Tib. Gabinius
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Droysens Einwände beziehen sich auf wankende Begriffe, die Semantik der Phalanx ist eindeutig nachvollziehbar und "Walze" ist eben eine interpretative Übersetzung, sozusagen ein Teufelskreis, der aus Schlußfolgerungen wie den deinen entstanden ist.Ariovist schrieb:Auch wenn solch eine Antwort hier wohl nicht gerne gesehen wird, aber ich weis nicht mehr wo ich las,das Phalanx "Walze" bedeuten soll. Ich dachte es wäre bei Delbrück und habe mir gestern gleich nocheinmal das erste "Phalanxkapitel" der "Geschichte der Kriegskunst" zu Gemüte geführt. Nun.....,dort stand es nicht. Aber sogar auf der Wikepidia ist die Rede von einem "Balken" oder einer "Walze". Von der Körperform hätten letzdlich ja auch beide (wie auch der Baumstamm) die selben Eigenschaften. Wie dem auch sei,ich bin des griechischen nicht mächtig und kann über diese Sprache nun weder was dementieren noch beweisen, was nun aber in dem angesprochenem Kapitel stand war, daß ein gewisser Droysen schon erwiesen haben soll, das "der griechische Sprachgebrauch sehr unbestimmt ist und gewechselt hat". Die "Walze" scheint mir also nun nicht abwegig.
Auch das altgriechisch bietet eindeutige Übersetzungsmöglichkeiten, und diese sind in altgriech. Wörterbüchern und Seminaren nachzuschlagen. Das ein Stamm auch als Walze gesehen werden kann streite ich nicht ab, die Ausschließlichkeit die sich aus solch einer Übersetzung herausbildet ist jedoch völlig fern jeglichen Pragmatismus, wie ihn auch Delbrück vertreten hat.
Falsch, ein Konterangriff zählt ebenso zur Defensive wie etwa ein Ausweichmanöver usw.Natürlich kann sich in der Defensive bewegt werden,aber niemals auf den Gegner zu,denn dann wäre es sofort ein offensiver Vorgang. In der Defensive wird sich maximal nach hinten bewegt,sich ausgerichtet ,oder Positionen in einer festen Stellung besetzt. Niemals aber nach vorn. Keine Defensive bezieht Stellung im 2.Ring und schlägt dann den Feind zurück und läuft nach vorn um den ersten Verteidigungsring zu besetzen und von da aus weiter zu verteidigen. Nur umgekehrt ist es der Fall. Ein (geschlossenes) vorwärtsgehen aus der Verteidigung hat nur 2 Gründe.Den Konterangriff oder die Verfolgung flüchtiger Feinde. Letzdlich läuft es fast auf das selbe hinaus.
Defensiv bedeutet nur "Verteidigung", also alles was geeignet ist, sich zu schützen, den Angriff des Gegners zu behindern oder zum scheitern zu bringen. Nicht mehr und schon gar nicht weniger. Nachzulesen in jedem Lexikon, Handbuch, oder Fachbuch von Wert. Bei Bedarf empfehle ich gerne.
Zuerst, die Phalanx der Hellenen ist nicht mehr die gleiche der Makedonen. Diese wurden nicht mehr durch ihren Schild behindert und dieser hatte auch nicht mehr die gegenseitige Schutzfunktion.Erst recht gilt das wohl,wenn wir von einer Phalanx reden. So zuversichtlich wie ich über das Bewegungsvermögen einer Phalanx bin,so gilt das aber nur für die Bewegung nach vorn. Die Bewegung nach hinten wird lediglich auf einem zurückweichen vor dem Feind beruhen (wenn man nicht schon vorher stirbt). Ausgerichtet wird sich schon bei der Aufstellung. Eine Schwenkung der gesamten Phalanx wohl äußerst schwierig ,je länger sie ist,und tatsächlich gefährlich. Wohl ein Grund dafür,warum Alexander die Phalanx hier und da dahingehend veränderte,das er die Flügel sehr tief aufstellte,so das diese durch eine einfache 90 Grad Drehung ALLER Phalangiten sofort zur Seite,also zu den gefährdeten Flanken hin, operieren konnte. Ein Schwenk war also nicht mehr nötig. Das ganze zeigt aber auch,daß eine Phalanx sich nur in eine Richtung (effektiv und relativ sicher) bewegen kann,nämlich nach vorn. An und für sich ist das auch nicht weiter ungewöhnlich, da ja selbst die römischen Manipel nur die Bewegung nach vorn kannten. Erst die Kohorten konnten doch zu jeder Zeit an jeden Ort in beliebiger Richtung manövriert und eingesetzt werden,richtig!?
