir ein Argument (wenn auch längst kein Beweis) gegen Dohertys Hypothese zu sein. Mehr wollte ich nicht aussagen.
 
Wobei es grade scheinbar wieder in Mode ist den Jesus Mythos aufzuwärmen.

Richard Carrier - Wikipedia, the free encyclopedia auch dieser Historiker vertritt ähnliche Thesen wie Doherty.

Man hat auch dort das Gefühl, dass der Mensch zwischen der historischen Person Jesus und der Gestalt der Bibel kein Unterschied macht.

Würde man solche Kriterien auch bei anderen historischen Gestalten anlegen, wie viel von den antiken Persönlichkeiten blieben übrig.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wobei es grade scheinbar wieder in Mode ist den Jesus Mythos aufzuwärmen.

Richard Carrier - Wikipedia, the free encyclopedia auch dieser Historiker vertritt ähnliche Thesen wie Doherty.
Ebendort wird ja auch zu Christ myth theory - Wikipedia, the free encyclopediaverlinkt, wo noch mehrere andere ältere sowie jüngere Vertreter dieser Sichtweise aufgeführt sind.
Das sind ja beileibe nicht alles Spinner. Viele von ihnen werden der Frage nach dem historischen Jesus langjährig und gewissenhaft unter historischen Gesichtspunkten nachgegangen sein. Viele von denen, welche die gegensätzliche Meinung hegen, dass es einen Jesus von Nazareth als historische Person gegeben hat, werden es ebenso getan haben. Da kommt bei mir die Frage auf:

Woran liegt es eigentlich, dass sich die Gelehrten so uneins sind, ob es einen jüdischen Wanderprediger namens Jesus von Nazareth, auf den sich das frühe Christentum gegründet hat, tatsächlich gegeben hat oder ob es solch eine historische Persönlichkeit nicht gegeben hat?

a) Liegt das daran, dass die Quellenlage objektiv betrachtet einfach beide Antwortmöglichkeiten voll und ganz zulässt und keine der beiden bevorzugt?
b) Oder liegen der Diskussion zu sehr weltanschauliche Motivationen zugrunde, die einen Konsens verhindern?
c) Oder ist es die Mischung aus a) und b)?
d) Oder liegt es an etwas ganz anderem?
 
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