Der Soldatenhandel ist ein völlig anderes Thema.
OT: Euro filosofischen Abhandlungen erinnern mich doch so an den Rudolf Leiding.
Ach, ich würde den Soldatenhandel gar nicht mal so weit außen vor lassen, vor allem aber davor die oft sehr fragwürdigen Rekrutierungsmethoden. Wenn Wieland ja schreibt, daß jeder gegen widergesetzliche Handlungen geschützt sei, dies aber durch teilweise Zwangsrekrutierung ad absurdum geführt, ist das ein interessanter Widerspruch, der sich die Frage stellen lassen muß, ob Wieland hier einfach unangenehme Aspekte ausblendet? Daran knüpft sich die Frage an, wie seine Leser dies empfanden?
Rudolf Leiding? VW?
Wie hat sich eigentlich das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, die garantierten Menschenrechte darin, mit dem rigorosen Versuch vertragen, mir 1972 ums verrecken Stahlhelm und Uniform zu verpassen?
Da Du ja bestimmt die Freiheit verteidigt hast, konnte sich der Staat mal schnell Deine Freiheit nehmen, oder? :devil:
Bisher verstehe ich Deine Fragestellung nach dem inneren und äußeren Freiheitsgefühl so, dass Du damit das innere Empfinden und das nach außen hin Gelebte umschreibst. Habe ich Dich da richtig verstanden?
Nein, ich muß nochmals Asche auf mein Haupt streuen, das "Innere" und "Äußere" waren einfach mal schnelle Begrifflichkeiten von mir, da ich dem Kind ja einen Namen geben mußte, und die späte Stunde und der Weißwein (ein sehr guter Bordeaux übrigens) mich dazu verleiteten, meine Worte nicht allzusehr zu überdenken.
[Drum, Kinder, laßt die Finger vom Alkohol!
rost:]
Wie ich oben schon mal bemerkte, versuchte ich, Freiheit sowohl auf geistiger Ebene( sowohl still in sich hineindenkend als auch das Gedachte laut vor der Tür äußernd) als auch auf körperlicher Ebene zu erfassen. Wieland nennt dies dann wohl "die menschliche und bürgerliche Freiheit", obwohl man da ja auch noch ganz andere Aspekte mit einbeziehen beziehungsweise herausdeuten kann, Wahlfreiheit, Pressefreiheit, Versammlungsfreiheit etc., die sich wiederum nicht allzuscharf von meinen Privatkategorisierungen abgrenzen lassen.
Deine Beispiele, die Zitate von Wieland und die Nennung von Goethe und Schiller mit den dazu gehörigen Schlagwörtern (die meine folgende Argumentation erst ermöglichen), würde ich nicht gemeinsam nutzen, um Deine Fragestellung zu klären. Denn Wielands Aussagen würde ich dahingehend "kategorisieren", dass er von der Freiheit spricht, die die umgebende "höhere" Welt, im Ausdruck von Staat und Obrigkeit, bereit ist dem Menschen zu geben.
Das ist ein spannender Aspekt: Ich habe mich ja vom Winkler aus in diese Frage hineinbegeben. Während Wieland meiner Meinung nach noch betont, wie sehr die Reichsverfassung die Freiheit des Einzelnen schützt (oder zumindestens schützen sollte), geht der spätere Diskurs zum Beispiel bei Fichte dahin, daß es die Freiheit der Nation ist (die er herbeizuschreiben sucht), die Vorrang hat und Ziel des Freiheitskampfes ist und der sich das individuelle Wohl unterzuordnen hat.
Winkler zitiert aus Fichtes "Reden an die Deutsche Nation" von 1808:
"Die Vaterlandsliebe setzte dem Staat den höheren Zweck - einen höheren als den
"gewöhnlichen der Erhaltung des inneren Friedens, des Eigentums, der persönlichen Freiheit, des Lebens und des Wohlseins aller", und erst, wo dieser Zweck das Staatsleben erfüllte, durfte die Regierung ihre
"wahren Majestätsrechte" wahrnehmen,
"gleich Gott um höheren Lebens willen das niedere daran zu wagen"."
