Okkultismus, Esoterik, Grenzwissenschaft und NS

Danke für den Hinweis. Als "Kataklysmen" bezeichnet H. die großen Ereignisse der "Mondauflösungen", sprich ein Eismond fällt zur Erde, und nicht Schwankungen des kosmischen Eisstroms auf die Erde.
 
Manche führende Nazis waren überzeugte Esoteriker, andere hielten davon gar nichts. Himmler, der auf nahezu jeden Schwachsinn abfuhr, kreierte mit dem "Ahnenerbe" eine pseudowissenschaftliche Spielwiese. Die Aktivitäten reichten von harmlosen Spinnereien bis zu mörderischen "Experimenten" an KZ-Häftlingen. Als Abteilungsleiter fungierten sowohl promovierte Wissenschaftler (die sich keineswegs nur mit Unsinn befassten) wie auch Hobby- und Pseudowissenschaftler; hinter der "Abteilung für Astronomie" verbarg sich der Welteislehrer Philipp Fauth, hinter der "Abteilung für Angewandte Geologie" der Wünschelrutengänger Josef Wimmer.
Nach dem Englandflug des astrologiegläubigen Rudolf Heß gab es eine groß angelegte
Aktion gegen Geheimlehren und sogenannte Geheimwissenschaften; sie betraf "Astrologen, Okkultisten, Spiritisten, Anhänger okkulter Strahlentheorien, Wahrsager, Gesundbeter sowie Anhänger der Christian Science, der Anthroposophie, der Theosophie und der Ariosophie. Diese Personen und ihre Organisationen sollten dauerhaft ausgeschaltet werden".

Auch Himmlers Oberwünschelrutengänger Wimmer war betroffen, er beschwerte sich beim Kurator des "Ahnenerbes" Walther Wüst darüber, dass seine Wünschelruten beschlagnahmt worden waren. Er war aber auch nach 1941 weiter wünschelnd für Himmler tätig.
Wie Du bereits angemerkt hast, wurde diese Gruppe nicht „dauerhaft ausgeschaltet“, sondern teilweise wieder rekrutiert.
Nun unterhielt Rosenberg sogar eine „Abwehrstelle gegen Astrologie und Welteislehre“. Deren Leiter Kisshauer unterscheidet zwischen allgemeiner Astrologie und einer „wissenschaftlichen“.
Und das gilt auch für die Welteislehre die er als „wissenschaftliche“ Variante vor Angriffen schützt. Dies 3 Monate nach dem Englandflug von Heß.
(Kurlander S.127ff)
Die Aktion gegen die esoterische Community verlief insgesamt milde vor dem Hintergrund der allgemeinen Härte des Regimes. Und die sogenannten Grenzwissenschaften blühen weiter.

Und das mag darin begründet sein, dass das NS-Regime eine religiöse Säule ihrer Herrschaft
errichten wollte. Darüber jedenfalls wurde diskutiert vom okkulten Himmler über Hitler bis Goebbels. (der den Okkultismus ablehnt, doch als vermeintlich nützlich einsetzt)
„That is, Hitler, Rosenberg, Himmler and Goebbels spoke often about the
need to create an alternative religiosity by emulating the tactics of the churches.
Theologically, however, Catholicism and Protestantism could never provide a
model for the Third Reich because Christianity represented the desacralization
of nature and the blood.“


Auch Rosenberg sieht das so:
Rosenberg agreed. National Socialism could never leave ‘the important
realm of spiritual leadership ... of the whole human being’ to the churches.“

Kurlander S. 169

Und diese neue Religion des Rassenblutes brauchte Mythen, die ihre Grausamkeit mit neuen Geboten akzeptabel, ja zum Heldentum machte.
„Rosenbergs vorgeschichtlichen Neigungen lagen, wie bei Himmler, volkskundliche
und letztlich religionspolitische Erwägungen zugrunde: auch er wollte eine neu-
germanische Religion stiften; das war es, was die beiden zu Rivalen machte.“

Kater S. 21. Danke für den Link.

Kurlander, Eric (2017): Hitler's monsters. A supernatural history of the Third Reich. New Haven, London: Yale University Press.
 
