Messines Ridge

62-64-78

Mitglied
Im Mai 1917 kam es bei Mesen (frz. Messines) in der Nähe von Ypern zu einer Offensive der britischen Armee, bei der mit einer Sprengung quasi eine ganze deutsche Division vernichtet wurde.

Zur Vorbereitung dieses Angriffes hatten britische, kanadische und australische Mineure innerhalb von zwölf Monaten bis zu 30 Meter tiefe und insgesamt 8 km lange Stollen unter die deutschen Stellungen getrieben, an deren Ende Hohlräume zur Aufnahme von Sprengstoff ausgeschachtet wurden. Jede einzelne dieser insgesamt 19 Minen wurde mit Sprengstoff zwischen 20 und 40 Tonnen gefüllt und gesondert verdichtet, wobei auch noch ein Sprengstoff mit hoher Explosivwirkung verwendet wurde.

Am 21.05.1917 begannen die Briten dann mit der Artillerie ein tagelanges Trommelfeuer auf die deutschen Stellungen, die bis zum 07.06.1917 um 2:50 Uhr ununterbrochen beschossen wurden. Nachdem das Trommelfeuer aufhörte, besetzten die Soldaten der 3. bayrischen Division in Erwartung des Infanterieangriffes ihre Gräben.

Um 3:10 Uhr erfolgte dann die Sprengung, die so gewaltig war, dass der gesamte Bergrücken in sich zusammen brach und etwa 10.000 deutsche Soldaten augenblicklich zwischen den Grabenwänden zerquetscht wurden.

Angeblich konnte sogar der britische Premier die gewaltige Explosion in seiner Wohnung Downing Street 10 noch vernehmen.

Mit Panzern und Giftgas unterstützt konnten die Briten sodann einen erheblichen Geländegewinn erzielen.


Mich würde einmal die Meinung hier im Forum interessieren, inwieweit man dieses Vorgehen als Taktik im 1. Weltkrieg hinnehmen musste oder ob es sich möglicherweise um ein Kriegsverbrechen handelte.
 
Das Unterminieren und Sprengen von befestigten Stellungen ist seit der Erfindung des Schießpulvers eine gängige Taktik, ich erinnere nur einmal an die Belagerung Wiens durch die Türken. So unschön es für die Beteiligten ist, ein besonderes "Kriegsverbrechen" vermag ich hier nicht zu erkennen, da die Maßnahme ausschließlich auf Militärpersonen und militärische Einrichtungen gezielt ist.
 
Zuletzt bearbeitet:
@62-64-78

Aus welcher Quelle stammen die Zahlen?

"...10.000 deutsche Soldaten augenblicklich zwischen den Grabenwänden zerquetscht wurden"

Diese Zahl halte ich für kompletten Unsinn.
Zum Beispiel benötigte die 3. bay. Division nach der Schlacht Ersatz in Höhe von ca. 4.700 Mann. D.h. daß die Ausfälle (Tote, Verwundete + Kranke) auch nicht sehr viel höher gewesen sein können.

Quelle: Regimentsgeschichten der beteiligten Einheiten und "Histories of the 251 Divisions of the German Army..."

Gruß

Cisco
 
Das Unterminieren der gegnerischen Linien wurde noch nie als Kriegsverbrechen angesehen.

Der Einsatz von Giftgas hingegen war bereits zur Zeit des ersten Weltkriegs durch die Hagener Landkriegsordnung geächtet. Was aber keine Seite davon abgehalten hat, Giftgas einzusetzen.
 
Der Minenkrieg an der Westfront fand überall dort statt, wo es die Gegebenheiten zuließen. Berüchtigt waren die Argonnen, Vauquois, Mort Mare,
und Les Eparges-Combres.
Bei Vauquois und in den Argonnen sind viele der Kampfstollen und Tunnelanlagen noch erhalten und zu besichtigen (Vauquois).
Als Beispiel mal ein Luftbild der Verwüstungen bei Les Eparges/Combres vom 4.10.16. (links Combres, Mitte deutsche Gräben, davor die Minentrichter, rechts im Hang franz. Gräben)

ajw7e1.jpg



Gruß

Cisco
 
Das Unterminieren alleine ist sicherlich nicht als Kriegsverbrechen anzusehen, insbesondere soweit es nur dazu dient, etwa wie in Wien einen Weg in eine Festung zu graben. Auch die Unterminierung zur blossen Sprengung von Festungsanlagen ist sicherlich mit der HKLO vereinbar.


