Hypothetische Verteilung augusteischer Römerlager in der Germania Magna

Ich stelle es mir so vor, das in Friedenszeiten/im Freundesland, die römischen Marschlager an stärker frequentierten Strecken nicht jedesmal abgerissen wurden. Ganz im Gegenteil vermute ich, dass die Lager mit der Zeit etwas ausgebaut wurden (z.B. Holzhäuser). Nach dem späteren Abzug der Römer stünde dann doch ein attraktiver Siedlungsplatz (im Hinblick auf Verkehrsanbindung, geschützter Lage und Infrastruktur) zur Verfügung!?
Oder sehe ich das falsch?

So ungefähr stimmt es. Es gab strategisch wichtige Punkte, z.B. Frankfurt-Heddernheim, Heidelberg-Neuenheim, für die augusteische Zeit Neuss und Haltern - in denen nacheinander immer wieder neue Lager entstanden, bis man sich dazu entschied, ein dauerhaftes Standlager dorthin zu bauen.

An manchen dieser Plätze, z.B. Heddernheim, bildeten sich dort auch zivile Siedlungen, die bedeutend blieben, nachdem die Militärpräsenz verschwunden war. Es gibt allerdings in Deutschland sehr wenige Beispiele, wo solche aufgelassenen Lager von der römischen Zivilbevölkerung direkt weiterbesiedelt wurden. Vermutlich war dies nicht erlaubt.
 
Die antike Straße von Mâcon nach Trier in 30-Leugen-Abständen

Mâcon - 67 km - Dijon

Dijon - 66,6 km - Langres

Langres - 67 km - Neufchâteau

Neufchâteau - 66 km - Dieulounard [via Colombey-les-Belles]

Dieulounard - 66 km - Yutz (?)

Yutz (?) - 63 km - Trier (Petrisberg)


Wer glaubt hier noch an Zufall?

Zum Vergleich aus meiner Karte der Weg von Mellrichstadt nach Ilmenau (= 66 km):
Mellrichstadt - 21 km - Meiningen (Campingplatz) - 22 km - Suhl - 23 km - Ilmenau.

Edit: Der Weg vom römischen Lager in Marktbreit nach Mellrichstadt:

Marktbreit - 22 km - Schwarzach - 21,5 km - Heidenfeld [sic!] (via Volkach und Hirschfeld) - 22 km - US Standortübungsplatz Brönnhof - 22 km - Burglauer - 22 km - Mellrichstadt.
 
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So ungefähr stimmt es. Es gab strategisch wichtige Punkte, z.B. Frankfurt-Heddernheim, Heidelberg-Neuenheim, für die augusteische Zeit Neuss und Haltern - in denen nacheinander immer wieder neue Lager entstanden, bis man sich dazu entschied, ein dauerhaftes Standlager dorthin zu bauen.

An manchen dieser Plätze, z.B. Heddernheim, bildeten sich dort auch zivile Siedlungen, die bedeutend blieben, nachdem die Militärpräsenz verschwunden war. Es gibt allerdings in Deutschland sehr wenige Beispiele, wo solche aufgelassenen Lager von der römischen Zivilbevölkerung direkt weiterbesiedelt wurden. Vermutlich war dies nicht erlaubt.

Die Bewohner waren damals nicht einwohneramtlich erfasst.Vogelfreie gab es nicht nur im Mittelalter.
 
Diese 22 km sind eher aus der "Macht der großen Zahl" zu erklären.
Menschen laufen nun schon seit der Jäger und Sammler Zeit durch Europa.
Und mit Kindern usw ist die Tagesleistung irgendwo zwischen 20 und 30 km, näher an 20.Nun läuft man nicht gern quer durch den Wald, sondern auf halbwegs gangbaren Wegen. So ibts erst Tramplpfade, dann spter mit Vieh/Zugtieren wegen des Weidens straßenähnliche Trassen mit Lagerplätzen. Und wenn man einen neuen Siedlungsplatz als Ableger gründen will, weit genug weg , das man sich nicht mehr um Ressourcen streiten muß und nah genug, um Verbindung zu halten. Sind auch so 20/25 km..

Vorzugsweise auf der Handelsschneise und dann n bischen in den Wald. Händler folgen diesen Schneisen , weil bequemer ist und machen Rast, wo´n guter Platz ist.