Die Aktion gegen die esoterische Community verlief insgesamt milde vor dem Hintergrund der allgemeinen Härte des Regimes. Und die sogenannten Grenzwissenschaften blühen weiter.

Und das mag darin begründet sein, dass das NS-Regime eine religiöse Säule ihrer Herrschaft
errichten wollte. Darüber jedenfalls wurde diskutiert vom okkulten Himmler über Hitler bis Goebbels. (der den Okkultismus ablehnt, doch als vermeintlich nützlich einsetzt)
„That is, Hitler, Rosenberg, Himmler and Goebbels spoke often about the
need to create an alternative religiosity by emulating the tactics of the churches.
Theologically, however, Catholicism and Protestantism could never provide a
model for the Third Reich because Christianity represented the desacralization
of nature and the blood.“
Das glaube ich kaum. Hitlers "Theologie" verlangte nicht viel mehr als den fanatischen Glauben an "Blut", "Ehre", "Rasse", "Führer" und "Endsieg". Das ließ sich in "ergreifenden" Feiern mit Fahnen, Fackeln und Gedöns inszenieren. Esoterischer Schnickschnack war hierbei kein dringendes Bedürfnis, wen hätte man damit hinter dem Ofen hervorlocken können? Erkleckliche Energie wurde hingegen (mit eher mäßigem Erfolg) darauf verwendet, christliche Traditionen zu entchristlichen und mit Nazi-Inhalten zu füllen, siehe z. B. Nationalsozialistischer Weihnachtskult – Wikipedia

Doch schon hier gab es keine gemeinsame Linie. Die Religionsbastler, ob sie aus der Ecke der "Deutschen Christen" kamen und das irrsinnige Projekt einer "Entjudung" des Christentums verfolgten oder aus der neuheidnisch-germanentümelnden Ecke, waren letztlich untereinander zerstrittene Sektierer, auch zwischen Rosenberg und Himmler arbeiteten mehr gegen- als miteinander. Germanentümelei war übrigens sogar Hitler suspekt; über "mit besonders altgermanischen Ausdrücken" um sich werfende "Rauschebärte" mit Bärenfell und Stierhörnern hatte er in "Mein Kampf" schon gewütet.

Kisshauer unterscheidet zwischen allgemeiner Astrologie und einer „wissenschaftlichen“.
Und das gilt auch für die Welteislehre die er als „wissenschaftliche“ Variante vor Angriffen schützt. Dies 3 Monate nach dem Englandflug von Heß.
(Kurlander S.127ff)
Diese Interpretation kann ich nicht teilen. Das kurze Zitatschnipsel bei Kurlander belegt eigentlich nur, dass Kisshauer daran gelegen war, eine öffentliche Verspottung Philipp Fauths zu unterdrücken, dem Hitler persönlich einen Professorentitel verliehen hatte. Es wird also eher darum gegangen sein, eine Blamage Hitlers zu verhindern.

Bei Kurlander bin ich an anderer Stelle stutzig geworden: Es geht um den Welteis-Propagandisten Rudolf Elmayer von Vestenbrugg, der zeitweise von Himmler hofiert wurde, auf wissenschaftlicher Ebene jedoch ein besonders peinliches Bild abgab. Auf S. 158 wird explizit behauptet, Himmler habe dennoch in seiner Unterstützung Elmayers nicht nachgelassen. Das oben bei bereits zitierte (bei Nagel faksimilierte) Schreiben vom 7. August 1942 belegt das Gegenteil:

In der betreffenden Anzeige werden Werke von Elmayer-Vestenbrugg und Hanns Fischer genannt, von denen das "Ahnenerbe" schon seit Jahren wegen ihrer wissenschaftlichen Unzulänglichkeit abrücken musste. Diese Veröffentlichungen sind geeignet, die Welteislehre bei der Öffentlichkeit in Misskredit zu bringen und jede vernünftige Forschung zu stören. Das "Ahnenerbe" hat seinerzeit aufs heftigste gegen Elmayer-Vestenbrugg Stellung genommen und sich auf Befehl des Reichsführers-SS völlig von ihm zurückgezogen; dass auch Hanns Fischer der immer wieder in Verbindung mit dem "Ahnenerbe" zu treten versuchte, der WEL nur Schaden zugefügt hat, davon konnte der Reichsführer-SS ebenfalls überzeugt werden.
 