Richtig ist: eine Bewegung ist möglich, aber sie ist schwer. Auch der Vormarsch kann nur begrenzt stattfinden. Ein plötzlicher Sturm läßt die Formation nicht mehr zu und ist ob der Bewaffnung ohnedies kaum durchzuhalten.
Wie gesagt, du suchst dir die jeweil passenden Szenarien aus.Da eine ruhende Phalanx auf offenen Ebenen als wertlos zu erachten ist,ja aber genau eine offene Ebene als sehr gutes Gelände für eine Phalanx angesehen und letzdlich ja auch ein solches für die Schlachten gesucht wurde, MUSS meines erachtens nach, eine Hoplitenphalanx für offensive Zwecke "entwickelt" und genutzt worden sein. Anders wäre es auch schwerlich zum Gefecht von Phalanx gegen Phalanx gekommen. Wenn eine Phalanx eine defensive Formation gewesen wäre und die kleinste Bewegung sie "erschüttert" hätte,welcher Heerführer hätte dann seine Phalanx auf den Gegner zubewegt,mit dem Wissen sie wäre dort aufgelöst angekommen? Eine solche "Schlacht" wäre wohl eher ein Geduldsspiel geworden,wer denn nun am längsten in seiner Position verharren könnte. Eine zu langsame Bewegung hätte wohl,zumindest nicht wenn der Gegner ebenfalls eine Phalanx war, den nötigen Druck ausgeübt. Ich bin überzeugt das wenn zu langsam vorgegangen wird,das erste wie das zweite Glied,vor dem feindlichen Spitzenwall halt macht.
Die Phalanx wurde ursprünglich im "inneren" Einsatz entwickelt. Als Hellenen gegen Hellenen stritten und dies nach einem regelrechten Protokoll.
Hierbei war eine offene Ebene das ideale, hier marschierten zwei Phalanxen aufeinander und bekämpften sich nach eben "vorgeschriebener" Art. Hier sind beide, wie du es nennst "offensiv".
Mit der Begegnung der Perser wurde dieses Prinzip auf die Probe gestellt, und die Thermophylen als Schlucht wie auch das Begrenzen des Feldes bei Plataiai durch Fluß und Gebirge sind Zeichen der Anpassung an den Gegner.
Die Makedonen schließlich tragen der zunehmenden "Fremdbegegnung" Rechnung indem sie zuerst eine starke Kavallerie herausbilden und nach dem Sieg über die Perser deren Streitkräfte stark einbinden anstatt sie umzuformen.
Die Phalanx nahm dabei zunehmend die eines Amboßes ein.
Auch die späteren Verwendungen, etwa gegen die Römer im makedonischen Krieg oder bei den Puniern sowie früher in Sachen Pyrrhos zeigen ein eher statisches Verhalten der Phalanx.
Das schließt nicht, wie du evtl. annimmst, eine Bewegung generell aus. Es bedeutet lediglich, dass in diesem Verhalten die optimale Nutzung erzielt wurde. Ein vorrücken ist optional möglich.
