Kollaboration 1939-1945

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Dernburg schrieb:
4) Die Kollaborationen in Frankreich, Norwegen, Niederlande, Belgien, Großherzogtum Luxenburg, Dänemark, Schweiz, Großbritanien, Slowakei, Ungarn, Monaco, Jugoslawien,Griechenland, Sowjetunion

Etwas aus meinen Beobachtungen in Norwegen: Soweit ich weiß, waren die Widerstände in den nordischen Ländern (Dänemark, Norwegen) und auch beschränkt in den Niederlanden erheblich geringer, als zum Beispiel in Frankreich oder Jugoslawien, weil die Bevölkerung dort ganz anders behandelt wurde. Man wollte wohl die "germanischen Brüdervölker" als Verbündete gewinnen. Was ja auch in Maßen gelang (siehe dort ausgehobene Waffen-SS Divisionen etc.)
Trotzdem gibt es in sehr vielen Norwegischen Orten Denkmäler für Widerständler, gefallene Soldaten oder auch ganz allgemein für die Opfer aus der Besatzungszeit. Mir erschien die Vielzahl - im Gegensatz zur tatsächlichen Effektivität oder Intensität der Widerstandes - doch gelegentlich als "Überfleiß" zur Alibi-Funktion...
 
Repo schrieb:
Der immer wieder zitierte Witz, der jemanden ins KZ brachte... Aus verschiedenen Gründen halte ich das für eine Schutzbehauptung derjenigen, die mitmachten, weil man "nicht anders konnte". Aber das ist ein anderes, deutsches Thema. Mit Kollaboration hat das nichts zu tun.

"Aus der Perspektive eines Regimes, das wie kein anderes zuvor versuchte, die Messlatte der Systemloyalität derart hoch anzulegen, musste jeder Ansatz von Kritik verfolgt und ausgeschaltet werden: Alltagshandlungen, Meckern, Gerüchte, Witze über NS-Führer wurden als Zeichen von Widerstand gewertet" und musste untderückt werden. Ein Witz alleinge genügte nicht, aber das Regime hatte ja genügend Mittel.

Aus Frauen gegen die Diktatur, Widerstand und Verfolgung im nationalsozilaistischen Deutschland, Hrsg. von Christl Wickert (Seite 21)
 
Repo schrieb:
Die neuere Literatur dazu ist fast nur auf französisch erschienen, was es schwer macht (mindestens für mich) sich einen Überblick zu verschaffen.

Hier noch ein paar deutsche Bücher (Franz liegt auch mir nicht) die sich damit befassen:

Benz, W.,Houwink ten Cate, J., Otto, G., Nationalsozialistische Besatzungspolitik in Europa 1939–1945, Band 1: Anpassung – Kollaboration – Widerstand. Kollektive Reaktionen auf die Okkupation . Metropol, 1996.

Seidler, F. W., Die Kollaboration 1939–1945. Herbig, 1995.

Röhr, W.: Europa unterm Hakenkreuz. Ergänzungsband 1: Okkupation und Kollaboration (1938–1945). Hüthig, 1994.

Thalmann, R., Gleichschaltung in Frankreich. 1940-1944. Europ. Verlagsanstalt, 1999.

Hirschfeld G, Marsh P., Kollaboration in Frankreich.
Politik, Wirtschaft und Kultur während der nationalsozialistischen Besatzung 1940-1944.
 
An Florian

Habe mir nun deine Beiträge nochmals durchgelesen und weiss nicht wie du auf diese Aussagen kommst.

Flo schrieb:
Nun bleib mal auf dem Teppich. Partisanen hatten damit gar nichts zu tun. Das waren ,James Bond Männer und Frauen

Das hat niemand behauptet. Kollaboration und Partisanen sind zwei verschiedene Dinge. Wenn Du dich auf den Text von Ashigaru beziehst, dann lese den doch nochmals durch. Er schrieb:

Der Russe Bronislav Kaminski etwa verteidigte zunächst eine Stadt bei Moskau in einer Art Selbstschutz gegen Partisanen.

Bronislav Kaminski war ein russischer Kollaborateur (er war SS-Brigadeführer) der gegen russische Partisanen kämpfte. Das und nichst anderes steht da.


Flo schrieb:
Siehst du, was hat jetzt Antisemitismus, meine lieblings 14 jährige Anne Frank mit Partisanen zu tun?

Antisemitismus hat wohl mit Anne Frank zu tun, denn sie starb wegen des Antisemitismus. Ihre Familie wurde versteckt und dann verraten. Warum wurde die Familie verraten? Frag dich das mal, und das hat nun mal mit Antisemitismus zu tun.

Und warum Du hier die Partisanen ins Spiel bringst ist mir unverständlich.
 
Dernburg schrieb:
Wie seht Ihr kollaboratuere, als Idealisten, Verblendete, Patrioten oder Vaterlandsverräter?

Idealisten?
Wieso denn das?