Es geht um den Welteis-Propagandisten Rudolf Elmayer von Vestenbrugg, der zeitweise von Himmler hofiert wurde, auf wissenschaftlicher Ebene jedoch ein besonders peinliches Bild abgab. Auf S. 158 wird explizit behauptet, Himmler habe dennoch in seiner Unterstützung Elmayers nicht nachgelassen. Das oben bei bereits zitierte (bei Nagel faksimilierte) Schreiben vom 7. August 1942 belegt das Gegenteil:

Das ist nicht der Fall. Kurlander schreibt „at least for time“, also „zunächst“ habe Himmler den Elmayer weiter unterstützt.
Nachdem diese Auseinandersetzungen um Elmayer in den Jahren 1937/38 stattfanden, steht das nicht im Widerspruch zu einem „ Schreiben vom 7. August 1942“.
(wer schreibt hier wem?)
 
Das ist nicht der Fall. Kurlander schreibt „at least for time“, also „zunächst“ habe Himmler den Elmayer weiter unterstützt.

Er schreibt, Himmler und Scultetus hätten in ihrer Unterstützung nicht nachgelassen:
"Faced with such mordant criticisms one might have expected Himmler and Scultetus to attack the Reich’s chief astronomer or back down in their support of Elmayer. They did neither."

(wer schreibt hier wem?)
Wer, habe ich oben schon geschrieben, auch dass es Bezug auf 1938 nimmt. Das Schreiben war an Himmlers persönlichen Referenten Rudolf Brandt gerichtet und ging einer handschriftlichen Notiz zufolge auch an Scultetus.

Dass man sich im "Ahnenerbe" tatsächlich schon 1938 von Elmayer distanzierte, geht auch aus einem Schreiben Sieverts an den Chef des Sicherheitshauptamtes vom 11. August 1938 hervor:
"In erster Linie gründet sich die Kritik auf die Elmayerschen Veröffentlichungen, die zum grössten Teil auch von unserer 'Forschungsstätte für Geophysik' wegen ihrer Tonart abgelehnt werden."
 
Das ist ein Missverständnis. Das Schreiben vom 7. August 1942 meinte ich.
Ich auch. Gerade sehe ich, dass ich mich oben vertippt habe, gemeint ist 7. 8. 1942:

... und auch Himmler wollte die Lehre nicht mehr an die große Glocke hängen.
Der Reichsführer-SS hat im übrigen 1938 dem "Ahnenerbe" für seine Arbeit an der WEL grundsätzliche Richtlinien gegeben: ganz unter Windschutz halten, in keiner Weise an die Öffentlichkeit treten und von ganz bestimmten und begrenzten Arbeitsgebieten aus eine kritische Nachprüfung der WEL anstreben.
(Schreiben des Reichsgeschäftsführers Sievers vom 7. 9. 1942, abgedruckt in: Brigitte Nagel, Die Welteislehre - Ihre Geschichte und ihre Rolle im "Dritten Reich", Stuttgart 1991, S. 183)

"nicht viel mehr"? Geht noch mehr?
Hmm... "Volk" könnte man noch dazuschreiben, unterscheidet sich aber nicht so viel von "Rasse". Und mit "Blut" ist eigentlich auch dasselbe gemeint.
Und der "allmächtige Schöpfer" hat in diesem simplen Glaubenssystem eigentlich nur die eine Funktion, dass er einst die verschiedenen Völker geschaffen hat. Und die müssen halt auf ihre Rassenreinheit achten, denn wenn sie sich vermischen, versündigen sie sich gegen den Willen des Schöpfers.
"So glaube ich heute im Sinne des allmächtigen Schöpfers zu handeln: Indem ich mich des Juden erwehre, kämpfe ich für das Werk des Herrn.", formulierte Hitler sein Credo in "Mein Kampf".
 
Dreh und Angelpunkt des Rechts auf Leben im 3. Reich ist der esoterische "Arier". (Es ist ja nicht der linguistische oder religionshistorische.)