Deine genannten Schlagwörter um Goethe und Schiller sehe ich eher als Ausdruck des individuellen, selbst entwickelten und gelebten Freiheitsverständnisses. (herausgenommen die Inhaftierung und Flucht Schillers)
Da würde ich allerdings sagen, daß das individuelle Freiheitsverständnis die eine Seite der Medaille ist, die sich ohne den gesellschaftlichen Rahmen und der Möglichkeit, dort Freiheit zu erfahren, nicht definieren läßt.
Aus dem engeren Dunstkreis der Anhäufung möchte ich den Punkt "Flüchtling" nehmen, da seine teilweise selbst verschuldete und damit notwendig gemachte "Umtriebigkeit" (weiterhin ist die Flucht aus Stuttgart ausgeklammert) in großen Teilen der Geldnot zuzuschreiben ist, die weder dem einen noch dem anderen Freiheitsgedanken zuzuordenen ist, sondern der Beziehung Werk-Publikum.
Goethe und Schiller dienten mir erstmal einfach nur als Beispiele und als Exponenten dieser Zeit. Als ich las, wie Wieland die Freiheit im HRR pries, dachte ich mir spontan, wie toll es doch für einen wie Goethen gewesen sein mag, nach Italien zu reisen, wann er wollte, während die meisten Leibeigenen gar nicht wußten, wo Italien lag.
Meinem geliebten Schiller allerdings selbst verschuldete Umtriebigkeit vorzuwerfen, klingt seltsam. Der Charakter eines Menschen ist immer selbst, doch nie verschuldet, ansonsten könnte man ja jedem Freiheitskämpfer sagen: selbst schuld, hättest ja auch zu Hause bleiben können! Und ob seine Geldnot immer nur dem Verhältnis Werk-Publikum zuzuschreiben ist? Als Autor war er sehr erfolgreich und vielgelesen.
Um das Ding vom Kopf auf die Füsse zu stellen.
Schiller hat auf Kosten seines Landesherrn studiert. Dafür musste er sich für eine gewisse Zeit als Militärarzt verpflichten.
Einen Kontrakt den Schiller durch seine Flucht gebrochen hat.
(einen ähnlichen Kontrakt hat mein Neffe geschlossen, Medizinstudium bei "mittelprächtigem" Abitur, reißt er jetzt 12 Jahre incl. Studium als Militärarzt ab)
Nun nun, mach mal aus Carl Eugen keinen selbstlosen Menschenfreund. Schiller ist mehr oder weniger zwangsrekrutiert worden, und geflohen ist er, weil er im Gefängnis sitzen mußte, weil sein Landesherr ihm das Schreiben und die Fahrt nach Mannheim untersagt hatte, also sowohl seine "innere als auch äußere Freiheit" beschnitt. Da würde ich nicht sagen, Schiller hätte einen Kontrakt gebrochen, zumal er meines Wissens ordentlich aus dem Dienst entlassen wurde.
Ich hoffe mal sehr für Deinen Neffen, daß seine Verpflichtung sich humaner gestaltet als bei Schiller.
Deshalb mal folgendes: In einer franz. Zeitung erschien unter dem 1.12.1792 ein (angeblicher?) Brief Pforzheimer Bürger die sich wortreich unter anderem (auf das evt. noch zurückzukommen sein wird) auf die nahe Zukunft freuen, wenn sie zusammen mit ihren franz. Freunden endlich den Freiheitsbaum in Pforzheim aufrichten werden.
Der Oberamtsassessor hat sich daraufhin auf markgräflichen Befehl damit befasst.
Die "zünftigen" Handwerksmeister wurden zusammengerufen, und er hielt eine Rede, deren Inhalt sie an ihr "Umfeld" weitergeben sollten.
Die Rede begann er mit der Frage: "Seid Ihr nicht schon frei?" um dann noch gleich den Freiheitsbegriff zu definieren: "Ein freier Mensch ist, wer Gott fürchtet und dem Gesetz gehorcht."
Paßt sehr gut zu meinen Ausführungen oben, daß sich die Freiheitsidee dahin entwickelt, daß der Staat frei sein soll und dafür die unbedingte Loyalität seiner Untertanen einfordern darf. [Winkler, siebte Auflage, S. 47/48, S. 59]