Im vorliegenden Fall besteht allerdings die Besonderheit, dass man mit dem gezielt anhaltenden Trommelfeuer und dessen abrupten Ende die deutschen Truppen gezielt in die Gräben lockte, um diese dann durch einen Erdrutsch zum Einsturz zu bringen und die Soldaten dadurch zu töten.


Art. 23 der Haager Landkriegsordnung verbietet das Töten von Soldaten in meuchlerischer Weise. Hier sehe ich den Ansatz zur Diskussion.


Der britische Oberbefehlshaber erklärte vor dem Angriff, man werde zwar mit dem Angriff nicht die Geschichte ändern, wohl aber die Geographie - das besagt doch gerade, dass der gewaltige Erdrutsch gezielt zum Töten der Soldaten eingesetzt wurde.


Was deren Zahl angeht, so ist diese in vielfachen Quellen mit "über 10.000" angegeben - ich werde mich damit mal genauer beschäftigen, erinnere mich aber auch an einen Fernsehbericht vor 2 - 3 Monaten (Phoenix), der dieselbe Zahl nannte, so dass ich diese bislang nicht in Zweifel gezogen habe.


Was den Einsatz von Gas angeht, so hat man nach dem 1. Weltkrieg auf beiden Seiten rabulistisch argumentiert, es liege kein Verstoss gegen die HKLO vor - diese verbiete lediglich den Einsatz von Gift und vergifteten Waffen, was beides nicht eingesetzt worden sei. Im Ergebnis konnte keine Partei der anderen vorwerfen, was sie nicht selbst getan hatte.
 
@62-64-78: Art. 23 der Haager Landkriegsordnung verbietet das Töten von Soldaten in meuchlerischer Weise. Hier sehe ich den Ansatz zur Diskussion.
Das ist doch ein Gummiparagraph. Was ist "meuchlerisch"? Das Abschießen von unbewaffneten Beobachtungsflugzeugen und Fesselballons durch Jagdflieger? Der Einsatz von Scharfschützen zu gezielten Tötung? Man könnte noch Dutzende Beispiele dieser Art anführen. Im Krieg wird nun einmal getötet und gestorben. Nicht solche Aktionen sind das Verbrechen, sondern der Krieg an für sich ist es.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Schlacht von Meesen, die Gewinnung des Wyatschaete Bogens südlich von Ypern war eine Teiloperation im Rahmen der 3. Flandernschlacht. Man differenziert dabei, vor allem in der anglosächsischen Historiographie von der Schlacht von Meesen und der Schlacht von Passchendaele. Ziel der Offensive war, die flämischen Häfen zu erobern, dazu mußte die Hügelkette vom Kemmelberg bis nach Passchendaele und westrosebeeke erobert werden. Die Sprengung des Wyatschaetebogens war bereits seit langem geplant und die Unterminierung war von den Deutschen nicht unbemerkt geblieben. Schon im April 1917 erwog die Heeresgruppe Ruprecht von Bayern die Aufgabe des Wyatschaetebogens.

Offenbar hatte man die Minierarbeiten der Briten unterschätzt, und der Angriff gelang und die erste deutsche Linie wurde überall überrannt. Zwischen Zillebeke und dem Douvegrund hatten die Briten 500.000 kg Sprengstoff angelegt. Das Kommando zur Zündung gaben Flieger mit Leuchtsignalen.

Die Schlacht von Meesen war eine der wenigen erfolgreichen Offensivoperationen an der Westfront, und es war sozusagen der Auftakt für Haifs Lieblingsprojekt: Eine Material- und Abnutzungsschlacht in Flandern.

Pläne dazu existierten schon 1916, doch kam die Offensive wegen der Sommeschlacht 1916 nicht mehr zustande.

In Flandern hatte sich die Front seit Herbst 1914 kaum verändert, und Briten und Deutsche hausten seit Jahren in den gleichen Gräben. Die britischen Stellungen auf den "Flander Fields" rund um Ypern waren dazu recht ungünstig, meist unterhalb von deutschen Stellungen gelegen. Das britische Expeditionskorps war gekommen, Frankreich von den Deutschen zu befreien, so dass sich das Oberkommando nicht eingestehen konnte und wollte, dass permanente Stellungen gebaut werden mußten und die Entscheidung im Grabenkrieg fallen würde. Ein großes Problem in Flandern war der Schlamm. Eine Vielzahl kleiner Bäche floß in die Leie und durch das Artilleriefeuer wurden die Flußbetten umgeleitet, so dass sich die wiesen in Morast verwandelten. Dazu kamen die stärksten Regenfälle seit Jahren. Das Gelände konnte nur auf Bohlen und Knüppeldämmen pasiert werden, und Soldaten, die vom Weg abkamen, konnten in den verschlammten trichtern versinken und ertrinken.