Rudolf Steiner verwendet den Begriff so:
„ Unsere Wurzelrasse, die arische, stammt von der höchstentwickelten Unterrasse der Atlantier, der ursemitischen, ab, die zuletzt ungefähr in der Gegend des heutigen Irland wohnte.“
Vortrag Leipzig 8. Juli 1906

Übrigens interessant in diesem Zusammenhang ist auch diese Vorstellung Steiners:
„Die höheren Rassen stammen nicht von den niederen ab, sondern im Gegenteil: die niederen Rassen sind Entartungserscheinungen der höheren Rassen, die ihnen vorangegangen sind.“
(
Und es sei ein großer Irrtum des Darwinismus dies nicht zu erkennen)
Vortrag Paris 26. Mai 1906
http://www.fvn-rs.net/PDF/GA/GA094.pdf

Wir hatten ja an anderer Stelle die Diskussion ob eine Wurzel des Holocaust bei den Protestanten Luthers zu finden sei.
Wie ist das mit der Esoterik? (Das ist kein whataboutism sondern ein Thema)

Und schließlich, wenn der Begriff „Arier“ kein esoterischer ist, was ist er dann?
 
Zuletzt bearbeitet:
Und schließlich, wenn der Begriff „Arier“ kein esoterischer ist, was ist er dann?
Mo Asumang hat dem Begriff "Die Arier" 2014 einen Film gewidmet. Sie scheute sich nicht, mit Neonazis und Rassisten in Deutschland und den USA zu reden, obwohl Interviews mit solchen Leuten für sie als Afro-Deutsche sicher nicht ungefährlich waren. Desweiteren reiste sie nach Iran (1935 von Persien in Iran, Land der Arier, umbenannt), um "echte Arier" zu treffen. Sehr sehenswerter Film, auch wenn die Quintessenz (oh Wunder, oh Wunder) - außerhalb der Linguistik oder als Selbstbezeichnung im Mittleren Osten - zur Verwendung des Begriffs "Arier" im Okzident ist, dass er dermaßen diffus ist, dass man ihn wohl bestenfalls als "esoterisch" ansehen kann*.
Die Arier

Da Steiner 1925 gestorben ist, konnte er nicht wissen, wie der Begriff "Arier" 1933-45 in Deutschland gebraucht werden würde oder wie ihn einige Extremisten heute gebrauchen. Dennoch stellt sich natürlich die Frage, wie nahe dran an Rassismus und Antisemitismus war Rudolf Steiner. Die Begriffe "Rasse" und "Arier" tauchen schließlich öfter bei ihm auf.

*Axel Stoll legt unwiderlegbar dar, dass Arier vom Sternbild Aldebaran abstammen. :D:p:D
 
Dreh und Angelpunkt des Rechts auf Leben im 3. Reich ist der esoterische "Arier". (Es ist ja nicht der linguistische oder religionshistorische.)

Rudolf Steiner verwendet den Begriff so:
„ Unsere Wurzelrasse, die arische, stammt von der höchstentwickelten Unterrasse der Atlantier, der ursemitischen, ab, die zuletzt ungefähr in der Gegend des heutigen Irland wohnte.“
Vortrag Leipzig 8. Juli 1906

Übrigens interessant in diesem Zusammenhang ist auch diese Vorstellung Steiners:
„Die höheren Rassen stammen nicht von den niederen ab, sondern im Gegenteil: die niederen Rassen sind Entartungserscheinungen der höheren Rassen, die ihnen vorangegangen sind.“
(
Und es sei ein großer Irrtum des Darwinismus dies nicht zu erkennen)
Vortrag Paris 26. Mai 1906
http://www.fvn-rs.net/PDF/GA/GA094.pdf

Den Wurzelrassenquatsch hat Steiner von Blavatsky übernommen. Natürlich ist diese Lehre von Grund auf rassistisch, keine Frage.
Wenn Steiner allerdings seine "arische" Rasse von der "ursemitischen" abstammen lässt, steht er in diametralem Gegensatz zur Rassenlehre der Nazis.

Dennoch stellt sich natürlich die Frage, wie nahe dran an Rassismus und Antisemitismus war Rudolf Steiner.

