Landsturm 1813

Ja, diese Episode wird auch anderweitig berichtet. Es sollen angeblich bei Lenzen 3000 (!) Landsturmleute gewesen sein. [1] Im Übrigen lassen sich die - insgesamt militärisch bedeutungslosen - Einsätze an zwei Händen abzählen; unter anderem soll sich der Landsturm bei der Belagerung von Magdeburg (Ende 1813) "wiederum sehr werkthätig gezeigt habe(n)" [2].
Stimmt, das ist die andere Möglichkeit. Bei einer Belagerung taugten sie vielleicht zum Ausheben der Laufgräben oder dergleichen. Da spielen ja auch Ausrüstungsmängel kaum eine Rolle.

Zu Hagelberg: War der Landsturm in die Nordarmee fest integriert? Leider habe ich nicht mehr die Ordres de Bataille vor meinem geistigen Auge. Konnte mich aber an den Landsturm darin nicht entsinnen.
Der Wikipediaartikel zu Hagelberg erwähnt nur 8.000 Mann Landwehr und den Rest "Reguläre" - womit wohl Linientruppen und Kosaken gemeint sind. :grübel:
http://de.wikipedia.org/wiki/Schlacht_bei_Hagelberg
 
Der Landsturm ist übrigens der legitime Nachfolger der altdeutschen Landesdefension.
Nein, das [Lützow] sind Freikorps. Das ist für mich was völlig anderes.

Wie auch immer - die Stichworte Landesdefension und Freikorps sollen auf jeden Fall systematisch mit berücksichtigt werden.

Vielleicht hat jemand noch Zuordnungskriterien, welche die Bluntschli'schen (siehe oben) ergänzen?!

PS: Bei Hagelberg kämpfte die Landwehr, und die war kriegsrechtlich den regulären Militäreinheiten (Aktive+Reserve) gleichgestellt.
 
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Wie auch immer - die Stichworte Landesdefension und Freikorps sollen auf jeden Fall systematisch mit berücksichtigt werden.

Vielleicht hat jemand noch Zuordnungskriterien, welche die Bluntschli'schen (siehe oben) ergänzen?!
Die Truppen in den Freikorps wie auch bei den früheren Freibataillonen, die es schon im 7-jährigen Krieg gab, konnten ja auch Landesfremde beinhalten.
Beim Landsturm wie bei der Landwehr ging es aber m.E. um was anderes, nämlich primär um die Aufbietung der Landeskinder.
Richtig?
 
[...]Darin wurde eine Variante des Volkskrieges erstmals offiziell geregelt. [...]

Macht die Variante des Volkskrieges nicht das Ergebnis des Krieges zu einem Volkskrieg, das Niederingen einer ganzen Nation, militärisch wie auch wirtschaftlich. Dabei spielen nicht nur die Mittel im Krieg eine Rolle.

Die Befreiungskriege Anfang des 19.Jhr. würde ich dann doch wieder mehr unter der Begrifflichkeit eines Kabinettkrieges beziehen. :grübel:Obwohl, daß kann auch nicht richtig sein, denn ich habe es ja selbst schon beim Namen benannt, den Befreiungskrieg.

Wo liegen die Unterschiede zwischen Kabinettkrieg und Volkskrieg in diesem Zeitraum und kann man den Befreiungskrieg gleichwertig setzten?
 
Ich selber stehe der Bezeichnung "Befreiungskrieg" ja auch eher skeptisch gegenüber. Wer wurde denn befreit? Von daher wäre ich eher dafür, es maximal aus der Sicht einzelner Staaten als Befreiungskrieg zu bezeichnen. Sachsen und "Polen" wurden ja nicht befreit, sondern beraubt - so als Beispiele.
Aus der Sicht Preußens könnte man es vielleicht als "Volkskrieg" bezeichnen. Dabei muss man aber vorsichtig sein, da die "nationale Begeisterung", die dann von späteren Nationalisten so überstrapazierend in den Krieg von 1813/14 hineingedeutet wurde, selbst in Preußen in den Grenzen von 1812 flächendeckend so nicht vorhanden war.
 