Was dies nun mit unserer Diskussion zu tun hat verstehe ich nicht ganz, ich möchte auch nicht zu sehr darauf eingehen, um nicht zu sehr abzuweichen, jedoch sei kurz gesagt, Caesar "bemängelt" nicht, sondern stellt hervor, dass sein offensives Vorgehen siegbringend ist, was eine leichte Fehleinschätzung ist, da er selbst ebenfalls oft genug aus der Defensive gehandelt hat und handeln mußte.Dazu möchte ich eine Textpassage der "Geschichte der Kriegskunst" zitieren,welche allerdings aus einen anderen Zusammenhang stammt,trotzdem passt sie:
"Trefflich läßt einmal Thucydides (IV,126) den Brasidas seinen Leuten den Unterschied zwischen griechischer und barbarischer Kampfesweise auseinandersetzen. Der spartanische Feldheer muß vor einer sehr überlegenen Schar kriegerischer Ilyrier den Rückzug antreten,und seine Soldaten sind von Furcht erfüllt,aber er sagt ihnen;nur die Erscheinung der Barbaren,ihre Zahl,ihr Kriegsgeschrei,das Schwenken ihrer Waffen sei furchtbar. Aber im Handgemenge leisten sie nichts,denn sie blieben nicht in Reih und Glied und sähen keine Schande darin,von ihrem Platz zu weichen. Wenn es aber in das Belieben eines jeden gestellt sei,ob er kämpfen oder weichen wolle,so fehle es nie an Gründen,sich zurückzuziehen;deshalb zögen die Barbaren es vor,aus der Ferne zu drohen,statt handgemein zu werden."
Das der gute Brasidas hier seinen Männern etwas vormacht,ganz ähnlich wie die Römer,die da ihren Legionären erzählten,die germanen wären lediglich mit "spitzen Stöcken" bewaffnet,damit seine Männer wieder in den Kampf gehen ist klar. Entscheiden ist aber,daß trotz der Todesverachtung der damaligen Zeit,wenn sie denn tatsächlich so war wie man sich das heute vorstellt, der Feldheer davon ausgeht,das,sobald man frei entscheiden könne,man dann doch lieber das Handtuch wirft und dem Leben dem Vorzug gibt. Damit deckt sich,daß eine tiefe Formation mehr Druck ausübt als eine flache. Und das tut sie,weil die hinteren nach vorne schieben und nicht weil die forderen sich allesamt (einige sicher) so todesmutig in die Spieße stürzen. Auch Cäsar bemängelte das defensive vorgehen von Pompejius,der seine Legionäre warten lies,bis die julianischen Legionäre das erste Glied der Pompejianischen erreichten. Und zwar der Moral wegen,da der Angreifer entschlossener wäre.
1. Auch wenn sie nicht zerreißt wird Unordnung ihre Effektivität mindern.Das eine bewegende Hoplitenphalanx sich nicht in der selben Ordnung befindet wie eine ruhende ist unstrittig.Trotzdem bedeutet das ja noch nicht das sie sofort zerreist. ...
2. Ein Vormarsch, zumal mit raumgreifenden Schritten ist im Gleichschritt nicht über längere Zeiträume einzuhalten, wenn man, so wie in der hellenischen Antike üblich, sicht-, gehör- und bewegungsbehindert ist. Schon die Linieninfanterie des 19. Jh. tat sich damit je nach Gelände schwer.
Optimal möglich wäre dies, wie schon angesprochen, nur im bestimmten Szenario einer flachen, weiten, "geräumten" Ebene, also dem hellenischen Typos.
Nachzulesen in den Handbüchern der schwedischen Armee und der napoleonischen Codixes oder zu erfragen bei jedem Ausbilder der Bundeswehr sowie Reenactors der jeweiligen Zeit.
