Griechisch konnte er. Daher war es das schon mal nicht.
Das ist ein gutes Argument, das mir völlig entgangen ist. Wenn es nicht griechisch war und nicht lateinisch - denn das hätte unser Hieronymus sicher auch erkannt - dann kann es tatsächlich nur keltisch gewesen sein, das er vernommen hat.
Das Hieronymus seine Muttersprache erkannt hätte - die Sprache in der er schrieb und in der auch der Q-Beleg über die keltische Qualität des Galatischen vorliegt - "
Galatas excepto sermone Graeco, quo omnis oriens loquitur, propriam linguam eamdem pene habere quam Treviros" - und für die er Hieronymus als Übersetzer der Vulgata bekannt ist - dürfen wir wohl annehmen. Die Frage ist: Hat er die Sprache vernommen? Und wenn er sie vernommen hat, kann es dann tatsächlich nur keltisch gewesen sein oder nicht vielleicht eine vorgriechische kleinasiatische Sprache?
Im Prinzip handelt es sich bei dem Satz in den
Comentarii in Epistolam ad Galatos eher um einen gelehrten Kommentar als um einen Erlebnisbericht. Dass die Galater Kelten waren, war aber in der Antike bekannt.
Man liest immer wieder, Hieronymus habe die Sprache bei den Galatern
gehört. Als (extremes) Bsp. mag exemplarisch der letze Absatz des von Dieter verlinkten Artikels aus der Zeit vom Januar 2002 dienen:
Sicher ist: Die Galater hielten trotz Hellenisierung, römischer Einflüsse und Christianisierung an ihren Traditionen fest. Um 400 nach Christus, 700 Jahre nach Ankunft ihrer Vorfahren, verstand der Kirchenvater Hieronymus sich prächtig mit ihnen: Ihre Sprache ähnelte noch immer keltischen Dialekten, die Hieronymus im Raum Trier gelernt hatte.
http://www.zeit.de/2002/03/Druidenopfer_in_Anatolien/seite-2
Das schreibt Hieronymus aber eben
nicht. Wir wissen nicht einmal, ob er jemals (wissentlich) einem Galater begegnete.
Was allerdings dafür sprechen könnte, dass er tatsächlich keltisch sprechenden Galatern auf seiner Reise durch Kleinasien begegnete, ist, dass er deren Sprache nicht einfach keltisch nennt sondern sie explizit mit der der Treverer - er lebte eine zeitlang im Raum Trier - verglich.
Die Priesterkaste wird sich vermulich genauso gräcisiert haben, wie der Rest der Bevölkerung, denn sie war ein hervorgehobener Teil der Gesellschaft, an der entsprechende entwicklungen nicht vorbeigingen.
Ja und nein. Die Eliten sind meistens die ersten, die eine ander Sprache lernen, gleichzeitig aber auch häufig mit am Konservativsten. Das ist immer die Diskrepanz zwischen Identitätsbewusstsein und Machterhalt. Nach außen ist der Machterhalt nur möglich, wenn man mit der supremen Macht kooperiert, wer auch immer dann wessen Sprache annimmt. Intern ist die Macht eben an die Herkunft als Legitimation gebunden und damit an ein Interesse, die Sprache zu bewahren. Fakt ist jedoch, dass Hieronymus behauptet, dass die Galater zweisprachig waren. Außer der griechischen Sprache -
excepto sermone Graeco -, die der ganze Osten sprach -
quo omnis oriens loquitur - hatten die Galater eben auch noch die eigene Sprache -
Galatas ... propriam linguam ... habere - die fast wie die der Treverer war -
p(
a)
ene ...
quam Treviros. (Es ist immer wieder faszinierend, was in einem Adverb wie
paene für ein Diskussionspotential steckt.)
Dass die Galater Keltisch als Kultsprache lange erhalten haben mögen, ist möglich, wir sollten hier aber von christianisierten Galatern ausgehen. Nicht von ungefähr handelt es sich bei der Aussage von Hieronymus ja um eine Stelle aus einem Kommentar zum paulinischen Galaterbrief. Egal, ob dieser als echt oder unecht einzustufen ist, setzt dieser eine christliche Gemeinde bei den Galatern schon im 1. Jhdt. voraus. Die dürfte bis ins späte 4. Jhdt. und nach der konstantinischen Wende noch erheblich an Gewicht gewonnen haben, so dass zu fragen ist, ob es zu Hieronymus Zeiten überhaupt noch einen als keltisch zu bezeichnenden Kultus bei den Galatern gab.
Der Artikel zu den anatolischen Druidenopfern gibt ja nur harte Auskünfte zum
terminus post quem, der auch nicht archäologisch sondern historisch festgelegt wird. Zum
terminus ante quem, also bis wann sich solche Druidenopfer nachweisen lassen, äußert er sich nicht. Ob man den Hieronymus-Epilog des Artikels da belasten kann, bleibt unklar.