Vom damals gängigen Antisemitismus hielt Steiner nicht viel:

Der Antisemitismus verfügt nicht gerade über ein großes Besitztum an Gedanken, nicht einmal über ein solches an geistreichen Phrasen und Schlagwörtern. Man muß immer wieder dieselben abgestandenen Plattheiten hören, wenn die Bekenner dieser «Lebensauffassung» den dumpfen Empfindungen ihrer Brust Ausdruck geben.
[...]
Der Antisemitismus ist ein Hohn auf allen Glauben an die Ideen. Er spricht vor allem der Idee Hohn, daß die Menschheit höher steht als jede einzelne Form (Stamm, Rasse, Volk), in der sich die Menschheit auslebt.
ADOLF BARTELS, DER LITERARHISTORIKER

Steiner schrieb auch für die Mittheilungen des Vereins zur Abwehr des Antisemitismus:
'Mitteilungen aus dem Verein zur Abwehr des Antisemitismus. 11. 1901' - Digitalisat | MDZ
 
Wenn Steiner allerdings seine "arische" Rasse von der "ursemitischen" abstammen lässt, steht er in diametralem Gegensatz zur Rassenlehre der Nazis.
Wie soll ich sagen. Das ganze ist ja in sich Unfug und wie Du sagst klar rassistisch.
Und so klar scheint mir der Gegensatz nicht zu sein.
Treitel bemerkt S. 103 zu Steiner:
"Rudolf Steiner, for instance, often claimed that white Europeans had achieved a higher level of spiritual perfection than African, Asian or Jewish races."
Und er sei manchmal so weit gegangen zu behaupten, dass die germanische Rasse* im großen Zyklus der "spiritual evolution" am weitesten fortgeschritten sei.
*Arische Unterrasse
Aber wo kommt jetzt der Arier her?
Wie hat sich dieser Begriff gebildet und entwickelt zum Maßstab der menschlichen Existenzberechtigung?

Treitel, Corinna (2004): A science for the soul. Occultism and the genesis of the German modern. Baltimore, London: Johns Hopkins University Press.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wir hatten ja an anderer Stelle die Diskussion ob eine Wurzel des Holocaust bei den Protestanten Luthers zu finden sei.
Wie ist das mit der Esoterik? (Das ist kein whataboutism sondern ein Thema)

Die Hauptwurzel des Holocaust werden wir nirgendwo anders als bei Adolf Hitler suchen müssen, und der war ganz gewiss weder Protestant im lutherischen Sinne noch Esoteriker in Steiner'schem Sinne.

Aber wo kommt jetzt der Arier her?
Ursprünglich aus der Sprachwissenschaft.

Auf dieser Weltkarte (Meyers Konversationslexikon, 1885-1892) findet man die "indischen Arier" und "europäischen Arier"; die Grenzen zwischen den "Rassen" folgen den Sprachgrenzen:
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/2/25/Meyers_b11_s0476a.jpg

(Da sich aus biologischer Sicht keine menschlichen "Rassen" abgrenzen lassen, ist es schlechterdings unmöglich, eine Weltkarte mit Rassengrenzen zu erstellen. Allenfalls lassen sich Verteilungen einzelner körperlicher Merkmale oder abbilden, siehe z. B. https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/d/d5/Weltkarte-Haarfarben.png)

Der damalige bildungswillige Bürger konnte aber im Lexikon nachschlagen, wo welche "Rasse" zu Hause ist.

Und in einem populärwissenschaftlichen Buch über die Entwicklungsgeschichte des Menschen konnte er folgende Karikaturen studieren:

upload_2022-10-14_23-22-35.png


Deutsches Textarchiv – Haeckel, Ernst: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Berlin, 1868.

Nummer 6 soll den Tasmanier abbilden, Nummer 7 den Gorilla.
Das Buch ist von 1868.

Einige Jahre später schrieb Blavatsky in ihrer "Geheimlehre":

"Denn es giebt, oder gab vielmehr noch vor wenigen Jahren, Abkömmlinge dieser halbtierischen Stämme oder Rassen, sowohl von entferntem lemurischen als auch lemuro-atlantischen Ursprung. Die Welt kennt sie als Tasmanier (jetzt erloschen), Australier, Andamaneninsulaner u. s. w."
 
