Krieg, Medien, Legitimation und öffentliche Meinung

Je weiter man zeitlich zurück geht, umso auffälliger wird die "staatliche" Kontrolle von aktuellen Medien, also die Zensur.
Ist dem so?

Zitat:

Der 1. Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika (englisch First Amendment) ist Bestandteil des als Bill of Rights bezeichneten Grundrechtekatalogs der Verfassung der Vereinigten Staaten. Der 1791 verabschiedete Artikel verbietet dem Kongress, Gesetze zu verabschieden, die die Redefreiheit, Religionsfreiheit, Pressefreiheit, Versammlungsfreiheit oder das Petitionsrecht einschränken.

Das ist eine Meinungsfreiheit par excellence von der unserer Artikel 5 Grundgesetz aus dem Jahr 1949 weit entfernt ist, denn in dem wir zwar behauptet, Zensur finde nicht statt, andererseits aber die Meinungsfreiheit beschränkt wird durch „allgemeine Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.“
 
Ist dem so?

Zitat:

Der 1. Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika (englisch First Amendment) ist Bestandteil des als Bill of Rights bezeichneten Grundrechtekatalogs der Verfassung der Vereinigten Staaten. Der 1791 verabschiedete Artikel verbietet dem Kongress, Gesetze zu verabschieden, die die Redefreiheit, Religionsfreiheit, Pressefreiheit, Versammlungsfreiheit oder das Petitionsrecht einschränken.

Das ist eine Meinungsfreiheit par excellence von der unserer Artikel 5 Grundgesetz aus dem Jahr 1949 weit entfernt ist, denn in dem wir zwar behauptet, Zensur finde nicht statt, andererseits aber die Meinungsfreiheit beschränkt wird durch „allgemeine Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.“

Hat der Kongress die Möglichkeit Zusatzartikel auch wieder zu kassieren?
 
Hat der Kongress die Möglichkeit Zusatzartikel auch wieder zu kassieren?

Grundsätzlich können Zusatzartikel wieder kassiert werden.

Der 18. Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten aus dem Jahr 1919 regelte etwa das Verbot des Alkoholverkaufs (Prohibitionsgesetzgebung).

1933 wurde der 21. Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten verabschiedet, der den 18. Zusatzartikel wieder aufhob:

Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten – Wikipedia

Ich wäre allerdings überfragt damit, ob es in den USA irgendwelche Einrichtungen gibt, die bestimmte Zusatzartikel in einer Weise schützen, dass diese nicht mehr geändert werden können.
 
Nein, Ausnahmen widersprechen der Regel.
...ich kenne nur die idiomatische Wendung "Ausnahmen bestätigen die Regel"... aber davon abgesehen, bzgl. Zensur im 19. Jh., wiederhole ich meine dir gestellte Frage:
warum weilte Heine in Paris, Hugo auf den Kanalinseln usw?
weilten die dort urlaubsmäßig, gar weil sie samt ihrer Schriften und Einstellungen daheim von den Behörden so hoch geschätzt und bejubelt waren??
 
Ausnahmen bestätigen die Regel -

Nein, Ausnahmen widersprechen der Regel.

...ich kenne nur die idiomatische Wendung "Ausnahmen bestätigen die Regel"...

Ihr habt natürlich beide Unrecht. Während der Spruch „Ausnahmen bestätigen die Regel“ im Prinzip eine schalkhafte Vorwegnahme der Möglichkeit ist, dass die Regel widerlegt wird bzw. im Nachhinein die augenzwinkernde Ausrede dafür, steht natürlich die Annahme, dass eine Ausnahme der Regel widerspreche im Widerspruch zum Wortsinn von Ausnahme.
 
Es wurde schon oft versucht, den ersten Zusatzartikel zu ändern, aber die Versuche sind alle gescheitert.
Die Hürden für eine Änderung der amerikanischen Verfassung, die nur durch einen Verfassungszusatz erfolgen kann, sind sehr hoch. Damit ein Verfassungszusatz geltendes Recht werden kann, müssen zwei Drittel beider Kammern des Kongresses oder zwei Drittel aller Parlamente der Bundesstaaten für den Vorschlag stimmen, und drei Viertel aller Bundesstaaten müssen ihn ratifizieren. In der politischen Praxis wird es kaum jemals dazu kommen.
 