Am Ende liegen dann die "alten Dörfer" ~ 20 km auseinander
 
Diese 22 km sind eher aus der "Macht der großen Zahl" zu erklären.
Menschen laufen nun schon seit der Jäger und Sammler Zeit durch Europa.
Und mit Kindern usw ist die Tagesleistung irgendwo zwischen 20 und 30 km, näher an 20.Nun läuft man nicht gern quer durch den Wald, sondern auf halbwegs gangbaren Wegen. So ibts erst Tramplpfade, dann spter mit Vieh/Zugtieren wegen des Weidens straßenähnliche Trassen mit Lagerplätzen. Und wenn man einen neuen Siedlungsplatz als Ableger gründen will, weit genug weg , das man sich nicht mehr um Ressourcen streiten muß und nah genug, um Verbindung zu halten. Sind auch so 20/25 km..

Vorzugsweise auf der Handelsschneise und dann n bischen in den Wald. Händler folgen diesen Schneisen , weil bequemer ist und machen Rast, wo´n guter Platz ist.

Am Ende liegen dann die "alten Dörfer" ~ 20 km auseinander

Wenn jemand eine solche 22-km-Kette außerhalb der Reichweite der römischen Legionen bzw. außerhalb der La-Tène-Kultur aufzeigen kann, wäre ich gewillt, mich überzeugen zu lassen.

Bis dahin hier noch eine weitere Route, die "Römerstraße" zwischen Trier und Andernach:

Trier - 44 km - Wittlich (Villa Rustica) - 44 km - Mayen (röm. Industriestandort) - 22 km - Andernach (via Kruft, röm. Bergbaustandort).
 
Bis dahin hier noch eine weitere Route, die "Römerstraße" zwischen Trier und Andernach:

Trier - 44 km - Wittlich (Villa Rustica) - 44 km - Mayen (röm. Industriestandort) - 22 km - Andernach (via Kruft, röm. Bergbaustandort).

Nur die Route die Du hier zeigst ist ganz klar im römischen Reich gelegen. Während die Routen der La Tene Kultur jenseits des Limes liegen, quasi im Speckgürtel.

Apvar
 
Nur die Route die Du hier zeigst ist ganz klar im römischen Reich gelegen. Während die Routen der La Tene Kultur jenseits des Limes liegen, quasi im Speckgürtel.

Jetzt kann ich dir nicht folgen. Trier und Andernach gehörten ganz klar zum Bereich der La-Tène-Kultur (Treverer!) sowie bekanntermaßen später zum Römischen Imperium. Etwas Anderes habe ich nie behauptet. Welchen Limes meinst du?


Edit: Noch einige Beispiele aus der Schweiz (erst La-Tène, später römisch):

Vitudurum (Winterthur) - 22,5 km - Ad Fines (Pfyn, an der Grenze zu Rätien)

Vindonissa (Windisch) - 67 km - Ad Fines (Pfyn)

Salodurum (Solothurn) - 66 km - Vindonissa (Windisch).
 
Zuletzt bearbeitet:
Den nassen Limes, also den Niederrheinischen Grenzverlauf.

Apvar
 
Zuletzt bearbeitet:
Den nassen Limes, also das rechtsrheinische Gebiet.

Ah, ok. Nur erstreckte sich ja die L-T-Kultur beiderseits des Rheins.

Was ich meinte: Die Gebiete, in denen ich die auffälligen 22/44/66-km-Abstände zwischen wichtigen und auffälligen Orten finde, haben soweit ich das sehe zwei gemeinsame Nenner: a) Zumindest zeitweilige Präsenz der Römer, b) Sie liegen sämtlich im Gebiet, das in der L-T-Zeit von der keltischen Zivilisation geprägt wurde. Nördlich des Wiehengebirges beispielsweise verschwindet das Phänomen.
 
zitat xander

Moin

Die ersten beiden genannten Fakoren würden doch auch auf die Errichtung eines Lagers zutreffen!

Kenne mich mit dem römischen Lagerbau nicht sonderlich gut aus und muß daher vprerst auf mein Bauchgefühl zurückgreifen.
Ich stelle es mir so vor, das in Friedenszeiten/im Freundesland, die römischen Marschlager an stärker frequentierten Strecken nicht jedesmal abgerissen wurden. Ganz im Gegenteil vermute ich, dass die Lager mit der Zeit etwas ausgebaut wurden (z.B. Holzhäuser). Nach dem späteren Abzug der Römer stünde dann doch ein attraktiver Siedlungsplatz (im Hinblick auf Verkehrsanbindung, geschützter Lage und Infrastruktur) zur Verfügung!?
Oder sehe ich das falsch?

weitergehend:

warum nur holzhäuser ? der eine oder andere römische lagerbau hat sicher auch den einen oder anderen wartturm mit steinernen fundamenten erhalten, auch wenn angeblich östlich vom rhein keine römischen steinbauten gefunden wurden. diese können längst in ( kloster - ) kirchen umgewandelt worden sein. dann müßten aber auch diese ( kloster- ) kirchen im 10 - Leugen - abstand oder vielfachem nachweisbar sein.
 
der eine oder andere römische lagerbau hat sicher auch den einen oder anderen wartturm mit steinernen fundamenten erhalten, auch wenn angeblich östlich vom rhein keine römischen steinbauten gefunden wurden. diese können längst in ( kloster - ) kirchen umgewandelt worden sein. dann müßten aber auch diese ( kloster- ) kirchen im 10 - Leugen - abstand oder vielfachem nachweisbar sein.