Verblendete?
Vielleicht, wenn es "Überzeugungstäter" waren, die getäuscht wurden...? (Siehe Patrioten)

Patrioten?
Wenn Sie mit dem Besatzer zusammen gearbeitet haben? Dann dürfte man sie kaum als Patrioten bezeichnen können, ausser sie sind der Meinung, daß diese Zusammenarbeit für ihr Land von Vorteil war.

Vaterlandsverräter?
Auch hier muß man fragen, aus welchen Beweggründen sie mit dem Besatzer zusammengearbeitet haben. War ein Deutscher Bürgermeister, der seine Stadt anrückenden amerikanischen Truppen kampflos übergeben hat ein Vaterlandsverräter?

Deine Fragestellung führt zu Vorurteilen. Meiner Meinung nach ist Kolloboration ist erster Linie einfach menschlich. Vielleicht in mancher Hinsicht ein negativer Makel - aber menschlich, da stimme ich Flo zu.
 
Dernburg schrieb:
Wie seht Ihr kollaboratuere, als Idealisten, Verblendete, Patrioten oder Vaterlandsverräter?

As well as

Würde der Engländer sagen.
Wie von einem Diskutanten weiter oben angemerkt, ein äußerst vielschichtiges und schwieriges Thema.

Grüße Repo
 
Arne schrieb:
Idealisten?
Wieso denn das?

Verblendete?
Vielleicht, wenn es "Überzeugungstäter" waren, die getäuscht wurden...? (Siehe Patrioten)

Patrioten?
Wenn Sie mit dem Besatzer zusammen gearbeitet haben? Dann dürfte man sie kaum als Patrioten bezeichnen können, ausser sie sind der Meinung, daß diese Zusammenarbeit für ihr Land von Vorteil war.

Vaterlandsverräter?
Auch hier muß man fragen, aus welchen Beweggründen sie mit dem Besatzer zusammengearbeitet haben. War ein Deutscher Bürgermeister, der seine Stadt anrückenden amerikanischen Truppen kampflos übergeben hat ein Vaterlandsverräter?

Deine Fragestellung führt zu Vorurteilen. Meiner Meinung nach ist Kolloboration ist erster Linie einfach menschlich. Vielleicht in mancher Hinsicht ein negativer Makel - aber menschlich, da stimme ich Flo zu.

Hallo Arne,

wer Kollaborateur und wer Freiheitskämpfer ist weiß man aber immer erst hinterher!
Wenn bekannt ist wer gewonnen hat.:)
Dann gibt es noch Fälle, von denen man auch hinterher das nicht so genau weiß.
Der schon genannte Petain, oder auch Wlassow.

Tragische Schicksale allemal.

Grüße Repo
 
Vielleicht wäre es in diesem Thread mal ganz sinnvoll, die Definition zu klären....

Wikipedia sagt dazu:
Unter Kollaboration versteht man die Zusammenarbeit mehrerer Einzelpersonen oder einer Gruppe. In negativer Konnotation wird der Begriff für die Zusammenarbeit mit dem Feind zu Zeiten eines Krieges oder der Besatzung verwendet.

Zusammenarbeit - Ist das schon ein "Business as usual" ? Also keinen Widerstand leisten, nur einfach wie gewohnt weiterleben? Ich verstehe das nicht so. Es sind also nicht alle Kollaborateure, die nicht gekämpft oder passiven Widerstand geleistet haben!

Kollaborateure sind Personen, die aktiv zusammengearbeitet haben. Eine Trennlinie zwischen Widerständlern und Kollaborateure auf der anderen Seite ist also falsch.
 
Dernburg schrieb:
Wie seht Ihr kollaboratuere, als Idealisten, Verblendete, Patrioten oder Vaterlandsverräter?

Das kann man so nicht sagen. Da muss man jeden einzelnen Fall untersuchen, denn die Beweggründe waren immer andere.

In Frankreich wurden, ich bleibe bei dem Beispiel, den Frauen die eine Beziehung zu einem Deutschen hatten, eine Kollaboration vorgeworfen. Ihr wurden die Haare geschnitten, sie wurden verprügelt und aus der Stadt gejagt, meistens gingen von den Beziehungen auch Kinder hervor auch die mussten mit schimpf und Schande die Stadt verlassen. Was ist so eine Frau in deinen Augen? War sie Idealisten, ja vielleicht, weil sie sich mit den Siegern einliess und dadurch evt. ein besseres Leben erhoffte. Weil sie sich verliebte. War sie eine Patriotin? Oder gar eine Verräterin? Nein wahrscheinlich beides nicht.

Die Grenze zu ziehen ist sehr schwer und ohne den Hintergrund zu kennen, kann man diese nicht ziehen.

Eine andere Frage was verstehst Du denn unter Kollaborateure, Idealisten und Patrioten?
 