Die Hauptwurzel des Holocaust werden wir nirgendwo anders als bei Adolf Hitler suchen müssen, und der war ganz gewiss weder Protestant im lutherischen Sinne noch Esoteriker in Steiner'schem Sinne.
Noch hatte er Steiner oder Blavastsky in Wien oder auch später gelesen. Und die Ariosophie des Lanz von Liebenfels oder des Guido von List ist ein wirres 'arisches' Amalgam mit verfremdeten theosophischen Elementen, völkischem Nationalismus usw.. ...Die Arier-Manie H.s und der NS-Anfangszeit verflog ja nach einigen Jahren und ariosophische Vereinigungen wurden verboten wie Vieles andere auch.

Zu den radikal-antisemitischen Autoren, die H. mal erwähnt oder ehrt, gehört beispielsweise Theodor Fritsch mit dem Handbuch der Judenfrage. Wahrlich kein Esoteriker.
 
Und der 'Esoteriker' Himmler hatte sich wiederum nicht bei Blavatsky oder Steiner bedient.

Der Rasse-Begriff um und vor 1900 ist durchaus verschieden gemeint u. definiert, teils schillernd; im ExTheosophen Steiner und der Blavatsky findet man nicht die Stichwortgeber/Initiatoren/Auslöser des grassierenden Antisemitismus im dt. Kaiserreich, noch des pseudobiologischen Rassismus.

Unabhängig davon gab es Leute wie Philipp Bouler, Chef Reichskanzleramt im NS-Regime, welcher dem Maler und Astrologen Thomas Ring Unterstützung und Schutz zukommen lies. Himmler, der in den 1920ern bei der Artamannen rumlungerte, Sebottendorfs ThuleGesellschaft in München, mit leicht esoterischer Schlagseite, die anfangs verdeckt auch mal den Völkischen Beobachter oder den schwer rechten, auch antisemitischen Deutschen Schutz- und Trutzbund finanzierte...
 
Der Rasse-Begriff um und vor 1900 ist durchaus verschieden gemeint u. definiert, teils schillernd

Wie "schillernd", lässt sich anhand des Konversationslexikons schön demonstrieren (hier die 6. Auflage, 1905-1909): Die Karte bildet ausschließlich Sprachgrenzen ab, der Text beschreibt dagegen überwiegend Körpermerkmale; so werden den Ungarn, die sich äußerlich nicht von den benachbarten Slawen, Romanen und Germanen unterscheiden, "mongolische" Merkmale zugeschrieben:
"Körpergröße niedrig (Ungarn 1,61–1,64 m). Hautfarbe gelblichweiß. [...] Vorspringende Backenknochen."
Bei den Westeuropäern heißt es hingegen: "Mittlere Körpergröße (1,63–1,64 m)"

Mitunter werden den Beschreibungen von Körpermerkmalen aber auch sprachliche Klassifikationen zugeordnet, die Angaben sind lückenhaft und wenig informativ, zum Teil eklatant falsch (z. B. "Südamerikaner ... Sprache ausschließlich polysynthetisch").
Ohne erkennbare Systematik finden sich zu den "Rassen" hin und wieder Angaben zu kulturellen Aspekten, zur Wirtschaftsweise, zur Religion; im Fall der Indonesier trifft man plötzlich auf eine skurrile Beschreibung des "Temperaments": "Temperament im allgemeinen ruhig, zurückhaltend und taktvoll, aber, wenn einmal gereizt, leicht in Anfälle von blinder Wut ausartend (Amoklaufen), ziemlich intelligent, höflich und zeremoniös, aber mißtrauisch, hinterlistig."
 
Aber wo kommt jetzt der Arier her?
Nun, das mit den Ariern ist ganz einfach, wenn man den Ausführungen des Doktors aller Naturwissenschaften, Axel Stoll – Wikipedia glauben darf: sie stammen vom Stern Aldebaran aus dem Sternbild Stier ab. Wobei auch Mars und Mond von Ariern besiedelt sind, das aber nur nebenbei. Aber, wie gesagt, ursprünglich stammen sie (hochwahrscheinlich) von einem Planeten des Sterns Aldebaran ab. (s. der hier besprochene Film "Die Arier" von Mo Asumang) Beweis dieser Vermutung sind transmediale Kontakte von Mitgliedern der Vril-Gesellschaft – Wikipedia zum Aldebaran, und zwar mittels der langen Haare von Frauen, die als Sender und Empfänger fungieren, da in diesen Haaren ein Magnetfeld deutlich ausgeprägt ist, stärker als bei Männern, bei denen das nicht funktioniert.
Dass die Arier vom Aldebaran (man beachte die Assonanz!) kommen, hatte ich mir oft schon gedacht: solche Leute sind gar keine Menschen. Ein Glück für den Mensch!
 