Ihr habt natürlich beide Unrecht.
Nein. Beweis: Wenn genügend Ausnahmen von der Regel da sind, werden die Ausnahmen zur neuen Regel, und die Fälle der alten Regel zu Ausnahmen - weil sie der neuen Regel widersprechen.

Ausnahmen bestätigen die Regel - du wirst dergleichen im 19. Jh. in F, GB, "D", S, I, R nicht finden (oder warum weilte Heine in Paris, Hugo auf den Kanalinseln usw?)
Heine wurde in „D“ mit Publikationsverbot belegt, aber in F nicht, obwohl es auch dort Zensur gab.

Im 19. Jahrhundert herrschte in ganz Europa Zensur, deshalb gingen so viele Leute – nicht immer war die Armut der Grund – nach Amerika und machten u.U. dort Karriere.

Aber selbst jetzt, im 21. Jahrhundert, gibt es in Europa keine wirkliche Meinungsfreiheit, jedenfalls keine so umfassende wie es sie in den USA seit mehr als 200 Jahren gibt.
 
Für die neue Regel gilt also die Dionsche Regel 'Ausnahmen konstituieren die Regel'.
Ja, manchmal ist das der Fall.

Kennst du den Begriff Rentnerfunzeln? Das waren 2 Bremsleuchten, die man zusätzlich auf der Hutablage der Autos installierte, um einen stärkeren Bremssignal an den nachfolgenden Wagen zu geben. Die wurden zuerst verboten, dann erlaubt, dann wieder verboten, um 1998 in veränderter Form (nur eine Leuchte und fabrikmäßig eingebaut) vorgeschrieben zu werden.

Hier wurde eine Ausnahme zur Regel, denn – Zitat:

Eine Regel ist eine aus bestimmten Regelmäßigkeiten abgeleitete, aus Erfahrungen und Erkenntnissen gewonnene, in Übereinkunft festgelegte, für einen bestimmten Bereich als verbindlich geltende Richtlinie.
 
Zum Thema Ausgewogenheit in der medialen Berichterstattung über den Ukraine-Krieg in Deutschland hat Prof. Marcus Maurer von der Universität Mainz eine Analyse vorgelegt. Zusammenfassung: https://twitter.com/OBSFrankfurt/status/1603314047885221891
Fazit:
Bei der Bewertung, inwiefern unterschiedliche Maßnahmen den Krieg beenden können, gibt es zwar eine deutliche Tendenz; von Einhelligkeit oder gar „Gleichschaltung“ kann aber nicht die Rede sein.

Auch der häufig geäußerte Vorwurf mangelnder Distanz zur Position der Bundesregierung hält dem Blick auf die Fakten nicht stand. Die Politik der Ampel wird zwar überwiegend als einig bewertet, aber gleichzeitig inhaltlich mehrheitlich kritisch beurteilt.

In Anbetracht der klaren Ausgangslage kann eine "deutliche Tendenz" meines Erachtens nicht verwundern, und stellt auch kein sonderliches Problem dar.
 
In Anbetracht der klaren Ausgangslage kann eine "deutliche Tendenz" meines Erachtens nicht verwundern, und stellt auch kein sonderliches Problem dar.

Ich erwarte von unserer Presse da doch ein wenig mehr. Allein die Tatsache, das Putins Russland den Angriffskrieg entfesselt hat und daraufhin entsprechend von der Presse berichtet wird, reicht mir bei weitem nicht aus.

Ich möchte gerne erfahren, wieso, weshalb, warum? Ursachen und Wirkungen interessieren mich. Wer profitiert von diesen elendigen Krieg? Was ist da geschehen, was Putin zu den denkbar übelsten Mittel greifen ließ?
 