Im weiteren Verlauf der Flandernschlacht zeigte sich der Schlamm als Verbündeter der Deutschen. Die Briten kamen mit dem Nachschub nicht nach, Granaten krepierten im Schlamm und Tanks blieben stecken. Auf etwa 25 km Frontbreite konnten die Briten in vier Monaten einen Geländegewinn von maximal 8 km Tiefe erreichen, ohne die geringste Chance, das in taktische oder strategische Erfolge umwandeln zu können.
 
"Berge in Flammen"
kennt keiner mehr Luis Trenkner? (Der mit 90 noch das Matterhorn bestiegen hat)
Wenn man der Literatur glauben will, hat der Gebirgskrieg etliche solche Unternehmungen von beiden Seiten gekannt.

Das wurde wohl nie und von keiner Seite als Kriegsverbrechen angesehen.
 
Mir ging es wie @Repo, und ich mußte bei Minenkrieg auch zuerst an den Kriegsschauplatz in den Dolomiten und an der Isonzofront denken.
 
Meuchlerisch ist hinterrücks. Ein Heckenschütze ist ein z.B. Meuchelmörder.
Das Unterminieren von Gräben blieb dagegen den Verteidigern meist nicht verborgen.
 
Was soll denn ein Kriegsverbrechen daran sein, im Krieg gegnerische Kombattanten zu töten, die sich auch noch mitten in einer Kampfhandlung befinden bzw. diese direkt vorbereiten (einen Schützengraben besetzen,um einen Angriff abzuwehren)???

Scharfschützen bewegen sich mWn durchaus im Rahmen des Kriegsvölkerrechts, so sie Uniformen tragen. "Meuchlerisch" oder "hinterrücks" sind eigentlich alle modernen Kriegswaffen, die über große Entfernung töten. "Mann erschieße den Feind mit dem M16 von vorne: alles tutti, mann erschieße den Feind von hinten: Kriegsverbrechen", das möchte ich doch stark anzweifeln.

Nur weil sich im 1. Wk. die Soldaten auch noch mit Schaufeln massakrierten ist der Nahmkampf Mann gegen Mann doch schon des längeren out.
 
Moin

Hier mal am Rande etwas persönliches zu dem Thema.

Vor langer Zeit hatte ich von meinem Vater mal erfahren, dass sein Onkel Karl im 1. WK bei Ypern gefallen ist. Da ich ihn nicht kannte, ist das Schicksal schnell in Vergessenheit geraten.

Nun habe ich kürzlich ein altes Foto von ihm mit Detail-Infos bekommen (auf dem Foto in der Mitte). Demnach wurde er am 15.09.1897 geboren, wurde beim Inf. Reg 88 ausgebildet, gehörte anschließend dem Inf.Reg. 46 an und ist am 09.06.1917 östlich Ypern bei einem Giftgasangriff gefallen. Ich gehe mal davon aus, dass es sich bei den Kampfhandlungen um die Schlacht von Messines handelte!?

Da er ein für unsere Familie ganz typisches Gesicht hatte, ist dieses Schicksal für mich irgendwie ganz nahe gerückt.
Wie wichtig doch manchmal Fotos sein können um sich für etwas oder jemanden zu Interessieren!

Gruß
Andreas
 

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@Xander

Du schriebst: "...Inf.Reg. 46..." Meinst Du dieses Infanterie Regiment:

"Infanterie-Regiment Graf Kirchbach (1. Niederschlesisches) Nr. 46"? Wenn ja, nachstehend der Gefechtskalender der 10. Infanterie Division.

Militaerpass.net - 10. Infanterie-Division order of battle and 1914-1918 overview

Im Bundesarchiv befinden sich Aktenabschriften der 10. ID, Findbuch PH 8 - I.

http://startext.net-build.de:8080/b...ndex.htm?kid=6F0F7244FAED421887BA876F5B9FDCDF

Was sie enthalten (z.B. "Gefallenenlisten") ist der Inhaltsangabe des Findbuches aus ferner Sicht nicht zu entnehmen.

M.
 
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Melchior, vielen Dank für die Infos!

Habe mal einen Ausschnitt aus der Bildbeschreibung beigefügt. "Kirch..." kann ich noch entziffern, aber der Rest sieht mir nicht nach Bach aus?!

Vielleicht ein Überlieferungsfehler?

Gruß
Andreas
 

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