Bei Wachtürmen würde ich nicht mit strengen Wegabständen rechnen, da diese sicher bevorzugt an guten Aussichtspunkten errichtet wurden, siehe Limes oder Sparrenberger Egge.
 
weitergehend:

warum nur holzhäuser ? der eine oder andere römische lagerbau hat sicher auch den einen oder anderen wartturm mit steinernen fundamenten erhalten, auch wenn angeblich östlich vom rhein keine römischen steinbauten gefunden wurden. diese können längst in ( kloster - ) kirchen umgewandelt worden sein. dann müßten aber auch diese ( kloster- ) kirchen im 10 - Leugen - abstand oder vielfachem nachweisbar sein.

Zu dieser Zeit gab es insgesamt noch wenige mit Stein befestigte Militärlager.
Ein Steingebäude rechts des Rheins aus augusteischer Zeit hat man gefunden - das forumsartige Gebäude in Waldgirmes.

Zur späteren sakralen "Nachnutzung" römischer Gebäude: rechts des Rheins gibt es mehrere Beispiele, wo Kirchen direkt über römischen Gebäuden entstanden sind. Allerdings sind mir nur Beispiele für Bauten aus der Limeszeit begannt. So zum Beispiel ein nur kurzfristig existierendes Kloster in der Mitte des Kastells Arnsburg oder die Kirche von Echzell, die über dem dortigen Römerbad entstand.

Diese Gebäude entstanden aber erst, als die Vorgängerbauten weitgehend ruinös gewesen sein müssen. Es waren auch komplett neue Bauten, die über den Fundamenten entstanden, nachdem diese planiert waren.
Die Lageauswahl ergab sich vermutlich dadurch, dass hier jede Menge behauenes Steinmaterial zur Verfügung stand.
 
Zu dieser Zeit gab es insgesamt noch wenige mit Stein befestigte Militärlager.
Ein Steingebäude rechts des Rheins aus augusteischer Zeit hat man gefunden - das forumsartige Gebäude in Waldgirmes.

Zur späteren sakralen "Nachnutzung" römischer Gebäude: rechts des Rheins gibt es mehrere Beispiele, wo Kirchen direkt über römischen Gebäuden entstanden sind. Allerdings sind mir nur Beispiele für Bauten aus der Limeszeit begannt. So zum Beispiel ein nur kurzfristig existierendes Kloster in der Mitte des Kastells Arnsburg oder die Kirche von Echzell, die über dem dortigen Römerbad entstand.

Dann wäre da noch jenes Kloster, am Endpunkt des Westfälischen Hellwegs direkt an der Weser gelegen, dessen Westwerk eine ganze Reihe von Fragen aufwirft.

Und, auch interessant, das Kloster Kemnade (Bodenwerder), ebenfalls verkehrsgünstig an der Weser gelegen: warum benennt man ein Kloster nach einem beheizbaren steinernen Gebäude -- vielleicht, weil dieses schon vor der Klostergründung in karolingischer Zeit existierte?
 
Limburg an der Lahn

Aus aktuellem Anlass der Entdeckung eines römischen Militärlagers bei Limburg an der Lahn habe ich für diejenigen, die es interessiert, eine Infografik des entsprechenden Ausschnitts aus meiner hypothetischen Lager- und Straßenkarte angefertigt.

Für diesen Thread besonders interessant scheint mir der Befund, dass das römische Lager parallel neben einer keltischen Siedlung bestanden haben soll. Mir scheint das ein überraschend später Nachweis von Kelten in Hessen zu sein, oder liege ich da falsch?
 
Neue Karte: Römische Anmarschwege in Richtung Germanien

Zur Untermauerung meiner rechtsrheinischen Römerlagerhypothese habe ich einmal die bekannten römischen Stützpunkte auf den Wegen nach Germanien auf einer Karte dargestellt:

Römische Anmarschwege in Richtung Germanien um die Zeitenwende in Etappen von 20 bis 22 km (= 9 bis 10 Gallische Leugen) bzw. Vielfachen davon.