Also, nichts für ungut Turgot, aber spätestens seit Putins elendiglichem "historischen" Essay des Jahres 2021 ist diese Frage doch hinlänglich beantwortet. Ich verstehe wirklich den Diskussionsbedarf nicht, der Kreml hat in deutlichen Worten, in drastischen Worten seine Absichten für die Ukraine kommuniziert.
Warum ihn nicht beim Wort nehmen?

Auch Propaganda-Narrative wie das angeblich gebrochene Versprechen, es werde keine NATO-Osterweiterung geben (das es nie gegeben hat, obendrein saßen die Russen bei den Verhandlungen zur Osterweiterung 1997 mit am Tisch und erhoben keinen Einspruch), wurden in den deutschen Medien hinlänglich erörtert. Könnte es sein, dass Du nach rationalen Erklärungen suchst, wo keine sind, weil radikalen Ideologien eben per definitionem etwas Irrationales anhaftet?
 
Ich möchte gerne erfahren, wieso, weshalb, warum? Ursachen und Wirkungen interessieren mich.
Ich fürchte das wird in diesem Rahmen nicht einfach gehen.
Ganz gewiss aber wird das nicht so einfach sein wie manche Forums-Zeloten glauben.
Jene die behaupten es sei darüber keine weitere Betrachtung notwendig, weil sie doch eh schon alles Wissenswerte wissen,
und sei es noch so wenig.
Und das ist mindestens verwunderlich, ist es doch bei anderen Themen selbstverständlich einen tieferen Blick zu suchen.
Aber mei, der Krieg produziert polarisierte Narrative,
und die sind halt vereinfacht und wehen einen eisigen Hauch in dem differenzierte Betrachtungen schnell erfrieren.
 
Ich wollte nicht das Thema entführen. Es geht ja um den Themenkomplex der Überschrift.

(Ob wir jetzt wirklich im Rahmen dieses Forums die Ursachen des Ukrainekriegs sachgerecht diskutieren können bezweifle ich. Aber vielleicht wär es den Versuch einer Themeneröffnung wert. Das müsste mit der Moderation abgestimmt werden, nehme ich an.)
 
Die Kriegsberichtserstattung ist während des Krimkrieges entstanden.

Als Pionier ihr gilt William Howard Russell. Seine Arbeit basiert auf der Anwendung damals noch völlig neuer Technologien wie elektrischer Telegrafie und der Fotografie. In den Jahrhunderten zuvor war eine derart schnelle und exakte Nachrichtenübermittlung von der einen Ecke Europas in die andere schlicht unm.öglich. Ohne Kriegsberichterstattung hätte die englische Presse auch nichts zum Abdrucken gehabt.


Ich will mal an Deinen Beitrag anknüpfen und den Ausflug zum Krimkrieg 1853-1856 fortführen.*
Zu Beginn der englisch-französichen Krimkampagne betrug der Zeitbedarf einer Nachricht von Balaklava, welches früh unter Kontrolle kam, nach London wenigsten fünf Tage.
Mit dem Dampfschiff nach Varna (heute Bulgarien) und weiter drei Tage mit dem Pferd nach Bukarest, wo sich eine Telegrafenstation findet.
Im Winter 1854 wird eine französische Leitung von Varna nach Bukarest erstellt.
Und im April 1855 verkürzt der Anschluss eines britischen Unterseekabels zwischen Balaklava und Varna den Zeitversatz auf einige Stunden.
Dieser kostbare Nachrichtenkanal war dem Miltitär untergeordnet.
Nachrichten von Zeitungsreportern mussten sich unvermeidlich dieser bedienen und immer noch hohe Zeitverögerungen hinnehmen.
Doch hat wohl nur geringe Zensur stattgefunden, und so kamen die Berichte Russels in die Öffentlichkeit.
Figes -Crimea S.305ff.
Dabei wäre es technisch ein leichtes gewesen solche Reportagen zu kappen.
Doch sind auch der Russel und die Times Bestandteile des neunen Resonanzraums Tagespresse, in dem sich vorher Zustimmung zu einem sinnlosen Kriegseintritt formte.

* Ich hab mir echt überlegt wo ich das am besten unterbringe, und bleib mal hier.
 
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