Wobei ich noch ergänzen würde, dass Guerillos Widerstandskämpfer im originären Sinne sind...
Wo liegen die Unterschiede zwischen Kabinettkrieg und Volkskrieg in diesem Zeitraum und kann man den Befreiungskrieg gleichwertig setzten?
"Widerstand", "Befreiung", "Landesdefension" und "Notwehr" (siehe #1) liegen alle auf einer Linie: Es geht um die Verteidigung, um die Abwehr eines Angriffs von außen, ggf. um die Existenz eines Staates.

...das Niederingen einer ganzen Nation, militärisch wie auch wirtschaftlich...
Ich assoziiere auch den Begriff des "totalen Krieges" - oder bin ich damit auf dem Holzweg?
 
"Widerstand", "Befreiung", "Landesdefension" und "Notwehr" (siehe #1) liegen alle auf einer Linie: Es geht um die Verteidigung, um die Abwehr eines Angriffs von außen, ggf. um die Existenz eines Staates.
"Befreiung" geht für mich weiter. Für mich wäre das eine aufsteigende Linie, wenn denn eine: Notwehr - Verteidigung - Widerstand - Befreiung. Gerade Letzteres hat einen eher agressiven Beigeschmack, denn das geht für mich über eine Verteidigung weit hinaus. Denk mal an die Franzosen von 1792? Wollten sie nicht auch ganz Europa "befreien"?

Mir scheint das Volkskriegselement schon vorhanden 1813 auf der Seite Preußens. Aber ich glaube man war damals unter den Herrschenden durchaus froh, es nicht aufs Äußerste zu benutzen. Der Kriegseintritt Österreichs erledigte vielleicht dann auch so eigentlich den Bedarf, weil man dann auch mit "üblichen" Mitteln bereits Frankreich und dessen Vasallenstaaten nummerisch überlegen war.
Anfang 1813 war das alles noch nicht abzusehen. Die Elemente in der preußischen Regierung und im preußischen Militär, welche auf volkskriegsähnliche Maßnahmen drängten, scheinen die Oberhand gehabt zu haben.
 
Aus der Sicht Preußens könnte man es vielleicht als "Volkskrieg" bezeichnen. Dabei muss man aber vorsichtig sein, da die "nationale Begeisterung", die dann von späteren Nationalisten so überstrapazierend in den Krieg von 1813/14 hineingedeutet wurde, selbst in Preußen in den Grenzen von 1812 flächendeckend so nicht vorhanden war.
Gut, dass Du die "gefühlsmäßige" Komponente ansprichst! :winke:

Auch hier wohl fließende Übergänge: Was von Zeitgenossen aus Spanien berichtet wird, ist mit "Hass gegen die Besatzer" wohl zutreffend beschrieben - alles was "französisch" aussah, sollte/durfte niedergemacht werden. Man könnte behaupten, dass die "Begeisterung", ob hineingedeutet oder nicht, eine andere Qualität hätte, käme aber dann bei Protagonisten wie Arndt und Jahn schwer ins Grübeln...

Mir scheint das Volkskriegselement schon vorhanden 1813 auf der Seite Preußens. Aber ich glaube man war damals unter den Herrschenden durchaus froh, es nicht aufs Äußerste zu benutzen.
Das wird von den Zeitgenossen bestätigt: Es gab die Angst, dass sich ein gänzlich "entfesseltes" Volk irgendwann nicht mehr würde kontrollieren lassen.

@ Köbis17
Von den vier Kennzeichen des Totalen Krieges, die in Wikipedia genannt sind, scheinen mir für 1813 die drei ersten gegeben. (Auf 1914/18 würde ich hier ungern eingehen, sonst verliere ich den Überblick.)
 
Zuletzt bearbeitet:
Wobei ich noch ergänzen würde, dass Guerrilleros Widerstandskämpfer im originären Sinne sind und auch zusammenhängende Gebiete kontrollieren und sich dorthin zurückziehen, z.B. die FARC-Rebellen. Partisanen hingegen müssen nicht zwangsläufig Gebiete kontrollieren.