Wenn wir schon bei den Begriffen sind, hier was in der Enzyklopädie des Nationalsozialismus steht:

Kollaboration
Der Begriff der Kollaboration in seiner heutigen Bedeutung - der Zusammenarbeit von Teilen der Bevölkerung eines besetzten Landes oder einzelner Gruppen und Individuen mit dem Feind während der Dauer eines Krieges - entstand im Herbst 1940 zunächst als Ergebnis der Waffenstillstandsvereinbarung zwischen Deutschland und dem besiegten Frankreich. Die Kollaboration ist ein äusserst komplexes Phänomen, das politisch, aber auch militärisch, ökonomische, kulturelle und privat-gesellschaftliche Formen einbeziehen kann. Übergänge zu analogen und temporären historischen Verhaltensweisen sind fliessend und allein den divergierenden Motiven bzw. Bewertungen abhängig. Nahezu alle Formen der Kollaboration sind durch die Mehrdeutigkeit und die Doppelwertigkeit aller Verhaltensweisen geprägt. Beispielhaft gilt dies für die wirtschaftliche Kollaboration, für die aus Sicht ihrer Betreiber zunächst eine Reihe unternehmerischer und volkswirtschaftlicher Gründe sprach.

Demgegenüber stand das Bestreben mancher Unternehmer nach vermehrtem Profit, wobei sie sich besonderen Umständen des Besatzungssystems zunutze zu machen verstanden.
(...)
Seite 546
 
In Frankreich aber auch in Italien ist die kollaboration bis heute ein ganz, ganz heißes Eisen. Kaum einer der sich traut es anzurühren. Im nachhinein wollte jeder Widerstandskämpfer gewesen sein, und es war 44/45 buchstäblich lebensgefährlich für keinen zu gelten.
Im alten Jugoslawien, da wurde so ca. 1990 manche Rechnung wieder aufgemacht die aus jenen Jahren datiert.

Grüße Repo
 
Beim recherchieren für ein Referat über das KZ Vesterbork in Holland, fand ich heraus das die Niederländer sehr gern mit der Besatzungsmacht kollaborierten. Als die Wehrmacht in NL einmarschierte gab es keine Register über Religionszugehörigkeit, das bedeutete niemand wusste wer in NL Jude ist und wer nicht. Aber als es eine Belohnung für jeden verpfiffenen Juden gab, hatten die Deutschen das Problem, das sie gar nicht alle Anzeigen bearbeiten die sie bekamen. Das es der Wehrmacht gelang fast alle niederländischen Juden zu ermorden verdankte sie zum Grossteil dem Mitteilungsfleiss der Niederländer.
Ich habe zur Zeit dafür keine genaue Quelle zur Hand, aber ein niederländischer Autor hat dieselbe Thematik mal angestossen und bekam in den 80ern eine Menge Schelte von seinen Landsleuten dafür.


Zitat:"Der immer wieder zitierte Witz, der jemanden ins KZ brachte"

Hier ist er,...der viel zitierte Witzeerzähler:

http://www.bistum-hildesheim.de/bho...uli2005.html?f_action=show&f_newsitem_id=6693

oder hier ganz kurz: http://www.heiligenlexikon.de/start.html?BiographienJ/Josef_Mueller.html
 
Gibt es eigentlich Untersuchungen zur Kollaboration der polnischen Behörden bei der Judenverfolgung?

Ich bin auf einen Zeitzeugenbericht aus Polen aufmerksam geworden:

The Nazi Occupation of Poland (englische Übersetzung des polnischen Originals)

Darin beschreibt der polnische Arzt Dr. Zygmunt Klukowski die Zeit während der deutschen Besatzung. Für mich neu war, dass anscheinend auch polnische Polizeibehörden sich an der Judenverfolgung beteiligt haben (im Text erscheinen die Begriffe "blue police" und "our gendarmes").

"The action against the Jews continues. The only difference is that the SS has moved out and the job is now in the hands of our local gendarmes and the 'blue police.' They received orders to kill all the Jews, and they are obeying them. At the Jewish cemetery huge trenches are being dug and Jews are being shot while lying in them. The most brutal were two gendarmes, Pryczing and Syring.
 
Gibt es eigentlich Untersuchungen zur Kollaboration der polnischen Behörden bei der Judenverfolgung?

Ich bin auf einen Zeitzeugenbericht aus Polen aufmerksam geworden:

The Nazi Occupation of Poland (englische Übersetzung des polnischen Originals)

Darin beschreibt der polnische Arzt Dr. Zygmunt Klukowski die Zeit während der deutschen Besatzung. Für mich neu war, dass anscheinend auch polnische Polizeibehörden sich an der Judenverfolgung beteiligt haben (im Text erscheinen die Begriffe "blue police" und "our gendarmes").

Bei der "Blue Police" handelt es sich um eine unter deutschen Kommando stehende polnische Polizeitruppe: Polnische Polizei im Generalgouvernement ? Wikipedia

Ihre Rolle bei der Judenverfolgung scheint widersprüchlich zu sein:

E26. Slawinski

Poland's Holocaust: Ethnic Strife, Collaboration with Occupying Forces and ... - Tadeusz Piotrowski - Google Books
 
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