Zuletzt bearbeitet:
Arier

Die Hauptwurzel des Holocaust werden wir nirgendwo anders als bei Adolf Hitler suchen müssen, und der war ganz gewiss weder Protestant im lutherischen Sinne noch Esoteriker in Steiner'schem Sinne.

Das mag ja so sei, doch ist der Hitler ja nicht plötzlich vom Stern Aldebaran herabgefallen, sondern entwickelte sich innerhalb seiner irdischen Atmosphäre deren Stimmungen und Entwicklungen er selektiv aufnahm. Und er agierte in einem großen Rahmen von Helfern und Gleichgesinnten.

Schaut man in „Mein Kampf“ dann spricht Hitler viel vom „Arier“ und setzt wohl voraus, dass dieser Begriff bekannt sein müsse. Denn erläutert nicht mehr als die Vortrefflichkeit des „Ariers“.
Diese sei durch Rassenvermischung bedroht... *

Ich frage mich woher nimmt der Hitler Mitte der 1920er den „Arier“ als Rassebegriff?

(Hitler selbst hat sich ja so gut wie nie auf Quellen bezogen und stellte seine „Einsichten“ als die eines Erleuchteten dar.)


*..Steiner 1906 lässt grüßen..:D:D
Es geht ja gar nicht um eine direkte Linie, sondern um das Entstehen von Vorstellungen und deren erkennbare Abdrücke in ihrer Zeit.

Woher nimmt der Hitler den Arier? Ich versteh es nicht.
 
Schaut man in „Mein Kampf“ dann spricht Hitler viel vom „Arier“ und setzt wohl voraus, dass dieser Begriff bekannt sein müsse.

Natürlich war der schillernde Begriff bekannt. Er wurde synonym zum sprachwissenschaftlichen Begriff Indogermanen benutzt, man hat ihm aber bedenkenlos auch rassische Vorstellungen angehängt, wie oben anhand der Lexikonartikel dargestellt.
Ein Blick ins Lexikon, und man weiß, welches die arischen Völker sind:
upload_2022-10-15_22-31-2.png



Schaut man in „Mein Kampf“ dann spricht Hitler viel vom „Arier“ und setzt wohl voraus, dass dieser Begriff bekannt sein müsse. Denn erläutert nicht mehr als die Vortrefflichkeit des „Ariers“.
Diese sei durch Rassenvermischung bedroht... *

Ich frage mich woher nimmt der Hitler Mitte der 1920er den „Arier“ als Rassebegriff?

(Hitler selbst hat sich ja so gut wie nie auf Quellen bezogen und stellte seine „Einsichten“ als die eines Erleuchteten dar.)


*..Steiner 1906 lässt grüßen..:D:D
Es geht ja gar nicht um eine direkte Linie, sondern um das Entstehen von Vorstellungen und deren erkennbare Abdrücke in ihrer Zeit.

Woher nimmt der Hitler den Arier? Ich versteh es nicht.

Also das ist nun wirklich leicht zu verstehen. Die Konstruktion einer "jüdischen Rasse" im Gegensatz zur "arischen Rasse", die irrsinnige Vorstellung, Rassenmischung sei ein "blutschänderisches Verbrechen gegen die Natur" und derlei hat Hitler aus einer der wenigen Quellen, die er in "Mein Kampf" einer ausdrücklichen Erwähnung für wert hält: "...die offiziellen Stellen der Regierung gingen an den Erkenntnissen eines Houston Stewart Chamberlain genau so gleichgültig vorüber, wie es heute noch geschieht."

Jetzt sag nur, Du hättest noch nie etwas von Chamberlain gehört...
 
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