Wie schon im Titel erwähnt, findet man durchgängig auf allen Routen regelmäßige Distanzen von 20 bis 22 km zwischen den Stationen. Insbesondere im Schweizer Mittelland, auf der Route Lyon–Trier, sowie am Rhein zwischen Drusenheim [sic!] und Mainz ist die Regelmäßigkeit so überdeutlich, dass eine systematische Planung kaum abgelehnt werden kann.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hodometer

Hallo,
mir erscheint die Zahl von 22km (10 Leugen) nicht unbedingt als Zufall, sondern es könnte Absicht dahinterstecken. Vor einiger Zeit ging der Nachbau eines römischen Hodometers durch die Presse. Dieses Meßgerät für Wegstrecken wurde u.a. nach den Beschreibungen von Vitruv und Heron von Alexandria rekonstruiert.

Die Mechanik besteht aus mehreren Zahnrädern, die die Radumdrehung so übersetzt, daß nach je 1481 Metern (1 römischen Meile) eine Kugel aus einem Loch der obersten Scheibe fällt. Es gibt in der Rekonstruktion 31 Löcher, d.h. damit ist die Messung von 2 mal 10 Leugen plus einer Meile (=31 römische Meilen) möglich.

Es wäre denkbar, daß zur Vermessung der Strecken dieses Gerät verwendet worden sein könnte, und alle 10 oder 20 Leugen der Abstand wie auch immer markiert und ein Lagerplatz gesucht worden ist.

Warum enthält die Scheibe eine Kugel mehr als scheinbar notwendig 31 anstelle 30? Das könnte damit zu erklären sein, dass nach der 15. oder 30. Kugel innerhalb des Spielraums einer römischen Meile bis zur folgenden Kugel ein geeigneter Lagerplatz für die nachfolgenden Truppen gesucht wurde.

Ich habe spasseshalber an der Lahn entlang der bekannten Lager diese Theorie versucht anzuwenden, und es ist interessant, was man alles innerhalb dieser Raster entdeckt.
 
Hallo,
mir erscheint die Zahl von 22km (10 Leugen) nicht unbedingt als Zufall, sondern es könnte Absicht dahinterstecken. Vor einiger Zeit ging der Nachbau eines römischen Hodometers durch die Presse. Dieses Meßgerät für Wegstrecken wurde u.a. nach den Beschreibungen von Vitruv und Heron von Alexandria rekonstruiert.

Die Beschreibung des Vitruv würde jedenfalls zeitlich zu einer Nutzung des Geräts seit den Zeiten Julius Caesars, spätestens aber Drusus' passen. Man könnte sogar vorsichtig vermuten, dass wir es mit gallischer Beutetechnologie zu tun haben. Die Gallier waren Meister im Karren-, und wohl auch keine Dilletanten im Straßenbau, wie vor allem ein neuerer Fund aus England zeigt.

Die Mechanik besteht aus mehreren Zahnrädern, die die Radumdrehung so übersetzt, daß nach je 1481 Metern (1 römischen Meile) eine Kugel aus einem Loch der obersten Scheibe fällt. Es gibt in der Rekonstruktion 31 Löcher, d.h. damit ist die Messung von 2 mal 10 Leugen plus einer Meile (=31 römische Meilen) möglich.

Es wäre denkbar, daß zur Vermessung der Strecken dieses Gerät verwendet worden sein könnte, und alle 10 oder 20 Leugen der Abstand wie auch immer markiert und ein Lagerplatz gesucht worden ist.

Leider findet man zumindest bei Vitruv nichts über die Anzahl der Löcher. Es wäre immerhin interessant zu erfahren, warum die Rekonstrukteure sich für diese Zahl entschieden haben.
 
Hallo,

ich habe mir zwar nicht den gesamten Beitrag durchgelesen aber die Karlsschanze bei Willebadessen aus dem 1. Beitrag auf der Karte, kann man als römisches Lager ausschliessen, da ich diese Wallanlage in Absprache mit dem Amt Bodendenkmalpflege Bielefeld mit 2 Sondengänger ergebnislos sondiert hatte. Es handelt sich wohl eher um eine damalige Zufluchtsstätte ohne wirkliche Verwendung, da auch sonst keine Funde zu verzeichnen war.

Gruß Michael
 
Hallo,

ich habe mir zwar nicht den gesamten Beitrag durchgelesen aber die Karlsschanze bei Willebadessen aus dem 1. Beitrag auf der Karte, kann man als römisches Lager ausschliessen, da ich diese Wallanlage in Absprache mit dem Amt Bodendenkmalpflege Bielefeld mit 2 Sondengänger ergebnislos sondiert hatte. Es handelt sich wohl eher um eine damalige Zufluchtsstätte ohne wirkliche Verwendung, da auch sonst keine Funde zu verzeichnen war.

Danke für die Information. Wenn tatsächlich nicht ein einziger Sandalennagel gefunden wurde, kann man diesen hypothetischen Wegpunkt wohl getrost streichen.
 
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