Also im originären Sinne sind Guerrilleros erst einmal 'Kriegerchen', wobei der Diminutiv -illo/a im Spanischen häufig mit einer Bedeutungsveränderung, meist einem Derivat des Grundwortes einhergeht: La mano 'die Hand', la manilla - 'der Armreif' bzw. im Plural 'Handschellen'. Die Guerrilla ist also nicht unbedingt der kleine Krieg, sondern eine Art den Krieg zu führen. Der Guerrillero ist also derjenige, der diese besondere Art der Kriegführung betreibt. Das Wort guerrilla lässt sich dabei bis ins 16. Jhdt. zurückführen, während der Begriff guerrillero erst im 19. Jhdt. auftaucht. Erstbeleg 1813!

In Spanien tauchten auf einem abgelegenen Bauernhof in Andalusien in den 40. Jahren bewaffnete Männer auf. Als der Bauer sie fragte, ob sie guerrilleros seien, antworteten sie entrüstet, "¡No! ¡Somos bandoleros!" Nein, wir sind Räuber!

Das ist alles eine Frage der Intonation/Interpunktion. ;)
 
Also im originären Sinne sind Guerrilleros erst einmal 'Kriegerchen', wobei der Diminutiv -illo/a im Spanischen häufig mit einer Bedeutungsveränderung, meist einem Derivat des Grundwortes einhergeht: La mano 'die Hand', la manilla - 'der Armreif' bzw. im Plural 'Handschellen'. Die Guerrilla ist also nicht unbedingt der kleine Krieg, sondern eine Art den Krieg zu führen. Der Guerrillero ist also derjenige, der diese besondere Art der Kriegführung betreibt. Das Wort guerrilla lässt sich dabei bis ins 16. Jhdt. zurückführen, während der Begriff guerrillero erst im 19. Jhdt. auftaucht. Erstbeleg 1813!

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Ich meine mich an einem Text aus dem 19. Jahrhundert zu erinnern wo der "Guerrilla" die "Guerra grande" gegenüber gestellt wurde. Also ganz im Klausewitzschen Sinne der große und der kleine Krieg.
 
Habe etwas zum Thema gefunden:

eine "Kriegssichel" des preussischen Landsturms 1813.
 

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Gut, dass Du die "gefühlsmäßige" Komponente ansprichst! :winke:

Auch hier wohl fließende Übergänge: Was von Zeitgenossen aus Spanien berichtet wird, ist mit "Hass gegen die Besatzer" wohl zutreffend beschrieben - alles was "französisch" aussah, sollte/durfte niedergemacht werden. Man könnte behaupten, dass die "Begeisterung", ob hineingedeutet oder nicht, eine andere Qualität hätte, käme aber dann bei Protagonisten wie Arndt und Jahn schwer ins Grübeln...


Das wird von den Zeitgenossen bestätigt: Es gab die Angst, dass sich ein gänzlich "entfesseltes" Volk irgendwann nicht mehr würde kontrollieren lassen.

@ Köbis17
Von den vier Kennzeichen des Totalen Krieges, die in Wikipedia genannt sind, scheinen mir für 1813 die drei ersten gegeben. (Auf 1914/18 würde ich hier ungern eingehen, sonst verliere ich den Überblick.)

Kennzeichen [Bearbeiten]

Der totale Krieg enthält folgende ihn kennzeichnende Elemente:[4]

  • totale Mobilisierung: Freisetzung zusätzlicher Kräfte für die Front (Frauen übernehmen z.B. Arbeiten der Männer), Verstärkung der Rüstungsanstrengungen
  • totale Kontrolle: Gleichschaltung des Volkswillens, Propaganda
  • totale Methoden: Verknüpfung von verschiedenen Waffentechniken und -systemen, Missachtung von internationalen Konventionen
  • totale Kriegsziele: totale millitärische Unterwerfung der Gegner, totale politische Entmachtung der Gegner
Also ich kann da allenfalls Nr.1 als gegeben ansehen, obwohl ja jetzt Frauen auch nicht wirklich eingesetzt wurden, oder?
 
Ich seh den ersten Punkt auch als gegeben an, weil ja wirklich jeder der irgendwie wehrfähig war mobilisiert wurde auch wenn das mit den Frauen nach meinen Erkenntnissen nicht ganz der Fall war.
 