Auch hier wieder, obacht, nicht durcheinander werfen. Die Sarissa ist makedonisch, das überlappende Prinzip hellenisch.Selbst wenn sich die phalanx nun doch etwas auseinanderziehen würde,der Abstand zum Vordermann meinetwegen von 3 Fuß auf 3 1/2 oder 4 Fuß anwachsen würde, so würde das doch bei einer Sarissenlänge von 5 oder 6 Metern kaum etwas ausmachen. Bis zum 4.Glied würden die Spieße das erste Glied allemal überragen, die stachelige Masse würde also erhalten bleiben.Auch der Zusammenstoß wäre sicher nicht so hart wie man sich das vielleicht vorstellt. Zumindest nicht so,das alle gleich übereinander fallen würden. Man muss sich ja vor Augen halten,das es in den ersten Gliedern der eigenen wie feindlichen Reihen auch Verluste gibt,die dann entsprechend auch keinen Widerstand mehr bilden. Daher schätze ich den Aufprall als eher "weich" ein. Übrigens führen ja auch dort geschlagene Lücken noch nicht zum auflösen der Phalanx.
Lücken die entstehen sollen geschlossen werden, indem der Hintermann vorrückt. Lücken die bestehen bleiben sind eine absolute Gefahr, selbst noch in den normalen Schildwällen späterer Zeit.
Kämpfen die Griechen oder Makedonen schon "handgemein", also nicht mehr auf Speerlänge sind sie im Einzelkampf etwa den Kelten unterlegen, da diese it ihren Schwertern größere Reichweiten und Durchschlagskraft erzielen, sowie bessere Materialien erzielen. Hier liegt der Vorteil also ebenfalls wieder in der gehaltenen Formation, ebenso wie auch im römischen Bereich... ich hoffe ich muß das nicht noch weiter ausbreiten und die wenigen Worte waren verständlich.
Ich zog die Vergleiche, da sich auch Delbrück in seiner Forschung gerade dieses Personenkreises und dieser Erfahrungen bediente. Ich hielt dies für dich nachvollziehbar. Die Linieninfanterie war minimal 2 und maximal 16 Linien tief gestaffelt (Ausnahmen bestätigen die Regel). Die Vergleiche betreffs Formaldienst sind somit zulässig und zu ziehen unter Berücksichtigung der mangelnden Ausrüstungsbehinderung in der Neuzeit.Du hast auf die Formationen von vor 200 Jahren angespielt. Also die Neuzeit. Das ist nun nicht mein Gebiet,ich weis aber,das diese Formationen immer sehr flache Linienformationen (außer das Karre bei einem Reiterangriff) waren,um möglichst viele Gewehre im Feuer zu haben. Eine flache Linie ist aber weitaus empfindlicher und schwieriger zu bewegen,als eine tiefe. Und die Makedonier standen ja mindestens 8 Mann,häufiger 16, manchmal 24 und mehr Mann tief!
In der Breite sind beide Zeitalter gut zu vergleichen.
Kaum. Die uns überlieferten Schlachtabläufe beider Zeiten ähneln sich (bedingt natürlich).Desweiteren glaube ich,das die Truppen der Neuzeit viel öfters geschwenkt haben werden,als die antiken Heere,welche meiste eben doch ein parraleles Auftreffen boten, für welches ja die Phalanx ursprünglich ausgelegt war.
Tut mir leid dich enttäuschen zu müssen, Auflage bedeutet nicht "neu bearbeitet" sondern nur "nocheinmal gedruckt". Delbrücks Analysen stammen samt und sonders aus der zuletzt von ihm überarbeiteten Auflage und diese ist fast 100 Jahre alt. Delbrück selbst kann auch 1966 nichts mehr geändert haben, er starb 1929.Zu Delbrück;
http://www.dhm.de/lemo/html/biografien/DelbrueckHans/
Neuere Analysen stammen von Peter Connolly (Greece and Rome at war), Nick Sekunda, Victor Davis Hanson und vielen dutzend anderen Historikern, Archäologen und Laien.
Ich lege dir diese sehr nahe, da Delbrück wie gesagt ein Pionier war, aber mit ihm bist du auf dem Stand der Jahrhundertwende. Dies wäre so, als würdest du über Troja auf dem Schliemannstand diskutieren.