Kurz Urlaub vom Urlaub. (Ist ja Sonntagabend)

Das Miliz-System, wozu ich den Landsturm rechnen möchte, hat durch die Erfolge im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg in Europa wieder etliche Befürworter gewonnen, ohne dass dies aber irgendwo umgesetzt worden wäre.

In den Jahren 1792-95 wurden im Südwesten Deutschlands, insbesondere dem vorderösterreichischen Breisgau umfangreiche Überlegungen für eine Volksbewaffnung (auch hier gehört mMn der Landsturm rein) angestellt, die zu Anträgen beim Reichstag geführt haben. Dann aber von Preußen zu Fall gebracht, das nicht nur eine Stärkung der südd. Gewalten sondern insbesondere des Kaisers befürchtete, was beides nicht gewünscht war, in Berlin.

1808, unter dem Eindruck der Ereignisse in Spanien, setzte Ö, wo man ein ähnliches Schicksal wie Spanien befürchtete, eine "mehrstufige" Volksbewaffnung mit Landwehr und Landsturm um. (War also Preußen 5 Jahre voraus). Sie bewährte sich 1809 recht gut, musste aber nach dem verlorenen Krieg wieder abgeschafft werden.

Der preußische Landsturm der Jahre 1813/14 war von Scharnhorst und Gneisenau ursprünglich als nicht unifomierte irreguläre Truppe geplant gewesen, die im feindlichen Hinterland kämpfen sollte. Umgesetzt wurde aber dann die bekannte Variante.
Der preussische Landsturm kam nicht in den Kriegseinsatz!
 
...
Der preussische Landsturm kam nicht in den Kriegseinsatz!
Nach dem oben zitierten Werk haben sie zumindest Sicherungsmaßnahmen durchgeführt.

Meiner Meinung nach hat das System der Milizen dort gut funktioniert, wo die Bevölkerung sowieso traditionell bewaffnet und in der Nutzung dieser Waffen geübt war, wie im Alpenraum oder an der Mittelmeerküste. Der Katalanische "Somaten" diente ursprünglich zur Abwehr von Korsarenangriffen und obwohl es solche 1808 schon lange nicht mehr gegeben hatte, waren es zu Kriegsbeginn die effektivsten Milizen die gegen den Eindringling kämpften. In der Nähe von Barcelona, in "El Bruch" besiegte diese schnell zusammengerufene Bauermiliz zweimal französische reguläre Truppen.
 
So wie ich das mitgekriegt habe, dürften sie zur "Observierung" diverser fester Plätze in Polen und Preussen eingesetzt worden sein.
 
[...]

@ Köbis17
Von den vier Kennzeichen des Totalen Krieges, die in Wikipedia genannt sind, scheinen mir für 1813 die drei ersten gegeben. (Auf 1914/18 würde ich hier ungern eingehen, sonst verliere ich den Überblick.)

Also die Kennzeichen eines totalen Krieges bzw. die Art der Kriegsführung sollte man auch immer in einem Bestimmten Zeitraum betrachten.
Auf einer einfachen Zeitschiene betracht stellt sich die Entwicklung im 18. Jahrhundert vom Kabinettskrieg über den Volkskrieg die bis zum „totalen Krieg“ führte. Dabei spielt die Industrialisierung ab Mitte des 19. Jahrhunderts eine untrennbare Rolle mit dem Volkskrieg, so wie die massive staatliche Propaganda beim „totalen Krieg“.

Als Wendepunkt von einem zum anderen Kriegstypus wirkt z.B. der deutsch-französischen Krieg 1870/71 vom Kabinettskrieg zum Volkskrieg, weniger die napoleonischen Befreiungskriege. Denn zu der Industrialisiserung spielte auch die Bildung von Nationalstaaten ein wichtige Rolle, im Bereich des Volkskrieges und damit auch die Grundlagen für den gehegten Krieg der eine Auseinandersetzung zwischen Nationalstaaten unter der Geltung scharfer Unterscheidungen zwischen Krieg und Frieden, Zivilisten und Kombattanten, Schlachtfeld und zivilem Raum darstellte.
 
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